Langzeit-Berichte lesen

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Titel:Morpheus ist der Gott der Träume
Droge:Opium
Autor:Deedee
Datum:25.09.2009 16:02
Nützlichkeit:8,78 von 10 möglichen   (89 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Morfin von Emmy Hennings



Wir warten auf ein letztes Abenteuer

Was kümmert uns der Sonnenschein?

Hochaufgetürmte Tage stürzen ein

Unruhige Nächte - Gebet im Fegefeuer.



Wir lesen auch nicht mehr die Tagespost

Nur manchmal lächeln wir still in die Kissen,

Weil wir alles wissen, und gerissen

Fliegen wir hin und her im Fieberfrost.



Mögen Menschen eilen und streben

Heut fällt der Regen noch trüber

Wir treiben haltlos durchs Leben

Und schlafen, verwirrt, hinüber..





OK, ich will vom opium reden, unserem kulturellen artefakt schlechthin. ich bin kein nerd, was diese droge anbelangt und meine erfahrungen halten sich in grenzen, aber da es weitaus mehr als nur eine intensive erfahrung war, scheint ein langzeitbericht die richtige wahl zu sein.

also, wie die meisten mitteleuropäer bin ich mit einer vorstellung von drogen als verruchten, suchterzeugenden und lebensgefährlichen rauschgiften aufgewachsen - die ganzen "wir kinder vom bahnhofzoo" fantasien, die uns immer wieder eingetrichtert wurden.

als teeny begriff ich schnell, das dem nicht so war, und sollten die drogen doch einmal irgendwelche spätfolgen zeitigen, so würden sie sich doch womöglich lohnen. ich probierte gras, alkohol, speed, ecstasy, pilze, lsd - die ganze drogen, die heute im untergrund rumgeistern. ein freund von mir, war mir da ein wichtiger mentor, denn er kannte sich nicht nur mit einer vielzahl von drogen aus, sondern sein spezialgebiet waren legal highs und leicht zu beschaffende drogen. er erklärte mir die ganze welt des medikamentenmissbrauchs, er war wie ein hohes tier der betäubungsmittel-regierung, der mich einen eid auf die "rote liste" ablegen ließ.

ich versuchte diazepam, tramal, benzos. synthetische opioide waren billige drogen, "mothers little helpers", tatsächlich konnte ich meiner mom ein ganzes päckchen mit benzodiazepinen entwenden.

die highs waren nett, gechillt, eine wichtige erfahrung in diesen zeiten, allerdings ließen die nebenwirkungen nicht lange auf sich warten. die tage nach unseren verträumten vergnügungen verbrachte ich über der kloschlüssel, mit einer enorm geplagten leber und echter reue.



naja, die zeit verging und mein spezielgebiet sollten, anders als bei meinen compagnon, die halluzinogene werden.

opium hatte schon immer etwas zutiefst magisches und faszinierendes an sich. meine erste erfahrung mit "echtem" opium sollte ich vergeigen, denn ich war betrunken bei einem kollegen zuhause, der mich sein tolles opium-hasch testen lassen wollte.

ich rauchte einen großen kopf in einer acrylbong und bekam einen blackout-hmm, keinen tollen opiumtrip damals, naja.



einige wochen später verbachte ich in nepal, dem kifferparadies par exellence - shangri la.

die geschäftstüchtigen dealer aus dem himalaya versorgten mich mit bestem cannabis und etwas opium. ich war gespannt. in unserer lodge an der freak street in kathmandu (dem ehemaligen kifferzentrum, heute eine langeweilige, dreckige touristengegend) rauchte ich ein chillum mit opium und gras. nichts passierte. doch drei köpfe später blickte ich allmählich den unterschied: das opium bescherte mir wundervolle stunden, voller ideenflucht, märchengaukelei und einem leichten verfolgungswahn. die büchse der pandora war geöffnet, ich wollte mehr von de quinceys wundermittel.



