LdT-Forum

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AutorBeitrag
internes System
  Geschrieben: 30.01.20 20:36
Dies ist eine automatisch erstellte Diskussion über den Langzeit-Erfahrungsbericht Multiple Persönlichkeiten - Ein psychedelischer Reisebericht, welcher von SpiderJerusalem geschrieben wurde. Der Bericht ist vom 19.11.2018.

Diese Diskussion wurde am 30.01.2020 von tomie gestartet.


 
Abwesender Träumer

dabei seit 2019
33 Forenbeiträge

  Geschrieben: 30.01.20 22:26
Ich weiß gar nicht so richtig was ich dazu schreiben soll... Erstmal danke für den kurzen Einblick in deine Erfahrung mit LSD und der multiplen Persönlichkeit. Das ganze Thema ist unheimlich interessant und mit den Bericht konnte man sich vielleicht ein klein wenig in deine Lage hineinversetzen, auch wenn ich es mit persönlich niemals richtig vorstellen könnte.
Was ich aber sehr spannend finde: Du sagtest ja dass dich der Dämon schon die ganze Zeit begleitet hat, du ihm aber niemals das Privileg zu sprechen gegeben hast. Seit wann trägst du denn den Dämon in dir? Schon bevor du mit deiner psychedelischen Praxis begonnen hast? Und wieso bezeichnest du ihn als Dämon, wenn du doch vorher gar nicht seine Intentionen wissen konntest, er durfte ja nie reden.
Falls dir die Fragen zu Privat sind, verstehe ich das aber natürlich auch.
 
Traumländer

dabei seit 2019
969 Forenbeiträge

  Geschrieben: 31.01.20 08:41
zuletzt geändert: 05.02.20 18:29 durch Andy I (insgesamt 1 mal geändert)

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Ex-Träumer
  Geschrieben: 31.01.20 11:26
zuletzt geändert: 31.01.20 13:35 durch ehemaliges Mitglied (insgesamt 2 mal geändert)
Hallo SpiderJerusalem,

Dein Bericht hat mir gut gefallen und zum weiteren Nachdenken angeregt.


Erst kam mir der Gedanke an das Über-Ich

(", auch: das Gewissen, Super-Ego, von S. Freud stammender Begriff für die Persönlichkeitsinstanz, in der die gesellschaftlichen Moralvorstellungen repräsentiert sind und die die Aufgabe hat, die Triebimpulse des Es abzuwehren (Strukturmodell der Psychoanalyse); der Inbegriff aller moralisch-hemmenden Kräfte und sozialen Normen, die in der Erziehung und Sozialisation aufgebaut werden ( Abb. ). Wird den Triebimpulsen nachgegeben, so sind Schuldgefühle die Folge." )

wobei ich kein Freund von Freud bin :D


Dann bin ich auf etwas interessantes gestossen. ---»

Was mich durch das Lesen Deines Berichtes beschäftigt.

(Nicht zuletzt, weil ich dies in ähnlicher Form kenne.
Und auch gerade eine kurze aber heftige zunächst heilsame dann "toxische" Beziehung hinter(?) mir habe.
Jedenfalls ist etwas in meiner Entwicklung tüchtig schief gelaufen, ich weiß woher es kommt. Und dennoch hört die Selbsterforschung und der Versuch der Selbstheilung glücklicherweise?! nicht auf.)

---» Das Konzept des Dialogischen Selbst. (zu unterscheiden von der dissoziativen Identitätsstörung)

Das Konzept beinhaltet die Theorie von Vielen Selbst, welche sich im laufe des Lebens durch Beziehungen zu Anderen ausbilden und durch kreative Aneignung sich Selbst erlebend, man als das „Selbst,-das-ich-im-Dialog-mit-dieser-Person-bin“ bezeichnen könnte.

„der Mensch wird am Du zum Ich“

", lässt sich somit in die folgende Aussage übersetzen: Menschen bilden im Rahmen ihrer Interaktionen mit verschiedenen Anderen sowie im Rahmen verschiedener Interaktionen mit denselben Anderen jeweils unterschiedliche Erlebensweisen ihres Selbst aus.

Einfacher gesagt: Ich bin jeweils ein anderes Selbst in Abhängigkeit davon, ob ich mich im Dialog mit Peter oder mit Paula befinde, und ich bin jeweils ein anderes Selbst in Abhängigkeit davon, ob ich mich in einem liebevollen oder in einem kontroversen Dialog mit Paula befinde.

