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Titel:Langzeiterfahrungsbericht mit Subutex Teil 2
Droge:Opium
Autor:punkrocker
Datum:13.09.2009 13:46
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Bericht::

Langzeiterfahrungsbericht mit Subutex sowie buntes Allerlei aus der Welt der Drogen und Psychopharmaka Teil 2



Ich kaufe mir immer psychiatrische Lehrbücher und suche mir die interessantesten Medikamente aus, dann frage ich meinen Arzt einfach ganz lieb, ob ich das haben kann, ich habe zurzeit einen wirklich coolen Suchtarzt. Neulich wollte ich das Antidepressivum Elontril, was als Zyban vielleicht manche schon kennen. Der Witz ist, als Raucherentwöhnungsmittel Zyban muss man es selbst bezahlen, während derselbe Wirkstoff mit einer besseren Tablettenverarbeitung (das nennt man Galenik, eine Wissenschaft für sich) und mit derselben Dosierung als Elontril von der Krankenkasse bezahlt wird.

Das schöne ist, dass in Elontril ein Amphetamin enthalten ist, nämlich Bupropion, früher wurde der Stoff Amphebutamon genannt, da hat man es noch am Namen erkennen können, dass es ein Amphetamin ist, aber so einfach lasse ich mich von den Behörden nicht hereinlegen.



Ich habe Elontril aber wieder abgesetzt, weil es schlimm war für meinen Magen, trotz dessen, dass ich seit einigen Jahren auch ein Mittel gegen überschüssige Magensäure nehme, früher Omep, jetzt Pariet (ich lasse mir immer das beste verschreiben, Pariettabletten geben den Wirkstoff ph-abhängig ab, das heißt, wenn viel Säure im Magen ist, wird viel Wirkstoff abgegeben, wenn wenig da ist, wenig. So wird die Leber nicht unnötig belastet, wie das bei Omep der Fall ist. Ich habe eine chronische Gastritis und brauche diese guten Magenmittel wirklich, die nennen sich Protonenpumpenhemmer und wirken nicht auf die Psyche.



An Neuroleptika (=Antipsychotika) habe ich noch viel mehr genommen als an Antidepressiva, aber das meiste hat mir nicht geholfen. Ich fasse nur kurz zusammen, welche Antipsychotika ich über die Jahre ausprobiert habe, dabei nenne ich jetzt nur die Medikamentennamen, nicht die Wirkstoffnamen, außer, ich habe es als Generikum erhalten: Solian, Benperidol, Truxal, Leponex, Fluanxol, Dapotum, Imap, Haldol, Neurocil, Melperon, Zyprexa, Dipiperon, Dominal, Seroquel, Risperdal, Dogmatil, Nipolept. Wenn Ihr mal in die Situation kommt, wo Euch nichts anderes übrig bleibt, als ein Antipsychotikum zu nehmen, verlangt vom Psychiater „Shared decision making“, das heißt, Ihr dürft mitreden, was Ihr bekommt, Lasst Euch ein hochmodernes Antipsychotikum geben, das meiste, was ich hier aufgezählt habe, ist entweder gar nicht potent genug, um eine Psychose zu behandeln, oder alter Scheißdreck, der verboten gehört, weil er parkinsonähnliche Bewegungsstörungen bei bis zu 70% aller damit Behandelten macht. Gut sind: Seroquel (macht aber sehr müde), Leponex (macht auch müde und kann zu Fressattacken führen), Solian (mag ich, weil ich davon gar nichts spüre, außer, dass ich seit etwa einem Jahr leichte Bewegungsstörungen habe, gewöhnlich nimmt man aber auch kein Antipsychotikum 9 Jahre täglich!).



