Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Lowdose: Horrorschleifen und ein virtueller Psychiater
Drogen:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:Tryptomane
Datum:25.09.2010 22:50
Set:leicht unbehaglich, später gelassen, am Ende aufgewühlt
Setting:Nachts im Park, kurz unterwegs, zuhause
Nützlichkeit:8,73 von 10 möglichen   (22 Stimmen abgegeben)

Bericht:

24.09.2010: Es sollte mein dritter Trip innerhalb von zwei Monaten werden. Weil ich in absehbarer Zeit keine weiteren Cubis züchten würde und der Vorrat begrenzt war, beschloss ich es mit einem statt der üblichen zwei Beutel zu versuchen und außerdem das Setting zu variieren.



Nachmittags scannte ich also sicherheitshalber erstmal meine nähere Umgebung in Google Maps und OpenStreetMap ab, um mir abgelegene Stellen in den umgebenden Parks einzuprägen. Der abendliche Regen machte mir allerdings einen Strich durch die Rechnung; mich irgendwo auf die Wiese zu legen konnte ich nun vergessen. Also beschloss ich einen (leider sehr gut einzusehenden) Park aufzusuchen, in dem es leicht trocken zu wischende Metallbänke gab.



Nachdem der Regen aufgehört hatte, machte ich mich gegen 23:45 auf den Weg und beschloss im Industriegebiet durch eine Straße abzukürzen, durch die ich noch nie gegangen war. Prompt bellte mir von einem abgezäunten Gelände ein Pony von Hund entgegen. Das war also das Riesenvieh, dessen Bellen ich noch 600 Meter entfernt bei mir zuhause hören kann. Mir schwante nichts Gutes betreffend des Sets, aber hey, ich war nun mal schon unterwegs.



In dem großen Park war ich zunächst leicht paranoid, weil ich wusste, dass dieser wegen der künstlichen Wegbeleuchtung auch nachts manchmal frequentiert wurde. Lieber wäre ich in den anderen, unbeleuchteten Park gegangen und hätte mich auf eine der abgelegenen Wiesen gepflanzt. Aber weil ich schon mal hier war, suchte ich mir eine Bank ca. 15 Meter abseits einer beleuchteten Wegkreuzung aus, wischte sie ab und setzte mich hin. Dort saß ich zunächst rauchend, um die Lage zu beobachten.



Nach 10 Minuten erschien ein Pärchen und suchte einen nahegelegenen Aussichtspunkt auf. Als sie wieder herunterkamen, schienen sie mich im Halbdunkel sitzend bemerkt zu haben und blieben kurz stehen. Es wurde mir langsam zu blöd hier und ich entschied mich, einen bewaldeten dunklen Weg knapp außerhalb des eigentlichen Parks aufzusuchen. Dort gab es auch ein paar Bänke und ich würde von dort aus direkt durch das menschenleere Industriegebiet zurückgehen können. Zuvor genehmigte ich mir jedoch meinen Beutel mit 2,04 g, kaute schön ordentlich, pulte mir die Reste aus den Zähnen und schluckte diese ebenfalls. Es war 0:14.



Auf dem Weg entschied ich mich um. Am angepeilten Ort fuhren erfahrungsgemäß öfters Leute mit ihren Motorrollern durch, obwohl es sich um einen reinen Fußgängerweg handelt. Wenn man zentrumsnah in einer großen Ruhrgebietsstadt wohnt, hat man nirgendwo seine Ruhe außer in den eigenen vier Wänden :-/ Also machte ich mich auf den Heimweg. Statt direkt durch das Industriegebiet zu laufen, kürzte ich durch den anderen Park ab. So würde ich nicht trippend an der Bahnschranke warten müssen.



