Langzeit-Berichte lesen

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Titel:Die Suche nach dem Glück
Droge:LSD
Autor:Chivezz
Datum:28.10.2019 19:25
Nützlichkeit:8,56 von 10 möglichen   (16 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Vorwort

Um diesen Langzeitbericht etwas persönlicher zu gestalten möchte ich zuerst ein paar Dinge über mich erzählen. Mein Name ist Nils ich bin 22 Jahre alt und komme aus dem Bundesand Nordrhein- Westfahlen. Bisher habe ich LSA, LSD, Cannabis, Alkohol, DXM, Lachgas, Mdma, Amphetamin, Kokain, Kratom und Codein konsumiert. Meine Konsummuster sind verantwortungsvoll mit langen Pausen und geringen Dosen (Alkohol mal ausgenommen). Weiterhin konsumiere ich derzeit keine Partydrogen mehr und würde diese Phase in meinem Leben als abgeschlossen betrachten.

Bei diesem Langzeitbericht geht es ausschließlich um den Konsum von psychedelischen Substanzen. Um ehrlich zu sein geht es mehr um meine persönliche Reise zur Selbsterkenntnis die gelegentlich durch eben diese Substanzen begleitet wurde. Bei dieser Reise von mir selbst zu mir selbst haben Psychedelika eine Rolle gespielt allerdings möchte ich hier nicht den Eindruck erwecken sie wären ein Wundermittel. Die Substanzen haben insgesamt nur eine Nebenrolle gespielt, um den Anforderungen dieses Forums gerecht zu werden, habe ich den Fokus aber verstärkt auf Psychedelika gerichtet.

Weiterhin möchte ich Vorwarnen. Ein paar der Dinge die ich hier als Fakten darstellen könnten den einen oder anderem an meinem Verstand zweifeln lassen. Viele Dinge, die ich hier versuche zu erklären sich extrem schwer in Worte zu fassen. Zudem stellt es fundamentale Aspekte der heilen, zurechtgedachten Realität in Frage und wird für viele Menschen nur schwer zu akzeptieren sein. Wer allerdings aus welchem Grund auch immer etwas in diesen Worten findet sollte dem Geschriebenen eine faire Chance geben und seine Erfahrung ohne Vorurteile oder störende Gedanken vergleichen.



Die Suche beginnt

Jeder Mensch ist auf der Suche nach etwas. Die einen nach Erfolg, Geld oder Anerkennung, andere nach Individualität, Beziehungen oder Selbstverwirklichung. Ich vermute, dass letztendlich jeder dasselbe sucht: Glück. Jeder von uns will eigentlich nur glücklich sein. Das Problem ist, dass alle Dinge, die oben aufgelistet sind, eigentlich alle Dinge, vergänglich sind. Kein Objekt kann jemals konstantes Glück verschaffen. Deswegen begeben wir uns auf diese andauernde Suche nach Objekten die uns für kurze Zeit ein Glücksgefühl geben. Vom neuen Handy, zur neuen Beziehung, zur Beförderung, zum Fitnessstudio, zum Alkohol am Wochenende, zur neuen Serie auf Netflix etc.. Und wenn man all das durchhat, wenn nichts geklappt hat, beginnt vielleicht die Suche nach der einen Sache die keine Sache ist. Die Suche nach sich selbst.

Der Moment, in dem die bewusste Suche nach mir selbst begann, ist mir selbst heute noch 5 Jahre später recht klar vor Augen. Ich war auf eine Geburtstagsparty eingeladen. Dort saß ich im Alter von 17 Jahren mit einem Freund, abgeschirmt von den anderen Gästen, in der Küche des Gastgebers. Warum? Weil ich noch nicht betrunken genug war und ich mich in Anwesenheit von Frauen unsicher fühlte. Also setzte ich mich in jene Küche und versuchte mit Wodka E besoffen genug zu werden, um endlich locker zu sein und Spaß zu haben. Ohne Vorwarnung wurde mir plötzlich bewusst wie absurd mein Verhalten ist und was ich da eigentlich machte. In mir stieg ganz konkret der Gedanke auf „Das kann doch nicht alles gewesen sein“. Zum ersten Mal seit ewig langer Zeit hinterfragte ich ob das alles ist was ich vom Leben erwarten kann.

