Langzeit-Berichte lesen

Übersicht:

Titel:Vier Jahre fast ohne Pause auf Tramal
Droge:Tramadol
Autor:trojanerin74
Datum:03.09.2009 11:37
Nützlichkeit:8,46 von 10 möglichen   (72 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Hallo zusammen,





Nachdem ich gestern einen Tripbericht zum Thema Tramal gelesen habe möchte ich heute einen Langzeitbericht verfassen.

Auch wenn viele, unter anderem auch Ärzte, der Meinung sind Tramal mache nicht abhängig, möchte ich meine

Erfahrungen mit anderen teilen.





Wie es anfing:



Ich arbeite in der mobilen Altenpflege und fahre von Haus zu Haus um Patienten die Möglichkeit zu geben Ihren letzten Lebens-

abschnitt zu Hause zu verbringen und nicht ins Altersheim zu müssen. Ich habe meinen Beruf immer geliebt und gerne gemacht.

Mit Drogen hatte ich absolut gar keine Erfahrung, nur eben das was man so aufschnappt. Selbst hatte ich nie etwas konsumiert.



Eines Tages hatte ich starke Kopfschmerzen und konnte mich kaum auf die Arbeit konzentrieren. Ich versuchte es mit Aspirin, keine

Besserung. Nachdem ich mich einige Std gequält hatte gab mir meine Chefin zwei Tbl Tramal. Ich wusste das es sich um ein Opiat handelt

aber in dem Moment war mir alles recht. Ich warf die Dinger also ein und nach einer einer halben Std waren nicht nur meine Kopf-

schmerzen verschwunden....ich fühlte mich einfach super. Das ganze Körpergefühl veränderte sich, ich fühlte mich leicht und glücklich.

Jeder der schonmal Tramal genommen hat weis wovon ich spreche. Die Sache war dann für mich erledigt, meine Kopfschmerzen weg....

thema erledigt.



Die nächsten Wochen dachte ich nicht mehr daran...bis die nächsten Kopfschmerzen kamen. Sofort dachte ich an Tramal, hatten die nicht

letztes Mal so toll geholfen? Gedacht, getan. Gleiche Wirkung. An diesem Tag hatte ich Abenddienst, den machte ich total ungern. Man

wusste nie wie lang er ging. Heute war das etwas anderes. Das arbeiten machte einfach noch mehr Spaß als sonst und die Zeit verflog nur

so. Ab diesem Zeitpunkt griff ich öfters mal zum Tramal, schon bei den ersten Anzeichen von Kopfschmerzen. Bald danach nahm ich

welche wenn ich einen langen Dienst vor mir hatte. Das ging mehrere Wochen so, schon bald war ich täglich drauf. Zu diesem Zeitpunkt mit

*nur* 150 mg täglich.



Schon bald war die Packung in der Arbeit leer. (Eine Angehörige hatte diese abgegeben weil Sie nicht mehr benötigt wurde) Nun hatte ich

ein echtes Problem. Ich hatte mich schon sehr an dieses easy going Gefühl gewöhnt. Zufälligerweise hatte ich an diesem Tag Dienst bei

einer ganz lieben Patientin zu der ich ein sehr persönliches Verhältniss hatte. Sie sprach mich auf meine schlechte Laune an und ich redete

mich mit starken Kopfschmerzen raus. Sie ging zu Ihrer Hausapo und gab mir ne N3 Packung Tramadol 200 mg. Sie würde diese nicht mehr

benötigen und wollte Sie schon wegwerfen. Dummerweise griff ich zu und überschritt damit eine gewaltige Grenze. Ab diesem Zeitpunkt hätte

ich schon fristlos gekündigt werden können. Mir war das in diesem Moment egal.



So ging das einige Wochen. Meine Pat. wurde quasi zu meinem Dealer. Sie war der Meinung mir was gutes zu tun mit diesen Schmerztabletten.

Sie selbst hatte Krebs und bekam schon lange Morphium. Das Tramal ließ Sie sich weiterhin verschreiben und steckte mir immer wieder

etwas zu. Ich war also versorgt. Wenn ich mal blöderweise nichts mehr hatte bekam ich sofort heftigen Entzug und mir war klar das ich schon

körperlich abhängig war. Inzwischen nahm ich ca 300-400 mg täglich. Ich ging sogar an manchen Tagen soweit mit Kollegen die Schicht zu

tauschen, damit ich zu dieser Pat konnte. (Mittlerweile kümmerte ich mich auch privat um Sie).



2006 beschloss ich das es so nicht weitergehn konnte. Den richtigen *Kick* bekam ich schon lange nicht mehr, ich nahm das Tramal um überhaupt

fähig zu sein zu arbeiten. Also setzte ich komplett ab in meinem Urlaub. Ich kann mich nicht mehr wirklich dran erinnern, drei Tage später wachte

ich im KH auf, intensiv. Die Ärzte sagten mir ich hätte einen Schlaganfall gehabt...mit 32!!! Mir war klar das es irgendwas mit dem Absetzen zu tun

haben würde aber ich war zu feige um von meinem Konsum zu erzählen. Also wurde ich auf Schlaganfall behandelt. Ich weis bis heute nicht ob es ein

"normaler" Schlaganfall war oder durch das Absetzen verursacht wurde. Jedenfalls war meine linke Seite komplett gelähmt. Da ich drei Tage im Koma

gelegen hatte waren die Entzugserscheinungen nicht allzu schlimm. Ich kam dann in Reha. Dort kam ich natürlich auch nicht an Tramal ran.