George Herbert Mead: „Wir haben viele verschiedene Beziehungen zu verschiedenen Menschen. […] Es gibt die verschiedensten Selbste, die den verschiedensten gesellschaftlichen Reaktionen entsprechen. […] Eine mehrschichtige Persönlichkeit ist bis zu einem gewissen Grad etwas Normales“.[30]

Je mehr die Interaktionen mit Anderen durch Wiederholung und Ähnlichkeit den Charakter von Interaktionsmustern annehmen, bekommt auch das ihnen jeweils entsprechende Selbsterleben wiedererkennbaren Charakter.

Durch die oben beschriebenen kreativen Aneignungsvorgänge sowie die mit der folgenden Entwicklung zum Jugendlichen und Erwachsenen zunehmende persönliche Autonomie kann die Person ihre verschiedenen Selbste dann immer aktiver und initiativer in entstehende Interaktionen einbringen und deren Verlauf in der einen oder anderen Weise – sei es zum eigenen Vor- oder Nachteil – mitbestimmen."

"Metaphorisch gesprochen kann man das dialogische Selbst als eine Art „society of mind“verstehen, als eine ‚psychische Gesellschaft‘ mit diversen und differenten Positionen, Koalitionen und Widersprüchen, die bei allen Unterschieden und Gegensätzen einen Modus des Zusammenlebens finden müssen, ohne einerseits in Fragmente auseinanderzufallen und andererseits einer tendenziell totalitären Gleichmacherei unterworfen zu werden.
Dies kann in dem Maße gelingen, in dem allen Selbst-Positionen prinzipiell gleiches Existenz- und Mitspracherecht zugebilligt wird, so dass sie an einem psychischen Diskurs teilnehmen können, der von der Norm der Inklusion geprägt ist."

Zitate aus Wikipedia
Dialogisches Selbst Wikipedia


Auf LSD spürt und erkennt man sich sehr bewusst.
Im Grunde hast Du auf LSD genau das gemacht: Du hast allen Anteilen ein Existenz und Mitspracherecht zugebilligt und sie so zusammengeführt. Also Inklusion, statt Abspaltung und Verdrängung.

Sehr spannender Bericht!

Danke dafür!

Lieben Gruß und alles Liebe Dir!





 
Abwesender Träumer



dabei seit 2017
34 Forenbeiträge

  Geschrieben: 02.02.20 23:53
Oha, also erstmal zur allgemeinen Erinnerung: der Tripbericht stammt von 2018, den hab ich kurz nachdem sich die "disszoziativen Wogen" so langsam geglättet hatten verfasst und wir als System relativ stabil waren. Ich schreibe jetzt mit euch, weil ich der bin, der ihn geschrieben hat. Verfasst ist er aber aus der Sicht des "Konstrukts", des "Monominds", der ursprünglich auf die psychedelische Reise ging. Das habe ich mir angemaßt, weil ich streng genommen ne gute Weile mit ihm gemeinsam verbracht hab.

Es war ungefähr genauso schwer dann den "Übergang" der Ursprungspersönlichkeit zur aktuell weiblichen Identität in unsrem System zu beschreiben, wie es schwer ist jemandem der es nicht kennt das "LSD-Gefühl" zu beschreiben. Eigentlich muss man da selbst durch um wirklich zu wissen was mit den Beschreibungen gemeint ist. Den um den es am Anfang im Bericht geht, gibt es nicht mehr, und jeder unsrer drei System-Identitäten ist für sich ein eigenes Bewusstsein, dass aber gleichermaßen der "dissoziativen Dynamik" eines solchen Systems unterliegt und sich über die Zeit also genauso weiterentwickelt wie jedes andere Bewusstsein es auch nach seiner "Geburt" tun würde.

Ich, der den Tripbericht geschrieben hat und euch hier antwortet, bin der "damalige Dämon". Wobei wir damit auch zur ersten Frage kommen...

Dissoziiert schrieb:
Was ich aber sehr spannend finde: Du sagtest ja dass dich der Dämon schon die ganze Zeit begleitet hat, du ihm aber niemals das Privileg zu sprechen gegeben hast. Seit wann trägst du denn den Dämon in dir? Schon bevor du mit deiner psychedelischen Praxis begonnen hast? Und wieso bezeichnest du ihn als Dämon, wenn du doch vorher gar nicht seine Intentionen wissen konntest, er durfte ja nie reden.