Mein 17-jähriger Verstand hatte auch recht schnell eine Lösung für dieses Gefühl der Unzufriedenheit parat. Die Lösung sind bestimmt andere Drogen als Alkohol, dachte ich. Ohne zu wissen warum, ohne mich jemals informiert zu haben, war die allererste Substanz, an die ich dachte, LSD. Es ist wirklich interessant wie manche Dinge einfach im Leben auftauchen. Ob Beziehungen, neue Berufswege oder lebensverändernde Entscheidungen. Manchmal tauchen diese Dinge einfach aus dem Nichts auf.

Noch am selben Abend las ich mir den Wikipedia Artikel über LSD durch und schrieb im betrunkenen Zustand einem Freund, von dem ich wusste, dass er Cannabis konsumierte ob er diese Substanz besorgen konnte. Konnte er nicht, aber mein Interesse war geweckt. Über das Internet wurde zuerst die legale Alternative LSA in Form von Hawaianischen Babyholzrosensamen und später 1P-LSD bestellt.



Die ersten Erfahrungen

Meine ersten psychedelischen Schritte vollführte ich also mit LSA. Die ersten Erfahrungen waren, abgesehen von der begleitenden Übelkeit auch sehr positiv. Ich hatte erste introspektive Erfahrungen und hatte das Gefühl etwas Sinnvolles zu machen. Zu diesem Zeitpunkt war mein Leben noch zu 100% von meinem Gedanken dominiert. Dies äußerte sich in den Trips, dass ich eigentlich nur mentale Masturbation betrieb und abstrakte Gedankenketten mit ausgeprägten Gedankenloops erfuhr. In meiner Arroganz hielt ich dies natürlich für äußerst tiefgründig und fühlte mich anderen Menschen, die keine Psychedelika konsumierten, überlegen. Diese Fehleinschätzung sollte auch noch eine ganze Weile anhalten.

Allerdings waren diese gelegentlichen Trips (5-10 innerhalb von einem Jahr, meistens Lowdose 3- 7 Samen) eine wunderschöne Art der Realität zu entfliehen. Musik auf LSA ist ähnlich wie bei LSD unbeschreiblich schön und intensiv. Nach den Trips hatte ich das Gefühl mehr Schönheit in der Welt zu sehen und mein Verstand wurde generell etwas geöffnet. Dinge die ich sonst nicht mal annähernd in Betracht gezogen hätte wurden nun eine Chance gegeben und genau betrachtet. Generell betrachte ich diese Zeit als eine Art Vorbereitungsphase um meinen Verstand etwas zu öffnen und Platz zu schaffen für das was noch kommen sollte.



Nach meinen ersten psychedelischen Versuchen fühlte ich mich bereit für LSD. Das erste Mal wurde die Substanz mit 2 Freunden bei mir Zuhause konsumiert. Als Standartdosis wurden 100mcg eingenommen. Die Erfahrung war erneut sehr schön. Neben den anmutigen kaleidoskopischen Visuals wurde die Natur neu entdeckt. Alles wirkte neu und frisch als wäre man auf einem fremden Planeten gelandet und würde jede Pflanze zu ersten Mal in seinem Leben betrachten. Rückblickend kann ich hier erkennen wie zum ersten Mal feste Gedankenmuster gelöst wurden und erste Schritte in Richtung Ego- Death unternommen wurden.

Der ehemalige Psychologie-Professer und spirituelle Lehrer Ram Dass hat diese Erfahrung in einem Zitat mal sehr gut beschrieben:


Ram Dass schrieb:

Psychedelics helped me to escape.. albeit momentarily.. from the prison of my mind. It over-rode the habit patterns of thought and I was able to taste innocence again. Looking at sensations freshly without the conceptual overly was very profound.





