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Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 08.02.15 18:10
Kafkaesk schrieb:
Aber heute bekomme ich das nicht mehr mit, offiziell gelten solche Maßnahmen als geächtet, sodass die großen Armeen offiziell keine Vergeltungsmaßnahmen üben (zumindest nicht öffentlich). Ganz im Gegensatz zur IS, hier scheinen diese Vergeltungsmaßnahmen Teil der wargames zu sein - kämpferisch betrachtet erst mal kaum effektiv, aber hinsichtlich der psychologischen Kriegsführung wohl weit aus mehr Schaden anrichtend.

Natürlich gibt's diese "Vergeltungsaktionen" noch: Israel zB macht es regelmäßig und das auch sehr medienwirksam.
"Nur weil du nicht paranoid bist, heißt das noch nicht, dass du nicht verfolgt wirst."

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Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 08.02.15 22:35
In gewisser Weise befinden sich die Kämpfer (nicht nur des IS) ja in einem Kollektivrausch. Wäre Fanatismus eine substanzielle, greifbare Droge: ich denke sie wäre verboten, würde aber in Kriegen sicherlich per Pille verabreicht werden.
Die zum Fanatismus gereichten Drogen sind für mich iwie Mischkonsum...
Nicht die Droge ist das Problem, sondern die Gier nach mehr ...
Auf der Suche nach dem Schönsten im Leben stößt man oft auf den Tod
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Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 01.04.15 23:15
Kafkaesk schrieb:
@ captain deviant: Netter Artikel. Und doch bleibt die Frage: Bilde ich mir das nur ein aufgrund der Medienberichterstattung oder sind diese Methoden der IS, Opfer so zur Schau zu stellen und mit der Kamera direkt auf Folter-und Qualmomente zu halten, neu in der modernen Kriegsführung?


Neu ist das nicht. Das ist die gleiche Mediastrategie wie bei Al Quaida, mti dem Unterschied, dass AQ inzwischen etwas mehr Hochglanz ist.
Das wird ja bei der Berichterstattung über den IS nie erwähnt: Eigentlich haben wir es hier mit einem weitgehend typischen Fall von Bürgerkriegsökonomie zu tun, also der permanenten Aufrechterhaltung des Kriegszustands zur Sicherung monetärer Zwecke, in diesem Fall Kontrolle über die irakischen Erdölvorkommen (mit Kontrolle über regionale Trinkwasservorkommen und der schrittweisen Errichtung eines Flächenstaats als sekundären, strategisch motivierten Zielen). Mit dem Unterschied, dass die Rekrutierungsstrategien moderner islamistischer Terrornetzwerke angewendet werden.
Das bedeutet: Im Gegensatz zu anderen Warlords klassischen Zuschnitts rekrutiert IS nicht nur lokal, sondern international. Aber im Gegensatz zu AQ für den lokalen Bedarf an Soldaten, nicht für einen internationalen Bedarf an Terroristen.
Wer versteht, wie Bürgerkriegsökonomien funktionieren, sieht sofort, welche Implikationen das hat. Denn solche Systeme hängen im Wesentlichen von 3 Faktoren ab: Schwäche des Staates, in dem sie entstehen; einem Absatzmarkt für die von ihnen illegal erwirtschafteten Produkte; einer personellen Basis an potentiellen Rekruten, wie man sie vA in sozioökonomisch schwach aufgestellten Regionen mit einem hohen demografischen Anteil schlecht ausgebildeter junger Männer mit miserabler finanzieller Perspektive findet.
Die Rekrutierungsstrategie des IS greift also an einer der zentralen Stelle in die Funktionsweise solcher Systeme ein und festigt dadurch enorm die Machtbasis des IS.
Wenn man also, wie es üblicherweise der Fall ist, den IS einfach als Terrororganisation bezeichnet statt als die Miliz eines brutalen Warlords, die aber auf eine für solche Organisationen neue Art Soldaten rekrutiert und damit wesentlich funktionsfähiger ist, als es solche Milizen normalerweise sind, kann man die Gefährdungslage gar nicht adäquat erfassen.

Man schätzt die Gefahr für den Irak und Syrien automatisch zu niedrig ein und die Gefahr im Ausland automatisch zu hoch.