Sehr gut an Antipsychotika sind die ganz neuen Zeldox, Abilify (hat meine Ex-Freundin sehr gute Erfahrungen damit gemacht), sowie Invega, und mit Einschränkungen Serdolect (Mittel der zweiten Wahl). Mit dem ganz neuen Zomaril (Iloperidon) sowie dem noch nicht als Medikament erhältlichen Asenapin geht die Reihe der zweiten Generation der Antipsychotika (Atypika) langsam zuende, wobei schon diese sehr gut helfen und meist auch sehr verträglich sind. Besonders auch bei verschiedenen affektiven Erkrankungen, wie der reinen Manie, der manischen Depression, der psychotischen Depression sowie der atypischen Depression haben sich die in diesem Abschnitt genannten Antipsychotika gut bewährt, sodass es als obsolet bezeichnet werden darf, wenn heute noch ein neuerkrankter erstmals in die Psychiatrie Eingewiesener mit einem „Einlieferungsdämpfer“ wie 30 mg Haldol oder 30 mg Dapotum behandelt wird, selbst wenn das Erscheinungsbild eindeutig psychotisch ist, der Patient jede Zusammenarbeit verweigert (mithin von Polizei oder Rettungswagen eingeliefert wurde), steht immer noch mit Risperdal Consta das erste Depot-Atypikum zur Hand, sodass moderne chemische Zwangsjacken wie Haldol, Dapotum Glianimon (=Benperidol) etc. unterlassen werden sollten.



Hier noch mal ein „Notfallkoffer“, falls Ihr auf Drogen durchdreht und von den Männchen in Grün oder den Herren mit den weißen Klamotten in die Psychiatrie gebracht werdet: Bewahrt Ruhe, wenn Ihr kooperiert, dürfen die Euch gar nicht in die Geschlossene sperren. Zeigt Bereitschaft, zu reden, ruhig und sachlich zu reden, sagt das: ruhig und sachlich. Dann, Verhalten: Psychiater verstehen folgende Verhaltensweisen als äußerst aggressiv und als „Ruhe vor der Explosion“: Herumlaufen, hektisches Gestikulieren, Stieren und die Anwesenden Anstarren. Das solltet Ihr auf jeden Fall alles lassen! Wenn Sie dich / Euch lange warten lassen, cool bleiben, das ist Taktik, damit wollen sie überprüfen, wie hoch deine Toleranzschwelle noch ist. Toleranzschelle ist der Punkt, an dem du total ausflippst, alles kurz und klein schlagen willst.



Tabak rauchen zur Entspannung darfst du, aber dein Feuerzeug wird dir eventuell weggenommen, sie dürfen es aber nicht behalten, gerade wenn du teure Wertgegenstände hast, die man aber missbrauchen kann in dieser Situation, wie ein nobles Feuerzeug, ein Jagdmesser etc.: Spätestens bei der Entlassung müssen sie es dir wiedergeben.



Du hast das recht mit deinem Handy zu telefonieren sowie SMS zu senden, soweit ich weiß.



Lass dir etwas zu trinken geben, bitte ruhig darum, mach auf Kumpeltyp. Natürlich nichts alkoholisches! Sie werden dir da keine Drogen reinschmeißen, damit machen die sich strafbar, das wagen die nicht.



Wenn es dann zum Gespräch kommt, trumpfst du mit „Shared decision making“ auf. Lern diese Wortformel notfalls auswendig. Wenn du englisch sprichst, wirkt das gebildet. Das erweckt Respekt in dem Psychiater. Sag ihm ehrlich, was du von Psychopharmaka denkst, aber vermeide Beleidigungen, Psychiater sind auch nur Menschen.



Und denk dran, auch wenn du dich abgeschossen bis zu Theta Proxima fühlst durch eventuell vor der Einweisung genommene Drogen; bewahr Ruhe! Du musst strategisch vorgehen. Die versuchen dich mit ziemlich leicht durchschaubaren Tricks zum Dableiben zu überreden, aber du solltest dir mal wirklich überlegen, ob das eine Option ist. Wenn du freiwillig bleibst, kommst du auf jeden Fall auf eine offene Station. Das bedeutet: Tagsüber Kommen und Gehen wie du willst, nur zu den Mahlzeiten und festen Terminen wie Visite da sein. Weißt Du, keiner zwingt dich, Neuroleptika oder überhaupt Medikamente auf der Psychiatrie zu nehmen, ich habe dort viele gekannt, die waren einfach da und haben keine Medikamente gebraucht.



