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  Geschrieben: 15.12.19 11:04
Dies ist eine automatisch erstellte Diskussion über den Langzeit-Erfahrungsbericht 3 Jahre standby, welcher von einem LdT-Mitglied anonym geschrieben wurde. Der Bericht ist vom 08.12.2019.

Diese Diskussion wurde am 15.12.2019 von Wesir von Kaschmir gestartet.


 
Abwesender Träumer

dabei seit 2019
4 Forenbeiträge
4 Tripberichte

  Geschrieben: 15.12.19 11:54
Hey!

Gleich als ich gesehen habe, dass Du einen Langzeit-Bericht über Kratom geschrieben hast, dachte ich mir, dass ich mir das unbedingt mal durchlesen muss.

Konsumiere selber seit 10 Jahren hin und wieder mal Opioide und Kratom ist wegen der leichten Verfügbarkeit sicherlich einer meiner Favoriten. Wobei es ja, glaube ich, auch doch für Opioide relativ ungewöhnlich ist, man kann keine tödliche Überdosis bekommen usw..

Respekt, dass Du aufhören möchtest, nicht aus äußerem Druck heraus, sondern einfach weil Du erkannt hast, dass Du dann mehr vom Leben hast. Da hast Du sicherlich schon viel begriffen und richtig gemacht.

Ich finde nicht, dass Du dir Vorwürfe machen musst. Du hast ja immer alles getan, dass dein Rausch deiner Umgebung eher hilft als sie zu stören und Du versuchst ja eigenständig und aus quasi idealistischen Gründen mit dem Kratom aufzuhören, also nicht, weil der Geldbeutel, die Gesundheit oder deine soziale Rolle das nicht mehr mitmachen.

Finde, dass der Tripbericht auch sehr schön darstellt, dass der typische Konsument solcher Drogen eben kein asozialer Arsch ist, sondern jemand, dem viel daran liegt, ein cooler und hilfreicher Freund, ein liebenswertes Familienmitglied und ein leistungsfähiger Arbeiter zu sein. Da scheint mir aber auch teilweise das Problem zu liegen. Wenn man die Erwartungen anderer zu ernst nimmt, bekommt das ja auch schnell etwas Bedrohliches und vor dieser Bedrohung versucht man sich dann in den Rausch zu flüchten. Ist natürlich ein bisschen ins Blaue geraten, weil ich von mir selber ausgehe, aber hast Du nicht vielleicht oftmals Angst, von Freunden und Familie fallen gelassen zu werden, wenn die Leute deine negativen Seiten mitbekommen?

Ob Du auf der Arbeit gute Leistungen bringst könnte dir ja auch egal sein, so lange Du Geld kriegst und Freunde, die einen nur akzeptieren, wenn man coole Sprüche klopfen kann, sind doch eigentlich keine, oder? Versteh mich nicht falsch, ich finde deinen Idealismus sympathisch, hab aber letztlich recht ähnliche Züge und den Eindruck, dass gerade die übertriebenen Erwartungen an einen selber dazu führen, dass man letztlich das Gefühl hat, ständig unter Druck zu stehen. Und um den dann auszuhalten konsumiert man Downer. Du hast ja auch selber geschrieben, dass z.B. eine positive Arbeitsumgebung es wesentlich leichter macht, nicht zu konsumieren. Ich finde, jeder hat ein Recht darauf, sich in Arbeit und Freizeit in Kreisen zu bewegen, in denen man so akzeptiert wird, wie man ist!

Mein Dad zum Beispiel wollte immer, dass ich sozial besser eingebunden bin. Ich war gerne zu Hause, hab viel gelesen oder allein Gitarre gespielt. Er wollte immer, dass ich Freunde treffe, bald mal eine Freundin habe usw. Verrückt, nicht wahr? Eltern, die von einem erwarten, dass man MEHR Party macht. Ich glaube, wenn dieser etwas verquere Erziehungsstil nicht gewesen wäre, hätte ich schon einiges weniger an Drogen genommen in meinem Leben, einfach weil ich mich eher so hätte akzeptieren können, wie ich bin, eben nicht immer cool und lustig.

Dazu kommt, dass ich auch nie besonders sportlich war, was schon auch ein echtes Problem ist. Seit ca. einem viertel Jahr hab ich jetzt angefangen, Joggen zu gehen und ein paar Fitness-Übungen zu machen und es ist schon irgendwie schön zu wissen, dass man sich dieses absolut fantastische Körpergefühl auch selber geben kann, wenn auch nur für kurze Zeit. Wenn man mal ehrlich zu sich selber ist hat das opioide Körpergefühl doch auch ganz schön negative Seiten, zum Beispiel wird einem schnell schlecht. Außerdem wird man schnell mal krank, weil man eben nicht merkt, dass man grade blöd daliegt oder dass es eigentlich zu kalt ist et cetera.

