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Traumländer



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  Geschrieben: 21.12.14 22:57
Dieses Gefühl der "Beschleunigung" habe ich bis jetzt auf allen Dissos gehabt. Man fühlt sich wie in nem Flugzeug, wenn er startet voller Schub, sobald er die Reisehöhe erreicht hat, in dem Fall natürlich auch der Trip, merkt man richtig wenn man oben angekommen. Plötzlich nimmt es den Schub raus und man denkt sich erstmal, wow, noch alles gut? :D
 
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  Geschrieben: 23.12.14 05:44
zuletzt geändert: 23.12.14 06:00 durch Svastika (insgesamt 2 mal geändert)
So, endlich finde ich die Zeit hier weiterzuschreiben. Ich bin begeistert! Um der Diskussion eine angemessene Struktur zu verleihen werde ich versuchen das Ganze thematisch in einer logischen Reihenfolge anzugehen.. Also, beginnen wir mit unserer Suche nach Erkenntnis, oder wie der ein oder andere Terence McKenna Jünger [meldet euch! wir sind nicht allein!] sagen würde - Gnosis.

Sehen wir uns diese Beispiele an:
Spoiler:
Z3ro schrieb:
ich würd generall sagen dass man das wort "dissoziation" niemals vereinheitlichen kann. eigentlich ist es ja ein sehr schwammiger begriff, der eigentlich nur sehr subjektive wahrnehmungen (oder eher nicht-wahrnehmungen) beschreibt. jede substanz bringt die neurotransmitter durcheinander, deren aufgabe es nun einmal ist unseren körper und geist miteinander zu verbinden, was evolutionär das einzig sinnvolle ist um zu überleben. auf welchem weg diese neurotransmitter nun verändert werden hängt halt von der substanz ab.

THCale schrieb:
LSD-25 ist also jetz ein dissoziativa?
Also das wäre mir neu ;)

Z3ro schrieb:
na sicher! aber so richtig halt erst hoch dosiert. und es heißt "dissoziativum". liebe grüße
achja, weed übrigens auch ;)

DonCaChillo schrieb:
Also das glaube ich ja nicht wirklich. Hast irgendwelche Quellen, die deine Behauptung untermauern?

Und zu guter letzt:

Z3ro schrieb:
ja, also ich glaub mit definitionen brauchen wir nicht anzufangen :)

also ich hab immer die erfahrung gemacht dass dissoziativa und psychedelika viele gemeinsamkeiten haben. gerade bei (mehr) lsd verlier ich teilweise völlig den faden von mir selbst und meiner existenz und persönlichkeit.. und wenn das keine dissoziation ist dann muss wir erklären was es sonst sein soll?!

gerade MXE finde ich hab extrem viele parallelen zu LSD.. ich persönlich finde sogar dass MXE viel mehr wie LSD ist als zB wie ketamin o.Ä. .. also wohl alles definitionssache. ich definiere dissoziation halt am ehesten so, dass man von seiner persönlichkeit abstand nimmt, sich von ihr entfremdet fühlt. und das hab ich sowohl auf LSD als auch auf keta/mxe. lasst mich wissen falls ihr mir widersprecht :)

achja: ich bin in meinen definitionen aufgrund meines jobs sehr medizinisch geprägt. lest euch mal die definition einer dissoziativen störung durch, dann wisst ihr vllt was ich meine.


Dein erster Satz hat mich echt stutzen lassen :D Anhand der vorherigen Aussagen der anderen User, sehe ich vielmehr einen dringenden Bedarf an einer ordentlichen Terminologie - das war auch eine meiner Intentionen für diesen Thread. Aber Ich hatte deinen Satz außerdem so gelesen, dass du vielleicht sagen wolltest dass es dann erst so richtig kompliziert wird? Aber wieso nicht einfach versuchen? Traurig ist leider, dass der Großteil der Terminologie und Operationalisierung des Substanz-relevantem Wortschatzes von (konservativen) Drogenberatern und zum Teil gänzlich fachfremden Sozialpädagogen vor teilweise 30 Jahren entwickelt wurde, dazu auch noch auf einer sehr bizarr-verbogenen pseudo-medizinischen Basis. Auf der anderen Seite gibt es einen großen Teil sehr guter Terminologien die jedoch nahezu ausschließlich aus der akademischen Forschung entstanden sind, jedoch sind die Zeiten in denen die Akademiker und Literaten der maßgebliche Einfluss in diesem Feld waren lange vorbei, abgelöst wurden sie dann von einem Justizsystem inklusive brutaler, rassistischer und kriminalisierender Polizeigewalt die seitdem - leider - die Terminologie maßgeblich beeinflussen. Nicht zuletzt durch die Bereitstellung massiver Fördergelder (die natürlich nicht als solche deklariert waren) und einer erheblichen geheimdienstlichen, industriellen Lobbyindustrie begünstigten diese Entwicklung extrem.

Ich hatte im Startpost ja bereits zwei Definitionen vorgestellt, davon hatte eine zumindest auch die medizinische Komponente. Und Z3ro, die Terminologie die du anführst ist nahezu identisch zu meiner! Ich habe nie verstehen wollen wieso Halluzinogene ebenso psychedelisch sind, Dissoziativa jedoch lediglich Dissoziativa. Deswegen, und weil ich das Wort 'Halluzinogene' partout nicht ausstehen kann, habe ich in den letzten Jahren eher das Modell vertreten Psychedelika als den generellen Oberbegriff zu benennen, während sich dieser dann in Assoziativa, Dissoziativa und Hybride aus beider Komponenten unterteilt. Denn wenn jemand zum Beispiel Salvia Divinorum konsumiert indem er frische Blätter kaut, wäre ich sehr gespannt auf die jeweils subjektiven Einschätzungen; Ich habe die Grenzen als - unfassbar - vage empfunden. Ich bin mal so frei, und stelle das Modell vor, welches Ich über die wenigen Jahre (natürlich auch in etlichen Diskussionen mit unserer Community) stets reflektiert und überprüft habe, zum Beispiel an anderen Substanzen.

screenshot_2014-12-23z9jb4.png


Du hattest ebenso ja schon gesagt:

Z3ro schrieb:
ich definiere dissoziation halt am ehesten so, dass man von seiner persönlichkeit abstand nimmt, sich von ihr entfremdet fühlt. und das hab ich sowohl auf LSD als auch auf keta/mxe.


