Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Die Symbiose zwischen Mensch und Pilz
Drogen:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:anonym
Datum:23.10.2014 16:01
Set:Unsicher, Unentschlossen, Respekt vor der Wirkung aufgrund der Unberechenbarkeit dieser
Setting:Zuhause; Abend
Nützlichkeit:7,81 von 10 möglichen   (21 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Ich kam vor einigen Jahren sehr unerwartet in den Besitz von 5 Gramm ungetrockneten Trüffeln.

Ich saß also Zuhause und überlegte, was ich damit anstellen sollte. Zwischenzeitlich hatte ich schon den Entschluss gefasst, sie einfach zu entsorgen, da ich meine Zweifel an der Frische des Materials hatte. Schließlich entschied ich mich dann aber dazu, sie noch am gleichen Abend zu verköstigen.

Nachdem eine erste Geschmacksprobe mich von der Unverdorbenheit der Sklerotien überzeugt hatte, wanderte eine Knolle nach der anderen in meinem Magen. Der Geschmack war auf angenehme Weise erdig bis nussig, die Konsistenz ebenfalls, jedoch machte sich ein eigenartig synthetischer und leicht unangenehmer Beigeschmack bemerkbar der sich aber im Hintergrund hielt. Interessanterweise nahm ich dieses eher subtile aber dennoch stechende Aroma noch den ganzen Trip über wahr. Ein gewisser Respekt vor der erwarteten Wirkung bremste mich beim Verzehr immer wieder, wodurch circa eine halbe Stunde verging, bis der letzte Trüffel verschwunden war.

Ich saß bei gedimmtem Licht an meinem Schreibtisch. Bereits ungefähr 20 Minuten nach dem ersten Bissen spürte ich, dass etwas verändert war. Am leichtesten kann ich dies daran festmachen, dass mir die Farben bunter zu sein schienen, wobei aber zu sagen ist, dass die Beleuchtungssituation eigentlich keine eindrucksvollen Kontraste hergab. Die Szenerie wirkte dadurch sehr gemütlich – alles sah irgendwie freundlich und heimelig aus. Damit war natürlich eine positive Grundstimmung gewährleistet und es dauerte nicht lange, bis sich Freude in mir breitmachte. Ich würde nicht von einer überschwänglichen Euphorie sprechen, aber ich war wirklich Glücklich und voller Zuversicht, dass ich an diesem Abend ein positives Erlebnis haben würde. Begleitet und verstärkt wurde diese Freude dadurch, dass es mir in einem völlig neuen Maße möglich war, mich mit meiner eigenen Person zu identifizieren, meine Charakterzüge zu erkennen und einzuordnen, zu einem wirklichkeitsnahen Selbstbild zu gelangen und so schließlich mein Auftreten und sonstiges Verhalten zu analysieren.

Ich ging zunächst duschen. Es setzte ein leicht benebeltes Gefühl in meinem Kopf ein, wie ich es von Cannabis kenne. Ich merkte aber schnell, dass die Pilze, ungleich dem Cannabis, meinen Geist zu beflügeln schienen. Eine gewisse Nachdenklichkeit deutete sich an. Diese ging aber nicht mit dem typischen in sich selbst gekehrt Sein einher. Ich behielt erstaunlicherweise all meine Präsenz bei der Sache, die ich gerade ausführte, was mich wiederum beinahe schon an die Wirkung von Amphetamin und ähnlichen Stimulanzien erinnerte. Als ich an den Schreibtisch zurückkehrte, widmete ich mich aber erst einmal einer wenig anspruchsvollen Tätigkeit – der Masturbation. Die Trüffel verliehen dem Ganzen eine mir in dieser Form unbekannte Magie. Am ehesten vergleichbar war dies mit der Wirkung hoher Dosen Cannabis. Zwar war mir die, für Halluzinogene typische, Intensivierung der Wahrnehmung bekannt, aber ich finde gerade Psilocybin hat seinen charakteristischen Eigengeschmack, eine spezifische Färbung. Mit dem Wort ,,Magie“ sehe ich den Sachverhalt eigentlich gut beschrieben. Hinzuzufügen ist nur, dass die Pilze ihren ganz eigenen Zauber haben - in seinem Wesen ist dieser zwar nichts Anderes als der anderer Psychedelika aber er scheint dennoch unverwechselbar zu sein. Ich kann damit gut nachvollziehen, dass einige Leute den Pilzen eine ,,Persönlichkeit“ zusprechen. Man kann es sich vielleicht wie eine Art Bauchgefühl vorstellen.

