Langzeit-Berichte lesen

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Titel:Meine Sehnsucht nach der rosa Watte
Droge:DXM
Autor:CrownYourself
Datum:30.12.2009 19:44
Nützlichkeit:9,19 von 10 möglichen   (70 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Guten Tag zusammen



Seit nun schon mehr als einem Jahr stehe ich mit meiner Hassliebe Dextromethorphan in Verbindung. Auf der einen Seite habe ich erfahren dürfen, was es heisst, die guten Seiten dieses Medikaments kennenzulernen. Jedoch sehe ich doch erst nach vielen Monaten Konsums immer mehr negative Einflüsse, die aber die positiven nicht übertreffen können, bei weitem nicht.



Ich denke, über geniale Trips muss ich euch hier im LdT nun wirklich nicht im Detail berichten, soll ja auch nicht Teil eines sogenannten Langzeitberichtes sein.

Am Besten fange ich es wie eine Geschichte an..



Mein Name könnte Sarah sein, wenn mich meine Eltern nicht anders genannte hätten.. Ich bin 22 Jahre alt, bin 171cm groß und wiege um die 60kg. Meine Drogenerfahrungen beschränken sich auf Alkohol und Dextromethorphan. Und bevor das Thema wird, ich bin weiblich.



Anfang 2008 konnte ich nach meiner Ausbilung nicht übernommen werden. Das hat mich traurig gemacht, war aber nicht Grund der Depression, die erst mit der plötzlichen Trennung meiner Eltern

einherging. Ab diesem Zeitpunkt hing ich fast den ganzen Tag vorm Rechner, um mich abzulenken.

Wie das Schicksal so will, habe ich mehrere Communities durchstreift und habe Menschen

kennenlernen dürfen, die nunmal leider ein ernsthaftes Drogenproblem haben, bzw. hatten.

Dabei handelt es sich um Person X. X war ’chattechnisch’ für mich und meine Probleme da, und ich für seine ( ja, Schnulz, ich weiss ) Nach und nach fasste er so viel Vertrauen zu mir, dass er mir erzählte, was er nimmt und wie viel, damit ich weiss, wie weit er momentan von der Realität weg ist. So habe ich von DXM erfahren.

Ich bin kein Mensch, der alles gleich ausprobiert, was er hört. Es hat mich einfach neugierig gemacht, wie er mit seinen massiven psychischen Problemen stundenweise so gelöst, selig etc. sein konnte. Dazu kommt auch, dass Besitz und Erwerb nicht illegal sind. Und vor allem, dass kein normales Drogenscreening drauf anspringt. Berufewegen würde ich als Laborantin bei einem positiven Test auf irgendeine gängige Droge nirgends eine Arbeit finden. Nun ja, ich habe mich nicht

über DXM informiert und es mir trotzdem besorgt und ausgetestet. Dieser erste Trip ging sehr schief, da die Dosierung von 600mg viel zu hoch für einen Anfänger waren. Korrekterweise bekam ich auch großen Ärger und eine Standpauke von X, als er es mitbekommen hat.

Aber das ist eine andere Geschichte.

X und ich fingen irgendwann an, gleichzeitig zu trippen und uns währenddessen via Icq zu unterhalten. Ich mit 450mg Dextromethorphan, er auf unterschiedlichen Sachen, die ich hier aber nicht aufzählen möchte. Wir redeten und bespaßten uns bis zu 16h am Tag für 5 Monate. Anfangs schickte ich mich ein Mal die Woche ins Klaustal. Nach 2 Monaten reichte mir das nicht mehr und es wurden 3-4 Mal. Meine Dosis erhöhte sich nach ca. 4 Monaten auf 600mg.

Alles war friedlich. Ich war sehr glücklich, X ’an meiner Seite’ zu haben. Dankbar, dass er mir ohne sein Wollen einige Monate wirklichen Frieden und Einklang mit mir selber geschenkt hat. Auch wenn Dex mir des öfteren meine Grenzen zeigte.

Meine Kondition sank stark ab, genau wie mein Gewicht, was mir zu diesem Zeitpunkt jedoch egal war.