Wenn du aber Angst hast, dann sag das. Und wenn du in dem hinterletzten Scheißladen von der Polizei oder den Sanitätern abgeladen wurdest, sag, du möchtest schon psychiatrische Hilfe, aber die Umgebung hier würde dich so fertig machen. Glaubst du, der entsprechende Psychiater weiß nicht, ob er in einem gut geführten Krankenhaus arbeitet oder in einer Scheißklitsche? Dann bittest du ganz freundlich, ob man dich auf eine andere Station verlegen könnte oder gar in ein anderes, möglichst nahes Krankenhaus. Wenn du zum Beispiel in Hamburg wohnst, ist die Entscheidung einfach: Wenn du gute Gespräche und leckeres Essen willst, geh in die Polyklinik vom UKE. Wenn du mal ein paar Wochen Urlaub vom lästigen Selbst nehmen willst, sprich: abfüllen bis der Arzt geht, dann such das AKO auf. AKO ist ein riesiger Psychokomplex, unüberschaubar wie Kafkas Schloss, das UKE ist dörflich-drollig, liegt aber mitten in der Hamburger City.



Nun, da das hier ja eine Seite für Drogenbenutzer und nicht für sadistische Ärzte ist, wisst Ihr jetzt wenigstens, was das für Präparate sind, die man in der Psychiatrie gibt und nach welchen Ihr verlangen solltet und auch dürft, und nach welchen auf keinen Fall. Übrigens: Ein Recht auf Benzos habt Ihr leider nicht, dass Ihr neben Psychopharmaka auch Benzos und Opiate bekommt, müsst Ihr Euch leider noch hart erkämpfen.



Es gibt auch nette Ärzte. Es gab einen Arzt, der hat mir den Appetitzügler Reductil verschrieben. Damit habe ich toll abgenommen, damals habe ich daran geglaubt, dass ich über 20 kg abgenommen habe, nur komisch, im Fernsehen reden sie über mich, in der U-Bahn reden sie über mich, ich kaufe mir Bücher, in denen geheime Botschaften für mich stehen...



Erst nach einem dreiviertel Jahr auf Reductil habe ich meinen besten Freund, einen Diplomchemiker, gebeten, mir aus dem Internet die Strukturformel des Wirkstoffes von Reductil auszudrucken. Ich kann rudimentär Strukturformeln lesen, da ich Chemie-LK hatte und aus einigen Büchern wie PIHKAL und TIHKAL sowie „Psychedelische Chemie“ die Struktureigenschaften von Amphetaminen und Tryptaminen kenne. Und Sibutramin, der Wirkstoff von Reductil, war ein Amphetamin. Ich hätte nicht übel Lust gehabt, die Werbefuzzis von BASF, denn dieser Chemie-Riese steckt hinter Reductil und der Schleichwerbung, die in vielen Laienmedizinbüchern dafür gemacht wurde, zu prügeln und zu prügeln und zu prügeln. Denn ich sah, allein mit meiner Laienbildung, dass Sibutramin das typische Amphetamingrundgerüst hat, das Phenylpropylamingerüst, an dem im Falle von Sibutramin noch ein paar veränderte Seitenketten hingen.



In den Laienbüchern war nämlich immer zu lesen, dass Sibutramin als Antidepressivum entwickelt wurde, es in der Dosierung von Reductil aber nicht zu einer Stimmungsaufhellung kommt. Im Beipackzettel wurde gewarnt, man dürfe Reductil nicht zusammen mit Lithium und anderen Psychopharmaka nehmen, ABER: selbst meine damalige Psychiaterin, die sich nicht so wie ich von Pharmawerbung beeindrucken lässt, hat nicht an der Summenformel gemerkt, dass es sich um ein Amphetamin handelt, und sie hat mir Reductil sogar ein paar Mal verschrieben, weil sie das eigentlich ganz gut fand, dass ich wieder munter und unternehmungslustig wurde... das Problem ist auch ein Stück weit, dass im Beipackzettel von Reductil sogar davor gewarnt wird, es zusammen mit Nasentropfen zu nehmen, das wirkt übervorsichtig und man glaubt den Warnungen nicht mehr.