So schön es auch war, schon bald darauf war ich dabei, an einer Kurzgeschichte weiterzuarbeiten, bei der ich schon seit einiger Zeit mit dem Feinschliff zu kämpfen hatte. Die Qualitäten des Psilocybins, von denen ich Eingangs des vorangegangenen Absatzes schwärmte, traten hierbei erst richtig hervor und kamen voll zum Tragen: Es fiel mir ungeheuer leicht, mich von subjektiven Eindrücken zu distanzieren und Sachverhalte völlig objektiv von allen mir sinnvoll erscheinenden Gesichtspunkten aus zu analysieren. Meine Gedanken waren dabei auch klarer und geordneter. Hinzu kam, dass ich deutlich fantasievoller war.

Diese Fähigkeiten erwiesen sich beim kreativen Schreiben als unschlagbar. Es war mir ohne große Mühen möglich, verschiedene Textstellen geschickt miteinander zu verknüpfen und der Handlung damit eine ganz andere Tönung zu geben. Auch auf der sprachlichen Ebene überzeugen mich die Textstellen, die ich damals hinzufügte. Mit der Zeit intensivierten sich die benebelnden Effekte der Droge allerdings und machten es zunehmend schwerer, klare Gedanken zu fassen. Darüber hinaus gelangte ich an einen Punkt in der Handlung, für den ich eine sehr düstere Metapher vorgesehen hatte. Ich hielt es für Unklug, so etwas in diesem Zustand zu formulieren und beließ es daher bei einem Vermerk der mich später an die Vollendung des Abschnittes erinnern sollte. Es war ungefähr elf Uhr und ich entschied mich dazu, die Wirkung nun gemütlich im Bett ausklingen zu lassen.

Vorher habe ich noch eine Kleinigkeit gegessen. Das bereitete mir aber keine besondere Freude und es war mir außerdem kalt geworden. Die Stimmung war inzwischen eher neutral. Vom anfänglichen Frohmut war nicht mehr viel übriggeblieben.

Ich legte mich also ins Bett und machte das Licht aus. Einmal mehr machte sich bemerkbar, dass gewisse geistige Barrikaden gefallen waren und ich besser über Dinge nachdenken konnte. Es war zum einen so, dass es leichter fiel, Assoziationen herzustellen und so schnell von einem Gedanken zum nächsten zu wechseln, falls dies gewünscht war. Zum anderen neigte ich auch viel weniger dazu, mich an bestimmten Meinungen und Ansichten festzuklammern und zu versuchen, diese zu begründen, anstatt einfach objektiv nach der richtigen Position in der entsprechenden Sache zu suchen.

Vor diesem Erlebnis habe ich oft selbst dann noch an einer Sache festgehalten, wenn ich sie nicht einmal gut begründen konnte und irgendwo in meinem Inneren selbst wusste, dass ich bestimmte Aspekte nicht genügend gewichte. In dieser Hinsicht war das Erlebnis wirklich erhellend, obwohl ich glaube, dass sich das Potenzial dieser Substanz aufgrund der niedrigen Dosis hier nur angedeutet hat. Meine Gedanken waren aber noch absolut steuerbar, was die Sache auch deutlich angenehmer machte.

Ich grübelte jedenfalls noch einige Zeit über meine Vergangenheit nach und kam schließlich zu der Erkenntnis, dass ich viele Menschen zu schnell verurteilte. Ich steckte sie in bestimmte Schubladen, wenn ich gewisse Eigenschaften an ihnen erkannte, und das auch, wenn Leute, die ich schätzte über diese Eigenschaften verfügten. Dies nahm, wie ich rückblickend sagen kann, durchaus Einfluss auf mein Leben. Die lehrreiche Kontemplation war nicht wesentlich von Halluzinationen begleitet. Allenfalls eine leichte Verstärkung des Auftretens der Farbmuster, die ich im Dunkeln auch Nüchtern sehe, konnte ich beobachten. Obwohl seit der Einnahme erst ca. 4 Stunden vergangen waren, schlief ich dann aber auch recht schnell ein.

Am darauffolgenden Morgen fühlte ich mich ganz normal, wenn auch etwas müde, da ich sehr früh aufstehen musste.

Die Reise gab mir eine Idee davon, welche Möglichkeiten auch in geringen Dosen psychedelischer Drogen stecken. Bestimmte Gedankengänge, die ich während des Trips hatte, vollendete ich auch erst in den darauffolgenden Tagen. Das war für mich der abschließende Beweis dafür, dass dieses Erlebnis nichts Überweltliches an sich hatte, keiner eigenen Logik folgte. Die Erkenntnisse und Ideen, zu denen ich gelangte, waren keine abstrusen Hirngespinste, die nur sinnvoll zu sein schienen, weil ich Zauberpilze eingeworfen hatte - Psychedelika können den Intellekt fördern und bereichern. Bei den Erfahrungen, die ich vor dieser Reise gemacht habe, wurde das nie so klar deutlich.