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AutorBeitrag
Traumländer



dabei seit 2020
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  Geschrieben: 16.09.22 12:47
Das Boltzmann-Gehirn hat schon seine Berechtigung und aus Sicht des Menschen (aus "relativer" Sicht) ist schon was Wahres dran, 20fox, aber bis zum Schluss erlebt und gelebt, ist und bleibt es auch nur ein Konzept.

Jenseits all dieser Konzepte liegt die Wahrheit ....
Space is only noise if you can see, my friend!
Dauer-Träumer



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  Geschrieben: 22.09.22 18:32
Vom Boltzmann-Gehirn habe ich gestern zum ersten Mal gehört, aber die Grundannahme dieses Gedankenspiels deckt sich ziemlich gut mit meiner Vorstellung vom Kosmos.

Ich denke, das gesamte Universum (inklusive der Dinge darüber hinaus) ist per se diese Art "Boltzmann-Brain", sich selbst schaffend, auch uns erschaffend. Das intelligente Schöpfen und Weiterentwickeln dieser Ideen ist jedenfalls auf jeder Größenebene beobachtbar und uns Wesen, die hier leben, macht das nicht weniger real, auch wenn wir quasi "nur ein Gedanke" sind. Denn damit wären wir nicht getrennt von diesem Bewusstsein, sondern eher eine seiner intrinsischen Eigenschaften, die temporäre Manifestation einer Kapazität, eines gewissen Potenzials.
Wir hätten uns damit schließlich nur selbst ausgedacht, dieses Leben womöglich sogar "ausgesucht", noch bevor es zustande kam.

Woher das kommt und wohin das alles führen soll? Gute Frage! Nächste Frage.
Fragen über Fragen.

Zu dem Gedicht fiel mir sogleich ein anderes Werk ein: PENG

20fox schrieb:
Können wir also mit Kunst und Sprache mit der Welt außerhalb unserer Simulation, unseres Universums bzw. Mit dem Boltzmann-Gehirn kommunizieren? Ist das vielleicht der Sinn hinter unserer Anderheit gegenüber anderen Tieren? Kunst kreiren für das Boltzmann-Gehirn?

Ich als Musiker finde diesen Gedanken sehr poetisch. Solltest du ein Boltzmann-Gehirn sein, gibt es nun keinen Zweifel mehr daran, dass die Musik, die dir gefällt auch für dich geschaffen wurde. Das würde die Beziehung zwischen Mensch und Kunst auf eine ganz neue Ebene bringen.

Schönen Abend!
"I know what I gotta do, but don't do it." https://youtu.be/bOWOlFnC6fM?si=Y-oQrDH2rZSeG5nK
________
The Best Way To Hide In The Deep Sea:
https://www.youtube.com/watch?v=ih2_KqBrY8s
Traumländer



dabei seit 2008
3.204 Forenbeiträge

  Geschrieben: 28.10.22 13:01
Vielleicht interessiert die Sprach-und-Kultur-Beflissenen unter euch ja auch ein Projekt zum geistigen Austausch durch Literatur und dessen Bewahrung gegen Zensurwut. Mehr dazu hier. Ein Hoch auf die freie Dichtung!
Liebe ist Leben.
Traumländer



dabei seit 2020
541 Forenbeiträge

  Geschrieben: 28.10.22 13:14
Ein Schüler ging zu seinem Meister und fragte:

“Wie kann ich mich von dem, was mich an die Vergangenheit bindet, lösen?”

Der Meister stand auf, ging zu einem Baum, umklammerte ihn und jammerte:

“Was kann ich tun, damit dieser Baum mich loslässt?”
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Traumländerin



dabei seit 2013
182 Forenbeiträge

  Geschrieben: 28.10.22 17:37
verliebt
 
Traumländer



dabei seit 2020
541 Forenbeiträge

  Geschrieben: 28.10.22 18:10
Liebe Herzkasper!

Danke für dein Herzerl-Smily - das hat mein Herzerl grad tief berührt. :) Schön, dass es Menschen gibt (wie dich), die damit was anfangen können, was ich so weiter geben darf.



"Glücklich ist, wer andere glücklich macht."



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Ex-Träumer
  Geschrieben: 29.10.22 12:34
zuletzt geändert: 29.10.22 16:47 durch ehemaliges Mitglied (insgesamt 2 mal geändert)
Selbstausdruck schrieb:
Ein Schüler ging zu seinem Meister und fragte:

“Wie kann ich mich von dem, was mich an die Vergangenheit bindet, lösen?”