Auch dass Du viele Bücher über Drogen liest, halte ich für absolut sinnvoll. Ich gucke auch gerne Sendungen wie diese Kochshow mit $ick. Finde es sehr ermutigend, zu sehen, dass es Leute gibt, die noch im ganz anderen Ausmaß konsumiert haben als wir und trotzdem davon losgekommen sind und nicht die ganze Zeit leiden und unglücklich sind, im Gegenteil sogar zufrieden wirken und erfolgreich sind. Man sollte ja auch nichts überdramatisieren. So wie sich dein Tripbericht liest, hast du zu keinem Zeitpunkt dir oder der Gesellschaft größeren Schaden zugefügt. Damit will ich nicht sagen, dass Du keine Sucht hättest, aber ich glaube, dass kein Grund zur Annahme besteht, dass Du nicht vom Kratom loskommen kannst, wenn Du das wirklich möchtest.

Da würde ich der Substanz dann sozusagen auch nicht zu viele "magische Eigenschaften" zusprechen, dass sie dir alle Wünsche erfüllen könnte oder dergleichen. Sooo toll ist es ja dann auch wieder nicht, vielleicht eher eine Ausflucht für viele Probleme, von denen man nicht weiß, wie man mit ihnen umgehen soll, oder? Auch da gehe ich natürlich von mir selber aus und könnte daneben liegen. ;)

Eine der Hauptfragen, die ich auch immer beim Lesen im Kopf hatte, war die nach dem ganzen schönen Geld, das für die Droge drauf gegangen sein muss. Ich hätte zum Beispiel gar kein Problem damit, jeden Tag Kratom zu nehmen, außer dass es mich wahrscheinlich nach einer Zeit nerven würde und dass es finanziell für mich nicht tragbar wäre. Vielleicht hilft ja auch dir der Gedanke, dass man das Geld auch nachhaltiger ausgeben könnte, für Klamotten, Bücher, Technik oder eine Reise?

Außerdem hast Du ja auch richtig erkannt, dass man sich auch wahnsinnig uncool dabei vorkommt, jeden morgen irgendwie Tee oder Pulver ins sich reinzuschütten. Das ist ja schon auch ein bisschen was anderes als das Kiffen mit Freunden. Verhältnismäßig schwer, so etwas in ein positive Bild von sich selbst zu integrieren, imo.

Auch die Erkenntnis, dass man Glück nicht erzwingen kann, finde ich richtig und wichtig. Nach einer Weile wird die glückliche Zufriedenheit eben zu einer Dauerbetäubung, in der sich nichts richtig geil anfühlt. Die Zahnrad-Metaphorik am Anfang fand ich jedenfalls sehr interessant und sie scheint eine Art übergeordnetes Motiv für den ganzen Tripbericht zu bilden. Wenn man so sehr damit beschäftigt ist, funktionieren zu müssen, dass ein bisschen Betäubung teilweise das Beste im eigenen Leben ist, das noch bleibt, ist das doch vielleicht schon ein Zeichen, dass man sich auch ganz schön einengt, findest Du nicht?

So weit der Kommentar von einem, der nicht vorhat, sämtlichen Opioid-Konsum einzustellen, ihn aber doch eher als Ausdruck einiger Problem mit sich und der Welt sieht. Hoffe sehr, dass er mehr hilfreich als unangenehm oder "zu-nahe-tretend" ist. Hätte auch wirklich nicht geschrieben, wenn ich mich nicht teilweise in deinem Text wiedererkannt hätte. ;)

Achso, stimmt, kennst du eigentlich Gabor Mate? Ich finde die Vorträge von dem Hammer!
 
Anonym
» Thread-Ersteller «
  Geschrieben: 21.12.19 14:19
zuletzt geändert: 21.12.19 14:51 durch Anonym (insgesamt 2 mal geändert)
Hey Wesir von Kaschmir !

Danke dass du dir die Zeit genommen hast zu lesen und gleichzeitig noch zu antworten :) Dafür nehme ich mir nun auch etwas ausführlicher Zeit für dich.