Trotz des schönen Verlaufs des Trips war ich insgesamt nicht zufrieden mit der Erfahrung. Ich hatte hohe Erwartungen und erwartete lebensverändernde Erkenntnisse. Vor der ersten Erfahrung hatte ich mich bereits gründlich informiert und war mit Konzepten wie Ego, Ego Death und Spiritualität etc. vertraut. Besonders die Ego Death Erfahrung ließ nicht mehr los. Die Beschreibungen der Erfahrung, dass alles eins ist, dass kein Unterschied zwischen sich selbst und der Umgebung mehr besteht, dass man „Gott“ trifft bzw. zu Gott wird und nicht mehr als Individuum existiert packten mich. Das wollte ich auch, ich wusste zwar nicht warum, aber ich begann intensiver danach zu suchen.

Neben weiteren LSD Trips lernte ich in den nächsten Monaten auch meine ersten spirituellen Lehrer über YouTube kennen. Ich begann, wenn auch nur konzeptionell mit meinen Gedanken zu verstehen, was ein Ego wirklich ist und was Erleuchtung ist. Um es kurz zu fassen, Ego ist dein jetziger Sinn von dir selbst, es ist das was sich schlecht fühlt, was dies und das haben will und dies und das nicht will, was Vergangenheit und Zukunft erschafft und was dich von allem anderen trennt. Dein Ego ist die Stimme in deinem Kopf, die dir diese Worte gerade vorliest. Aber viel wichtiger ist, dass das Ego nichts mit der Realität zu tun hat, sondern ein Gedankenkonstrukt ist. Ein krampfhafter Gedanke, der um jeden Preis überleben will und wie Mauern weitere Gedanken um sich herum aufbaut. In der Mitte ist der Gedanke „ich existiere“. Darum kreisen Gedanken, die die Persönlichkeit ausmachen. Zum Beispiel was man mag und was nicht, wie man heißt und wer seine Eltern sind etc. etc. Nach und nach wird so eine Persönlichkeit mit einer konkreten Vorstellung von einer Realität, in der es selbst existiert, erschaffen.

Erleuchtung ist die Befreiung von dem Ego und die Erkenntnis seiner wahren Natur.


Eckhardt Tolle schrieb:

Der Verstand an sich ist nicht gestört. Er ist ein wunderbares Werkzeug. Die Störung beginnt, wenn du dein Selbst in ihm suchst und ihn fälschlicherweise für das hälst, was du bist. Dann wird er zum Ego-Verstand und übernimmt die Macht über dein ganzes Leben.



Eine bessere und weiterführende Erklärung kann man unter anderem auf YouTube bei Adyashanti, Alan Watts, Rupert Spira oder Eckhardt Tolle finden.



Neben dieser gedankenbasierten Grundlage wurde natürlich ab und an weiter getrippt. Von nun an immer alleine, da ich meine Trips ganz der Introspektion widmen wollte. Wenn ich Psychedelika in kurzen Worten beschreiben müsste, dann würden ich sie als ein Verstärker der Wahrnehmung betiteln. Die sensorische Wahrnehmung wird stärker und intensiver. Man kann besser hören, sehen und fühlen. Daneben wird auch die innere Wahrnehmung von Gedanken und Gefühlen verstärkt. Dies erlaubt dem Nutzer die verschiedenen Abwehrmechanismen und Gedankenmuster des Egos zu betrachten und diese nach und nach zu durchbrechen.

Ohne es zu wissen fing ich während den Trips an nach mir selbst zu suchen. Ich betrachtete mit meiner verstärkten Wahrnehmung die verschiedenen Aspekte meiner Existenz. Wenn ich existiere dann muss ich ja auch zu finden sein. Ich suchte in körperlichen Gefühlen, in Gedanken und größtenteils in einem undefinierbaren Mischmasch aus allem was ich während solchen Trips wahrnahm. Wenn ich existiere muss etwas da sein, was immer da ist und es muss greifbar sein, es muss Substanz haben. Allerdings wurde ich nicht fündig. Teilweise hatte ich das Gefühl etwas auf der Spur zu sein, konnte aber nur die Spuren im Sand und nicht die Person finden.

Zu dieser Zeit trippte ich für meine Verhältnisse oft. Ungefähr 2 Mal im Monat und das über ca. 3 Monate. Mir wurde jedoch mit der Zeit bewusst, dass ich nichts aus meinen Trips gewinne und im Endeffekt nur der Realität entfliehe. Daher wurde eine lange Pause eingelegt. Während dieser Zeit schaute ich weiter YouTube Videos von spirituellen Lehrern und fing an regelmäßig zu meditieren. Dies hielt ich etwa 3 Monate am Stück durch verlor dann aber die Motivation.