Der Meister stand auf, ging zu einem Baum, umklammerte ihn und jammerte:

“Was kann ich tun, damit dieser Baum mich loslässt?


Danke :) Selbstausdruck!
Ich liebe solche Meister Schüler Gleichungen und Rätsel. Die Zen Philosophie nutzt dies auch gerne.
Also ich habe ca 27 Jahre gebraucht um mich abzunabeln und die Vergangenheit loszulassen. Wobei sie begegnet mir immer wieder.Es ist ein fortlaufender Prozess und nicht so einfach wie mich vom Baum zu lösen. wobei da steht ja,wie der Baum sich von dir lösen kann. wenn man schon so fragt , wird es schwierig.

Aber mag auch so kleine Geschichten zum Nachdenken und Fühlen.

Wie diese,vielleicht kennst Du die schon :) :

Das Märchen von der traurigen Traurigkeit - eine weise Geschichte

Es war einmal eine kleine Frau, die einen staubigen Feldweg entlanglief. Sie war offenbar schon sehr alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.

Bei einer zusammengekauerten Gestalt, die am Wegesrand saß, blieb sie stehen und sah hinunter.

Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Decke mit menschlichen Konturen.

Die kleine Frau beugte sich zu der Gestalt hinunter und fragte: "Wer bist du?"

Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit", flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war.

"Ach die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.

"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.

"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal, hast du mich ein Stück des Weges begleitet."

"Ja aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"

"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"

"Ich..., ich bin traurig", sagte die graue Gestalt.

Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt."

Die Traurigkeit seufzte tief.

"Ach, weißt du", begann sie zögernd und auch verwundert darüber, dass ihr tatsächlich jemand zuhören wollte, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest."

Die Traurigkeit schluckte schwer.

"Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: 'Papperlapapp, das Leben ist heiter.' und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: 'Gelobt sei, was hart macht.' und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: 'Man muss sich nur zusammenreißen.' und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: 'Nur Schwächlinge weinen.' und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."

"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir auch schon oft begegnet..."

Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.

"Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf, wie eine schlecht verheilte Wunde und das tut sehr weh. Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu."

Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.

"Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt."

Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber..., aber – wer bist du eigentlich?"

"Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd. "Ich bin die Hoffnung."

Verfasser/Autor: Inge Wuthe - Gestalttherapeutin www.inge-wuthe.de


 
Traumländer



dabei seit 2020
541 Forenbeiträge

  Geschrieben: 29.10.22 18:06
Was für eine schöne Geschichte, liebe gugu! Herzlichen Dank dafür ....
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Ex-Träumer
  Geschrieben: 29.10.22 21:27
Danke Selbstausdruck verliebt

Noch eine meiner Lieblingsgeschichten:

Das Loch in der Straße aus dem tibetischen Totenbuch vom Leben und Sterben von Sogyal Rinpoche:*

Ich gehe die Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verzweifelt.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos wieder herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig, ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange wieder herauszukommen.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich sehe es.
Ich falle noch einmal hinein… aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen. Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.

Ich gehe eine andere Straße.


 
Traumländerin



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  Geschrieben: 30.10.22 00:24
Das gefällt mir sehr gut!
Das Leben ist nur ein Moment, der Tod ist auch nur einer.(Schiller)
Ex-Träumer
  Geschrieben: 30.10.22 07:24
Die Geschichte ist auch sehr schön:

Der kaputte Krug
Ein indischer Wasserträger trug an einer über seine Schultern gelegten Holzstange zwei grosse Krüge.

Einer der Krüge war rissig und verlor unterwegs meist die Hälfte des Wassers, während der andere bis zum Haus des Meisters nie einen Tropfen verlor.

So ging das etwa zwei Jahre lang. Während dieser Zeit lieferte der Wasserträger immer nur eineinhalb Krüge Wasser bei seinem Meister ab.

Natürlich war der Krug ohne Risse stolz darauf, tagtäglich die gesamte Wassermenge zu transportieren, ohne zu versagen. Der kaputte Krug schämte sich hingegen wegen seiner Mängel.