Wozu führt das? Ein -derzeit politisch nicht tragbares- militärisches Eingreifen vor Ort wird gar nicht erst diskutiert, aber man hat weiter Futter, um die Angst vor dem Terror zu instrumentalisieren. Sprich: Die Art der Berichterstattung, wie sie derzeit stattfindet, das systematische Verkennen der Eigenheiten dieses Krieges, kann durchaus politisch gewollt sein. Zumindest kann es dergestalt instrumentalisiert werden.

Passend hierzu: Bis jetzt haben ausnahmslos alle Terroristen, die sich außerhalb der Region auf den IS berufen (also der Geiselnehmer in Australien und die Zelle in Frankreich) ihre Taten autonom geplant. Einer der Attentäter in Frankreich wurde dort ausgebildet, aber er hat auf eigene Faust gehandelt, nicht auf Grund einer zentralen Anweisung. Bei Al Quaida war das schon immer anders.
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Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 02.04.15 00:42
Das war doch mal ein interessanter post, habe mir um die differenzierte Einordnung des IS auch noch keine so großen Gedanken gemacht, aber ich denke du dürftest mit einigen Punkten sehr Recht haben!
Einen Aspekt auf den ich noch ganz gerne verweisen möchte, wenn wir schon über die Medienberichterstattung über IS sprechen: Viel zu oft wird der IS oder allgemein jede Terrororganisation viel zu sehr als contra-Westen, contra-Säkularität, Islamismus, contra-andere-Religionen reduziert, obwohl die regionalen Motive und die Beziehungen zwischen den Organisationen untereinander eigentlich viel komplexer und auch viel interessanter sind. Man darf nicht die für uns geltende Vorstellung, dass der Terrorist gegen einen Staat / eine Nation kämpft, auf die arabische Welt projezieren. Dort bekämpfen sich verschiedene Terrororganisationen auch gegenseitig, werden dafür aber auch fast alle von verschiedenen Staaten gestützt. Dort unten sind es nicht die Konflikte zwischen Islam und Christen/Juden und auch nicht der zwischen Staat und Rebellion, viel häufiger geht es um Shiiten gegen Sunniten, um die partikularen Herrschaftsinteressen mächtiger Königshäuser wie der Saudi-Arabiens, die nun in den Bürgerkrieg im Yemen eingreifen, nicht weil ihnen irgendeine der dort kämpfenden Gruppen wirklich wichtig wäre, sondern allein weil sie hinter den Houthis ein Bestreben des Irans vermuten sich einen größeren Machtradius zu verschaffen. Der allgemeine "Terrorist" hat nicht primär im Kopf den Westen anzugreifen, es gibt erheblich lukrativere und für viele auch wichtigere regionale Interessen, deren Chancen zur Erreichung auch erheblich besser stehen. Wie Weltraumechse richtig sagte, die meiste die im Westen Terroranschläge fabrizieren sind autonom handelnde Menschen die einer Terrorgruppe sympathisieren, oder gar völlig unabhängige Nachahmungstäter die sich lediglich bewusst sind, dass ihr Effekt erheblich vergrößert wird, wenn sie mit Terrornetzwerken in Verbindung gebracht werden.
Das ist bei Boko Haram nicht anders, auch wenn ihr Name explizit auf die Abneigung gegenüber des Westens verweist, die Interessen sind, und sei es auch nur aus Gründen der Durchführbarkeit, zu 99,9% regional und richten sich entsprechend auch primär gegen dort Einheimische und nicht gegen westliche Entwicklungshelfer o.ä., das sind Ausnahmen und eher Zufallsfänge. Es schadet dem Verständnis und der möglichen Konfliktlösung erheblich, wenn man Terrororganisationen nur als Terrororganisation zum Zwecke des Terrors sieht, ohne die dabei teilweise konträren Interessen zu differenzieren.