Was Vorwürfe angeht: Man sagt ja immer dass man das was passiert ist eh nicht ändern kann, und man sollte sich nicht permanent durch die Vergangenheit definieren. Das habe ich in letzter Zeit auch erkannt, eigentlich habe ich mir wirklich keinen Vorwurf zu machen, immerhin hat das was ich damals getan habe, mir ja auch irgendwo gefallen oder nicht ? :) Du hast absolut recht, es bringt rein gar nichts sich selber zu peinigen, ich denke eher man sollte das positieve sehen: Man kann solche Situationen in Zukunft besser einschätzen. Positiv ist auch, dass Tilidin und Kratom bereits das höchste Opioiden Gefühl ist was ich selber erfahren habe, es hätte ja auch schlimmer sein können.

Zitat:
Finde, dass der Tripbericht auch sehr schön darstellt, dass der typische Konsument solcher Drogen eben kein asozialer Arsch ist, sondern jemand, dem viel daran liegt, ein cooler und hilfreicher Freund, ein liebenswertes Familienmitglied und ein leistungsfähiger Arbeiter zu sein. Da scheint mir aber auch teilweise das Problem zu liegen. Wenn man die Erwartungen anderer zu ernst nimmt, bekommt das ja auch schnell etwas Bedrohliches und vor dieser Bedrohung versucht man sich dann in den Rausch zu flüchten. Ist natürlich ein bisschen ins Blaue geraten, weil ich von mir selber ausgehe, aber hast Du nicht vielleicht oftmals Angst, von Freunden und Familie fallen gelassen zu werden, wenn die Leute deine negativen Seiten mitbekommen?


Ich verstehe was du meinst, bei mir war es nicht so dass ich anderen etwas beweisen wollte, oder besser gefallen wollte. Der Effekt kam vielleicht mit der Zeit automatischer Weise mit sich, weil die Effekte der Droge einem ein besseres Gefühl von sich selbst gibt. Mir hat der Opiat Schleier über die Jahre aber immer das Gefühl gegeben ich sei einmalig auf dieser Welt, damit meine ich nicht dass mein Ego gepusht wurde, sondern einfach die Selbstwahrnehmung, welche sich aus einer Gleichung von Gedanken, Interessen und Charakter formte. Das hat mir wohl auch (wenn auch nur wenig) ein kleines OK gegeben um den Konsum weiter zu führen.

Zitat:
Ob Du auf der Arbeit gute Leistungen bringst könnte dir ja auch egal sein, so lange Du Geld kriegst und Freunde, die einen nur akzeptieren, wenn man coole Sprüche klopfen kann, sind doch eigentlich keine, oder? Versteh mich nicht falsch, ich finde deinen Idealismus sympathisch, hab aber letztlich recht ähnliche Züge und den Eindruck, dass gerade die übertriebenen Erwartungen an einen selber dazu führen, dass man letztlich das Gefühl hat, ständig unter Druck zu stehen. Und um den dann auszuhalten konsumiert man Downer. Du hast ja auch selber geschrieben, dass z.B. eine positive Arbeitsumgebung es wesentlich leichter macht, nicht zu konsumieren. Ich finde, jeder hat ein Recht darauf, sich in Arbeit und Freizeit in Kreisen zu bewegen, in denen man so akzeptiert wird, wie man ist!


Ja es könnte einem eigentlich egal sein, ich habe einen besten Freund und der aktzeptiert mich schon immer so wie ich bin, seit wir 10 sind kennen wir uns.. Der fand das Kratom Spiel bei mir auch schnell eher traurig als toll. Er hat das vielleicht an 2 Händen abgezählt mal genommen, aber nie im Alltag eingebunden, ich hab ihm ja auch immer erzählt wie sich mein Konsum verhält, das war wohl abschreckend für ihn. Das mit dem Druck stimmt, dadurch dass man auch weiss wie viel man besser leisten kann durch die Droge, will man in jeder Situation davon seinen Nutzen ziehen. Bestes Beispiel: Im Mai schreibe ich meine Prüfungen und immer wenn ich daran denke, ist es unvermeindlich dass kurz Kratom im Kopf auftaucht, weil das lernen und das schreiben vielleicht besser von der Hand gehen würde. Wenn es einen Rückfall geben würde, dann dort, aber daran glaube ich aktuell gar nicht mehr, liebäugel zurzeit gar nichtmehr damit Kratom nehmen zu wollen. Lieber nehme ich während der Prüfungsphase etwas speed, das ist zwar auch potenziell Alltagssuchtgefährdend, aber immernoch weniger leicht zu beschaffen, und auch der ungesündere Faktor lässt mich da bisher immer Vernunft walten. Auch wollte ich mit dem Kratomkonsum eben alle Sachen die Drogennichtkonsumenten nüchtern machen eben auf einer Ebene machen auf der es mir Egal ist dass ich sie gerade machen muss, was bei Kratom ganz gut klappt. Ich wollte einfach jede Situation angenehmer für mich gestalten. Irgendwann war mir auch klar dass der soziale + Faktor der Droge nicht mehr da ist, trotzdem habe ich immernoch zumindest an dem gutem entspanntem warmen Körpergefühl festgehalten, auch wenn auch dieses irgendwann quasi kaum noch existierte.