Auch hier, Zustimmung meinerseits. Ob LSD, Pilze, 2c-t2 - auf allen hatten Trips diese "dissoziativen Phasen", teilweise auch nur "dissoziativer Aussetzer". Besonders bei letzterem hingegen war der Trip fast schon zur Hälfte assoziativ und zur anderen Hälfte dissoziativ - und das nicht gleichzeitig, sondern eher zwei zeitlich-getrennte Phasen, aber ich merke gerade, dass ich das wohl noch nicht formuliert bekomme. Besonders die Hybride scheint unfassbares Potenzial zu schlummern, sowohl innerhalb einer Substanz mit ausgeglichenem assoziativ/dissoziativ Verhältnis, als auch bei Kombinationen wie Ich es beispielsweise hier [Auszug aus dem MXE-LZ] erleben durfte:

The Sailor's Adventures schrieb:
Ich lag auf dem Rücken auf meiner Couch und hörte mittlerweile über Kopfhörer passende Musik.. und versank langsam aber sicher in einer tiefen Trance.. bis ich nichts mehr von der Außenwelt mitbekam, aber dafür umso mehr von mir.. In meinem Kopf begannen die Gedanken immer schneller zu werden, ich war Sekundenbruchteile in Momenten gelandet die seltsamerweise zeitlos waren, ich sah Momente aus meiner Erinnerung – und alles wurde unkontrollierbar schnell. Meine weltliche Existenz existierte nicht mehr, ich war mein reines Ich – ein Ich dass ich bis jetzt nur auf meinem vorherigen LSD-Trip erreicht hatte. Doch die Bilder begannen sich mittlerweile zu überschlagen, es war nicht mehr mein Leben es war Leben an sich. Ich hatte das Gefühl die Zeit mehrerer Menschenleben binnen Sekunden zu erleben und auf dem Höhepunkt der Schnelligkeit – kam mir tatsächlich eine Träne. Ab hier wurde ich schlagartig gebremst, öffnete die Augen und war anfangs zu überwältigt um meinen Compagnons mitzuteilen was ich gerade erlebt hatte.


vergleicht hierzu:

Lustig schrieb:
Bei meinen K-Hole Erfahrungen habe ich zum Anfluten immer ein Gefühl von Geschwindigkeit, als ob ich in einer Achterbahn sitze (bzw. liege) und diese schnell beschleunigt (die Reise beginnt). Danach ist es (bei geschlossenen Augen) von roten Visuals und starkem Realitätsverlust dominiert.


Rechazz schrieb:
Dieses Gefühl der "Beschleunigung" habe ich bis jetzt auf allen Dissos gehabt. Man fühlt sich wie in nem Flugzeug, wenn er startet voller Schub, sobald er die Reisehöhe erreicht hat, in dem Fall natürlich auch der Trip, merkt man richtig wenn man oben angekommen. Plötzlich nimmt es den Schub raus und man denkt sich erstmal, wow, noch alles gut? :D



Manchem Konsumenten mag das jetzt banal vorkommen, im Sinne von "Na klar, ihr nehmt ähnliche Drogen, erlebt ähnlich Dinge" . aber ich finde das ganz und gar nicht banal. Immerhin werden fast schon exakt die gleichen Gefühl beschrieben die in einer anfangs derart neuen Situation auch überhaupt erstmal vom Konsumenten registriert und als solche erkannt werden.


Mein Fazit für den vermutlich längsten Post meiner Mitgliedschaft freak :

a) Bis jetzt bin ich begeistert und überzeugt vom Thread, auch die Diskussionsbeiträge stechen zur Abwechslung mal wieder sehr positiv hervor (danke Leute, IHR lest tatsächlich noch die Posts vor eurem!)

b) Schnell stießen wir auf das oft angetroffene Thema in komplexen Diskussionen: einer ordentlichen Terminologie, die zumindest den Anspruch erheben sollte unter den Diskutierenden homogen zu sein muss bis zu einem mindest Maß bestehen. Was haltet ihr von Z3ro's Konzept, wenn ich dich richtig verstanden habe unterscheidet sich das auch nicht allzu sehr von meinem, wenn nicht weise mich darauf hin! Was ist mit den Anderen, wie sehen eure Modelle aus. Aber achtet darauf, dass sich das Hauptaugenmerk der Terminologie weiterhin auf die Dissoziativa und deren Abgrenzung gegenüber Assoziativa oder Hybriden.

c) Es dauerte kaum zwei Seiten bis schon drei unabhängige Beispiele einer konkreten Wahrnehmung beschrieben worden waren, die zumindest spekulative Rückschlüsse auf die Aspekte und Eigenheiten eines dissoziativen Rausches erlauben.

Meiner Meinung ist das hier linguistische Pionierarbeit wink

grüße Svas (der weiterhin inständig hofft, dass die Diskutanten weiterhin auch die Posts vor ihren eigenen Lesen!)

PS:
Z3ro schrieb:
Jede Dissoziationserfahrung ist individuell, bis zu dem Punkt an dem das Bewusstsein gänzlich ausgeschaltet ist. Dann gleichen sich Dissoziationserlebnisse wieder.was meint ihr dazu?


Na klar, irgendwann musste ich ja vergessen. Ich werde mir morgen mal Gedanken dazu machen.
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Traumländer

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  Geschrieben: 23.12.14 07:42
zuletzt geändert: 23.12.14 20:54 durch Bixxen (insgesamt 2 mal geändert)
Ich muss jetzt einfach mal versuchen, an dieser Diskussion bzw. vielmehr Interaktion (so sehr diskutiert wird hier gar nicht, sondern viel mehr aufeinadner aufgebaut und die Gedanken weiterentwickelt) teilzunehmen. Der dissoziative Zustand des Geistes klingt für mich wahnsinnig interessant, allerdings kann ich wirklich nur sagen, dass er für mich so klingt, da es mir immer noch an wirklich dissoziativen Erfahrungen, die substanzinduziert waren, mangelt.

Meine Konsum"liste" bezüglich Dissoziativa umfasst dabei tatsächlich auch schon DXM, MXE, Ketamin und Salvia Divinorum, allerdings muss ich auch wahrheitsgemäß sagen, dass ich schlicht nicht weiß, ob ich hiervon jemals wirklich dissoziiert war bzw. diesen Zustand als solche beschreiben würde. Ich sehe hier nämlich einen gewissen Kollisions- bzw. Überschneidungsbereich hin zur Ich-Auflösung bzw. dem Egotod. Auch nach dem Konsum der genannten Substanzen weiß ich schlicht und einfach nicht einmal ansatzweise, was Dissoziation sein soll. Eventuell habe ich sie kennengelernt und nur nicht als solche erkannt oder es war einfach keine. Eine weitere Möglichkeit wäre aber auch, dass mein individuelles Empfinden dissoziative Zustände als "normal" einstuft, da mein Blick auf bestimmte alltägliche Dinge teilweise wohl auch etwas bizarr und gestört ist.

