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Titel:The Pursuit of Happiness
Droge:Ecstasy
Autor:War10rd
Datum:30.09.2014 19:57
Nützlichkeit:8,95 von 10 möglichen   (81 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Wenn der Mensch nicht ständig nach mehr streben würde, würden wir noch heute in einer Höhle leben und an die Wände kritzeln...



- Der Grundstein -



Die Geschichte die ich euch erzählen möchte begann vor ziemlich genau 14 Monaten. Es war ein Dienstag. Ich saß mit meinem Mitbewohner in meiner Wohnung in Siegen und trank mein 3. oder 4. Bier. Zu dem Zeitpunkt war das vorzeitige Ende meines Studiums und der daraus resultierende Umzug zurück ins Elternhaus, welcher etwa 2 Monate später stattfinden sollte, bereits besiegelte Sache. Mein Handy klingelte, ein guter Freund, nennen wir ihn Tom, rief mich an. Mit Tom hatte ich meine erste Erfahrung mit Amphetaminen gemacht, dies war im Alter von 18 Jahren. Die darauffolgenden 3 Jahre bis zum besagten Dienstag beschränkte sich der Konsum von Amphetamin jedoch auf einen schönen Abend alle 3-4 Monate. Cannabis konsumierte ich hingegen seit 2 Jahren beinahe täglich, aber das tut nichts zur Sache.



Tom fragte, ob ich Lust auf ein Musikfestival habe. Ich war mir zuerst unsicher, schließlich hatte ich mit sowas noch keinerlei Erfahrung, und es sollte bereits am Freitag losgehen. Vom Biere enthemmt sagte ich jedoch spontan zu, ohne so wirklich zu wissen was mich erwartet (zumal neben Tom noch 2 mir bis dato fremde Personen mitkommen sollten, und ich mich zu diesem Zeitpunkt nicht gerade der sozial-offenste Mensch auf diesem Planeten zählte). Schnell noch vergewissert, ob es auch etwas „mehr“ als nur Alkohol und Cannabis gäbe... „Alles was du dir wünschen kannst und noch mehr“ lautete die vielversprechende Antwort von Tom.



Die Zeit verging, Gras verpuffte, und schon saß ich mit meiner gepackten Sporttasche neben den beiden „neuen“ (nennen wir sie Simon und Julien) in Toms Auto auf dem Weg zum Festival. Das Radio spielte Tracks von Carlo Ruetz, Peer Kusiv, Egokind und Nico Pusch. Alles musikalisches Neuland für mich, beschränkte sich mein Horizont seinerzeit doch auf Hardstyle und KIZ! Ich fand jedoch sofort Gefallen daran.

Das Festival war grandios: Ein alter sowjetischer Luftwaffenstützpunkt nahe der Ostsee, dessen Shelter nun als Floors agierten, ich glaube es waren 6 an der Anzahl (zusätzlich natürlich die Mainstage). Da das ganze vergleichsweise klein und absolut unorganisiert war, wurde man einfach samt Fahrzeug auf das als Zeltplatz definierte Waldstück gelassen und konnte sich hier frei entfalten. Schnell lernten wir neue Leute kennen, es wurden zusammen Biere geleert und Nasen gezogen, und schlussendlich kam es zu meiner ersten Erfahrung mit der Substanz, die mir im Verlauf der folgenden 14 Monate mehr Erfahrungen bescheren sollte als ich es mir zu diesem Zeitpunkt je hätte vorstellen können: Ecstasy.



Julien, welcher zu diesem Zeitpunkt Toms bester Freund war, rundete das Buffet mit ein paar runden roten Pillchen mit Doppelkirsch-Logo ab. „Wow, ganz schön klein diese Dinger“ kam mir als erstes in den Kopf „aber wieso hat er 10 Stück dabei, davon reicht doch eine?!“ Süß, wie unschuldig ich damals dachte...



Gereizt hat mich Ecstasy schon länger, und nun hatte ich die Chance, welche ich beim Schopfe packte. „Beiß einfach eine Hälfte ab, die andere gibst du mir“ zwinkerte Julien mir zu „und vergiss danach einfach dass du es genommen hast, wenn du darauf wartest kriegst du eh Placebowirkung“. Ich folgte seiner Anleitung, und es war einfach klasse. Am nächsten Abend das selbe Spiel, jedoch blieb ich an beiden Abenden bei je einer halben Pille, ich wollte es schließlich nicht übertreiben. Wenn ich die letzten 8 Monate zurückblicke, fällt es mir schwer zu glauben, dass ich mal so verantwortunsbewusst gedacht und gehandelt habe...