An der dunkelsten Stelle des Parks setzten erste CEVs ein, aztekisch wirkende Muster, aber noch verrauscht bzw. wie aus tausenden umherschwirrenden Punkten zusammengesetzt. Wieder an einer lichten Stelle, blieb ich intuitiv stehen und bewunderte die mich umgebende Natur. Gruppen von Eichen und Pappeln umgaben den Weg, und langes, buschiges Gras säumte einen abgezäunten, von Wasserlinsen bedeckten Tümpel. Mein Kontrastsehen war bereits durch die Pilze geschärft; ich erkannte im Dunkeln jedes Detail. Auf dem Kamm der hohen Böschung hinter dem Tümpel konnte ich die bunt erleuchteten Fenster eines Hauses erkennen. Auf meiner anderen Seite befand sich eine saftige, hügelige, baumbestandene Wiese. Dort hatte ich ursprünglich trippen wollen, doch jetzt war alles nass.



Genau am Ausgang des Parks „überkam“ mich der Pilz in Form des bekannten euphorischen Körpergefühls. Ich musste mich beeilen, nach Hause zu kommen, um möglichst viel vom Trip zu haben. Zwei Minuten später befand ich mich bereits in meiner Straße. Es ging mir gut. Und die Wirkung setzte langsam richtig ein :-) Manche Häuser sahen plötzlich „drollig“ aus, als wären die Eingänge abgerundet, mit kleinen Stalaktiten oben dran. Der Stamm eines Baumes am Rand des Gesichtsfelds nahm die Form einer aztekischen Statue an. Als ich hinsah, verschwand der Effekt. Das Gefühl dabei war „magisch“, ganz ähnlich, als hätte ich in der Natur eine starke Tüte geraucht, allerdings waren die Pilzvisuals wesentlich intensiver und realistischer.



Zufrieden betrat ich mein Haus. In der Wohnung suchte ich als erstes das Bad auf und war überrascht, dass meine Pupillen klein waren. Dann verdunkelte ich mein Schlafzimmer bis auf eine kleine Mückenleuchte, die für zwielichtiges Schattenspiel sorgen sollte, zog mich aus und legte mich hin.



Dies war mein erster Pilztrip, der nicht unter Alkoholeinfluss stattfand, und so überraschte mich die geistige Klarheit, während ich die realistischen CEVs auf mich einstürmen ließ. Um besser reflektieren zu können, stellte ich mir vor, ein Psychiater meines Vertrauens wäre ebenfalls im Raum anwesend, um den Trip zu begleiten. Von Zeit zu Zeit berichtete ich ihm bemerkenswerte Szenen und Erkenntnisse. Dies war im Nachhinein eine sehr gute Idee; indem ich vieles laut aussprach, kann ich mich an den kompletten Trip erinnern.



Zunächst hatte ich „Zuckerbäcker-Visuals“. Niedliche Sachen, z.B. Spielzeugrasseln und Autos mit Gesichtern, die sich aneinandergereiht, schleifenhaft wiederholten. Um aus einer Szene „auszubrechen“, war stets eine bewusste Anstrengung vonnöten, entweder gedanklich oder durch eine starke Gefühlsänderung. So konnten z.B. die Autogesichter plötzlich böse gucken, zahnbewehrte Mäuler entblößen, chaotisch zusammenstoßen usw.



Doch ich war nicht hier um so weit zurückzureisen, sondern nur ca. 18 Jahre, also in meine frühe Pubertät. Es war Zeit, die Frage zu stellen, die ich auf fast jeder psychedelischen Reise stelle. Sie ist der Grund, warum ich überhaupt mit Psychedelika angefangen habe.



Was habe ich dieser Person angetan, als ich vierzehn war? Wie ist ihr Name? Zeig mir ihr Gesicht!



Wieder materialisierte das Tor. Dies war das erste Mal, dass ich es auf den Pilzen versuchte, denn ihre Potenz war mir gewiss und ich fühlte mich mittlerweile gefestigt genug, mit den Folgen schockartiger Erinnerung zu leben.



Das Tor sah im Prinzip genauso aus wie auf den hochdosierten Cannabis-Trips, allerdings sehr viel gewaltiger, düsterer, detaillierter und erhabener. Die runde, augenartige Konstruktion aus schwarzem Stahl maß mindestens hundert Meter im Durchmesser. Vier radial angebrachte Stahlträger schienen es an Ort und Stelle zu halten; vor dem dunkelorangenen, flammenden Hintergrund huschten „Drohnen“ und andere Flugobjekte durchs Bild.