Svastika schrieb:
Deswegen, und weil ich das Wort 'Halluzinogene' partout nicht ausstehen kann, habe ich in den letzten Jahren eher das Modell vertreten Psychedelika als den generellen Oberbegriff zu benennen, während sich dieser dann in Assoziativa, Dissoziativa und Hybride aus beider Komponenten unterteilt.


Dieser Unterteilung kann ich durchaus folgen, kann sie aber für mich absolut nicht aufstellen. In meiner Ansicht bedeutet Dissoziation, dass erlernte und anwendbare Dinge und Handlungsweisen aus der Empirie des Individuums herausgenommen werden und anders mit ihnen verfahren wird, z.Bsp.: Ich stehe auf, laufe in die Küche, hole mir einen Apfel, esse ihn. Hier sehen wir einen Haufen Assoziationen, denn dieser Begriff meint ja, dass verschiedene psychische Umstände, wie Wahrnehmung, Gefühle, Erinnerungen, in einer Assoziationskette abgerufen werden. Wenn wir einfach nur aufstehen und loslaufen sind damit ja schon Interaktionen unseres derzeitigen Willens, unserer Empirie, unserer Propriozeption (das Wort ist auch für mich neu, aber durchaus im Zusammenhang der Dissoziation interessant Wiki Propriozeption ) und unserer Kinästhesie verknüpft. 1. Haben wir gelernt, was "aufstehen" und "loslaufen" überhaupt bedeuten und können deswegen empirische Denkmuster abrufen und Signale an unsere Gliedmaßen senden, dass sie eben die benötigten Aktionen und Reaktionen durchführen, um überhaupt das zu tun, was mittlerweile per Definition von der Menschheit als "aufstehen" und "loslaufen" akzeptiert und anerkannt ist. Weiterhin verbinden wir so z.Bsp. mit einem Apfel bestimmte Farben und Geschmäcker: Das Wort "Apfel" ruft visuelle(ich erwarte, dass ein Apfel rot oder grün und rund ist), gustatorische(ich erwarte, dass ein Apfel entweder süß oder sauer ist), taktile (ich erwarte, dass ein Apfel fest ist. Ist er dies nicht, assoziiere ich aus Empirie Fäulnis) und schmerzbewährte (Ein Eckzahn von mir wurde von meinem Zahnarzt abgeschliffen, weshalb ich beim Beißen in einen Apfel des Öfteren Schmerz empfinde) Erwartungen und Gedanken bei mir hervor.

Edit: Ich hab das rausgenommen, auf das Svas referiert (war zu umfassend und auf die falsche Ebene gerückt).

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  Geschrieben: 23.12.14 20:22
zuletzt geändert: 23.12.14 21:37 durch Dado (insgesamt 3 mal geändert)
Z3ro schrieb:
Jede Dissoziationserfahrung ist individuell, bis zu dem Punkt an dem das Bewusstsein gänzlich ausgeschaltet ist. Dann gleichen sich Dissoziationserlebnisse wieder.was meint ihr dazu?


Hm, was meine ich dazu... Unter dem Punkt an dem das das Bewusstsein gänzlich ausgeschaltet ist, verstehst du den Höhepunkt der Dissoziation denke ich - da stimme ich dir absolut zu. Wenn wir uns das als Weg vorstellen an dessen Ende eben die Dissoziation liegt, streift man immer mehr und mehr Assoziationen ab bis dann irgendwann keine einzige mehr übrig ist. Ich denke, das Ziel ist eben dann erreicht, wenn man frei jeglicher Assoziationen ist - und wo keine Assoziationen vorhanden sind, eben vor allem auch nicht die, der eigenen Person gegenüber, kann diese den Trip auch nicht mehr beeinflussen. Ob sich die Erlebnisse dann wirklich wieder eher gleichen finde ich schwierig zu beantworten, zwar lassen sich Übereinstimmungen wie das "Gefühl der gewissen Beschleunigung" finden, aber die Inhalte von Trips weisen doch oftmals erhebliche Unterschiede auf. Ich würde deine These ein wenig modifizieren:

Jede Dissoziationserfahrung ist individuell, bist zu dem Punkt an dem das Bewusstsein gänzlich ausgeschaltet ist. Dann gleichen sich jedoch nicht die Erlebnisse, sondern eher die Erlebenden selbst gleichen sich bis zu einem gewissen Maß - aufgrund dem Ablegen jeglicher persönlicher Assoziationen.

Wenn Ich etwas weiter ausholen darf, beziehungsweise es jemanden interessiert:
Spoiler:
Wikipedia - George Herbert Mead schrieb:
Das Selbst und seine strukturellen Bestandteile – I, me und self

[...] ist es jedoch notwendig zunächst einmal die Bestandteile des Selbst näher zu beleuchten. George Herbert Mead teilt das Selbst in zwei Bestandteile auf. Er spricht von I und me. „Das (I) ist die Reaktion des Organismus auf die Haltungen anderer; das (me) ist die organisierte Gruppe von Haltungen anderer, die man selbst einnimmt. Die Haltungen der anderen bilden das organisierte (me), und man reagiert darauf als ein (I)" (Mead 1968: 218). In diesem Zitat wird die von Mead gedachte Struktur der Persönlichkeit deutlich. Nicht nur die Individuen stehen in einer Wechselwirkung miteinander, sondern ebenso die Bestandteile der Identität des Individuums. Unter dem I versteht Mead im Wesentlichen die Kreativität und Spontanität im Menschen sowie die biologisch veranlagten Triebe. Weiter kann gesagt werden, dass das I vollständig subjektiv bestimmt ist und die Reaktion auf das me beinhaltet. Diese Reaktion des I auf das me bildet den Teil des Handelns, der im Inneren des Individuums abläuft. Es reagiert auf die Haltungen der anderen, die ich als me synthetisiere, reflektiert und sortiert sie und handelt letztlich dementsprechend. Das I ist gleichzeitig auch das Individuelle im Menschen, das Subjektive. So dient die Instanz des I auch zur Selbstbehauptung dieser Besonderheiten. Das me enthält alle Werte und Normen der Gesellschaft, die Synthetisierung dieser Regeln liegt jedoch am I selbst. So wird das I nicht nur durch das me zurechtgewiesen, sondern kann auch die Gesellschaft anhand seiner individuellen Reaktion auf die Restriktionen verändern. Im me werden die Haltungen der anderen und das Bild, das die anderen vom Individuum haben, eingeschlossen. Die Erwartungen, die die anderen an die Person haben, sind hier ebenfalls erfasst. Geprägt wird das me durch die Gesellschaft und gibt damit dem I seine Form; es ist der objektive Teil des Selbst.


Mit "dem Ablegen jeglicher persönlicher Assoziation" meine ich im Rahmen dieses Konzepts die Auflösung des "me", und dementsprechend die Auflösung aller Werte und Normen der Gesellschaft. Das "I" besteht in diesem Moment dann in seiner reinsten Form, das "pure" Ich.