Im Herbst 2008 bin ich meiner Meinung nach in die Abhängigkeit gerutscht, oder bin zumindest auf einem sehr schmalen Grad gewandelt. Regelmäßig meldete sich der ’Hunger’. Sobald ich eine Packung sah, verfiel ich in tiefe Euphorie. Beim Anblick der blauen Kapseln kommt mir bis heute manchmal noch die Galle hoch. Ich habe gelesen, dass das ein Schutzreflex des Körpers ist, aber der Körper ist zum Glück etwas lernfähig. Als dieses Ekelgefühl anfing, aufzutreten, habe ich DXM nur noch in Joghurt gemischt runterbekommen.

Da die ansässige Dorfapotheke mir seit meinem zweiten Besuch den Verkauf von Hustenstillern auf DXM verweigert, bestellte ich schon seit Monaten übers Internet. Da ich meistens den ganzen Tag alleine im Haus war, merkte auch meine Mutter nicht, dass beinahe jede Woche ein Päckchen ankam. Ein Ereignis in der letzten großen Bestellperiode war eine Notiz der Versandapo: Ihre Bestellmenge wurde von unserem Apothekenteam angepasst. Damals fand ich es unheimlich lustig und hab mich mit X darüber stundenlang amüsiert. Heute denke ich, dass ich damals hätte die Augen aufmachen müssen.

In diesem Sommer/Herbst habe ich von meinem Umfeld nicht viel mitbekommen. Es gab nur Tage, an denen ich drauf war, und welche, an denen ich mich ausgeruht und erholt habe. Ich hatte kein Interesse mehr an Freunden und meiner Familie, es war nicht das Hoch, das mir Dex geben konnte.

Ende November ist X gegangen. Die warscheinlich wunderbarste Person, die ich jemals kennengelernt habe. Er hat sich noch verabschiedet und dann war er fort auf immer.

Der Verlust war wie ein Schock. Das Bedürfnis nach Zerstreuung durch DXM war vorerst verflogen.

Ich fühlte mich leer. Konnte nicht mehr schlafen. Meine Hausärztin gab mir eine Einweisung in die Psychiatrie mit, als ich wegen Schlaflosigkeit hinging, damit ich Tabletten bekomme..Die gabs aber nicht, wegen Suchtgefahr, welche Ironie.. Sie wusste von der DXM-Sache nichts. In die Klinik wollte ich aber nicht.

2 Monate lag ich wie gelähmt in meinem Zimmer und trauerte. Dann sah ich durch Zufall im Tv

einen Bericht über Medikamentenmissbrauch, es wurden gerade die DXM-Kapseln gezeigt. Der Anblick reichte, um mich eine halbe Stunde über die Toilette zu hängen. Mein nächster Gang war zum Rechner/Versandapotheke..

Vom Januar bis April 2009 war ich wieder mehrmals wöchtentlich drauf. Da ich mir selbst nichts mehr bedeutet habe, wollte ich mich auf ein höheres Plateau schießen. Ich traute mich an die 900mg. Die Wirkung war fantastisch.. Ohnegleichen..

Von Mal zu Mal wurden die Trips ruhiger, fast schon langweilig. Sie waren intensiv, keine Frage, aber anders auf irgendeine Weise. Eine Toleranz habe ich mit Sicherheit ausgebildet, nunja, ich denke, dass ich sowohl körperlich und seelisch nicht mehr richtig in der Lage war, einen Flug zu genießen, DXM verlangt einem da nun wirklich einiges ab.

Die Triptage wurden immer seltener. September bis November vllt ein Mal im Monat. Die Luft war raus sozusagen. Ohne X hat DXM nicht mehr die Qualität gehabt, die ich früher so geliebt hatte.

Ende November 2009 gab ich mir das bislang letzte Mal Dextromethorphan. Es war lange geplant, den Termin legte ich auf den Todestag von X. Ich wollte diesen Tag schön erleben und ich habe gehofft, dass meine Verbindung zwischen X, DXM und mir so stark ist, dass es einen letzten wunderbaren Trip geben könnte. Und dem war so. Es war so schön, dass ich eigentlich hätte weinen müssen, wenn ich kein durchgängiges Dauergrinsen im Gesicht gehabt hätte. Ich frage mich, ob Dex so weit ’denken’ kann, dass es weiss, wann man sich von ihm lösen will und einem genau dann ein so tolles Erlebnis schenkt, wie es mir ergangen ist. Daran glaub ich..