Zitat:
Mein Dad zum Beispiel wollte immer, dass ich sozial besser eingebunden bin. Ich war gerne zu Hause, hab viel gelesen oder allein Gitarre gespielt. Er wollte immer, dass ich Freunde treffe, bald mal eine Freundin habe usw. Verrückt, nicht wahr? Eltern, die von einem erwarten, dass man MEHR Party macht. Ich glaube, wenn dieser etwas verquere Erziehungsstil nicht gewesen wäre, hätte ich schon einiges weniger an Drogen genommen in meinem Leben, einfach weil ich mich eher so hätte akzeptieren können, wie ich bin, eben nicht immer cool und lustig.

Dazu kommt, dass ich auch nie besonders sportlich war, was schon auch ein echtes Problem ist. Seit ca. einem viertel Jahr hab ich jetzt angefangen, Joggen zu gehen und ein paar Fitness-Übungen zu machen und es ist schon irgendwie schön zu wissen, dass man sich dieses absolut fantastische Körpergefühl auch selber geben kann, wenn auch nur für kurze Zeit. Wenn man mal ehrlich zu sich selber ist hat das opioide Körpergefühl doch auch ganz schön negative Seiten, zum Beispiel wird einem schnell schlecht. Außerdem wird man schnell mal krank, weil man eben nicht merkt, dass man grade blöd daliegt oder dass es eigentlich zu kalt ist et cetera.


Klingt nach einer plausiblen Erklärung, meine Eltern wollten mich nie irgendwie Formen, oder haben mir Empfehlungen gegeben wie ich meinen Weg gehen soll. An meinem Konsum haben sie absolut keine Schuld. Aber alle Eltern erzählen doch von den eigenen Partys damals und was sie für Spass hatten oder? :D Ist es nicht allgemein so dass wenn jemand was erzählt, bei 1 von 5 Fällen es oftmals um etwas mit Party geht? Ich denke früher oder später werden die meisten neugierig, oder kriegen eben ganz nebenbei mit wie es ist Party zu machen, es lässt sich also sowieso nicht wirklich verhindern, denn wenn es einem erstmal gefällt gefällt es einem.

Als ich ende august aufgehört habe war ich auch 2 mal joggen, was für eine Art Körpergefühl meinst du damit? Dass man wie ein Köter hecheln muss? :D Ich finde nur das Gefühl nach dem Joggen gut, nämlich etwas für seinen Körper getan zu haben. Ich meine wie oft hat man als Druguser das Gefühl seinem Körper etwas gutes zu tun, klar überwältigt einen das dann ! Nur schade dass ich es bei den 2 mal bleiben gelassen habe... Bin einfach so faul :/
sie dann genommen weil ich wenigstens das sedierte Körpergefühl permanent habe. Das mit der Arbeitsumgebung stimmt auf jeden Fall, es hilft mir enorm dabei clean zu bleiben dass ich jetzt in meiner Wunschabteilung arbeiten und auch bleiben darf. Was Krankheiten angeht, davon weiss ich nichts, also ich werde allgemein selten krank, daher will ich jetzt mal nicht davon sprechen dass mir Kratom Immunität gewährt hat.

Zitat:
Auch dass Du viele Bücher über Drogen liest, halte ich für absolut sinnvoll. Ich gucke auch gerne Sendungen wie diese Kochshow mit $ick. Finde es sehr ermutigend, zu sehen, dass es Leute gibt, die noch im ganz anderen Ausmaß konsumiert haben als wir und trotzdem davon losgekommen sind und nicht die ganze Zeit leiden und unglücklich sind, im Gegenteil sogar zufrieden wirken und erfolgreich sind. Man sollte ja auch nichts überdramatisieren. So wie sich dein Tripbericht liest, hast du zu keinem Zeitpunkt dir oder der Gesellschaft größeren Schaden zugefügt. Damit will ich nicht sagen, dass Du keine Sucht hättest, aber ich glaube, dass kein Grund zur Annahme besteht, dass Du nicht vom Kratom loskommen kannst, wenn Du das wirklich möchtest.