Bixxen schrieb:
In meiner Ansicht bedeutet Dissoziation, dass erlernte und anwendbare Dinge und Handlungsweisen aus der Empirie des Individuums herausgenommen werden und anders mit ihnen verfahren wird, z.Bsp.: Ich stehe auf, laufe in die Küche, hole mir einen Apfel, esse ihn. Hier sehen wir einen Haufen Assoziationen, denn dieser Begriff meint ja, dass verschiedene psychische Umstände, wie Wahrnehmung, Gefühle, Erinnerungen, in einer Assoziationskette abgerufen werden. Wenn wir einfach nur aufstehen und loslaufen sind damit ja schon Interaktionen unseres derzeitigen Willens, unserer Empirie, unserer Propriozeption (das Wort ist auch für mich neu, aber durchaus im Zusammenhang der Dissoziation interessant Wiki Propriozeption ) und unserer Kinästhesie verknüpft. 1. Haben wir gelernt, was "aufstehen" und "loslaufen" überhaupt bedeuten und können deswegen empirische Denkmuster abrufen und Signale an unsere Gliedmaßen senden, dass sie eben die benötigten Aktionen und Reaktionen durchführen, um überhaupt das zu tun, was mittlerweile per Definition von der Menschheit als "aufstehen" und "loslaufen" akzeptiert und anerkannt ist. Weiterhin verbinden wir so z.Bsp. mit einem Apfel bestimmte Farben und Geschmäcker: Das Wort "Apfel" ruft visuelle(ich erwarte, dass ein Apfel rot oder grün und rund ist), gustatorische(ich erwarte, dass ein Apfel entweder süß oder sauer ist), taktile (ich erwarte, dass ein Apfel fest ist. Ist er dies nicht, assoziiere ich aus Empirie Fäulnis) und schmerzbewährte (Ein Eckzahn von mir wurde von meinem Zahnarzt abgeschliffen, weshalb ich beim Beißen in einen Apfel des Öfteren Schmerz empfinde) Erwartungen und Gedanken bei mir hervor.


Ich will dir bestimmt nicht auf den Schlips treten, aber das klingt für mich nicht danach als hättest du schon mal eine - zumindest "totale" - Dissoziation erlebt. [Achtung, absolut subjektive Meinung:]Wenn du dissoziiert bist stehst du nicht auf und gehst in die Küche. Wenn du dissoziiert bist, weißt du nicht dass du aufstehen und in irgendetwas laufen kannst was "Küche" genannt wird. Du weißt ja nicht mal dass du Augen hast die man öffnen kann! Genau das war der Punkt, an dem ich damals zu Zeiten der ersten Ketamin- und DXM-Erfahrungen das Gefühl hatte nun wirklich dissoziiert gewesen zu sein:

Ich liege in einem dunklen Zimmer, wahlweise läuft Musik, und schließe meine Augen. Dann beginnt es vor meinen Augen immer "schwärzer" zu werden (ich weiß, Farben kann man nicht steigern - aber so passiert es). Das wiederholt sich mehrere Male, währenddessen beginnt das Gefühl in die Couch zu fallen (vgl. Entzugsszene aus "Trainspotting") und auch das wird immer stärker. Während dieses Prozesses der Einleitung der Dissoziation, zwinge ich mich die Augen geschlossen zu halten - jeder Blick würde tausende Assoziationen und somit Ablenkung bedeuten - und dann irgendwann bin ich - weg. Ob Ich nun als Lichtkugel die aussieht wie Navi über bizarr-phantastische Landschaften fliege, mich von außen betrachten kann wie ich (bzw. eher jemand) anscheinend betrunken über die Kopfsteinpflaster des alten Englands streift oder mich plötzlich als Charakter in einer Realität aus einem Videospiel wiederfinde - jegliches Wissen über meine "eigentliche Existenz" ist weg.

Ich weiß dass es auch User gibt wie Konflikt zum Beispiel, die auf Dissoziativa nicht einfach stundenlang mit geschlossenen Augen auf der Stelle liegen sondern tatsächlich umherstreifen etc. was deinen "dissoziativen" Erfahrungen schon eher ähnelt. Für mich ist diese Methode schlicht unbegreiflich..^^ Aber die Fragen bezüglich deiner Erfahrungen und wie man das auf die Verquertheit deines Geists übertragen kann sprengt hier doch eher den Rahmen, das würde ich separat diskutieren - nimms mir nicht böse.

Ich hoffe es ist klar, dass Ich meine Schilderungen nicht als übertragbar oder gar allgemein gültig postuliere, ich berichte lediglich.
Grüße Svas
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Kommentar von Dado (Administrator), Zeit: 23.12.2014 21:37

Zitat im Spoiler korrigiert. Hier wurde fälschlicher Weise etwas als BBCode erkannt.
 
Traumländer



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  Geschrieben: 23.12.14 21:54
Lustig schrieb:
Und bitte verwechselt nicht Realitätsverlust, Derealisation und Dissoziation miteinander. Das sind eigene Entitäten.
Ja, das wird immer wieder behauptet. Und dann lasse ich mir immer wieder Definitionen geben von Derealisation und Dissoziation, lese sie, durchdenke sie, vergleiche sie, stimme sie mit meinen Erfahrungen ab, lese sie nochmal, versuche sie gegeneinander abzugrenzen, und jedesmal endet es mit der Frage: Und was soll da jetzt der Unterschied sein? Das konnte mir noch niemand schlüssig erklären. Für mich klingt das immer noch nach anderen Worten/Beschreibungen für den gleichen Sachverhalt.
Liebe ist Leben.
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  Geschrieben: 23.12.14 23:32
Dissoziation ist ein Zustand.

Realitätsverlust/Depersolinisation ist eine Bewertung. Die Welt ist nicht real/fühlt sich irreal an.

Das ganze geht Hand in Hand, aber die Begrifflichkeiten sind nicht (pseudo-)synonym.
He complained: "Tony left me with a pile of Hendrix LPs and some dope."

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  Geschrieben: 24.12.14 00:59
zuletzt geändert: 24.12.14 11:22 durch Svastika (insgesamt 3 mal geändert)
Klingt für mich als sei Realitätsverlust/Depersonalisation eben eine pathologische Form (oder im strengen Sinne eine pathologisierte Form) von dissoziativen Zuständen aus einer medizinischen Perspektive - was nicht zu unterschätzen ist. Unterschiede gibt es natürlich schon, allein die langen oder gar lebenslangen Zustände um nur ein Beispiel zu nennen.