Meine Liebe zu DXM ist erloschen. Jedoch nicht zu X. X kommt nicht wieder, DXM vllt, es wartet in meinem Schrank. Ich bin froh, zu wissen, dass es da ist. Aber ich brauch es nicht mehr.



In meiner Meinung zu DXM bin ich heute zwiegespalten. Abschließend möchte ich euch einige Schädigungen aufzählen, die Dexkonsum in meinem Maß (ob das nun viel oder wenig ist, kann ich nicht beurteilen) erbringen kann und die ich auch selbst alle besitze.

Mein Konsum lag laut den Bestellungsunterlagen von den Versandapotheken zwischen 30 und 40g.

Die bei andren Apotheken gekauften Medis.. Waren auch ein paar.



- allgemein schlechter körperlicher Zustand ( ausgemergelt, zittrig, keine Kondition)

- Ein- und Durchschlafstörungen bis hin zu Schlaflosigkeit

- Bluthochdruck

- verringerter Wortschatz ( bei mir schätze ich es auf ca. 20% Verlust, vorher konnte ich mich

sehr gewählt ausdrücken und habe viele Berichte geschrieben und gelesen)

- Wortfindungsstörungen (bedingt durch den Wortschatzverlust)

- Gewichtsverlust 5-8kg

- kaum Hunger- oder Durstgefühl

- dissoziatives Verhalten

- DXM-orientiertes Denken (zB wie wäre das jetzt auf Dex?)

- große Erinnerungslücken von teilweise ganzen Wochen



Noch oft schwelge ich in Erinnerungen an meine vergangenen Trips. DXM hat mir so viel gezeigt, andere Denk- und Anschauungsweisen, intensive Gefühle, sowohl gute als auch schlechte und noch so viel mehr.



Welche Gefühle ruft DXM in mir hervor? Love, Peace, Empathy..

Ich liebe es, still auf der Couch zu liegen, eingehüllt in die rosa Watte, und zu ’sehen’. Wie ich einen Schneemann von X baue, der aber 2 Bäuche hat. Freunde mit bunten Bonbons bewerfen. Über rote Wüsten fliegen und den gummiartigen Boden mit den Fingerspitzen berühren. X liegt neben mir und pustet in meinen Nacken, sodass ich zusammenzucke. Ich sitze mit X im Zug, er kontrolliert die Fahrkarten.. Der Nachthimmel ist so hell erleuchtet, dass ich meine Sonnenbrille aufsetzen muss. Katzenartige, schwarze Tierchen umkreisen mich. Ich steige Treppen und habe bei jeder 2. Stufe einen Blackout. Musik erzählt mir Geschichten und leitet mir komplett durch einen Trip. Und immer das Gefühl, dass überall Liebe und tiefer, innerer Frieden greifbar ist. Und Watte an den Füßen.. Die Watte.. Die vermisse ich am meisten. Genau wie das leise Klingen der Zirkusmusik in meinem Kopf.



Nachen diesem Jahr ziehe ich mein Resume aus der Geschichte ’DXM’ und frage mich immer wieder, ob es das wert war.. Dass ich mich so verändert habe in meinem Denken. Ein Denken, das so viel Platz in meinem Gehirn beansprucht, dass dafür viel gelöscht werden musste. Wenn ich es so sehe, finde ich es nicht so schlimm, dass mein Gehirn Mus und mein Gedächtnis ein Sieb ist. ^^ Ich hoffe, dass ich das irgendwie irgendwasn kompensieren kann und klares Denken in nüchternem Zustand wieder möglich sein wird.

Jeden Tag schwanke ich, Dex-Gut, Dex-Böse. Bei mir gibts kein Engelchen und keinen Teufel mehr. Mit mir spricht das DXM. Was würde ich dafür geben, wieder diese Watte zu besitzen. Es gibt kaum ein schöneres Empfinden.



Wenn ihr mit dem Gedanken hegt, euch Dex zu geben.. Macht euch vorher Gedanken, nicht nachher, so wie ich.

Ich mag mir gar nicht ausmalen, was mit mir passieren wird, wenn ich so weitermachen würde.. .D



P.S. Nach Abschluss dieses Textes musste ich feststellen, dass es sich für mich persönlich gelohnt hat. Definitiv.



Ich hoffe, euch damit gedient zu haben