Die Suche intensiviert sich

Nach etwa einem Jahr Pause fing ich wieder an zu trippen. Allerdings mit einem vernünftigeren Konsummuster (etwa 1x alle 3-6 Monate). Eine entscheidende Neuerung in meinen Trips war zudem, dass ich während der Erfahrung durchgehend geführte Meditationen von spirituellen Lehrern hörte. Diese Kombination aus intensivierter Wahrnehmung und einer Anleitung wie ich mein Wesen zu erkunden hab zeigten eine enorme Wirkung. War ich zuvor noch relativ weit weg von einer Ego- Death Erfahrung schien nun jeder Trip fast genug zu sein. Jeder Trip brachte mich näher an mein ersehntes Ziel. Während dieser Trips hatte ich verschiedene Augenblicke, in denen ich mich zum ersten Mal selbst sah. Ich suchte und suchte und suchte und plötzlich war es als stände ich vor einem Spiegel. Und wen sehe ich im Spiegel? Niemand. Ich existiere nicht. Mir wurde nach und nach klar, dass ich nicht mein Ego bin, sondern das Bewusstsein in welchem das Ego existieren kann.


Rupert Spira schrieb:

Only that which is always with you can be said to be your self and if you look closely and simply at experience, only awareness is always ‘with you’.



Wenn mein Leben ein Film ist, dann bin ich nicht der Hauptprotagonist, sondern die Leinwand. Bewusstsein ist die Leinwand, auf welche die Sinneseindrücke projiziert werden. Das Ego nimmt sich diese Sinneseindrücke und sagt ich bin der Beobachter. Ich sitze hier in deinem Kopf mit ein paar Knöpfen und Hebeln und bewege deinen Körper. Wenn man allerdings seine Gedanken beobachtet fällt einem bereits nach kurzer Zeit auf, dass diese von dem was Ich bin beobachtet werden. Sie können daher kein essenzieller Teil von mir sein. Gedanken kommen und gehen, dennoch hat man nicht das Gefühl ein Teil von sich verschwindet mit jedem verlorenen Gedanken. Dieses Spiel kann man mit jeder Wahrnehmung spielen bis man als Bewusstsein alleine steht.



Eine weitere prägende Erfahrung ereignete sich während eines 150mg LSD Trip. Ich fing plötzlich an darauf zu achten was ich bisher immer ignoriert hatte. Die Stille zwischen den Geräuschen, die Dunkelheit am Rande meines Sichtfeldes, das nichts-fühlende Feld aus dem alle Gefühle aufsteigen. Dabei wurde mir plötzlich diese unendliche Stille bewusst aus dieser alle existenten Eindrücke hervortreten.

Um es im Nachhinein leicher zu erklären: Wenn man einem Glockenschlag zuhört dann entsteht dieser aus einem Feld aus Stille und kehrt langsam auch dort wieder hin zurück. Dieses Experiment kann man mit jedem Sinneseindruck machen bis man ein Gefühl dafür entwickelt, wie klein unserer Wahrnehmungsfeld ist und wie groß die Stille um es herum. Daraufhin war es als wäre ich zu einem Tropfen Wasser in einem unendlichen Meer aus Stille geworden. Zum ersten Mal hatte ich ein Gefühl von Ehrfurcht und ein kleiner Einblick in Unendlichkeit. Diese Erfahrung währte nur für ein paar Sekunden an, hinterließ jedoch eine bleibende Spur in mir.

Fortan wusste ich ungefähr wonach ich suchen musste. Nach dem Peak der Erfahrung konnte ich beobachten wie mein Ego langsam wieder Macht über meine Erfahrung gewann. Wie ich aus Sinneseindrücken und Gedanken meine Identität generiere. Wie ich an Dingen festhalte und mein Wesen scheinbar eine feste Substanz bekommt.