Es begannen wundervolle Wochen. Ich war Clean. Mir ging es von Tag zu Tag besser. Die Lähmungen gingen zurück. Ich war wieder rundum glücklich

und zufrieden ohne Tramal. Acht Wochen verbrachte ich dort und mit viel Arbeit konnte ich mich wieder komplett bewegen. Arbeitsfähig war

ich jedoch erst Monate später wieder. Die Gedanken an Tramal waren komplett weg, mir ging es einfach nur gut.



Ein halbes Jahr später ein neues Unglück, Bandscheibenvorfall. Dieser war so schwer das er auch gleich operiert wurde. Selbst nach der op waren die

Schmerzen wirklich heftig. Der Arzt verschrieb mir Tramal. Natürlich sagte ich Ihm nichts von meinem ehemaligen Problemen damit. Wie geil war das

denn....Tramal auf Rezept. Ich "durfte" ganz offiziell. Wieder fing alles von vorne an, die Bedenken waren schnell vergessen. Auch war meine Toleranz

inzwischen wieder komplett weg. Schnell war ich noch übler drauf wie Monate zuvor. Immer mit den Gedanken im Kopf ich darf ja, bin ja auch Schmerz-

patient. Man glaubt gar nicht wie sehr man sich selbst belügen kann. Schnell ließ ich mir das Tramal vom HA und vom Schmerzthera verschreiben.

Wieder vergingen einigige Monate, nun war ich bereits bei 800 mg täglich.



Manchmal kam es vor das ich trotz guter Versorgung nichts mehr im Haus hatte. Kein Problem, besorgte ich mir eben etwas vom Notarzt. Es war soooo

leicht ran zu kommen. Irgendwann bemerkte mein HA das ich zuviel nahm und setzte von heute auf morgen ab. Zum Glück hatte ich noch meinen Schmerz-

thera. Trotzdem war es immer schwerer für mich ranzukommen. Also entschloss ich mich wieder nen Entzug zu starten. Diesmal wollte ich nicht so Risikoreich

vorgehen und reduzierte langsam. Das ging auch super...bis ca 200 mg, dann "gönnte" ich mir nen Tag mit 1000 mg als Belohnung...weil ich ja sooooooooooo

toll abdosiert hatte. Ich weis nicht wie lange das so weiterging. Bestimmt 20 mal habe ich versucht aufzuhören, jedesmal wurde der Entzug schlimmer und ich

gab immer schneller wieder auf.



Bis vor ein paar Wochen. Da machte es aufeinmal ohne Grund "Klick". Es gab keinen Anlass dafür, ich hatte genug zuhause. Ich fing wieder an zu reduzieren.

Erst ziemlich schnell......ab 500 mg dann sehr langsam. In der Woche 50 mg weniger. Als ich dann bei 300 mg war wollte ich nur noch das es endlich vorbei ist

und setzte komplett ab. Das war vor 5 Tagen. Ich hatte Entzugserscheinungen, klar. Aber Sie waren laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaange nicht so schlimm wie schon

erlebt. Ich hatte so eine Panik und wartete jede min darauf das es gleich richtig los geht. Ich schwitzte wie verrückt, mir war dauerschlecht, Schüttelfrost und restless legs. Im Chat gab mir jemanden den Tip das ich das daheim vorhandene Tilidin dazu benützen könnte den Entzug leichter durchzuhalten. Allerdings hatte ich große Sorge das ich dann in der Tilidin Sucht hänge. Darum nahm ich wirklich nur 20 tr wenn es gar nicht mehr ging. Es half super. Inzwischen nehme ich das Tili nur noch morgens, 20 tr. Ich dachte zu keiner Zeit daran mir Tramal zu nehmen, obwohl ich noch genügend hier hätte. Heute morgen habe ich "vergessen" das Tili zu nehmen....mir geht es trotzdem super. Mir ist klar das es immernoch kommen kann, trotzdem bin ich mir sicher es durchziehn zu können.



Ich glaub es ist eben das erste Mal das ich wirklich aufhören will. Heute ist der erste Tag an dem ich keine Entzugserscheinungen habe, gar keine. Ich hätte es nieeeee für möglich gehalten, aber es geht mir tatsächlich einfach nur supergut. Ich hatte so eine Panik davor wie ich mich fühlen würde ohne Tramal....wenn ich doch schon mit nicht Glücklich war....Ich fühle mich wie damals in der Reha, einfach nur super. Es mag sich jetzt vielleicht albern anhören...aber ohne den Chat

hier hätte ich es vielleicht nicht geschafft. DANKE!



Mir ist völlig klar das ich mit meinem Bericht niemanden davon abhalten kann Tramal zu konsumieren. MICH hätte auch nichts davon abhalten können, kein noch

so gut gemeinter Bericht oder Ratschlag. Was ich damit sagen wollte ist folgendes: JEDER kann es schaffen von dem Zeug loszukommen...auch wenn man es selbst

kaum für möglich hält. In den letzten Jahren habe ich ständig so vor mich hin gekränkelt....Tramal hat mit Sicherheit eine große Rolle dabei gespielt. Ich will auch

nicht behaupten das ich es nie wieder konsumieren werden denn das wäre gelogen. Ich weis es nicht. Jetzt im moment erscheint es mir unmöglich....



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Eure Troja