LG
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Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 02.04.15 13:32
Es ist halt das heute gängige Erklärungsmuster. In den 90ern hätte man dauernd gelesen, dass es ein Konflikt zwischen Arabern und Kurden ist, in den 80ern hätte man es als einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und der UdSSR interpretiert. Dabei gab es auch damals schon strukturell gleiche Konflikte, die nicht in diese Interpretationen gepasst haben - die Coca produzierenden Bürgerkriegsökonomien in Lateinamerika z.B. sind seit Mitte des 19. Jhrhdts. dekolonialisiert, Ethnien und postkoloniale Grenzverläufe spielen keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle und seit dem Ende des Kalten Kriegs und dem Zerbrechen des amerikanischen Hegemonialanspruchs in Lateinamerika infolge der völligen militärischen Auslastung der USA im Irak und Afghanistan konnte man diese Konflikte auch nicht mehr als Stellvertreterkriege erklären. Trotzdem beobachten wir weiterhin, dass dort das gleiche passiert wie in Westafrika, im Goldenen Dreieck oder eben aktuell im Irak und Syrien. Ein System, das Krieg nicht im Clausewitz'schen Sinne zur Erreichung eines politischen Ziels betreibt, ihn gewinnen und dann beenden will, sondern den Krieg unbegrenzt aufrecht erhält, weil der Krieg Grundlage seines Geschäftsmodells ist. In Afghanistan sehen wir das gleiche - gäbe es keinen niedrigschwelligen Kriegszustand mehr, würde die Grundlage für den Mohnanbau wegfallen, denn dafür braucht man -ob dort oder im Goldenen Dreieck oder in Peru, wo übrigens niemand Moslem, geschweige denn Islamist ist- den Zustand des state failure, damit man in Ruhe diese gigantischen Felder anlegen kann. Die Warlords würden ihre Geldquelle verlieren, gäbe es Frieden und dadurch eine funktionierende Zentralregierung, die fragt, was denn da bitte für Pflanzen wachsen. Also kämpft man wie seit über 30 Jahren weiter. Was kriegen wir stattdessen zu hören? "Das sind die Taliban, die wollen den Gottesstaat." Welchen Staat denn? Einen Staat gibt es dort nur auf dem Papier. Im Islamischen "Staat" übrigens auch. IS kriegt es ja nicht mal hin, eine geschlossene Fläche zu regieren. Wie auch, in einem Land, in dem man keinen politischen Konsens mehr hat, dafür aber ne AK47 in jedem Haushalt und Ölquellen, die darauf warten, gewaltsam den Besitzer zu wechseln. Sowas kann man nicht regieren, nur ausplündern. Dieses Chaos war die zwangsläufige Folge eines Regimewechsels, der von außen erfolgt ist, dadurch keine Legitimität in der Bevölkerung hatte und so das staatliche Gewaltmonopol auflöste, ohne eine akzeptierte Alternative zu bieten.

Aber das kann man nur zwischen den Zeilen lesen. Das taucht mal auf ner Übersichtskarte auf oder in einem Nebensatz, nicht in der Headline. Reine Machtpolitik ist eben -gerade in Deutschland, wo Geostrategie nur als Schimpfwort auftaucht und niemand sich mit den Mechanismen der Realpolitik auseinandersetzen möchte- etwas, das einfach nicht verstanden wird. In einer Medienlandschaft, die immer vom dümmsten anzunehmenden Leser ausgeht, sind einfache Erklärungen gefragt, keine Seminararbeiten. Also wird die einfache Erklärung so lange publiziert, bis sie abgenutzt ist und reizlos wird und dann muss die nächste her. Wenn der Islam als Erklärung ausgedient hat, werden wir vielleicht hören, dass alle diese Kopfabhacker narzisstisch gestört seien und dass dieser Krieg von psychischen Befindlichkeiten angetrieben werde oder was weiß ich. Der irakisch-syrische Krieg wird nämlich den Trend, alles mit dem Islam zu erklären, deutlich überdauern, das liegt leider in der Natur solcher Konflikte. Sie gehen weiter, bis es nichts mehr zu verdienen gibt.
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Abwesender Träumer



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1 Langzeit-TB

  Geschrieben: 02.04.15 16:48
Zitat:
Er habe die Anti-Angst-Droge Zolam verabreicht bekommen. Sie enthält Benzodiazepine, die die Aktivität bestimmter Areale des zentralen Nervensystems dämpfen. Der Arzneistoff wirkt angstlösend und beruhigend. Man bekommt weniger mit von dem, was man tut. „Diese Droge lässt dich den Verstand verlieren“, sagt Mufleh. „Wenn sie dir einen Sprengstoffgürtel geben und dir sagen, du sollst dich in die Luft jagen, dann tust du es.



lol2 mrgreen Is das geil XD ich hab mir grad fast eingepisst

haste die beste stelle gefunden Svas...