Weitere Erfahrungen von Einheit, Stille, Bewusstsein und einem Beobachterzustand folgten. Mit jedem Mal schien mehr von mir leichter zu verschwinden und umso schöner wurden die Erfahrungen. Dennoch gingen die Erfahrungen, egal wie bedeutsam und schön, nach ein paar Tagen oder Wochen nach dem Trip verloren. Die Erfahrung wurde zu einem Konzept in meinem Kopf und verlor damit ihre Bedeutung. Ich konnte einfach nichts Bleibendes behalten.





Wo bin ich?

Von diesen Erfahrungen gelockt begann eine intensive Phase der Selbstergründung. Ich begann täglich zu meditieren. Diese Angewohnheit blieb mir bis heute, fast 3 Jahre später, erhalten.

Das Trippen wurde erneut sehr wenig. Vielleicht 1-2 Mal pro Jahr. Allerdings erlebte ich während dieser Trips zum ersten Mal einen vollständigen Ego- Death. Ich habe bereits viele Berichte über Ego Death gelesen, allerdings verwechseln viele Menschen ein Gefühl von Stille und Einheit mit einem echten Ego Death.

Während der ersten Stunde eines 100mg LSD Trips passierte es plötzlich und ohne Vorwarnung. Es fühlte sich an als wurde ich von einer warmen, stillen Welle überrollt, die jeden Aspekt meiner Existenz davon wusch. Während eines Ego Death existiert nichts mehr von dir, es existiert keine Wahrnehmung, kein Objekt, es existiert nichts. Dies hielt für kurze Zeit an. Danach war es als sei ich aus einem Schlaf aufgewacht und fragte mich wo ich die letzte Minute war. (Eigentlich war es umgekehrt, ich war für kurze Zeit aufgewacht und war nun wieder in meiner Traumwelt). Kurz danach passierte es erneut für kurze Zeit. Während dieser Zeit hatte ich das erste Mal das Gefühl einer vollständigen Entspannung. Das Ego ist wie ein verkrampfter Muskel in deinem gesamten Wesen. Ein Ego Death passiert, wenn man es schafft vollständig loszulassen und dieser Muskel sich entspannt.

Wenn das Ego loslässt stirbt es tatsächlich. Deswegen hält es um jeden Preis fest. Eine Illusion kann in Anbetracht der Realität nicht überleben. Deswegen kreiert es seine eigenen Realitäten in den Gedanken und verteidigt diese mit verschiedenen Strategien. Hauptsächlich geschieht dies durch Angst und Ablenkung.



Das Ende meiner Suche

Am Ende der Suche muss die Suche selbst gehen. Wer sucht hat noch nicht gefunden. Die Suche selbst impliziert das das was bereits da ist nicht genug ist. Wer aufhört zu suchen und akzeptiert was ist, ist in der Realität angekommen.



Mit Mitte 21 fand ich durch einen erneuten Zufall meinen jetzigen spirituellen Lehrer. Dieser bot in Verbindung mit einer anderen spirituellen Technik Beratungsstunden über Zoom/ Skype an. Dort kann man sich eine Stunde mit ihm Unterhalten und sich Tipps für die weitere Suche geben lassen. Ziemlich früh hatte ich bereits das Gefühl mit Martyn den richtigen Lehrer gefunden zu haben. Er wirkte wie ein Spiegel auf mich durch den ich die verschiedenen Aspekte meines Selbst und meines Egos leicht sehen konnte.

Zwischen unserer zweiten und dritten Sitzung war ich auf Mallorca im Saufurlaub. Demnach hatte ich nicht meditiert und nichts für mein Erwachen getan. Weiterhin hatte ich mein Handy verloren, mit meiner Freundin Schluss gemacht und befand mich in einem mäßigen körperlichen und geistigen Zustand. Zusammenfassend ging ich nicht davon aus irgendwelche Fortschritte gemacht zu haben.