Völlig unverantwortlich ist dagegen von den Herstellern von Reductil, zu schreiben, dass das Medikament bis zu einem dreiviertel Jahr genommen werden darf. Da es ein Amphetamin ist, genauso wie die klassischen Appetitzügler Marke „Ponderax“, „Fugoa N“ und „Antidiapositum X-112“, dürfte es nur maximal 2-3 Wochen genommen werden. Das ist dann die klassische „Schlankheitskur“, die klassisch mit dem Jojo-Effekt wieder aufgehoben wird und auch klassisch wieder beim Ausgangsgewicht endet.



In Italien gab es schon zwei Todesfälle nur aufgrund von Reductil-Einnahme.



In manchen Ländern der EU ruht die Zulassung wegen Vorfällen wie denen in Italien, wir Deutschen spielen momentan noch Versuchskaninchen.



Bei mir wurde sehr wahrscheinlich aus einer akuten Psychose wegen Reductil eine chronische Schizophrenie. Ich hasse Reductil. Ich habe keine Probleme mit Amphetaminen, wenn sie ein paar Wochen, oder einmal in der Woche oder in einem derartigen Konsumrhythmus genommen werden... aber fast ein ganzes Jahr täglich eine amphetaminhaltige Kapsel zu schlucken, wie es der Hersteller von Reductil rät, das ist verantwortungslos!



Übrigens: Die Päpste der Psychiatrie, Benkert und Hippius, raten mit einem roten CAVE! davon ab, Reductil an psychisch Kranke zu verschreiben, wenngleich sie zumindest in der aktuellen Ausgabe ihrer „Psychiatrischen Pharmakotherapie“ gar nicht zimperlich mit den Amphetaminen umgehen, zum Beispiel den Trend befürworten, das gute alte D.L.-Amphetamin wieder vermehrt gegen ADHS einzusetzen, Modafinil bei Schichtarbeitern anzuwenden oder gar aus der Forschung berichten, das gerade geprüft wird, ob Modafinil die kognitiven Defizite bei Schizophrenie verbessern könnte.



...Und abgenommen habe ich damals höchstens 6 Kilogramm, die ich nach Beendigung dieser „Therapie“ schnell wieder zunahm.



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So, nach dieser Einleitung, die einfach sein musste, um zu zeigen, wie viel ich ausprobiert habe, wie viele Hundert Ärzte ich im Krankenhaus, als niedergelassene Praxisärzte und Notärzte bei mir zu Hause durchgehen mussten, bis ich darauf kam, dass es wirklich den Beruf Suchtarzt gibt, dass das die nettesten und verständnisvollsten Ärzte überhaupt sind, und vor allem die, die die hilfreichsten Medikamente verschreiben, nun können wir zu meiner Substitution mit Subutex kommen, denn...



3. Ich hatte im Jahr 2003 einige schwere Schmerzkrankheiten, die aber nicht lebensbedrohlich waren, trotzdem erhielt ich nach zwei schrecklichen Nächten, in denen ich vor Schmerzen kaum schlafen konnte, das Opioid Tramadolor (Wirkstoff: Tramadol, ist ja nicht unbekannt auf dieser Seite). Ich bekam großzügig von meinem Hausarzt immer zwei Röhrchen mit jeweils 25 Brausetabletten zu 50 mg Tramadol, ja Hexal gibt sich noch Mühe, seine Suchtstoffe kreativ galenisch zu gestalten.



Ich nannte das meine „Opiumbrause“ und zusammen mit Novalgin (Novaminsulfon oder Metamizol) waren meine Schmerzen auszuhalten, wenn ich alle 4 Stunden 1-2 Brausetabletten Tramadol auflöste und trank, sowie gekreuzt damit ebenfalls alle vier Stunden 2 Tabletten Novalgin zu 500 mg Metamizol nahm.



Ich hatte insgesamt 10 Intercostalneuralgien und vier Neuralgien im Nacken bis Ende 2004 und lief mir auf den Wegen zu den Arztpraxen die Füße wund. Irgendwann ließ ich es mal röntgen und es stellte sich heraus, dass ich eine Wirbelsäulenkrümmung habe, eine Scoliose, - das im Zusammenhang mit Übergewicht, mangelnder Bewegung und falscher Körperhaltung hatte die Schmerzen ausgelöst.