Du hast absolut recht, ich überdramatisiere die Wirkung natürlich weil ich anfangs wirklich noch ihr volles Potential ausschöpfen konnte, im nachhinein aber nicht mehr. Man redet sich eben wenn man süchtig ist auch sehr viel ein, hat gewisse Automatismen im Hirn gefestigt... Ich dachte eben immer, trotzdem die Wirkung in gewissen Situationen gar nichts mehr gebracht hat, dass ich ohne die Droge in dieser Situation weniger spass habe (damit verbinde ich immer das Körpergefühl an welches ich mich so gebunden hatte) oder eben weniger leistungsfähiger bin. Es war gegen Ende auch nicht mehr dieses Gefühl "hey ich will Leistung bringen", sondern eher "Ich muss das nehmen, sonst ist mein Tag versaut". Allein dass ich auf der Arbeit immer wusste, dass es alle 2 Stunden eine Dosis gibt, hat mich motiviert.

Zitat:
Da würde ich der Substanz dann sozusagen auch nicht zu viele "magische Eigenschaften" zusprechen, dass sie dir alle Wünsche erfüllen könnte oder dergleichen. Sooo toll ist es ja dann auch wieder nicht, vielleicht eher eine Ausflucht für viele Probleme, von denen man nicht weiß, wie man mit ihnen umgehen soll, oder? Auch da gehe ich natürlich von mir selber aus und könnte daneben liegen. ;)


Wie bereits erwähnt, diese "magischen Eigenschaften", die festigen sich im Kopf durch die Erinnerung daran, wie der Rausch im Zeitraum des 1. Konsums war. Kratom konnte mir nie meine Wünsche erfüllen, das stimmt, das wusste ich auch, nur lässt es einen eben wie bei mir eine Art Denkweise entwickeln, dass alles gut ist, oder auch "hey du bist was besonderes, das sehen nur die anderen nicht, deswegen musst du dich auf keinen Fall ändern(mit ändern assoziiere ich hier: was an der situation ändern, irgendwann stagniert man weil ja "alles gut ist") ! ". So denkt man nicht wortwörtlich, aber es ging in diese Richtung bei mir. Das mit den Problemen stimmt auch, persönliches will ich nicht erzählen aber als beispiel etwas anderes: Ich bin glaube ich einer der wenigen Männer auf dieser Welt die sich null nada nix für Autos interessieren, folglich habe ich immer den Führerschein aufgeschoben, weil ich nie den Drang verspürte Auto zu fahren.. Ich sehe das Fast als Zwang an, den Führerschein zu haben. Ich stehe überhaupt nicht dahinter das zu machen ! Nun rückt aber das Ende der Ausbildung näher und wenn ich anfange Schicht zu arbeiten, brauche ich den Führerschein um nach spätschicht nach hause zu kommen. Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen dass ich den Führerschein nicht habe, obwohl ich ihn eigentlich nicht wollte. Das war/ ist für mich ein Riesenproblem. Ca 1-2 Monate nachdem ich aufgehört habe zu konsumieren, habe ich mich nun zum 7 Tage Führerschein angemeldet, um mich zu zwingen, wie kam das zustande? ---> Weil ich mir nicht mehr die tägliche Dosis "Alles ist gut" reinpfeiffe, wurde dieses Schlechte Gewissen zwecks fehlendem Führerschein immer schlimmer und ich konnte nicht mehr ausweichen. Also habe ich mich überwunden ;) Aber jap wie du schon sagst, "Ausflucht vor Problemen" ist immer ein starkes Argument für eine Sucht. Doch nach dieser Zeit möchte ich auch mal behaupten: Es ist einfach auch eine Gewohnheitssache, dadurch dass man denkt man kann mit der Droge besser, macht mans halt Ewigkeiten weiter obwohl man weis dass es das alles nicht mehr Wert ist. Es liegt bei jedem Süchtigen daran den Moment nicht zu verpassen abzuspringen wo es noch ein minimierter Schaden wäre. Was mich auch angetrieben hat aufzuhören, war zu wissen, ich habe 3 Jahre lang ziemlich verschwendet, pro weiteres Jahr wäre für mich der Schaden so weit in die Höhe gegangen, dass das schlechte Gewissen über die verpasste Zeit wohl beinahe unerträglich geworden wäre.


Zitat:
Eine der Hauptfragen, die ich auch immer beim Lesen im Kopf hatte, war die nach dem ganzen schönen Geld, das für die Droge drauf gegangen sein muss. Ich hätte zum Beispiel gar kein Problem damit, jeden Tag Kratom zu nehmen, außer dass es mich wahrscheinlich nach einer Zeit nerven würde und dass es finanziell für mich nicht tragbar wäre. Vielleicht hilft ja auch dir der Gedanke, dass man das Geld auch nachhaltiger ausgeben könnte, für Klamotten, Bücher, Technik oder eine Reise?