Obwohl ich mir schon zu diesem Zeitpunkt sicher war, mit Julien einen neuen guten Freund gefunden zu haben, beschränkte sich der Kontakt in den darauffolgenden Monaten aufgrund wichtigerer persönlicher Projekte (es musste schließlich eine neue Tätigkeit gefunden werden) auf ab und zu mal chatten und nach neuer Musik fragen. In dieser Zeit lernte ich mit jedem Tag mehr die elektronische Musik kennen und lieben, bis der Wunsch, wieder zu elektronischer Musik feiern und tanzen zu gehen, immer größer wurde. Ich war also überglücklich, als es an Halloween endlich wieder in einen richtigen Club ging.



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Hier muss ich vielleicht kurz einharken, für solche die sich fragen, wieso man im Alter von 21 nicht wenigstens 1x im Monat „feiern geht“: Ich konnte den Mainstream-08/15-Discos, wie man sie in Köln an den Ringen oder in der Düsseldorfer Altstadt findet, nie etwas abgewinnen, schon seit ich 18 bin nicht. Besoffene Möchtegern-Player, scheiss Musik (ich erwähnte eingangs bereits dass ich bis dato nur Hardstyle oder KIZ hörte) und chronisch überforderte „Barkeeper“ waren der Grund, warum ich in den 3 Jahren Volljährigkeit die Discobesuche an meinen beiden Händen abzählen konnte.

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Es ging also endlich in einen anderen Club. Mit anderer Musik, anderen Leuten... und Ecstasy! Eine ganze sollte es diesen Abend werden, eine weißte Tablette mit eingestanztem Stern. An diesem Abend lernte ich auch zum 1. Mal das „Runterkommen“ kennen, da ich, vernünftig wie ich seinerzeit war, keine 3. Hälfte nehmen wollte. Diese kleine Verstimmung stand jedoch in keinem Verhältnis zur zuvorigen Wirkung, weshalb sich auch kein wirklicher Lerneffekt zeigte.





- Der Startschuss -



Es verging wieder etwas Zeit, ich fand einen Job, welcher mich bis zur neuen Ausbildung im September 2014 bei Laune&Geld halten sollte, kaufte mir ein schönes Auto, und plötzlich war Weihnachten. Näher gesagt der 2. Weihnachtsfeiertag, an dem Julien mich einlud, bei sich zu chillen. Ich nahm das Angebot dankend an. Nachdem wir unsere eigene „weiße Weihnacht“ gefeiert hatten, kam eine Freundin (nennen wir sie Franziska) von Julien auf die Idee, doch spontan feiern zu gehen. Sie trank weder Alkohol noch nahm sie Drogen, wusste jedoch um Juliens Konsum Bescheid. Franziska und ich verstanden uns auf Anhieb, und leider (leider leider) verliebte ich mich ein bisschen in sie. Vielleicht auch ein bisschen mehr, ich weiß es nicht mehr genau.



Ich weiß bis heute nicht warum, aber dieser Abend war in vielerlei Hinsicht ein Schlüsselereignis. Nicht nur war ich spätestens da ziemlich gut mit Julien befreundet. Nein, ich fand außerdem neben meinem neuen Lieblingsclub (welcher bis heute diesen Platz verteidigt) und einer (heute) guten Freundin meine große Liebe zu Ecstasy. Es waren 1,5 blaue Pacman-Geister, welche an diesem Abend den Weg in mein serotonerges Zentrum fanden. Es war gleichzeitig die bis dato schönste und intensivste Erfahrung mit Ecstasy. Es sollte bald in den Schatten gestellt werden.



Ab diesem Tag begann die eigentliche Karriere, die eigentliche Geschichte. Ab diesem Tag sollte das Streben nach Glück fortan eine größere Rolle in meinem Leben einnehmen als der Wunsch nach einem schnellen Auto oder einer liebevollen Beziehung (oder war es eben dieses jahrelang vergebene Streben nach Liebe, welches mich Trost bei der Substanz suchen ließ.......?)