Wie Hart ich bin? Letzte Woche hab' ich mir den Zehennagel gestoßen, als ich meinen Kräutergarten bewässert hab', und ich hab' nur 20 Minuten lang geheult!
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 03.11.15 23:55
Wollte Prinz Drogen für den IS schmuggeln?

Bin gerade erst darauf gestoßen. 2 Tonnen Captagon-Pillen.

Captagon/Fenetyllin - Alles noch nie gehört. Hat das hier im Forum mal jemand testen können?
Ob das oben Geschriebene so stimmt, bin ich mir auch nicht sicher.
Ex-Träumer
  Geschrieben: 04.11.15 08:58
TripTripHurra schrieb:
Captagon/Fenetyllin - Alles noch nie gehört. Hat das hier im Forum mal jemand testen können?

Ja klar, Captagon war früher mal sehr weit verbreitet. Berge davon habe ich verdrückt. Es gab auch Leute - Nutten zB - die quasi dauerd'rauf waren von dem Zeug. Mit all den Folgen, die Speed halt so hat. Und etliche Apotheken haben sagenhafte Geschäfte gemacht mit dem Zeug, denn es war nur rezeptpflichtig.
LG road
 
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 04.11.15 09:34
Auf der arabischen Halbinsel ist es heutzutage auch noch populär, deswegen hat man es wahrscheinlich dort auf gefunden. Hier ein CNN Artikel zum Thema.

Zitat:
We've been watching [the seizures] increase, but it started exploding around 2006 when we started seeing huge jumps in the drug that's uniquely known in [the Middle East] as Captagon.

He complained: "Tony left me with a pile of Hendrix LPs and some dope."

Touching from a Distance
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 06.11.15 12:36
Road schrieb:
TripTripHurra schrieb:
Captagon/Fenetyllin - Alles noch nie gehört. Hat das hier im Forum mal jemand testen können?

Ja klar, Captagon war früher mal sehr weit verbreitet. Berge davon habe ich verdrückt. Es gab auch Leute - Nutten zB - die quasi dauerd'rauf waren von dem Zeug. Mit all den Folgen, die Speed halt so hat. Und etliche Apotheken haben sagenhafte Geschäfte gemacht mit dem Zeug, denn es war nur rezeptpflichtig.
LG road


Gibt es da einen deutlichen Unterschied zu Amphetamin oder ist es doch recht ähnlich?
In dem Artikel wird es ja fast so dargestellt, dass dexamph der saubere, gute Wachmacher ist, der US-Kampfpiloten gezielte Luftschläge ohne Kollateralschaden ermöglicht. Und der der IS eigentlich nur aufgrund von Captagon Köpfe abhaut.
Ob das oben Geschriebene so stimmt, bin ich mir auch nicht sicher.
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 06.11.15 14:18
Würde mich auch interessieren, wie das Zeug wirken soll - sieht ja von der Struktur aus wie ein (meth)amphe-molekül, dass über das Amin mit nem Koffein-Molekül verbandelt ist. Wirkt das wie mit Koffein gestrecktes Amphe?!
 
Ex-Träumer
  Geschrieben: 06.11.15 14:42
Na ja, auf dumme Gedanken kann man sowohl mit Captagon als auch mit Amfe kommen.
Die Wirkung ist ähnlich. Ich tu' mir jetzt schwer, genauere Vergleiche zu ziehen, da Capta 40 Jahre her ist und ich damals normales Amfe gar nicht kannte, nur Methamfe (Anfeserpin, Desoxyn - das gibt's heute noch, oder eben aus I oder den NL).
Captagon ist nicht zu unterschätzen. Es wirkt relativ lange und man legt schon gerne nach. Dann, nach einer Woche ist man streichfähig. Kann schon sein, daß man dann besonders als Kanonenfutter geeignet ist oder Dinge macht, die man sonst zumindest mehrmals überdenken würde.
LG road
 
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 06.11.15 19:56
Danke Road. Und schön, dass hier jemand auf 40 Jahre Drogenhistorie zurückblicken kann.
Ob das oben Geschriebene so stimmt, bin ich mir auch nicht sicher.

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