Dadurch dass ich noch daheim wohne, (eigene Wohnung im Haus der Eltern) kam ich mit dem Geld trotzdem immer gut zurecht, ich glaube im Höchstfall hat mich der Konsum im Monat 100-120 Euro gekostet. Geld war in meiner Situation nie ein Faktor in der ganzen Geschichte. Es ist manchmal aber so dass wenn ich etwas teures mir kaufen will, diesen Kauf viel schneller rechtfertige dadurch dass ich ja vorher sowieso im Monat einen Teil dieser Summe verschleudert hatte/hätte. Du hast zwar recht, blos sparen ist durch das Aufhören nicht einfacher geworden :D. Kommt aber auch auf die Person an (wie immer).

Zitat:
Außerdem hast Du ja auch richtig erkannt, dass man sich auch wahnsinnig uncool dabei vorkommt, jeden morgen irgendwie Tee oder Pulver ins sich reinzuschütten. Das ist ja schon auch ein bisschen was anderes als das Kiffen mit Freunden. Verhältnismäßig schwer, so etwas in ein positive Bild von sich selbst zu integrieren, imo.

Auch die Erkenntnis, dass man Glück nicht erzwingen kann, finde ich richtig und wichtig. Nach einer Weile wird die glückliche Zufriedenheit eben zu einer Dauerbetäubung, in der sich nichts richtig geil anfühlt. Die Zahnrad-Metaphorik am Anfang fand ich jedenfalls sehr interessant und sie scheint eine Art übergeordnetes Motiv für den ganzen Tripbericht zu bilden. Wenn man so sehr damit beschäftigt ist, funktionieren zu müssen, dass ein bisschen Betäubung teilweise das Beste im eigenen Leben ist, das noch bleibt, ist das doch vielleicht schon ein Zeichen, dass man sich auch ganz schön einengt, findest Du nicht?


Dem gibts nichts hinzuzufügen.

Zitat:
So weit der Kommentar von einem, der nicht vorhat, sämtlichen Opioid-Konsum einzustellen, ihn aber doch eher als Ausdruck einiger Problem mit sich und der Welt sieht. Hoffe sehr, dass er mehr hilfreich als unangenehm oder "zu-nahe-tretend" ist. Hätte auch wirklich nicht geschrieben, wenn ich mich nicht teilweise in deinem Text wiedererkannt hätte. ;)

Achso, stimmt, kennst du eigentlich Gabor Mate? Ich finde die Vorträge von dem Hammer!



Vielen Dank für deinen Kommentar, Interesse von anderen an dem eigenen erlebten, hilft einem auch dabei die "schlechte" Erfahrung die man gemacht hat zu aktzeptieren, und ihr einen weiteren Sinn zu geben. Immerhin kann man damit auch anderen helfen, oder sich auch verstandener fühlen. Hm,

Ich denke aber dass die wenigsten mit Opioid Konsum beginnen, um den Problemen der Welt zu entfliehen, bei den meisten, so wie bei mir passiert das sicher einfach so nebenbei, weil man nicht drüber nachdenkt und das neu gewonnene Gefühl wieder erleben will. Im Nachhinein wenn man drinsteckt und nicht mehr wirklich spass dran hat, kann man natürlich den eigenen Konsum mit Problemen der Welt rechtfertigen. Aber da macht man es sich eben ziemlich einfach finde ich ;)

Gabor Mate kenne ich nicht, ich werd mich mal Schlau machen !


Danke vielmals :)

ps: ich habe gerade im Bericht beim Aufzählen der Nachteile (kurz vorm Ende), noch einen weiteren hinzugefügt. Er erschien mir als vielleicht gar nicht mal so unwichtig.
 
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  Geschrieben: 10.01.20 02:34
zuletzt geändert: 10.01.20 02:48 durch Wesir von Kaschmir (insgesamt 3 mal geändert)
Hey Anonym!

Das Problem, dass man durch Opioide besser mit sich selber klar kommt, kenne ich leider. Eigentlich sollte es ja normal sein, dass man sich als einzigartiger Mensch selbst akzeptiert und zu schätzen weiß, oft ist das bei mir im nüchternen Zustand aber auch sehr angeknackst... Meine Herangehensweise ist, weiter Erfahrungen zu sammeln und noch ehrlicher und netter zu meinen Mitmenschen zu sein, in der Hoffnung, dass es auch bei mir irgendwann "klick" macht. ;)

Finde ich cool, dass Du einen Freund aus so jungen Kindertagen behalten hast, die längste Freundschaft in meinem Leben hat bisher so ca. 9 Jahr gehalten... Aus meinem Dorf aus Kindertagen kenne ich kaum mehr jemanden...

