Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Wenn Bass sichtbar wird / 5 Trips + MDMA
Drogen:Mischkonsum von LSD und MDMA (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:Irreperabel
Datum:08.04.2013 16:31
Set:erholt, gute Laune, zufrieden
Setting:Boom Festival 2010, Portugal, Abenddämmerung
Nützlichkeit:9,32 von 10 möglichen   (114 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Liebe Leser und Leserinnen!


Für mich war es immer wichtig zu wissen, wie oft ich auf psychedelische Reisen gehe, sei es mit Mushrooms, LSD oder sonstigen Halluzinogenen. Jede Einnahme, egal welche Dosis, zählte als 1 Trip. Vor kurzem schlug der Zähler 110, aber ein Trip wird für mich immer einzigartig und unerreicht bleiben, das war sozusagen der Trip meines Lebens:

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Nach 30 Stunden Autofahrt und 2700 Kilometern erreichten wir endlich das Boom Festival 2010 in Portugal und schon beim ersten Rundgang erkannte ich das Konzept dieses Festivals. Boom ist ein Vergnügungspark, ein Ort geschaffen von Leuten die Psychedelika nehmen, für Leute um dort Psychedelika zu nehmen. Jedes noch so kleine Detail zielt darauf ab. Dinge wie der "Tripical Beach" oder das Zelt in dem eigens geschultes Personal bereitsteht, nur um Leuten die mit einem Trip nicht klar kommen, zu helfen, machen dieses Festival triptauglicher als jedes bisherige Setting.

Mit dem Gefühl etwas zu verpassen wenn man hier nicht erweitert herumsteigt, fingen mein Kollege und ich am zweiten Tag mit 2.5 Acids an. Denn ich finde erst nachdem man den ersten Trip hatte, ist man so richtig auf dem Festival angekommen. Wie erwartet wars eine richtig starke Erfahrung, bei dem selbst Gehen in der Startphase für einige Zeit nicht mehr möglich war.
Am dritten Tag nahmen abends 0,07g Mdma.
Am vierten Tag war die Entscheidung nicht mehr so leicht, wir wussten dass wir den Acid verdoppeln müssen, um annähernd das Gleiche wie am zweiten Tag zu erleben. Aber weil wir uns frisch fühlten und noch genug Reserven vorhanden waren, entschieden wir uns für 5 Acids. Für alle Fälle nahmen wir noch zwei Bomben mit je 0.15 gramm Mdma mit.

Der Trip:

Wir legten uns diese fünf Dalai Lamas nach Sonnenuntergang zugleich auf die Zunge. Man spürte ein Kribbeln an der Stelle wo die Papierstückchen lagen, beinahe so wie kleine Elektroschocks. In Mikrogramm gemessen war dies sicher eine irre hohe Ladung LSD die gerade durch die Geschmacksknospen strömte. Es kam Ehrfurcht auf soviel Pappe auf der Zunge zu haben. Zugleich realisierten wir dass es nun keinen Weg zurück mehr gibt.

Wir gingen zum Mainfloor und warteten auf die Wirkung. Eigentlich war es kein Warten, denn das Gefühl dass sich etwas tut, kam bereits nach 5 Minuten auf, von da an steigerte sich der Trip minutiös. Die oft schwierige Anfangsphase war trotzdem unerwartet milde, trotz der spürbaren Stärke kam er nicht so fordernd und anstrengend wie der erste Trip am zweiten Tag daher. Das ist einer der wenigen Vorteile wenn man in kurzer Zeit mehrmals trippt.
Nach einer halben Stunde spürte man die Macht von dieser Menge bereits, wir hatten aber zu jeder Zeit die volle Kontrolle über uns. Dann schlussfolgerte ich, dass dies wahrscheinlich der letzte, richtige Trip am heurigen Boom wird. Übermorgen 10 Trips für 100 Euro zu nehmen schien mir etwas sinnlos und da ich das Gefühl hatte dass dieser Trip den Letzten nicht überbieten wird, musste heute noch etwas Unvergessliches passieren. Ich drehte mich zu meinem nicht ganz so erfahrenen Kollegen und sagte: "Ich hab schon viel erlebt, aber wenn wir diese Bombe jetz nehmen, kann ich wirklich nicht einschätzen was passieren wird." Gekifft hatten wir den ganzen Tag nichts, weil wir das "zumachen" nicht passend finden in Kombination mit Psychedelika, die "aufmachen". Nach kurzem Überlegen willigte er ein. "Wir sind nur einmal am Boom." Wir schluckten die Bombe.