über die jahre vermehrten sich meine erfahrungen mit dem heiligem afium. ich stellte laudanum-tinkturen her, ich gab mir happenings mit kollegen als opiumesser, ich rauchte opium, schlafmohnkapseln, extrakte aus schlafmohnsamen und bombay black (ein indischen haschischersatz mit opium); ich fühlte mich wie ein bohemian im paris der jahrhundertwende und erlebte meine persönlichen märchen aus tausend und einer nacht.

die wirkungen des opiums sind zu edel, es ist wie eine mutter, die einem in dieser kalten grauen welt eine decke über den durchfrorenen körper legt und ganz behutsam lieder zum einschlafen summt.

opium macht zufrieden, hier finden wir unsere versöhnung mit der welt, begeistert dabei sich unter eine decke zu kuscheln und tausend wirre filme abspielen zu lassen. intensives träumen und diese unendliche wärme. wo eine überdosis hasch den tiesten aller schläfe bringt, versetzt das opium mich in einen halbschlaf, einen zustand wachen träumens ohne üble wahrnehmungseinschränkungen.

ich kann lesen, hörspielen lauschen, mir gedanken machen, einmal verbrachte ich eine ganze nacht mit einem freund zusammen auf dem sofa, wir dämmerten vor uns hin, öffneten von zeit zu zeit die augen und strahlten einander an.

opium ist wie ein traum, indem unsere seelen bereits erlösung gefunden haben.



nur zweimal ist mir opium auf dem schwarzmarkt begegnet, alle übrigen erfahrungen machte ich mit selbsthergestelltem opium aus papaver somniferum bzw. der ernte von freunden.

die pflanze ist nicht sehr ergiebig. bei uns ist opium immer eine besonderheit, die zwar nicht sehr schwer herzustellen ist, aber dennoch etwas rares, beschränktes an sich hat. zudem brauch man eine relativ hohe dosis (verglichen mit hasch), um eine intensive erfahrung zu machen. im jahr durchlebe ich etwa fünf starke erfahrungen, dazu einige rauchsessions und laudanum-feten.

die abhängigkeit, die immer wieder so massiv betont wird, stellte niemals ein problem dar. ich hatte niemals lust einen opiumkater mit noch mehr opium zu bekämpfen. ich habe opium tatsächlich niemals an zwei aufeinanderfolgenden tagen geraucht bzw. gegessen.



tatsächlich soll das suchtpotential von opium bis hinein ins achtzehnte jahrhundert niemals entdeckt oder erwähnt worden sein, obwolhl der konsum um die jahrhunderte massiv gewesen sein muss. mir scheint hier eine arge diskrepanz vorzuliegen. vielleicht beruht sie auf der tasache, dass pharmaunternehmen mit billigen opioiden mit hohem suchtpotential ein vermögen machen ebenso wie illegale mafiaringe ihre hauptprofite aus der illegalen heroinproduktion ziehen. das betäubungsmittelgesetz ist ein opiumgesetz, das dürfen wir nicht vergessen.

wo dias einen mit der ultimativen brightheit der gefühlslosigkeit und kälte zurücklassen, da sorgt opium für wärme, erotik und verständnis.

niemals nahm ich eine so romantische droge wie opium, selbt mdma ist nichts im vergleich.



vielleicht kann ich mit diesem bericht ja eine kleine diskussion entfachen, opioid-nutzer gibt es hier schließlich genug.



wie kann es sein, dass ein kleiner brocken gelee-konfekt für allgemeine empörung sorgt, während synthetische pillchen und säftchen von jedem kurfuscher und quacksalber an frustrierte hausmütterchen verteilt werden?

opium ist tot, dias fürs volk, anstatt eine pflanzliche verbündete, die allen unter die arme greift, an denen das leben nagt, zu suchen, finden wir den totalen wahnsinn von sucht und selbstzerstörung wieder, ausgelöst durch einige geldgeile pharmakologen.

es ist wie im keltischen mythos um lug, den meister aller künste. er wird ausgesandt um gegen die fumare, die rauchenden riesen zu kämpfen. das ganze scheint einer prophezeiungzu gleichen, denke ich mir, wenn ich den meister aller künste, das opium, sehe, wie es einen bedingungslosen kampf gegen die rauchenden riesen mit ihren giftcocktails und chemischen kriegsbomben führt. mögen de quiincey und baudelaire recht behalten, möge opium uns aller segen und arkanisches panacae werden!!