Als ich Martyn im Gespräch von meinen letzten Wochen berichtete, meldete er zurück, dass er das starke Gefühl hat ich sei in Non-Dualität (Nicht Dual – Alles ist eins – Erleuchtung – kein Ego – Ende der Suche). Ich glaubte ihm zuerst nicht, da für mich in den letzten Wochen nichts darauf hingedeutet hatte. Nach einem Frage Antwort spiel wurde mir bewusst, dass es tatsächlich Anzeichen dafür gab. Das Leben schien ungewöhnlich im flow zu sein. Hinzu kamen verschiedene Situationen die ich als unwichtig abgetan hatte. Aber konnte das sein. Konnte die jahrelange suche nach mir selbst zu Ende sein. War mein Ego besiegt. War ich frei?



Am nächsten Morgen erwachte ich mit Tränen in den Augen. Tränen vor Erleichterung, Tränen vor Freude und Dankbarkeit. Es war als hätte ich einen Rucksack mit Steinen abgesetzt, den ich den Großteil meines Lebens mit mir rum trug. Die Welt erschien neu und wunderschön.

Über die nächsten Tage fiel mir auf, dass ein Großteil meiner Angst einfach verschwunden ist. Angst vor der Zukunft, Angst vor Reaktionen von Menschen, Angst vor allem Möglichen schien deutlich reduziert. Weiterhin fühlte ich mich nicht länger als ein jemand der etwas tut, sondern als Bewusstsein, das dem Tun zuschaut. Alles schien spontan zu passieren und ich war der Zuschauer dieser Aktionen. Oder besser gesagt ich war der Behälter, in dem diese Aktionen passieren. Im englischen gibt es für diesen Zustand den Begriff Non-Doership. Dinge passieren spontan und das Ego ergreift im Nachhinein Besitz und sagt ich war das oder sagt Das ist aus dem und dem Grund passiert. Aber alles ist 100% spontan, jeder Moment ist neu, man kann nichts festhalten.

Dennoch ist dieser Zustand nicht Besonders sondern der natürliche Zustand unseres Wesens. Man könnte es auch den natürlichen Zustand nennen, während die Ego-dominierte Existenz ein krankhafter und illusorischer Zustand ist.

Diese Erkenntnis hat sich über die letzten Monate noch vertieft und verschiedene Stufen durchlaufen. Diese würden den Bericht allerdings im Rahmen sprengen und wäre für die meisten Leser nicht mehr relevant. Daher werde ich hier aufhören. Mit diesem Bericht möchte ich zeigen, wohin die Suche nach sich selbst führen kann. Psychedelika sind kein Werkzeug auf der Suche nach sich selbst, sondern viel mehr ein Symptom einer bereits begonnen Suche.


Rupert Spira schrieb:

I am that which knows or is aware of all experience, but I am not myself an experience. I am aware of thoughts but am not myself a thought; I am aware of feelings and sensations but am not myself a feeling or sensation; I am aware of perceptions but am not myself a perception. Whatever the content of experience, I know or am aware of it. Thus, knowing or being aware is the essential element in all knowledge, the common factor in all experience.





Diese Art zu Leben ist meiner Meinung nach der einzige Weg wirkliches und konstantes Glück zu finden. Unser Wesen ist unendlich, es akzeptiert alles da es alles ist. Ich bin nicht mehr im Widerstand mit dem was ist bin und kann die Perfektion in allem sehen. Meine Suche hat geendet. Ich bin glücklich.



Integration

Am Ende des Pfades der Selbsterkenntnis erwartet einen die Erleuchtung, dass man schon hatte was man Jahrelang gesucht hat, dass man endet wo man gestartet ist. Für mich konkret war dies die Erkenntnis, dass kein Konzept, ob man es nun Bewusstsein, Gott, Allah, Singularität oder Unendlichkeit nennt unser Wesen beschreiben kann. Das dies eine Realität ist, die nur gelebt werden kann. Das dieses menschliche Leben gelebt werden muss, um es zu verstehen. Das es darauf ankommt vollkommen menschlich zu sein mit Schwächen und Fehlern mit Höhen und Tiefen und mit Herausforderungen und Problemen.

Dieses Wissen ist nichts Besonderes. Es ist so normal, dass 99% der Menschen es übersehen und vergessen, dass es da ist. Es ist uns so vertraut, da wir nicht eine einzige Millisekunde und keinen Millimeter davon entfernt waren oder sind.