Es war mittlerweile finster, und der strahlende Mainfloor mit treibendem Fullon hatte uns bereits völlig im Griff.
Hier ein Video damit man sich das Setting ein bisschen vorstellen kann: http://www.youtube.com/watch?v=nvvYKUZC2Io

Wir marschierten tanzend und zielstrebig durch die Massen in Richtung Anlage. 10m vor der Wand kam uns der Schall am bekömmlichsten vor und die fünf Acids machten ihre Arbeit hervorragend. Die Wirkung vom Acid war zwar stark wie nie zuvor, aber trotzdem überschaubar und somit blieb der Wow! Effekt noch aus. Das änderte sich schlagartig als nach ca. 20 Minuten das Mdma anfing zu wirken.

Es war ein völlig unbekanntes Gefühl, der Trip wurde in Bahnen gelenkt, die ich trotz einiger Candyflips bis dahin nicht kannte. Ich war erschüttert von den Ausmaßen und der Magnitude. Das Mdma begann nun das Gehör zu beeinflussen.
Ich begann den Boden unter den Füßen zu verlieren, hatte das Gefühl in der Luft zu hängen, ohne Bodenkontakt auf einem Tsunami aus Klängen zu surfen. Die Wirkung schien exponentiell stärker zu werden. Es ließ sich überhaupt nicht abschätzen wie hoch die gerade abgefeuerte Serotoninrakete steigen wird, konnte nicht sehen wieviel Treibstoff noch übrig war. Die Musik begann sich zu überschlagen, die Intensität der Höhen und Tiefen traf mich wie aus einem Schrottgewehr geschossen. Ich machte mir bewusst, dass diese wachsende Lawine aus Sinneseindrücken die gerade über mich hinwegrollt, mich jeden Moment aus den Latschen werfen könnte.
Meine Bewegungen waren nicht mehr kontrollierbar und völlig gesteuert vom DJ. Die Wirkung baute sich sekündlich auf, nach jedem erneuten Einsetzen des Basses wurde ich in eine höhere Dimension der Wahrnehmung geschleudert. Gleichzeitig waren meine Sinne geschärft wie noch nie. Ich konnte jede Sekunde wie drei Sekunden wahrnehmen, alles um mich herum bewegte sich scheinbar in Zeitlupe.

Synästhesie stellte sich ein.

Der Bass wurde zum ersten Mal sichtbar! Ich drehte mich nach hinten und konnte beobachten wie die Druckwelle durch die tanzenden Leute raste. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass sich die Leute nicht synchron bewegten. Aufgrund der Schallgeschwindigkeit von ca. 300 m/s konnte ich eindeutig erkennen dass sich die hinteren Leute definitiv später bewegten als die auf meiner Höhe. Als würde ich fünf Meter vor einem Strand im Meerwasser treiben und die Wellen beobachten, wie sie an mir vorbeiziehen und am Strand aufschlagen.
Mein Sichtfeld war irrsinnig verzerrt, egal wo ich hinsah verbogen sich Leute nach oben und unten. Gleichzeitig konnte ich alles was neben mir passierte so wahrnehmen, als würde ich direkt hingucken. Ich vermute wenn man nüchtern etwa 10% seines Sichtfeldes durchs Fokussieren seiner Augen genau abtasten kann, konnte ich nun 80% meines Sichtfeldes präzise wahrnehmen und gleichzeitig verarbeiten. Es war als würde ich in eine Halbkugel mit dem Abbild der Realität hineinschauen.

Ich hatte absolut keine Scham mehr beim Tanzen. Ich hatte soviele optische Entgleisungen, dass ich zeitweise nicht feststellen konnte ob meine Augen offen oder geschlossen sind. Es gab keine Sekunde in dem ich auf etwas in der Musik wartete, ich war völlig vereinnahmt. Eine Marionette vom Dj, es war unmöglich auch nur eine einzige von der Musik unbeeinflusste Bewegung zu machen. Die Farben meines Sichtfeldes änderten sich ständig, jede Baseline warf einen anderen Spektralschatten auf die Menge.
Ich guckte unter der Überdachung hervor und blickte in den zuvor noch sternenklaren Himmel. Was ich dort sah, glich einem intergalaktischen Feuerwerk. Sterne waren nicht mehr auszumachen, alles funkelte und blitzte wie bei einem Gewitter.
Wieder kam eine Baseline und das Feuerwerk war vergessen. Diesmal kam ein richtig tiefer Goa Bass, ich sah wie sich der Schall zwischen den Füßen durschlängelte und legte mich hin. Mit jedem Zentimeter den ich meinen Kopf absenkte, veränderte sich mein Musikempfinden. Der Klang wurde dumpfer, die Höhen ließen nach, die Tiefen wurden übermächtig. Ich wurde durchgebeutelt wie beim Bullenreiten. Die Wucht der Anlage schien meine DNA zu pulverisieren.
Kennt jemand diese Werbung von den Pulse Kaugummis wo ein Typ in einem Kugelbeet liegt welches von Basswellen durchgeschüttelt wird?

hier: http://www.youtube.com/watch?v=bCjPP7liZCA So ähnlich fühlte es sich wohl an.