Zum dritten Male insgesamt war ich vor dem Tor, bettelte und flehte.



Zeige mir, was geschah! Öffne dich!



Schlussendlich, zum ersten Mal, geschah es. Das „Auge“ in der Mitte des runden Zentralteils war kurzzeitig von blutigem Leuchten eingefasst, dann öffneten sich die Lider majestätisch einen Spalt weit, gleißendes grellweißes Licht quoll heraus...



Die Hölle brach los, Tentakel peitschten in meine Richtung, das Auge schloss sich wieder und begann sich wie ein Raumschiff zu entfernen. Dämonen rasten heran und ich stellte enttäuscht fest, dass es immer noch nicht soweit war. Dies war kein guter Ort, um weiter zu schwelgen, also „dachte“ ich mich fort und landete zwischen Riesenskorpionen und ähnlichem Getier. Jede Szene war infernalischer als die davor. Schließlich setzte ich mich auf. Krankheitsgefühl. Der Pilz hatte Besitz von meiner Speiseröhre ergriffen und die ganze Zeit zu liegen bedeutete, dass halbverdaute Pampe hochgeflossen kam.



Ich trank zwei Gläser Saft, machte Pupillenkontrolle (normal groß) und erstattete meinem virtuellen Psychiater Bericht. Dann lag ich gefühlsverstärkt herum und seufzte. Die OEVs waren bereits ziemlich stark. Ein Schleier lag auf den Wänden und ich dachte darüber nach. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Kontrastwahrnehmung verstärkt aber die Farbwahrnehmung unscharf war. Wieder staunte ich, wie klar der Trip war. Zeitweise, zwischen den „Wellen“, vergaß ich gelegentlich sogar, dass ich trippte, trotz enorm starker Halluzinationen. Es fühlte sich wie das Normalste der Welt an.



Ich beobachtete mein Lieblings-Triptoy, den kreisrunden, detaillierten Schatten der Deckenlampe. Es erschienen dieselben animierten Formen darin wie auf anderen Psychedelika, hier allerdings klarer, flüssiger und realistischer. Als ich länger darauf starrte, lösten sich regenbogenfarbene Strahlen daraus, sausten zu den Kanten der Zimmerdecke und daran entlang, bis sie in den Ecken verschwanden.



Das Schließen der Augen erzeugte mir entgegenschießende Nachbilder. Das ist mir bisher nur auf einer einzigen anderen „Droge“ passiert: einer nicht-medizinischen Dosis Baldrian ;-)



Nun versuchte ich den durch den Torwunsch vermasselten Trip wieder in bessere Bahnen zu lenken, hatte auch kurz wieder die freundlichen Autos aber mochte diese nicht, also beschloss mein Unterbewusstsein, mir ein paar erotische Mangas zu zeigen. Diese waren in der ersten Sekunde immer perfekt, wurden dann aber Element für Element dekonstruiert oder durch irgendwelchen wild oszillierenden Unsinn ersetzt.



Indem ich bewusst daran dachte, wie das Gehirn Gesichter konstruiert, wurde mir eben das gezeigt. Mangazeichnungen entstanden Strich für Strich, oder nur einzelne Elemente. Zeichnen lernen mit den Pilzen :-D



Immer noch trauerte ich dem Tor hinterher und brachte mich damit endgültig auf einen Bad Trip. Ich war die extreme Wirkung der 4 g-Trips gewohnt und belächelte die folgenden ... eigenartigen ... Bilder distanziert, was dazu führte, dass nur noch mehr davon produziert wurde und es schließlich kein Entrinnen mehr gab.



Aus Gesichtsteilen wurden Körperteile, schließlich ein Haufen toter Föten. Umherfliegende Körperteile. Dann folgte die befremdlichste Gedankenschleife aller Zeiten: Ich befand mich vor einer nassen Glasscheibe, und von der anderen Seite klatschte ständig das entstellte Gesicht einer Unfallleiche dagegen. Ich wünschte mir in dem Moment, die Szene aufzeichnen und ein animiertes .gif daraus machen zu können. Immer noch fühlte ich mich als Herr der Lage.