Adyashanti schrieb:

Enlightenment is very ordinary; it is nothing special. Rather than making you more special, it is going to make you less special





Unsere wahre Natur zu kennen ist nur die halbe Wahrheit. Dieses Wissen auch zu Leben und ins hier und jetzt zu bringen ist worauf es wirklich ankommt.

Laut den meisten Traditionen dauert die Integration einer solchen Erfahrung 1 -7 Jahre. Ein langer Zeitraum. Allerdings wurden die meisten von uns auch mehrere Jahrzehnte durch ihr soziales Umfeld, die Kultur und die Gesellschaft konditioniert und geformt. Diese Konditionierung kann nicht vollständig durch ein Erlebnis aufgelöst werden. Dies ist ein Prozess, der über einen längeren Zeitraum geschehen muss. Der Integrationsprozess würde ich als Reinigungsprozess beschreiben, in welchem alles was falsch ist wegfällt.


Adyashanti schrieb:

Enlightenment is a destructive process. It has nothing to do with becoming better or being happier. Enlightenment is the crumbling away of untruth. It’s seeing through the facade of pretence. It’s the complete eradication of everything we imagined to be true.





Das Leben wird durch diese Erkenntnis nicht komplexer und „voller“ sondern deutlich simpler. Alle falschen und unnötigen Dingen in unserer Psyche und Wahrnehmung fallen nach und nach weg. Wenn ich esse dann esse ich, wenn ich etwas sagen will das sage ich etwas und wenn ich traurig bin dann bin ich traurig. Die ganzen verknoteten Gedankengänge und energetischen Blockaden lösen sich auf. Man lebt wieder in den 5 Sinnen, anstatt den ganzen Tag in verdrehten gedanklichen Illusionen zu leben. Zudem wird man authentisch. Mir fällt es mittlerweile ziemlich schwer zu lügen. Die Hunderten kleinen und großen Unwahrheiten oder Notlügen fallen weg. Meist bin ich unbewusst vollkommen ehrlich. Die Reaktionen sind, anders als das Ego denkt, meistens positiv, da eine völlige Ehrlichkeit entwaffnend auf andere Menschen wirkt. Wer sich selbst vollkommen akzeptiert muss sich nicht verstellen oder vorgeben jemand anderes zu sein.

Weiterhin wird man selbstbewusst. Mir war es immer wichtig selbstbewusst rüber zu kommen. Dies hat mal mehr aber wahrscheinlich meistens eher weniger gut geklappt. Seit meinem erwachen ist in mir ebenfalls ein unerschütterliches Selbstbewusstsein erwacht. Kein aufgesetztes gestelltes Selbstvertrauen, sondern ein ruhiges, starkes selbstwissen. Ein Wissen, das ich keine angst haben muss, dass ich nicht zerbrechen kann, das ich weiß das ich existiere. SELBST BEWUSST SEIN – sich selbst bewusst sein – Bewusstsein, dass sich selbst bewusst ist – unsere Natur IST selbstbewusst.

Damit einhergehend entwickelt sich ein unerschütterliches Vertrauen in das Leben. Man versucht nicht mehr das Universum zu seinen Gunsten zu manipulieren, sondern folgt einfach dem Fluss des Lebens.

Gedanken rücken immer weiter in den Hintergrund und werden immer unwichtiger. Ich brauche keine Stimme mehr in meinem Kopf die mir ständig sagt wer ich bin und was die Welt ist. Man erkennt nach und nach wie wenig der Verstand eigentlich von der Realität weiß. Der Verstand kann mir in 10000 Worten erklären was eine Orange ist, dennoch weiß ich es erst wirklich, wenn ich in Eine reinbeiße. Und wenn die Realität nicht nur in der Gedankenwelt stattfindet fällt der Fokus der Wahrnehmung auf ganz natürliche Weise auf die Schönheit in dieser Welt. Damit verbunden kommt häufig eine tiefe Dankbarkeit am Leben zu sein auf.

Dem allem zugrunde liegt ein tiefes Gefühl des Friedens und der Freude welches jede Erfahrung untermalt. Eine neu erwachte Kreativität, Humor, Spontanität, Mitgefühl und Leidenschaft sind Ausdruck dieser Lebensfreude.



Danke