Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Wenn Bäume tanzen und Trolle regieren
Drogen:LSD
Autor:anonym
Datum:16.05.2014 16:27
Set:Gemütlich, euphorisch, in angenehmer Gesellschaft, leicht gestresst
Setting:Goa-Festival in Graubünden
Nützlichkeit:6,53 von 10 möglichen   (15 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Weil ich meinen heftigsten LSD Trip noch nicht ganz verarbeitet habe, versuche ich nun meine Erlebnisse alle nochmals von mir zu schreiben, in Hoffnung, dass sich die Leser etwas mehr Gedanken über das Konsumverhalten von Psychedelika machen.

Freitag Nacht. Ich sitze am Lagerfeuer am "Summer Never Ends Festival", einem gemütlichen und lauten Goa Festival in den Bergen der Schweiz. Ich bin mit meinem damaligen Freund hingefahren, er ist allerdings leider einer jener seltsamen Metaller-Gestalten, die alles kritisieren müssen, was nicht "brutal" oder eben "metalmässig" ist. Ich hatte mich seit der Ankunft auf dem Festival mit ihm kleinere Streitereien durchlebt, da sein Verhalten gegenüber den anderen Besuchern (die ja eben nicht "Metal" waren) unter aller Sau war und ich seine Pöbeleien satt hatte. Er ging ziemlich früh schlafen und ich gesellte mich ans Lagerfeuer und starrte in die Flamme.

Kaum gesetzt gesellten sich 3 sympathische Frauen zu mir, wir quatschten etwas und ich schloss mich ihnen an, um ein wenig tanzen zu gehen. Etwas abseits der Tanzfläche sprach ich dann einen Typ an, dem ich anschliessend 2 Filze abkaufte. Ich hatte dummerweise nicht gefragt, was für Pappen es waren und mehr als hellblau und grün war auf den Papierchen auch nicht zu erkennen. Ich nahm also den ersten Filz und steckte den anderen in mein Porte-Monnaie.
Zu faul um zu tanzen lehnte ich mich an eine Wand an und lauschte der Musik und begutachtete die Dekoration, die mir sehr aufwändig erschien. Nach 20 Minuten musste ich dann dringend auf die Toilette. Ich entfernte mich also von den 3 Bekanntschaften und ging zügig auf ein Dixie. Auf dem Klo merkte ich bereits, wie der Filz seine Wirkung entfaltete. Das Plastikgehäuse des Klos vibrierte angenehm zu der beinahe übertrieben lauten Musik. Und mit diesen Vibrationen begann es.
Eine leichte Panik kam in mir auf. Wo soll ich jetzt hin? Soll ich zurück zur Tanzfläche? Soll ich zum Zelt gehen und mich hinlegen? Soll ich was Trinken gehen? Ich begann zu zittern, ich war völlig gestresst, da ich das Gefühl hatte, genau jetzt eine sehr wichtige Entscheidung treffen zu müssen. Ich entschloss mich fürs Zelt. Das war auch die beste Entscheidung, aber dazu später mehr.
Ich machte mich also auf den 5-Minütigen Weg und merkte, wie das LSD immer heftiger einschlug. Ich konnte nicht mehr gerade laufen, torkelte durch die Leute und die Zelte hindurch und wurde immer wieder von den farbigen Lichtern abgelenkt.

Ich kam beim Zelt an. Und genau in diesem Moment machte es "WUMM". Mein schlimmster Trip hat begonnen. Ich setzte mich vor dem Zelt ab. Alles, aber wirklich alles drehte sich, alles war verzerrt, ich wusste nicht mehr wo Oben und wo Unten war. Die Lichter, die den Waldrand beleuchteten, machten mir immer mehr zu schaffen. Sie änderten ständig ihre Farben und ich konnte inform eines Lichtstrahls erkennen (der nüchtern gar nicht erkennbar war), wo das Licht begann und wo es endete. Ich war total überfordert, ging also ins Zelt hinein und legte mich neben meinen tief schlafenden Freund. Natürlich konnte ich nicht einschlafen, abgelenkt von meinen sich immer wiederholenden Gedanken und von den detaillierten Mustern an der Zeltwand.
Die Nacht gestaltete sich dann wie folgt: Ich versuchte zu schlafen, stand wieder auf, ging aus dem Zelt, gehe wieder ins Zelt zurück, wieder raus, wieder rein, ein ewiges hin und her. Ich war in absoluter Panik und Angst, die natürlich unbegründet gewesen wäre. Als ich die Panik nicht mehr ertragen konnte gesellte ich mich zu meinen Zeltnachbarn und fragte sie, ob sie irgendwas Süsses hätten, um etwas runter zu kommen. Es war erstaunlich, dass ich überhaupt noch mit ihnen reden konnte. Denn ich lallte und verdrehte die Sätze so sehr, dass nicht mal mehr ich sie verstand. Nach einem kurzen Wortwechsel fielen mir die Gesichter meiner Nachbarn auf. Sie waren durch und durch grün, zu grässlichen Fratzen verzogen, mit violetten Beulen übersät und gelb unterlaufenen Augen. Die Trolle waren da!
Die Nachbarn fragten mich, ob ich nicht ins Drogenhilfe-Zelt will, welches etwa 5 Minuten entfernt auf dem Gelände stand. Doch ich war schlicht unfähig, bis dort hin zu gehen. Ich wäre wohl 100 Mal hingefallen oder hätte mich verirrt. Also ging ich ins Zelt zurück und zwang mich zu schlafen. Und es hat tatsächlich funktioniert!