Ich bekam tolle Sprüche von meinen „Freunden“ zu hören, einer meinte, das käme vom Rücken und ich müsste nur etwas Sport machen, dann geht das weg, beim Bund hätten seine Kameraden das auch immer gehabt und denen hätte er das auch immer gesagt. Seit diesem frechen Spruch nannten ein wirklicher Freund und ich diesen Typ „Krankenschwester Frank“, er glaubte im ernst, er wäre beim Bund so etwas wie ein Arzt gewesen, dabei habe zum Beispiel ich tausendmal mehr Ahnung von Medizin als Krankenschwester Frank, Ärzte sind wir trotzdem beide nicht, und ich weiß das auch.



Einen noch besseren Spruch bekam ich von einer befreundeten Physiotherapeutin zu hören, die meinte, eine Wirbelsäulenkrümmung hätte jeder Mensch und Neuralgien diagnostizieren Ärzte immer, wenn sie nicht wissen, was es ist. Hat diese dumme Gans ihre Ausbildung beim Lotto gewonnen?

In 2005 war ich opiatabhängig, denn ich nahm zunehmend Tramadol und auch Codein, das ich schon lange bevor ich überhaupt Drogen genommen hatte, also vor 1997, manchmal bei einer schweren Erkältung vom Hausarzt bekommen hatte.



Anfang 2006 zog ich von zuhause aus, ich war da, wie gesagt, über zehn Milligramm Lorazepam und über 300 mg Codein am Tag gewöhnt. Das ging so bis Herbst 2006, dann fing ich aufgrund der beschissenen Umstände in der WG, in der ich damals wohnte (betreutes Wohnen), zu trinken an. Schnell war ich auf 2 Liter Wein am Tag, dann auf sechs Liter Wein. Im selben Haus lag so praktisch ein Supermarkt, und Plus ist sich wirklich nicht zu schade, billigen Tafelwein zu verkaufen, der weniger kostet als Brot, aber so schmeckt der dann auch.



Dass ich mich inzwischen etwa dreimal am Tag über die Kloschüssel hing, schien mich nicht zu stören, dass die Medikamente da kaum noch wirken konnten, war eher ein Glück, hätte alles gewirkt, was ich so an Tabletten nahm, wäre ich vielleicht nicht mehr am Leben, da ja 6 Liter Wein solche Sachen wie Tavor, Codein und Tramadol wirklich unberechenbar machen.



Meine Betreuerin drängte auf einen Entzug, als die Hauswirtschafterin der WG mich eines Tages auf die zahlreichen leeren Weinflaschen ansprach und ich unter Tränen zugab, zu trinken.



Zunächst ging ich in ambulanten Entzug im UKE (Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf), als die dortigen Doktoren mich wieder so klar bekommen hatten, dass ich in einen stationären Entzug konnte, hellte sich meine Stimmung sogar merklich auf, denn der Alkohol machte mich schwer depressiv und ich weinte und brüllte ständig.



Die zehn Tage Entzug waren wirklich schön. Ja. Schön. Ich behielt wieder essen bei mir, mir schmeckte wieder das Essen. Abgenommen habe ich trotz des Alkohols nicht, vermutlich hat mein Körper auf „Notfall“ umgeschaltet und das Fett nicht herausgegeben, da er sich auf noch größere Katastrophen eingestellt hat. Ich bekam gleich am ersten Tag im Entzug 0,4 mg Subutex (Wirkstoff: Buprenorphin), es wird als Sublingualtablette gegeben.



Der Wein wurde ersetzt, indem man mir Tag für Tag ausschleichend am ersten Tag noch 4 x 2,5 mg Tavor gab, dann jeden Tag 1-2 mg weniger, bis ich bei vier Milligramm war und es weiter nicht schaffte.



Eigentlich sollte das Subutex nach drei Tagen abgesetzt werden, doch davor hatte ich große Angst. Darum zog ich die Oberärztin, Kathrin, dort duzte jeder jeden, beiseite, und meinte, ob ich nicht „das Subutex drin behalten könnte, bis ich mein Leben wieder nüchtern in den Griff bekomme“. Wenn es nach mir geht, wird das am St. Nimmerleinstag geschehen, denn ich bin der Meinung, Opiate und Opioide sind gute Heilmittel gegen Psychose und Schizophrenie, und helfen gegen allerlei Unlustigkeitszustände wie Angst, Frust, Kummer und Ärger.