Allein durch die Etymologie und den lateinischen Ursprung des Begriffes "Dissoziation" wird es von den beiden obigen prägnant unterschieden, Ich kann zwar nicht konkret festmachen wieso aber ich finde hier schwingt eher mit, dass der Begriff im Kern als philosophisches oder auch metaphysisches Konzept verstanden werden kann. Außerdem ist dieser kleine Hauch von Prestige doch auch charmant.. wink

Abgesehen davon fand ich gerade noch eine Etymologie die es ideal zusammenfasst, wie ich finde:

www.etymonline.com schrieb:
dissociation (n.)
1610s, from French dissociation, from Latin dissociationem (nominative dissociatio), noun of action from past participle stem of dissociare (see dissociate).

Dann tun wir das doch geich:
www.etymonline.com schrieb:
dissociate (v.)
1610s (implied in dissociated), from Latin dissociatus, past participle of dissociare "to separate from companionship, disunite, set at variance," from dis- "apart" (see dis-) + sociare "[b.]to join,[/b]" from socius "companion" (see social (adj.)). Attested from 1540s as a past participle adjective meaning "separated"


so, solangsam mal Feierabend xmas1 dem ein oder anderen das bestimmt auch dissoziiert wink
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Abwesender Träumer

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  Geschrieben: 07.01.15 18:18
zuletzt geändert: 07.01.15 19:50 durch mknopfler (insgesamt 20 mal geändert)
Ich wollte auch mal meine Meinung dazugeben. Ich muss eingestehen, dass ich mir nicht den kompletten Thread durchgelesen habe, weil ich jetzt meine Gedanken schnell zu Papier bringen möchte, eh sie wieder weg sind ;) Kann gut sein, dass ich später noch mal editiere.
Der Begriff scheint ja disziplinübergreifend verwendet zu werden und insbesondere bei der Psychologie habe ich verschiedene Definitionen gefunden.
Ich möchte hier besonders auf den Aspekt der "Selbstauflösung" eingehen, also dem Verlust des "Ich-Gefühls".
Ich beschäftige mich wesentlich intensiver mit Philosophie, als ich es mit Drogen tue, deshalb kann ich hauptsächlich aus der Richtung etwas beitragen.
Die östlichen Religionen des Hinduismus, Buddhismus und Taoismus (die nach unserem Verständnis eher als Philosophien bezeichnet werden müssten) haben alle das Ziel gemeinsam, dem Individuum ein gesundes Gefühl von sich und seiner Umwelt zu vermitteln. Damit ist impliziert, dass ein Großteil der zivilisierten Menschen halluzinieren, d.h. eine falsches Gefühl persönlicher Identität haben.
Dieser angestrebte Zustand wird als "Moksha", "Satori", "Bodhi", "Nirvana" oder schlicht "Erleuchtung" bezeichnet. Das Individuum erkennt, dass die von der Gesellschaft auferlegten Regeln Illusionen sind.

Das Ego hat somit den selben Realitätswert wie ein Breitengrad oder ein Kilogramm.
Es ist sinnvoll zur sozialen Kommunikation, aber nicht gleichbedeutend mit dem jeweiligen Organismus, der unzertrennlich von seiner Umgebung ist.
In genau dem selben Sinne wie wir Geschmacksknospen auf der Zunge haben, sind wir alle Apparate, mit denen das Universum sich selber erkundet.
Doch unser normales Gefühl ist das Gegenteil - ich bin ein kleines, einsames Wesen in dieser fremden Welt.
Diese fernöstlichen Lehren decken sich genau mit meinen Erfahrungen, die ich aus meinen LSD-Trips von vor klapp drei Jahren gesammelt habe.
Ich habe beim Trippen erkannt, dass es keinen "Denker der Gedanken" gibt, der getrennt von ihnen ist. Wir sind unsere Gedanken. Diese Erkenntnis, dass das Ego nur eine Maske ist, hat bei mir zu einer Art orgasmischer Verschmelzung mit dem Kosmos geführt. Genauso kann es aber wohl auch zu einer angstvollen Selbstauflösung führen (das habe ich nie erlebt, so erkläre ich mir einen Horrortrip theoretisch).
Meine Sicht ist also: Man wird durch Psychedelika oder eben Praktiken wie Meditation näher zur "Realität" gebracht.
Das Wort Realität ist natürlich auch nur ein Konzept. Ich nähere mich mal von der anderen Seite: Durch das gesellschaftliche Zusammenleben werden wir zwangsläufig von unserer wahren Natur weggeführt. Dafür ist niemand zu beschuldigen, es ergibt sich zwangsläufig durch unsere Interaktionen miteinander und durch das Bild, welches wir uns gegenseitig von uns vermitteln.
Wenn also Buddhisten von diesen wundervollen Zuständen reden, idealisiert man sie als Außenstehender und sagt sich "das will ich auch haben". Es ist wie das ozeanische Bewusstsein eines Babys, bevor ihm die "Spielregeln" beigebracht wurden und das demnach die Trennung zwischen "Ich" und "Es" noch nicht verinnerlicht hat. Erlangen erwachsene diesen Zustand zurück, nennt die westliche Psychiatrie es "regressiv", die Buddhisten "Erleuchtung" ;)

Der Trick ist einfach, dass du nicht fragen kannst: "Was kann ICH daran tun, diesen Zustand wiederzuerlangen?", denn die Frage ist von dem Standpunkt aus gestellt, dass das "Ich" existiert.
Es gibt nichts, was DU (als Max Mustermann) tun kannst, diesen Zustand zu erlangen. Das einzige, was du tun kannst, ist die Welt so zu sehen, wie sie ist.
Das ist es, was die Zen-Meister einem versuchen, weiszumachen. Sie benutzen bloß recht clevere Mittel. Es heißt im Zen: "When you attain Satori, there is nothing left to you at that moment but to have a good laugh".
Mit dieser Erfahrung verfließen zwangsläufig die Grenzen zwischen einem selbst und der Umwelt. Die Haut ist eine Brücke und keine Trennlinie mehr und die Welt fühlt sich auf einmal so an, als wäre sie der eigene Körper.
Es gibt Buddhas in Asien, die als "Steinbuddhas" bezeichnet werden, d.h. sie leben in Isolation und meditieren den ganzen Tag.
Ein höheres Ansehen haben jedoch diejenigen Buddhas, die ihre wahre Identität erkannt haben (unzertrennlich mit dem Kosmos verbunden zu sein), aber dennoch in der Lage sind, die "Regeln" der Gesellschaft zu befolgen. Sie vergessen nicht ihren Namen oder ihre Adresse und wirken sonst wie ganz normale Leute.