Er fühlte sich schlecht, weil er seine Aufgabe immer nur zur Hälfte erfüllen konnte.
Nach zwei für den kaputten Krug schwierigen Jahren sagte dieser zum Wasserträger, als dieser ihn gerade mit Wasser füllte:
„Ich schäme mich so und bitte dich, mir zu vergeben…“

„Aber wieso? fragte der Wasserträger. Weshalb schämst du dich?“
„Seit zwei Jahren schaffe ich es jeweils nur, die Hälfte des Wassers bis zum Meister zu transportieren. Und das alles wegen dieses Risses, welcher das Wasser durchsickern lässt. Wegen mir kannst du trotz grosser Anstrengung immer nur einen Teil des geforderten Wassers abliefern und kriegst deshalb nicht die verdiente Anerkennung für deine Dienste“, erklärte der kaputte Krug.

Gerührt über dieses Geständnis und voller Mitgefühl für den Krug antwortete der Wasserträger: „Ich möchte dich nun um etwas bitten. Gleich nachher wenn wir uns auf den Rückweg zum Meister machen, möchte ich, dass du die Blumen entlang des Weges betrachtest…“

Tatsächlich war der ganze Weg den Hügel hinauf mit Blumen gesäumt, welche im Sonnenlicht wunderbar leuchteten. Dieser Anblick war Balsam für die Seele des Kruges. Aber am Ende des Weges überkam ihn wieder grosse Traurigkeit: Er hatte erneut die Hälfte des Wassers unterwegs verloren!

Da sagte der Träger zum Krug: „Ist dir nicht aufgefallen, dass all die wunderbaren Blumen nur auf deiner Seite des Weges blühen und dort, wo ich den intakten Krug trage, kaum welche wachsen? Ich wusste schon lange, dass du einen Teil des Wassers verlierst und habe daraus einen Nutzen gezogen. Ich habe Blumensamen auf deiner Seite des Weges gesät und jeden Tag giesst du diese mit deinem kostbaren Wasser. Dank dir konnte ich in den letzten zwei Jahren wunderschöne Blumen pflücken, welche den Tisch des Meisters schmücken. Ohne dich hätte ich nie solch frische, schöne und bunte Blumen finden können.

Erst jetzt hatte der Krug begriffen, dass auch er – auf seine Weise – etwas zum Glück der Welt beitrug.

Autor unbekannt


 
Traumländer



dabei seit 2014
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  Geschrieben: 06.11.22 13:44
Die Geschichte vom Loch im Gehsteig gefällt mir, sie ist recht vieldeutig. (Sogyal Rinpoche hätte ich allerdings nicht begegnen wollen.)
»Zu einer Erkenntnis […] muß man durch Not, Leiden an seiner Fülle gekommen sein, muß geglaubt haben, ›entwurzelt‹ zu sein […], muß am Intellekt gelitten und ihn durch den Geist überwunden – muß mit dem Menschen gerungen haben.«
— Ernst Toller
Abwesender Träumer



dabei seit 2014
489 Forenbeiträge

  Geschrieben: 06.11.22 16:50
Dao schrieb:
Die Geschichte vom Loch im Gehsteig gefällt mir, sie ist recht vieldeutig.


vieldeutig...? mmn könnts eindeutiger nicht sein... ;)
kopf aus, herz auf...
Traumländer



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  Geschrieben: 07.11.22 19:07
@Dao

Weshalb hättest du diesen Mann nicht begegnen wollen? Das er dich zum Wasser tragen eingespannt hätte 🤣

Finde das man gerade von solchen Menschen einiges lernen kann. Bei uns werden die Leute immer aggressiver oder evtl. Depressiv worauf sie sich zurück ziehen. Diejenigen zu erreichen ist schwer. Aber ich kenne den Typ nicht. War der so unangenehm??

 
Traumländer



dabei seit 2014
268 Forenbeiträge

  Geschrieben: 08.11.22 12:53
zuletzt geändert: 09.11.22 09:26 durch Dao (insgesamt 1 mal geändert)
Sogyal Gyaltsen Lakar Rinpoche hat seine Schüler:innen körperlich und sexuell missbraucht und misshandelt.
»Zu einer Erkenntnis […] muß man durch Not, Leiden an seiner Fülle gekommen sein, muß geglaubt haben, ›entwurzelt‹ zu sein […], muß am Intellekt gelitten und ihn durch den Geist überwunden – muß mit dem Menschen gerungen haben.«
— Ernst Toller

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