Subutex macht mir mein Leben überhaupt erst lebenswert. Liberale Drogenforscher behaupten, Opiatabhängige hätten niemals gelernt, ihre Glückshormone auf natürliche Weise zur Ausschüttung zu bringen. Tägliche Freuden wie Schlafen, Essen, Sex, Duschen etc. sind für mich größtenteils ein nötiges Übel, es bringt mir keine Entspannung und keine Freude. Drogen bringen mir Freude. Das ist angelerntes Verhalten, ich habe seit frühester Kindheit mit schweren Schlafstörungen zu tun, ich hasse es, mich zum Schlafen zu legen, ich hasse es, weil ich jede Nacht Albträume habe, weil ich entweder viel zu lange oder viel zu kurz Schlafe, da kommt mir der Drive, den mir Opiate geben, gerade recht, meine jetzige Medikation ist so gewählt, dass ich tagelang aufbleiben kann ohne durchzudrehen, solange ich keinen Alkohol trinke.



Ich habe das wie ein Jäger-und-Sammler gemacht und habe solange Medikamente und Drogen ausprobiert, bis ich die gefunden habe, die mir bei dem von mir angestrebten Lifestyle helfen, zu überleben, denn das sollen Drogen immer nach der Meinung von Forschern. Was an Drogen wie Crack und Crystal Meth nicht stimmt, ist, dass nun der Punkt erreicht ist, wo Drogen dermaßen stark wirken, dass es eine Weile dauern wird, bis unsere Kultur sie assimiliert hat, vielleicht 20-30 Jahre, dann wird man auch von diesen heute noch so selbst zerstörerischen Drogen sagen können: sie helfen beim Überleben. Im Moment helfen sie eher dabei, Leben zu ruinieren.



Einen LSD-Trip kann man heute schon haben, wenn man MTV anschaltet. Als ich in den 90ern sagte, die XTC-Wirkung, nämlich diese ungeheure Sensibilität, die man auf MDMA hat, wird in die Gesellschaft integriert werden müssen, weil es sich die Gesellschaft gar nicht leisten kann, so viele junge Menschen als Arbeitskräfte zu verlieren, glaubten meine Freunde mir nicht. Denkt mal daran, wie das Image um XTC inzwischen Verbreitung gefunden hat, selbst manche Hiphoper finden es angebracht, zu rappen, dass sie sich Pillen schmeißen, wer hätte noch vor 15 Jahren gedacht, dass eine empathogene Droge mal gemeinsame Sache mit einer Subkultur machen würde, die dermaßen auf Coolness ausgerichtet ist, wie keine andere.



Die Märkte vermischen sich. Im Supermarkt bekommt man Biermischgetränke mit dem extra Schuss Coffein, was besseres und dann auch noch ohne Alkohol hat so mancher Smartshop seit der Illegalisierung von Ephedrin auch nicht mehr zu bieten. Wer Ephedrin will, der kann in die Apotheke gehen und ist mit Aspirin Komplex bestens bedient. Der Staat hat schon lange erkannt, dass die Gefahren mancher Drogen übertrieben wurden und sich ganz gut Steuern daran einnehmen lassen. Doch Obacht: In Amerika wird man schon registriert, wenn man Ephedrin-haltiges Nasenspray mit der Geldkarte kauft, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis sich der Staat das Over-The-Counter Herstellen von Amphetaminen auch nicht mehr gefallen lässt.



Nun, ich komme zurück auf meine Substitution. Nachdem von der ersten Suchtärztin, die ich hatte, mein Subutex langsam auf 3 mg (2 mg morgens, 1 mg abends, in der Apotheke wurde für die Abenddosis jeweils eine 2 mg Tablette geteilt, obwohl sie keine Bruchrillen haben) ambulant gesteigert wurde, wechselte ich die Apotheke, da das Personal mir allen ernstes nicht die Morgendosis geben wollte, wenn ich da nach 11 Uhr vormittags erschien, weil, so gaben sie vor, der Wirkstoff sonst sich im Körper ansammeln würde. In Wirklichkeit wollten sie mich wegekeln, die Gelegenheit war günstig, da die Chefin der Apotheke im Urlaub war, und so kam es zur Eskalation und dann wechselte ich zu einer anderen Apotheke, die auch nicht weiter weg lag. Im selben Zeitraum wechselte ich auf Suboxone, das außer Buprenorphin noch Naloxon enthält, im Verhältnis 4 : 1.