Meine Ansicht ist demnach die, dass das ganze Universum auf eine Grundenergie zurückzuführen ist, die - salopp gesagt - mit sich selbst verstecken spielt. Das Ziel des Lebens ist es, diese Situation bereits zu Lebzeiten zu erkennen, es ist aber auch nicht schimm, wenn nicht (Deshalb wird nicht so viel gepredigt wie im Christentum/Judentum/Islam).

Mit dieser Metaphysik geht zwangsläuftig einher, dass auch die meisten Psychologen unter dieser Illusion des getrennten Egos leben (der christliche Dualismus Körper - Seele gehört dazu!) und man insbesondere im Bereich der Depersonifikation und Dissoziation nicht alles für bahre Münze nehmen darf.
Ich habe diese Erlebnisse der Verschmelzung erlebt und sie mit in mein alltägliches Bewusstsein und Realitätsempfinden integriert. Ich fühle mich tief mit dem gesamten Kosmos verbunden, weiß jedoch auch, was die Gesellschaft von mir erwartet.
Ich lasse mir also keine psychische Störung diagnostizieren, dass ich aufgrund meines Drogenkonsums das Gefühl meiner Selbst verloren hätte, ich armes Drogenopfer.
Viele Bewusstseinszustände, die wir als krankhaft diagnostizieren würden, sind in anderen Kulturen völlig normal und sehr respektiert. Ein Anzug tragender Seelenklempner hat noch nie 30 Tage im Wald gelebt, ohne mit irgendjemandem zu reden. Er sieht alles durch die Brille der westlichen Zivilisation und bewertet alle anderen Geisteszustände als krankhaft.
Ich möchte jetzt nicht zu sehr in die Offensive gehen, schließlich ist die westliche Psychologie auch enorm wertvoll für uns. Ich muss auch einräumen, dass ich hier vielleicht potentiellen Sprengstoff von mir gegeben habe. Ich möchte hier kein Plädoyer für die psychischen Störungen abliefern!
Wenn man Stimmen hört oder Panikattacken hat, sollte man etwas dagegen unternehmen.
 
Abwesende Träumerin



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  Geschrieben: 07.01.15 19:43
Wow, danke für deinen Input mknopfler!
Viele deiner Äußerungen habe ich zumindest mal ansatzweise gedacht, wäre jedoch nie in der Lage gewesen diese zu formulieren. Nochmals danke dafür, mir sind beim Lesen deines Beitrags einige Lichter aufgegangen, oder zumindest haben sie angefangen heller zu brennen.
Nur kannst du den Bezug zur Dissoziation noch etwas deutlicher herausstellen? Wie hängen für dich z.B.
mknopfler schrieb:
"Moksha", "Satori", "Bodhi", "Nirvana" oder schlicht "Erleuchtung"
mit der Dissoziation zusammen?
"[...]- dann ist man für diesen Abend gänzlich aus seiner Familie ausgetreten, die ins Wesenlose abschwenkt, während man selbst, ganz fest, schwarz vor Umrissenheit, hinten die Schenkel schlagend, sich zu seiner wahren Gestalt erhebt."
Abwesender Träumer

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  Geschrieben: 07.01.15 20:17
Hi DonCaChillo!
Schön, dass du etwas nützliches für dich in meinem Comment finden konntest.
Ich wusste übrigens nicht, dass oben angezeigt wird, wie oft man seinen Beitrag etitiert ;)
Es ist für mich wesentlich einfacher, Korrektur zu lesen, wenn ich in der Gesamtsicht draufschaue, also immer ein Komma hinzufüge und dann wieder speicher...
Zu deiner Frage:
Zuerst einmal muss man klar definieren, was Dissoziation überhaupt ist. Damit habe ich mich etwas schwer getan, weil es die verschiedenen Definitionen immer nur auf Fachchinesisch gibt.
Ich denke mal, das Thema ist insgesamt etwas umfangreicher, aber brechen wir es mal herunter und behaupten, Dissoziation sei gleichbedeutend mit dem Gefühl, dass man sein Zentrum der persönlichen Identität tiefer positioniert als es gesellschaftlich üblich ist (Max Mustermann erkennt, dass er im Grunde das Universum ist).
Natürlich ist das etwas positiver formuliert als es ein Psychologe tun würde, denn da ist ja schließlich von "Selbstauflösung" die Rede, als sei das "Selbst" der heilige Gral der geistigen Gesundheit, der wie ein Fels in der Brandung stehen muss und an dem nichts gerüttelt werden darf durch irgendwelches östliches Wischi-Waschi.
Diese östlichen Sinneszustände würden unter das Stichwort der Desoziation fallen, jedoch ist der Begriff umfassender.
Ich kenne Leute, die mir erzählt haben, wie sie manchmal vorm Spiegel stehen und sich auf einmal so sehen, wie andere sie sehen. Das ist ebenfalls eine Dissoziation, aber gehört nicht zu dieser Schnittmenge, von der ich gesprochen habe.
Ich muss jetzt auch zugeben, dass mir im Detail hier der Plan von der klinischen Psychiatrie fehlt und ich will auch keinen Mist verzapfen. Ich bin auch gerade nur am Rumgähnen, vielleicht saug ich mir nachher noch mal was besseres aus den Fingern :-D
Du kannst ja mal Alan Watts oder Krishnamurti hören, das mache ich seit fast drei Jahren so gut wie jeden Abend. Manche Lesungen habe ich bestimmt 15 mal gehört, um auch den letzten versteckten Sinn herauszukitzeln.
Das hier passt gut zum Thema: Klick
Gruß
 
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 07.01.15 20:29
[edit: Bezieht sich auf mknopflers post von 18:18 Uhr]

Hallo,
auch ich finde das Thema sehr interessant, hatte aber bislang nicht das Gefühl mehr als Marginalitäten dazu beitragen zu können, zum letzten post von mknopfler möchte ich aber ein paar Dinge sagen.
Ich habe angefangen deinen post zu lesen mit kritischer Miene, deine etwas abwertetende Haltung zur "westlichen Psychologie" gab mir allen Grund skeptisch zu sein, aber das aller meiste hat mir doch sehr gut gefallen. Ich habe dann versucht nach jedem Satz zu kontrollieren, ob ich meine ihn verstanden zu haben, ob er mir richtig erscheint und wie man das bewerten könnte. An 3 Stellen konnte ich deine Gedankengänge nicht mehr nachvollziehen, ich gehe sie mal kurz durch:

opfler schrieb:
Diese Erkenntnis, dass das Ego nur eine Maske ist, hat bei mir zu einer Art orgasmischer Verschmelzung mit dem Kosmos geführt.