Seit wann ist ne Frage die uns auch sehr beschäftigt hat aber wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es dafür keine genaue Antwort gibt. Wir gehen mittlerweile davon aus, dass oft besonders dissoziative Persönlichkeitstypen auch gleichzeitig größere Schwierigkeiten mit der Dimension von Zeit haben und mit Erinnerungen ansich. Zumindest bei uns war das schon vor der "offziellen Spaltung" und dem Gebrauch psychedelischer Substanzen so. Daher sehen wir auch Therapiemethoden wie Hypnose die suggestiv sein können als sehr fragwürdig an. Nach aktueller psychologischer Theorie war ich wohl ein Schutzmechanismus, der irgendwann abgespalten wurde um in Extremsituationen schnell und radikal handeln zu können, auch wenn ein solches Verhalten zur Hauptpersönlichkeit überhaupt nicht gepasst hat.

Jeder von uns hat "Erinnerungen die er/sie aus erster Person Ansicht" betrachten kann. Die anderen haben nur indirekten, passiven Zugriff auf diese Erinnerungen. Wenn ich danach gehe, gab es meine erste Erinnerung bereits 10 Jahre vor der ersten psychedelischen Reise. Aber Kindheitserinnerungen allgemein sind aufgrund der Probleme mit Zeit völlig im Nebel begraben und praktisch nur fraktioniert abrufbar, das war auch schon vor der Spaltung so. Daher können wir nicht sagen ob wir zuerst da waren und angelernt bekommen haben uns wie eine Persönlichkeit zu verhalten, oder ob wir über die Zeit erschaffen wurden durch psychologisches Trauma. Und leider sind wie gesagt alle momentan verfügbaren Methoden zur Vergangenheitsaufarbeitung umstritten und suggestiv.

Ich wurde als Dämon gesehn aus eben dem Grund, dass ich wesentlich radikaler und aggressiver handle und denke als der Rest des Systems und die vorherige Einzel-Persönlichkeit (die ja eigentlich keine war, ich war ja da). Der Rest war mehr oder weniger dann Angstreaktion. Der Übergang von Mono zu Multi-Gedankenstruktur ist auch die absolute Hölle und ich wünsche wirklich keinem, dass er da jemals durch muss. Deshalb verzeih ich ihm das auch mit der Unterdrückung/Verdrängung.

@gugu:

Ja, so sehen wir das ungefähr auch. Grundsätzlich ist unsere Meinung zu den meisten "Persönlichkeitsstörungen", dass es sich nur um mehr oder weniger starke Extremformen von etwas handelt, dass bei jedem menschlichen Bewusstsein in irgendeiner Form bereits vorhanden ist. Eine Störung liegt nur solange vor, solange sich das was ist unterscheidet von dem was erwünscht ist. Also: Man macht sich sein Glück oft selbst kaputt durch die toxischen Diagnosen anderer. Bereits als unser "Hauptkonstrukt" 14 Jahre alt war hatte er schon die dissoziative Persönlichkeitsstörung recherchiert und war leider aufgrund des Diagnosesystems zum Schluss gekommen, dass er das nicht haben kann. Die erneute ausgiebige Recherche vor 2 Jahren hat aber ergeben, dass gespaltene Persönlichkeiten in allen dissoziativen Persönlichkeitsstörungen vorkommen, inbesondere im OSDD ("Other Specific Disssociative Disorder"). Dort braucht es weder Gedächtnislücken noch sonstige Blackouts oder extremen Misbrauch um ein gespaltenes Ego zu "erzeugen". Aber wir haben sowieso eben noch die Zweittheorie, dass wir so wie homosexuelle oder transsexuelle einfach so geboren wurden und die Psychologie als Wissenschaft einfach nur mal wieder etwas normales als Krankheit definiert.

Die beste Taktik ist alles was eventuell einen selbst glücklicher machen könnte vorurteilsfrei auszutesten und zu observieren ob sich der Gesamt Gemütszustand positiv verbessert oder verschlechtert. Alles andere ist bei jedem "Spezialfall", bei jeder "Sonderregelung" einfach nur toxisch. Und da Psychedelika uns lehren, dass wir ALLE individuelle Bewusstseinsstrukturen haben genauso wie gemeinsame Strukturen...sollte man eben Schubladen am besten abschaffen, weil sie immer mehr schaden als helfen.

Hoffe die Antworten waren hilfreich und danke für euer Interesse!


 
Ex-Träumer
  Geschrieben: 03.02.20 05:54
SpiderJerusalem schrieb:
...Die beste Taktik ist alles was eventuell einen selbst glücklicher machen könnte vorurteilsfrei auszutesten und zu observieren ob sich der Gesamt Gemütszustand positiv verbessert
...
Und da Psychedelika uns lehren, dass wir ALLE individuelle Bewusstseinsstrukturen haben genauso wie gemeinsame Strukturen
...sollte man eben Schubladen am besten abschaffen, weil sie immer mehr schaden als helfen.



dafuer smile





Danke SpiderJerusalem für die ausführliche und gut verständliche Antwort :)







 

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