Suboxone wurde entwickelt, da die User Subutex auch intravenös und intranasal benutzten. Wenn ich ehrlich sein soll: Habe ich auch mit Subutex manchmal gemacht. Im Entzug habe ich gehört, dass man etwa 90 Minuten lang ein starkes Brennen im Arm oder in der Nase hat, wenn man Suboxone spritzt oder zieht, von Herstellerseite wird betont, man habe sogar einen regelrechten Entzug durch das Naloxon, da Naloxon gut wasserlöslich ist, Buprenorphin hingegen gut fettlöslich ist. In der Nase und in der Vene herrscht wässrige Umgebung, sodass sich das Naloxon (=Opiatgegenspieler, schmeißt die Opiate von den Rezeptoren, hat eine stärkere Bindungsenergie zu Opiatrezeptoren als Opiate und Opioide) im Körper verteilt und im Gehirn anflutet. Eine Horrorvorstellung für einen Opiatuser! Wenn man jedoch Suboxone, wie es im Beipackzettel steht und man in der Klinik gelernt hat, unter die Zunge schiebt, wo das Gewebe fettreich ist, dann löst sich das lipophile (=gut fettlösliche) Buprenorphin zu 90 % und das hydrophile (=gut wasserlösliche, aber schlecht fettlösliche) Naloxon nur zu 10 %. Es kommt zu den typischen Opiatwirkungen:



Wärmegefühl im Körper, manchmal auch Kältegefühl, aber in jedem Fall sehr angenehm, Glücksgefühle, Angstlösung, Sorgenfreiheit, Schweregefühl im Körper, die Gedanken werden „geschmeidig“, manchmal Sedierung, manchmal Aufputschung (das Gegenteil von der Ausgangssituation); körperliche Wirkungen: Verstopfung, manchmal Gänsehaut, Pupillen sind enggestellt im Gegensatz zu Amphetaminen, wo sie meist weitgestellt sind).

Im Opiatrausch sehnt man sich nach Ruhe und hat ein tiefes Gefühl von Frieden in sich, manche lachen unbeschwert und sind kindlich naiv begeistert, andere dösen zufrieden ab, wieder andere sind „loaded“ und haben starke Lust, zu arbeiten oder gar Bewegungsdrang, meist wird das ganze irgendwann von einem tiefen Schlaf beendet, der natürlich nicht einsetzt, wenn man gerade auf der Straße läuft etc.



Da ich Fairplay mit meiner Ärztin machen wollte, stieg ich also auf Suboxone um, da ich Subutex ja „fehlgebrauchte“, so der offizielle Terminus für Substituenten, die ihr Substitut auf Nase ziehen oder Spritzen. Ich zog nur auf Nase, habe mir nie was gespritzt und werde es auch nie, allerdings habe ich von Notärzten schon etliche Spritzen bekommen, meist Diazepam, manchmal Tramadol, einmal Morphin bei starken Rückenschmerzen.



Seit Weihnachten 2008 /2009 habe ich manchmal schöne Abstürze mit Amphetaminen, die ich auch irgendwie bekomme. Besonders mag ich Captagon, das es in Deutschland nicht mehr gibt, aber es kann aus anderen Ländern bezogen werden. Auch MDPV und Tempil N macht Spaß, Elontril mochte ich nicht so, da es meinen Magen ärgerte.



Und nun bin auch wieder zu Subutex zurückgekehrt, hatte doch mal wieder Bock, meine Nase zu pudern. Und das, wo ich jetzt bei 24 mg pro Tag bin. Jetzt habe ich ein Wochenende durchgeschnupft, habe aber vor, in Zukunft wieder verstärkt mein Subutex ordnungsgemäß unter die Zunge zu schieben.



Und die Psychose? Von der merke ich nichts mehr. So etwas wie Stimmenhören etc. hatte ich ja nie, aber extrem starke Angstzustände und Beziehungsdenken, das heißt, ich bezog alles auf mich, was ich wahrnahm.