Ja, Kratom ist einfach so praktisch. Man fühlt sich besser, kann besser funktionieren und hat eigentlich wenig Nebenwirkungen. Aber auf Dauer verlernt man, mit dem "normalen Leben" klar zu kommen... So würde ich das Problem für mich beschreiben. Speed geht bestimmt genauso gut zum Lernen, da bin ich fest überzeugt. Wobei das nichts für mich wäre, zu stressig. Also, das warme, entspannte Grundgefühl würde mir fehlen. ;)

Generell wäre es natürlich das Beste, zu sagen, dass die Gesellschaft Leistungen, die man auf natürlichem Weg nicht bringen kann, auch nicht von einem abverlangen darf. Aber da bin ich kopfmäßig grade auch weit entfernt von. Man will ja auch das Beste aus seinem Potenzial machen, nicht nur wegen Eltern und Freunden sondern auch aus pragmatischen Gründen (Geld, Frauen, etc.). Ich werde wohl zu diesem Zweck in nächster Zeit wieder eine Therapie machen, in der Hoffnung, dass sich die Lebenseinstellung irgendwie "zurechtruckelt". Aber irgendwie glaube ich auch nicht an Wunder durch eine veränderte Lebenseinstellung...

Vielleicht ist das nicht die beste Motivation für dich gerade, aber ich denke, Du weißt ja was Du machst und hast einen festen Willen. Teilweise kann die Gehirnchemie eben einfach Wunder wirken, die anders nur schwer erreichbar sind. Ob das jetzt heißt, dass sich alle mit weniger Perfektion zufriedengeben sollen oder aber, dass sich der Gebrauch von leistungssteigernden Drogen über kurz oder lang normalisieren wird ist eigentlich auch eher eine ideologische Frage bzw. die Frage danach, wie wir leben wollen. Ob es da wohl eine perfekte Antwort gibt?

Zitat:
Klingt nach einer plausiblen Erklärung, meine Eltern wollten mich nie irgendwie Formen, oder haben mir Empfehlungen gegeben wie ich meinen Weg gehen soll. An meinem Konsum haben sie absolut keine Schuld. Aber alle Eltern erzählen doch von den eigenen Partys damals und was sie für Spass hatten oder? :D Ist es nicht allgemein so dass wenn jemand was erzählt, bei 1 von 5 Fällen es oftmals um etwas mit Party geht? Ich denke früher oder später werden die meisten neugierig, oder kriegen eben ganz nebenbei mit wie es ist Party zu machen, es lässt sich also sowieso nicht wirklich verhindern, denn wenn es einem erstmal gefällt gefällt es einem.


Also in meinem Leben nicht, aber ich bin eh eher in so linken Studentenkreisen unterwegs, da spielt vielleicht so etwas wie Utopie oder Gesellschaftskritik eine größere Rolle. Aber ich werde auch langsam "alt" und entwickle gerade eher so eine Einstellung nach dem Motto "Lieber nur sehr selten Party, aber dafür richtig.". Ich weiß jetzt auch nicht, ob das für mich noch so sehr das ultimative Glück ist, hab ich aber auch schon anders gesehen. ;)

Heute war ich auch Joggen, nach meiner üblichen Zeit grade (eine Stunde und zwanzig Minuten) war auf jeden Fall schon ein ultimativ nices Körpergefühl da, aber der Weg dahin war die pure Qual. Und die Faulheit kenne ich. Heute habe ich mal wirklich meinen Tag so genutzt, wie ich das "von mir selber erwarte" und das auch nur mit der Hilfe von Kaffee, aber irgendwie war es schon eine harte Quälerei. Manche sagen ja, dass es mit der Zeit besser wird. Kennst du eigentlich die Serie "BoJack Horseman"? Ich finde die so genial und auf eine komische Art motivierend, geht auch viel um Drogen, Faulheit, Melancholie usw.

Zitat:
Was Krankheiten angeht, davon weiss ich nichts, also ich werde allgemein selten krank, daher will ich jetzt mal nicht davon sprechen dass mir Kratom Immunität gewährt hat.