Bis dahin meinte ich alles nachvollziehen zu können, hier bin ich dann erstmals ausgestiegen. Was ist denn der Kosmos, wie kann ein Ego denn eine Maske sein, eine Maske vor was, wenn man selbst nur seine Gedanken ist, wie kann dann eine Maske über den Gedanken liegen und die interessanteste Frage: wie darf ich mir eine orgasmische Verschmelzung mit dem Kosmos vorstellen? Gibt es überhaupt die Möglichkeit es nachzuvollziehen ohne es zu erleben? Mir sagt das Sprachbild jedenfalls nichts, ich kann damit einfach nichts anfangen...

opfler schrieb:
Meine Ansicht ist demnach die, dass das ganze Universum auf eine Grundenergie zurückzuführen ist, die - salopp gesagt - mit sich selbst verstecken spielt.

Der erste Teil ist (relativ) klar, der zweite Teil bleibt mir aber wieder unklar - eine Energie die mit sich selbst verstecken spielt? Auch wenn es natürlich wieder nicht wörtlich gemeint ist - das verstehe ich nicht.

[Stelle 3 finde ich gerade nicht mehr, wird bei Gelegenheit nachgereicht]

Mein Nachhaken ist ganz und gar nicht zynisch zu verstehen, ich bemühe mich ernsthaft um Verständnis und an diesen Stellen ist es mir eben nicht gelungen, ob es an deiner Erklärung, an meinem Verständnis oder an der Sache an sich liegt dass ich es nicht verstanden hab, weiß ich nicht.

Missfallen hat mir der letzte Abschnitt, ich fühle mich wiedermals gezwungen gegen Vorurteile gegenüber der westlichen Psychotherapie vorzugehen:
opfler schrieb:
Viele Bewusstseinszustände, die wir als krankhaft diagnostizieren würden, sind in anderen Kulturen völlig normal und sehr respektiert.

Kulturelle Unterschiede sind der Psychotherapie bestens bewusst, abgesehen davon dass Normabweichungen alleine ohnehin nicht zur Diagnose führen, werden die Normen auch immer im kulturellen Bezug gesehen. In der Psychotherapie geht es primär darum Patienten zu helfen die Hilfe brauchen, wenn sich der Patient zu einer fernen Kultur bekennt, dann wird das auch berücksichtigt und bedacht, da er dann mit seinem Denken in dieser Kultur auch keine / weniger Probleme hat. Abgesehen davon haben (bzw. sollten theoretisch) Psychotherapeuten auch eine ausgeprägte kritische Distanz gegenüber kulturellen Umständen, so wird eben auch durchaus kritisch über christliche Gotteserscheinungen gedacht, obwohl diese immerhin fester Teil unserer Kultur sind. Hinzu kommt, dass ein kurzweiliger Bewusstseinszustand ohnehin nicht diagnostiziert werden kann, so sind drogen-/medikament-/substanz-/meditationsinduzierte (letzteres zugegebener Maßen nicht explizit erwähnt) ohnehin ausgenommen aus den Diagnosekriterien.

opfler schrieb:
Ich lasse mir also keine psychische Störung diagnostizieren, dass ich aufgrund meines Drogenkonsums das Gefühl meiner Selbst verloren hätte, ich armes Drogenopfer.

Eine solche Diagnose gibt es nicht. Psychische Störungen sind komplexe syndromale Phänomene die mit Leidensdruck, Beeinträchtigung und Gefährdung und nicht die Selbstwahrnehmung, dass man eine Ich-Auflösung durchlebt hat. Es ist eben einfach Unsinn zu behaupten, die moderne Psychologie würde einen als krank abstempeln sobald man andere Ansichten hat, ich hatte es bereits in einem anderen Beitrag geschrieben, in kaum einem Teil der Gesellschaft wird man so viel Verständnis und Akzeptanz für "Abnormalitäten" finden wie in der Psychologie.

opfler schrieb:
Ein Anzug tragender Seelenklempner hat noch nie 30 Tage im Wald gelebt, ohne mit irgendjemandem zu reden.

Das ist schon sehr abwertend, auch wenn du es später wieder auffängst durch die Einschränkungen, die westliche Psychologie ist mehr als nur praktisch wertvoll, sie hat ist auch Dreh- und Angelpunkt zahlreicher semi-philosophischer Denkansätze, die Psychotherapie hat ständigen Bedarf nach theoretischen Konzepten und Einteilungen, das beflügelt das Denken über eben solche Aspekte.

opfler schrieb:
Ich möchte hier kein Plädoyer für die psychischen Störungen abliefern!

Ich kann es nur nochmals erwähnen, eine einzelne Normabweichung oder einzelne Kriterien allein sind noch lange keine psychische Störung. Ich persönlich meine einige schizophrene Symptome während eines Salvia-Trips erlebt zu haben. Ich sehe die Erfahrung als Vorteil. Würde ich immer so leben müssen, würde ich das anders sehen, denn dann wäre es keine Erfahrung die ich einbauen könnte, sondern ein ungewollter Zwang so zu leben und mein voriges Leben aufzugeben. Ebenso ist es, wenn du sagst, dass ein Mönch zwar seine ganz eigenen Sichten hat, aber dennoch in der Gesellschaft integriert ist, das ist nicht krankhaft. Auch der andere Mönch der sich nicht mehr in die Gesellschaft integriert, ist nicht automatisch krank. Psychisch krank ist er erst, wenn er es macht, da er es anders nicht kann, weil er kein normales Leben führen kann, aber nur weil er es vorzieht isoliert für sich zu leben, würde ihm auch keiner eine Diagnose aufdrücken wollen.


Aber ich möchte den Bogen zu Ende spannen, trotz ein paar Verständnisprobleme und der Tatsache, dass mich dein letzter Abschnitt etwas genervt hat, finde ich die größten Teile deines Beitrags sehr gut geschrieben und lesenswert, viele Dinge habe ich sehr positiv aufgenommen! Um nur mal unkommentiert ein paar Beispiele zu nennen:
opfler schrieb:
Dafür ist niemand zu beschuldigen, es ergibt sich zwangsläufig durch unsere Interaktionen miteinander und durch das Bild, welches wir uns gegenseitig von uns vermitteln.

opfler schrieb:
Es gibt nichts, was DU (als Max Mustermann) tun kannst, diesen Zustand zu erlangen. Das einzige, was du tun kannst, ist die Welt so zu sehen, wie sie ist.

opfler schrieb:
Die Haut ist eine Brücke und keine Trennlinie mehr und die Welt fühlt sich auf einmal so an, als wäre sie der eigene Körper.

opfler schrieb:
Ein höheres Ansehen haben jedoch diejenigen Buddhas, die ihre wahre Identität erkannt haben (unzertrennlich mit dem Kosmos verbunden zu sein), aber dennoch in der Lage sind, die "Regeln" der Gesellschaft zu befolgen.

opfler schrieb:
Das Ziel des Lebens ist es, diese Situation bereits zu Lebzeiten zu erkennen, es ist aber auch nicht schimm, wenn nicht (Deshalb wird nicht so viel gepredigt wie im Christentum/Judentum/Islam).

