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Titel:Mein Leben als Zombie
Droge:Johanniskraut
Autor:zarteElfe
Datum:27.05.2007 11:18
Nützlichkeit:3,19 von 10 möglichen   (26 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Vorab: Leider ist es nicht möglich "Antidepressiva" anzuklicken. Weil manche Leute gegen Depressionen Benzos als Antidepressiva verschrieben bekamen, schien mir diese Wahl noch am zutreffendsten. Die Rede ist allerdings von Amineurin!!



Edit: Es ist nicht möglich zwei Langzeitberichte über ein und die selbe Substanz zu schreiben. Deshalb wählte ich Johanniskraut, was totaler Unsinn ist. Ich hoffe, die Zuständigen korrigieren es :)







Mein Leben als Zombie

Amineurin, das fatale Antidepressivum





Zum ersten Mal gelangte die Substanz Amitriptylin von der Hand meines Vaters in meinen Körper. Ich hatte ihn um ein Kopfschmerzmittel gebeten, doch durch ein Versehen gab der Papa mir ein Antidepressivum. Als erstes bemerkte ich, daß die Schmerzen um keinen Deut gelindert wurden. Dann fiel mir eine tief greifende Müdigkeit auf. Recht bald danach schlief ich mit einem mal ein. Der Schlaf war traumlos und fühlte sich so an, als wäre ich narkotisiert worden. Derart künstlich und plötzlich einsetzend empfand ich das. Einige Stunden später erwachte ich kein bißchen munterer. Ein nagender Hunge bohrte in meinem Magen. Außerdem konnte ich kaum mehr schlucken, denn die Kehle schien völlig ausgetrocknet zu sein. Nach ein paar Gläsern Wasser inspizierte ich den Kühlschrank und den Vorratsschrank. Süße Lebensmittel aß ich eher selten, doch an jenem Tag bekam ich entsetzlich großen Heißhunger darauf. Kurz entschlossen lief ich in den nahe gelegenen Supermarkt. Eine Packung Schokoladenkekse begleitete mich wieder nachhause. Binnen einer Viertelstunde verschlang ich alles. Ich nahm mir nicht einmal die Zeit, um gründlich zu kauen. Der Zucker in den Süßigkeiten bewirkte eine intensives Glücksgefühl. Trotz meiner sehr zufriedenen Stimmung wich die Schläfrigkeit nicht von mir. Der Kick blieb deshalb auf einer dumpfen, trägen Ebene. Noch nie zuvor reagierte mein Körper auf diese Weise darauf. Die Tablettenwirkung war mit XTC vergleichbar, mit dem Unterschied, daß statt den wachmachenden, hungerhemmenden Komponenten die Pillen stark einschläfernd und appetitfördernd waren. Als redselig konnte man mich auch nicht bezeichnen. Auch das war anders als bei MDMA. Trotzdem fühlte ich mich sofort an diese Wachpillen erinnert. Mein Leben ähnelte dem eines Zombies. Es bestand nur aus Schlafen und Essen. Kein Wunder, daß ich in dieser Zeit binnen weniger Monate über zehn Kilogramm zunahm. Ich ging zum Neurologen, schilderte ihm meine Angstzustände und Schlaflosigkeit. Dann erwähnte ich die Nebenwirkungen der Antidepressiva. Trotzdem verschrieb er mir sofort genau die gleichen Tabletten, wie sie mein Vater nahm. Erstaunt und verärgert über so wenig Hilfe verließ ich die Arztpraxis. Nach einiger Zeit suchte ich dennoch diesen Doktor wieder ab. Ich machte auf die Gewichtszunahme aufmerksam und wies auf meine mangelnde Lebensqualität hin. Meine Tage bestanden auch nach einem halben Jahr aus den absoluten Grundbedürfnissen wie Schlaf und Nahrungsaufnahme. Als Antwort darauf verschrieb er mir eine Großpackung Amitriptylin und meinte, daß die unerwünschten Begleiterscheinungen der Therapie irgendwann verschwunden sein werden. Darauf wollte ich nicht warten. In einem lichten Moment warf ich alles in den Sondermüll und begann eine Nahrungsumstellung, bestehend aus viel Obst, Gemüse und Sushis. Nach ungefähr einem halben Jahr besaß ich wieder mein Ausgangskörpergewicht und habe seitdem diese Tabletten nie wieder angerührt. Einen Nutzen hatte diese Therapie nicht. Meine multiplen Ängste bestanden nach wie vor und mein Schlaf war aus diesem Grunde ebenfalls noch so schlecht wie vor der Behandlung. Aus diesem Grunde rate ich eindringlich von dieser Art "Therapie" ab. Höchstens für völlig abgemagerte Menschen, die schnell einige Kilo Gewicht zulegen möchten, halte ich sie für bedingt geeignet.

Der vorige Satz beinhaltete natürlich lediglich Ironie, denn diese schlechten Medikamente taugen nicht zu mehr, als sich darüber lustig zu machen.