Ich kenne das so, dass man zwar gegen einzelne Symptome immuner ist, aber wenn man eigentlich krank ist und ständig weiter Kratom nimmt ein ziemlich ekliges, matschiges Körpergefühl bekommt. Dann ist bei mir auch nichts mehr mit Motivation. Aber bin in letzter Zeit leider etwas kränklich geworden, von daher betrifft mich das vielleicht auch einfach mehr. Kommt vielleicht ja auch, wenn man weniger feiern geht? :D

Zitat:
"Ich muss das nehmen, sonst ist mein Tag versaut"


Ja, das kenne ich. Aber in einem anderen Forum zu einem anderen Thema hat mir jemand geschrieben: "Nicht alles, was du denkst, ist wahr." Eine sehr sinnvolle Einstellung, finde ich. Gibt ja auch den Spruch "Hast Du Gedanken oder haben Gedanken Dich?" Klar, hat auch ein bisschen was von Poesiealbum, aber manchmal helfen mir solche Sprüche!

Zitat:
"hey du bist was besonderes, das sehen nur die anderen nicht, deswegen musst du dich auf keinen Fall ändern(mit ändern assoziiere ich hier: was an der situation ändern, irgendwann stagniert man weil ja "alles gut ist") ! ". So denkt man nicht wortwörtlich, aber es ging in diese Richtung bei mir.


Krass, genau so ist das bei mir auch! Ich konnte das bisher nie so gut in Worte fassen. Ich habe übrigens auch überhaupt keine liebe zu Autos und habe den Führerschein nie gemacht. In einer Doku (ich weiß leider nicht mehr welche, aber es ging um Opioide und Heroin) meinte ein User, dass er sich sein Leben lang immer komisch und anders als alle anderen gefühlt hat. Vielleicht ließe sich bei vorurteilsfreier Forschung ja sogar herausdestillieren, welcher Typ Mensch zu so einer Sucht neigt und was genau man sich da eigentlich holt, was einem so furchtbar abgeht... Ich bin ehrlich gesagt ziemlich von den Ähnlichkeiten überrascht zwischen uns...

Zitat:
Ich denke aber dass die wenigsten mit Opioid Konsum beginnen, um den Problemen der Welt zu entfliehen, bei den meisten, so wie bei mir passiert das sicher einfach so nebenbei, weil man nicht drüber nachdenkt und das neu gewonnene Gefühl wieder erleben will. Im Nachhinein wenn man drinsteckt und nicht mehr wirklich spass dran hat, kann man natürlich den eigenen Konsum mit Problemen der Welt rechtfertigen. Aber da macht man es sich eben ziemlich einfach finde ich ;)


Ja, da hast Du auch wieder Recht. Anfangs ist das ja eigentlich schon mehr so ein Spaß-Ding. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass es bei Opioiden schon um was anderes geht als bei den typischen Partydrogen, die ich jetzt nie so besonders bereichernd oder bedeutend für mein Leben fand. Aber alles auf Probleme mit der Welt oder der Gesellschaft zu schieben ist nicht der richtige Weg, vor allem, weil man ja zunächst mal nur sich selbst ändern kann.

Freut mich sehr, dass Du so eine ausführliche Antwort geschrieben hast. Ich glaube, über den Konsum zu reden ist enorm wichtig und wird immer noch von vielen unterschätzt, wobei ich auch gar nicht so tun will, als ob das Internet der beste Raum dafür wäre. Dafür ist man aber anonym und kann sich Sachen ganz anders eingestehen. ;)

Das
Zitat:
Danke vielmals :)
kann ich also nur zurückgeben.

PS: Der weitere Punkt ist das mit Stuhlgang, oder? Ja, da macht Kratom auf jeden Fall richtig komische Sachen. Auf jeden Fall eine gute Idee, das zu erwähnen, deutet ja darauf hin, dass es so ganz gesundheitlich unbedenklich doch nicht ist.

PPS: Klingt alles, als ob du auf einem wirklich guten Weg wärst! Wünsche dir weiterhin viel Durchhaltevermögen und viele tolle neue Entwicklungen in deinem Leben!

Edit/PPPS: Wobei ich zu dem "so ganz gesundheitlich unbedenklich doch nicht" noch hinzufügen möchte, dass auf dieser Welt nichts völlig gesundheitlich unbedenklich ist und sich z.B. auch Kaffee oder Kippen auf den Stuhlgang auswirken, ebenso wie die ganze Ernährungsweise. DIE Lanze muss ich doch noch für eine meiner Lieblingsdrogen brechen. ;) Im Vergleich zu vielem anderen halte ich Kratom dann doch noch für eine relativ wenig gesundheitsschädliche Substanz.
 

Seite 1 (Beiträge 1 bis 4 von 4)