Die Leute jauchzen, und als dieser abgrundtiefe Bass einsetzte, fühlte es sich an als würde sich die Schwerkraft erhöhen. Alle um mich herum gingen zustandsbedingt in die Knie und tanzten auf dieser Anhöhe weiter. Die Erde saugte einen förmlich an und es war nicht mehr möglich sich aufzurichten bis eine andere Baseline kam.
Gottseidank hatten wir immer was zu trinken dabei, aber ein Liter war schnell verbraucht und somit mussten wir die 40 Meter zur nächsten Wasserstelle in Kauf nehmen. Diese sind überall um den Mainfloor verteilt, somit brauchte man maximal eine Minute vom Floor zu fließendem Wasser. Tolles Konzept.

Noch immer völlig auf dem Peak versuchten wir mit aller Mühe Wasser in unsere Flaschen einzufüllen. Es wurde immer komplizierter, abseits der Musik war ein Funktionieren beinahe unmöglich. Hier draußen waren zuviele Dinge, zuviel Gerede, zuviel Realität um es auf diesem Zustand zu packen. Einige Partygänger scherzten mit uns bei der Wasserstelle, aber es war einfach nicht möglich mit diesen (eh netten) Personen in Kontakt zu treten, weil wir uns auf einer völlig anderen Bewusstseinsebene befanden.
Es war als würde man den Gesprächspartner durch ein buntes Schaufenster betrachten, welches die Worte zu unzusammenhängenden Fetzen kodiert und diese anschließend neben dem Kopf vorbeischießt. Ein ungutes, verwirrendes Gefühl stellte sich ein. Mein Kollege dachte das selbe: "Wir haben hier draußen nix verloren!" Er zeigte zum Floor. "Da sind wir daheim" Er hatte völlig recht. Wir schafften es gerade noch ein kurzes "Byebye" von uns zu geben und kehrten mit der halben Flasche um. Umso näher wir der Anlage kamen, desto packbarer wurde unser Zustand. Wir wurden immer leichter, die Stimmung stieg wieder, die Kontrolle kam wieder zurück.

Meine Schlussfolgerung war, dass die Musik einem das Denken abnimmt. So ein Zustand wär nirgends auszuhalten, selbst in der schönsten Naturlandschaft hätte man Mühe überhaupt noch etwas mitzubekommen. Aber sobald man Musik ausgesetzt ist, lösen sich sämtliche Gedanken auf. Man braucht diese Vorgabe um seine geistigen Ströme in eine Richtung fließen zu lassen. Und mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass die richtige Musik die Macht hat, jeden noch so außer Kontrolle geratenen Trip innerhalb von Minuten in angenehme Bahnen zu lenken.
Die Extremphase hielt in etwa eine Stunde an, der folgten noch drei Stunden in der man wieder den Boden unter den Füßen spürte, aber noch immer auf dem heftigsten Candyflip den man sich vorstellen kann unterwegs war.

Beim downcoming in der Früh merkte man natürlich die Erschöpfung, aber es stellte sich keine Depression ein. Nachdem wir den 15 minütigen Marsch zu unserem Zeltlager überstanden hatten, rauchten wir Einen zum Einschlafen. Der Dübel traf uns wie ein Hinkelstein, wir wachten erst am Nachmittag wieder auf. Einmal umgesehen bemerkte ich noch immer die Wirkung des Acids. Etwa 18 Stunden nach der Einnahme hatte ich noch immer die Optics von 1.5 Stück. Am Tag danach nahmen wir gar nix und regenerierten uns mit Früchten und gesundem Zeugs. Die Musik hörte sich selbst 30 Stunden nach dem Drop noch immer sehr verändert an, was einen Konsum am Tag darauf absolut überflüssig machte.

Ich könnte abschließend sagen dass so ein Candyflip alles bisher Erlebte in den Schatten stellt. Die Wirkung hat mit Acid allein und Mdma allein eigentlich nichts mehr zu tun, ein Candyflip diesen Ausmaßes ist eine völlig neue Droge.
Ich bin mir sicher dass an dem Abend auch keine 15 Acids mich sowas erleben hätten lassen. Auch kein (Hausnummer) halbes Gramm Mdma auf einmal würde so eine Wirkung entfalten. Diese zwei Komponenten addieren sich nicht - sie multiplizieren sich und öffnen eine Ebene der Wahrnehmung, von der man sich vermutlich auch nach 500 Acid Trips noch immer nicht vorstellen kann, dass sie überhaupt existiert.

Danke fürs Lesen und einen schönen Tag noch!

Lg, Irreperabel