6-8 Wochen Pause, so lautet der allgemeine Tenor beim Konsum von MDMA. 5-6 Tage, soviel zollte ich meinem Körper als Erholungspause (meistens...). Beinahe jedes Wochenende wurde nun konsumiert. Anfangs ausschließlich in Clubs, wo die Dosis so schnell steigte wie die Hemmschwelle sank. Der bisherige Zenit fand am 1.3.2014 statt, an dem ich so drauf war, dass ich keine scharfen Umrisse mehr erkennen konnte, und alles zeitrafferartig zu geschehen schien. Die Zigarette warf kleine Gluttornados in die Luft, und die Euphorie die ich verspürte, stellt alles bisher dagewesene in den Schatten. Eine ganze Ninja-Turtle, gefolgt von einer weiteren beim Anfluten der 1., pflasterten den Weg zu einer verwirrten Nacht voller Blackouts, an dessen Ende das erste Mal Kritik an meinem neuen Glücksrezept laut wurde. „Mach mal bisschen halblang damit mann, davon kriegst du langfristig Depressionen!“ mahnte Tom, als ich nach 4 Ninja-Turtles auf Juliens Balkon stand, gerade heimgekehrt aus der Disco, mit schmerzendem und dennoch eifrig kauendem Kiefer, bis auf die Knochen nassgeschwitzt, dehydriert, leicht verwirrt und dennoch irgendwie glücklich. Davon reicht doch eine...





- It´s never enough -



Es ist denke ich überflüssig zu erwähnen, dass ich Toms Rat genau ein Wochenende lang befolgte.

Neben Tech- und Deep-House entdeckte ich Dubstep, Trap, Techno und vor allem Drum´n´Bass für mich. Gleichzeitig kam der Frühling, und mit ihm die Möglichkeit, wieder mehr Zeit im Freien, sei es im Garten bei Freunden oder aber an der Talsperre zu verbringen. Mittlererweile verbrachte ich fast jedes Wochenende mit Julien, und es wurde jedes Wochenende konsumiert, mit insgesamt 6 Ausnahmen im 1. Halbjahr 2014.



Ecstasy bekam schnell das Mittel für jeden Anlass. Selbst ein 1. Date im April hielt mich nicht davon ab, nicht wenigstens einen Geist spuken zu lassen (im Nachhinein betrachtet eine weise Entscheidung, wäre der Abend sonst völlig umsonst gewesen ;) ), und sogar der ein oder andere freie Tag wurde mit einem Geist abgerundet. So kam es, dass ich im Mai an 5 Tagen 6 Geister konsumierte, was den ersten etwas langwierigeren Psychokater zur Folge hatte:



Die darauffolgende Arbeitswoche war ich wie ein Roboter: Ich tat meine Arbeit, hatte keinerlei Interesse daran, mit meinen Arbeitskollegen zu kommunizieren, und war einfach nur Froh, in Ruhe gelassen zu werden. Als „depressiv“ würde ich meinen Zustand zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezeichnen, ich war vielmehr wie in Trance. Zum Wochenende hin beschloss ich, meinen Zustand mit Amphetamin zu therapieren (grandiose Idee) was überraschenderweise sogar relativ gut klappte.



Die tranceartigen Zustände kamen jedoch wieder, und die Lustlosigkeit entwickelte sich bald zur depressiven Ratlosigkeit. Ich wurde mir stärker denn je der negativen Aspekte meines Lebens bewusst. Das abgebrochene Studium und die Tatsache, dass ich als vermutlich einziger Leiharbeiter in meiner Firma Abi statt einem Hauptschulabschluss hatte, waren mir fast egal. Was mich verzweifeln ließ, war die Erkenntnis, dass es noch nie einen Menschen gab, welcher mich innig liebte. Da wo bei anderen Menschen die Vorstellung von Liebe ist, ist bei mir ein schwarzes Loch

Und langsam wurde mir schmerzlich bewusst, dass sich dieser Trend wohl nicht ändern würde. Im Gegenteil... spätestens mit 30 würde ich jeden Abend alleine vor meinem Essen sitzen, während meine Freunde nach und nach heiraten und mit ihren Kindern in Häuser ziehen würden. Warum sich also Sorgen um den Konsum machen?? Was macht es denn für einen Unterschied, ob ich 80, 60 oder nur 40 werde??!? Würde es langfristig außer meiner Eltern überhaupt jemanden jucken, ob ich lebe oder sterbe? Noch ist die Zeit, in der du Spaß haben kannst, noch ist die Zeit, in der du glücklich und frei sein und Grenzen überschreiten kannst! Also scheiß auf die 3 Tage Abfuck nach dem Wochenende, hab deinen Spaß und leb dein Leben!