Und der Alkohol? Ich wohne jetzt in einem Heim für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen und hier ist kein Alkohol erlaubt. Stört mich auch gar nicht, denn ich mag große Mengen Alkohol nicht mehr seit der Erfahrung mit diesem billigen Tafelweingesöff. In dem Heim, in dem ich vorher gewohnt habe, durfte man begrenzt Alkohol trinken auf seinem Zimmer, nicht in öffentlichen Räumen, davon habe ich Gebrauch gemacht, indem ich mir da manchmal ein Sixpack Mischbier wie V+ oder Becks Level 7 habe schmecken lassen – aber: die Betonung liegt auf „Schmecken“, ich habe das wegen der interessanten Mischung Coffein + wenig Alkohol getrunken, und nicht um einen schweren Rausch zu haben, und manchmal bin ich schon nach dem vierten Mischbier zu 2,3 % alc. Eingenickt.



Und die anderen Medis? Ich nehme am Tag 2 x 400 mg Solian, 10mg Cipralex, eine Ergenyl Chrono, (das macht mich etwas ruhiger, wird eigentlich gegen Epilepsie und Manie eingesetzt), zwei Pariet, 2 Hübe Foster (ein Asthmainhalator mit Kortison und einem Bronchienerweiterer),4 x 1 mg Tavor und 3 x 8 mg Subutex. Koffein nehme ich in Form von Koffeintabletten zu mir, da ich die Gerbstoffe in Kaffee und Tee vom Magen her nicht vertrage, und ich rauche stolze 80 Kippen am Tag, selbstgestopft, weil es besser schmeckt und die Geldbörse macht rauchen in dem Fall nicht ganz so schlank.



Einen Großteil der 30 kg, die ich in 2000 zugelegt habe, dürfte ich wieder abgespeckt haben, nicht durch Medikamente, denn das funktioniert nicht, sondern ich bewege mich mehr und esse weniger Fett. Der Leberschaden ist verheilt, und dadurch, dass ich weniger wiege, sind keine neuen Schmerzsyndrome zu erwarten, auch meine Zuckerwerte liegen wieder im normalen Bereich.



Happy End? Das ist mit Drogen nicht möglich, sagen die anderen. Lass die anderen doch reden.



Bevor ich diesen Bericht beende, will ich noch sagen, dass ich keineswegs der einzige bin, der denkt, Opiate seien tauglich gegen Psychose und Schizophrenie. Viele Antipsychiater, wie Dr. med. Josef Zehentbauer, denken, Neuroleptika gehören verboten, und gegen Psychosen helfen in erster Linie Benzos und Opiate. So finden wir in seinem Buch: „Chemie für die Seele – Psyche, Psychopharmaka und alternative Heilmethoden“, folgendes Zitat:



„Buprenorphin (= Subutex, Suboxone, Temgesic) hat einen ausgesprochen antipsychotischen Effekt, der 4 Stunden anhält, bei Patienten mit schizophrenieähnlichen Störungen und paranoider Schizophrenie.“ (C. Schmauss u.a.; übersetzt aus: Am. J. Psych. 1984/144).



Wer übrigens mehr über meine Erfahrungen mit illegalen Drogen wissen will, dem kann ich meine zahlreichen literarischen Beiträge auf  www.kurzgeschichten-planet.de empfehlen, so habe ich in dem Theaterstück: „Die Geburt“ viele meiner Erfahrungen zwischen 1997 und 1999 thematisiert, sowie in „Wolf 359“,einem Prosagedicht, lyrisch diese Zeit verarbeitet. In „Eine Entzugsgeschichte“ geht es um den Entzug, den ich 2007 gemacht habe, in dem Essay „Philosophie der Psyche“ stelle ich eine Theorie darüber auf, warum durch Psychedelika wie LSD ausgelöste Grenzerfahrungen wichtig für das Überleben eines Menschen sind und ihm die Angst vor dem Tod nehmen können, im zweiten Teil des Essays „Freiheit und Repression“ vergleiche ich genauer meine Erfahrungen mit stimulierenden Amphetaminen... und überhaupt kommt in fast jedem meiner Texte mindestens einmal auch etwas mit Drogen vor.



Punkrocker.