Der nächste Morgen:
Ich wachte auf, war immer noch am abtrippen. Ich fühlte mich wie der letzte Dreck der Welt und war benommen und fiebrig. Doch egal: Der Trip hat sich in einen angenehmen Zustand gewandelt. Das Innenzelt war immer noch mit Mustern übersäät. Ich genoss dieses Schauspiel eine Stunde lang, dann fiel mir ein, dass ich ja noch einen zweiten Filz dabei hatte. Als die Wirkung des ersten Filzes abflaute warf ich den zweiten ein. Eine stupide, einfältige Idee, aber hey: Schlimmer als die Nacht davor kanns ja nicht werden.

Der zweite Trip war eine 180 Grad Drehung im Vergleich zu meinem Horrortrip in der Nacht. Ich lebte im Paradies, liess meinen Geist ohne Zeitgefühl schweben, fühlte mich wie ein kleines Kind, welches die Welt entdecken will. Ich lag stundenlang mit meinem Freund im Vorzelt herum. Ich beobachtete den Wald und die Wolken. Die Bäume begannen, sich ständig zu bewegen. Sie schlängelten sich in den Himmel empor, jeder Baum hatte seinen eigenen "Tanzstil". Ich war baff ab diesem Effekt, denn ein solches Erlebnis hatte ich noch nie. Ich lachte und weinte gleichzeitig ab diesem Anblick, als ob es das wäre, nachdem ich mein ganzes Leben lang gesucht habe.
Auch die Wolken waren zu einem verdächtig schönen Naturspiel mutiert. Sie verformten sich zu geometrischen Sonnen, drehten sich stetig wie Zahnräder ineinander. Auch meine Reaktion war stark verzögert. Wenn ich meine Hand vor meinen Augen hin und her bewegte, so folgten etwa 20 durchsichtige, glasartige Hände meiner eigentlichen Hand. Ich konnte genau sehen, wo ich mit meiner Hand bereits "durchgeschwebt" war. Auch die Insekten, die auf dem Campingplatz herumschwirrten zogen eine Art dursichtigen Kondensstreifen hinter sich, etwa so, wie man ihn von Flugzeugen kennt. Nur eben dursichtig. Es war ein krasses, bewegendes und sehr emotionales Erlebnis. Ich habe mich innerlich damit abgefunden, dass ich wohl nie mehr dieselbe Person sein werde und auf ewig Probleme haben werde, "nur" weil ich gerade meinen schlimmsten und meinen schönsten Tripp binnen 24 Stunden erlebt habe.

Gegen frühen Abend flaute die Wirkung ab. Wir gingen etwas essen. Ich war unfähig mit den Menschen zu reden, ich hatte regelrecht Angst vor ihnen, konnte nicht einmal einen Fruchsalat bestellen. Das lag wohl auch daran, dass alle Menschen grässlich deformiert aussahen: Ihre Körperteile schienen verformt und unregelmässig. Am auffälligsten waren die Augen der Menschen: Sie waren alle um das mindestens doppelte vergrössert. Alle starrten mich mit ihren riesigen Augen an, schon wieder war da die Angst vor den Menschen.


FAZIT
Ich bin sehr dankbar für dieses Erlebnis. Ich rate aber NIEMANDEM das gleiche zu machen: Wer einen Horrortrip hat, der sollte so schlau sein und nicht noch einen zweiten Filz einwerfen. Man erlebt definitiv zu viel, damit es die Psyche überhaupt ertragen und verarbeiten kann. Ich hatte noch mehrere Wochen später schwere Gedankenstörungen aufgrund dieser Trips, und diese Störungen haben mich annähernd in den Wahnsinn getrieben. Und das meine ich wirklich so, wie ich es geschrieben habe: Ich stand am Rande des Wahnsinns.