- Der Wendepunkt.....? -



Mit diesem gedanklichen Chaos verbrachte ich ca. die nächsten 2 Monate (mit 2 freien Wochenenden). Dann kam das 1. größere Festival des Jahres, welches wir auf keinen Fall missen wollten. Ausgestattet mit 5g Cannabis, 3 Paletten Bier, 20 Pacman-Geistern, 1,5g MDMA-Kristallen und einigen psilocybinhaltigen Pilzen starteten Julien und ich in das bis dato konsum- und lehrreichste Wochenende. Das Festival ging ebenfalls von Freitag bis Sonntag, jedoch war mein Konsummuster diesmal von verantwortungslosem Leichtsinn geprägt anstelle von bewusstem Genuss. Natürlich wurde der erste Geist noch vor dem Zeltaufbau verschlungen, und wie könnte man selbiges besser einweihen als mit einer Line MDMA-Kristalle beim Anfluten des Geistes? Wie der Rest des Abends verlief könnt ihr euch sicher denken... Tanzen, nachlegen, tanzen, Wasser holen, nachlegen, tanzen usw.



Dank des Cannabis fanden wir jedenfalls trotzdem zu ca 3h Schlaf, und entschieden uns dann für ein 3-Gänge-Frühstück: 1. Gang Bier, 2. Gang Grillwürstchen und um das ganze kulinarisch abzurunden als Dessert ein paar psilocybinhaltige Pilze mit einem Geist als Sahnehäubchen. Die nächsten 5 Stunden verbrachten wir damit, auf der Wiese liegend die Wirkung der Pilze auszukosten. Als diese zum Abend hin langsam ausklang, übernahmen Geister und Kristalle wieder die Hauptrolle im Kabarett des Irrsinns.



Leider bekam ich auch hier den Hals nicht voll. Durch unzählige Biere geschwächt und dehydriert, beschloss mein Körper im späteren Verlauf des Abends mir etwas auf die Finger zu klopfen. Konkret ausgedrückt bedeutet das einen Verlust des Orientierungssinnes mit starkem Schwindel und kurzen Blackouts. Zum Glück ging es Julien besser als mir, sodass er sich um mich kümmern konnte. Nachdem ich mich etwas abseits der Bühne meiner Schuhe und meines T-Shirts entledigte, um meinen einer Herdplatte gleichenden Körper abzukühlen, tankten wir erst einmal einige Liter Wasser.



Dies half relativ schnell, sodass ausgelassen weitergefeiert werden konnte. Zum Ende des Abends verschob sich die Wirkung dann in eine stark halluzinogene Richtung: Bereits auf dem Rückweg zum Zeltplatz schien sich die Umgebung um mich herum ständig leicht zu verändern. Feldwege wurden kurzzeitig zu befestigten 2-spurigen Straßen, entgegenkommende Autos wurden sich nicht über Anzahl und Farbe ihrer Scheinwerfer einig, und am Himmel zeichneten sich stetig neue, interessante Sternenbilder.



Wie die Woche nach dem Festival verlief, könnt ihr euch sicher vorstellen. Zum Glück war ich vor dem Festival so Weise, wenigstens Mo-Mi frei zu nehmen. Diese Tage verbrachte ich fast nur in meinem Zimmer, hatte keinen Bock auf Niemanden und lag stundenlang im Bett. Rückblickend betrachtet war dieses Festival ein kleiner Wendepunkt, waren doch diesmal die Nebenwirkungen um ein vielfaches ekelhafter als die Wirkung schön war. Dies veranlasste uns dazu, mit MDMA aufzuhören... Zumindest für 4 Wochen, dann war die Gier wieder stärker als die Vernunft. Wie machen die anderen das nur? Wie kann man etwas widerstehen, was so geil ist?





- I can´t stop, just slow down -



Etwas ist jedoch geblieben. Die nächsten beiden Monate wurden nur 2x konsumiert, und mit jedem freien Tag merkte ich, wie gut die Pause mir tut. Die depressiven Gedanken wurden weniger, und ich legte wieder eine etwas optimistischere Grundstimmung an den Tag. Der gute Vorsatz schien zu fruchten... Bis vorgestern. Nachdem wir das Wochenende davor bereits mit 3 blauen Supermännern gefeiert hatten, fanden wir uns nun am vergangenen Samstag doch wieder in der Höhle des Löwens, welcher diesmal durch 3 grüne Monster-Energys personifiziert wurde. Und nun sitze ich wieder hier, weiß weder ein noch aus, und das Gedankenkarussell fährt wieder seine fürchterlichen Routen auf und ab.





Dieser Langzeitbericht wird regelmäßig ergänzt. Kleinere (wöchentliche) Updates und Statements zu eurem Feedback gibt es im Diskussionsthread; einen großen Update-Absatz plane ich zum Ende des Jahres, sollten sich keine dramatischen Wendungen ergeben :)