... reicht erst mal, will ja nicht denen ganzen Beitrag abzitieren, war jedenfalls einiges dabei was ich für einen guten Ansatz halte.

LG & Gruß
Inc

PS: Wow, du hast deinen Beitrag 20 mal editiert, gibt es einen offiziellen Editierungsrekord im ldt? ;D

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Degenhardt

"Mit Ehrlichkeit kommt man nicht weit, doch ohne Ehrlichkeit kommt man nicht nah"
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  Geschrieben: 07.01.15 20:29
zuletzt geändert: 07.01.15 20:47 durch Lustig (insgesamt 2 mal geändert)
Für mich klingt das eher nach Assoziation als Dissoziation. Du sprichst selber von LSD und das ist eher bei den Assoziativa einzuordnen.
Verbundheit mit der Welt/alles ist eins passt wenig mit der Wortabstammung "dissociare - trennen" zusammen

Wenn du den fertigen Beitrag anschauen willst drück einfach auf "Vorschau", dann sehen andere nicht deinen unfertigen Beitrag.

@Incredere:
Incredere schrieb:
Frage: wie darf ich mir eine orgasmische Verschmelzung mit dem Kosmos vorstellen


Ich kenne diese Metapher von Stanislaf Grof, er erwähnt sie ein paar mal. Es ist vergleichbar mit dem ++++ in der "Shulgin Rating Scale". Also ja, du musst es erleben um es zu verstehen.

Sofern ich das richtig verstanden habe.
He complained: "Tony left me with a pile of Hendrix LPs and some dope."

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Traumländer



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ICQ
  Geschrieben: 07.01.15 20:54
Wir sind uns im Kern so ähnlich Svas :)
Logbucheintrag 6.1.2: An meinem Fenster fliegen Menschen vorbei ...
Abwesender Träumer

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  Geschrieben: 07.01.15 21:28
Hi, Incredere!
Danke für das Feedback und auch das Lob über manche Formulierungen.
Mensch, was soll ich sagen... Ich ruß manchmal einfach meine Gedanken raus und überlege mir zu wenig, wie andere das um alles in der Welt entziffern sollen.
Ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen, da du ja geschrieben hast, dass du richtig versucht hast, jeden Satz komplett nachzuvollziehen.
Ich bin selber noch in einigen anderen Foren unterwegs (Musik) und bin erstaunt, was das hier doch für eine tolle Community ist. Ich bin es gewöhnt, dass jeder immer nur gehört werden will, aber nicht bereit ist, mehr zu tun, als die Texte der anderen zu überfliegen.
Ich sag mal vorweg: Ich habe recht abwertend über "westliche Psychiatrie" gesprochen, was a) arrogant und b) verallgemeinernd und zu unreflektiert ist.
Ich lese hauptsächlich Literatur über Philosophie, sowohl aus dieser Eckart von Hirschhausen-Fraktion, als auch von Lao-Tse oder ähnlichen. Ich lebe quasi in meiner Gedankenwelt und habe keine Freunde mit ähnlichen Interessen, so dass ich einfach zu unerfahren bin, wie man seine Gedanken zu dem Thema verständlich formuliert.

Zum "Ego" under der "Maske":
Das Ganze ist auch ein Konzept. Im Hinduismus wird das Universum als kosmisches Drama gesehen. Das ganze ist recht ausführlich. Ich verstehe diese Theorie zwar im Großen und Ganzen, glaube aber nicht, dass ich sie verständlich wiedergeben könnte, ohne dass ich wieder wie ein esoterischer Depp klinge.
Ich habe nicht genau klar gemacht, was meine eigenen Überzeuagungen sind und wo ich auf Konezpte verweise. Hier wird es ganz gut erklärt, die ersten 30 Minuten sind relevant für das Thema. Du kannst es dir ja mal anhören, wenn du möchtest.
Das mit dem "Vertecken" fällt unter die selbe Kategorie. Das basiert nicht auf persönlicher Erfahrung, sondern ist ebenfalls eine hinduistische Theorie.
Zum Rest habe ich mich ja schon geäußert. Ich stimme zu, dass ich mein Bild der "westlichen Psychiatrie" zu oberflächlich gezeichnet habe und mir dazu auch das Wissen fehlt.

 
Abwesender Träumer



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  Geschrieben: 08.06.15 10:53
Gestern hatte ich einen Ketamin Trip, bei dem mir der Einfluss der Akustik sehr aufgefallen ist. Ich kenne es von anderen Menschen und anderen Dissoziativa, so dass diese Beobachtung hier am besten hineinpasst.

Gehört habe ich TesseracT, eine Musik mit der die meisten wohl nichts anfangen können. Das besondere daran ist, dass es nicht linear ist, sondern lauter und und leiser wird, emotionaler und kälter. Es ist kein Einheitsbrei.
Während ich durch die Tiefen meines Geistes reiste kam ich an einen Punkt wo der Teil des Ketamins vorbei war, das Lied aber noch nicht. Wo ich vorher noch Welten gesehen habe, so war das warten reine Schwärze, ohne irgendwas. Nur mit dem Gefühl, dass es gleich weiter geht.
Als das nächste Lied anfing ging auch der Trip weiter. Auf einer anderen, schwächeren Ebene. Dieses "Warten" trat 2-3 mal auf. Jedesmal hatte ich das Gefühl, als wäre die Musik "zu langsam". Nicht mit zu langsamer Geschwindigkeit abgespielt, sondern zu lang. Es harmonierte nicht perfekt mit dem Zustand meines Geistes.
Den letzten Satz bitte nicht falsch verstehen. Die Musik war perfekt und der Trip der intensivste den ich mit dieser Substanz erlebt hatte. Nur möchte ich das Phänomen beschreiben, dass beides mit verschiedenen Geschwindigkeiten ablief. Von Zeit zu Zeit musste A warten, so dass B aufholen kann und die Reise wieder zusammen erfolgen kann. Vielleicht wurde die Musik zum Ende der Stücke "zu langweilig", dass sich darauf keine Dissoziation aufbauen lässt.

Mir kommt es vor, als ob die Akustik die leitenden Rahmenbedingungen für einen Trip liefert.
Sehen kann man nichts, da die Augen geschlossen sind. Fühlen kann man nicht, da man ein Sedativum konsumiert und dementsprechend unempfindlich ist. Riechend und Schmecken sind schwieriger zu steuern. In meinem Beispiel war meine Nase jedoch verstopft, so dass diese Möglichkeiten von Anfang an wegfielen.
He complained: "Tony left me with a pile of Hendrix LPs and some dope."

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