Schließlich befand ich mich in einem Raum voller rotierender Fleischsäulen, aus denen Augen, Münder und Halbprofile entstanden, manchmal auch deformierte Kinder. Langsam wurde es mir mulmig. Ich begann meinem „Psychiater“ alles mitzuteilen. Dazu passend materialisierte eine Weißwandtafel, auf der gleichzeitig meine Worte in blauem Filzschreiber erschienen. Diese Szene, ein Oval in blassviolett eingefasst, entfernte sich nun von mir; ich hörte mich im immer kleineren Oval weiter reden, den Psychiater gelegentlich Zwischenfragen stellen, doch es wurde alles immer leiser, dumpfer, weniger greifbar.



Dissoziation! Ich war zu weit gegangen. Ich hatte den Pilz das erste und wohl letzte Mal unterschätzt. Verdutzt, dann ärgerlich, schrie ich mental: „Es verschwindet! Gib es mir zurück, es gehört zu mir, das bin ich!“ Doch meine Stimme erklang nicht, mein Schrei blieb lautlos.



Die folgenden Minuten verbrachte ich damit, den Trip zurückzuverfolgen und den grausigen Peak wieder ans Tageslicht zu zerren, aber nur schemenhaft, um keine neue Dissoziation zu bewirken. Es reicht, dass ich weiß, was ich gesehen habe. Die Erinnerung könnte irgendwann nützlich sein.



Nach dieser Aktion beschloss ich, mich den Rest des Trips weniger nach innen zu konzentrieren und auf die OEVs zu achten. Das leicht kränkliche Körpergefühl war bereits verflogen und ich schaute mich im Zimmer um. Alle Kanten waberten ziemlich heftig und vor dem bewölkten Nachthimmel draußen zischten die typischen linien- und fadenförmigen Pilzoptics vorbei. Das war seltsamerweise auf den stärkeren Trips nicht so heftig aufgetreten. Vielleicht hing es mit meiner aufgewühlten Gefühlslage zusammen, die ich auf dem leichteren Trip bloß nicht so stark wahrnahm.



Ich machte Licht, setzte mich hin und rauchte. Dabei dachte ich laut vor mich hin. Als ich mich später wieder hinlegte, waren die Visuals abstrakt und größtenteils zweidimensional geworden, der Trip klang allmählich aus, so dass ich nach einer Weile einschlafen konnte.



Fazit: Lowdose auf Pilzen hat seine Vor- und Nachteile. Ich würde nicht pauschal sagen, dass Lowdose auf jeden Fall besser für Anfänger ist. Ungeachtet dessen sollte man bei Pilzen auf jeden Fall schon psychedelische Erfahrungen haben, also Halluzinationen erkennen und einordnen können.



Highdose ist meiner Meinung nach geeigneter für die, die eine existenzielle, verändernde Erkenntniserfahrung suchen. Der Trip ist körperlich und geistig anstrengender und man verfällt in eine volle, euphorische Ekstase, inklusive herumwälzen, lachen, weinen, theatralischem Tanz und ausgiebigem Umarmen der Kloschüssel. Die Gefühlsverstärkung ist so extrem, dass man automatisch vorsichtig vorgeht und darauf achtet, den Trip auf einer bestimmten Linie zu halten.



Lowdose ist nur auf den ersten Blick leichter zu handhaben. Man fühlt sich sicherer und verzettelt sich gerade dadurch schneller. Die CEVs sind weniger komplex und symbolisch-sinnbildlich als auf Highdose, schlagen aber alles, was Cannabis bieten kann, immer noch um Längen. Gedankenschleifen scheinen ebenfalls ein größeres Problem zu sein als auf Highdose. Ich würde Lowdose für die empfehlen, denen es mehr um intensive Visuals als Erkenntnis geht, es sollte dann aber jemand dabei sein, mit dem man sprechen kann. Ich habe nicht umsonst das Bedürfnis verspürt, mir einen Psychiater herbeizudenken ;-)



Der Pilz verdient Respekt. Man kann viel Spaß mit ihm haben, aber muss sich selbst gelassen in die Augen sehen können. Dann wird man auch von ihm respektiert.