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Titel:Phenibut schleicht sich sanft in mein Leben
Droge:Benzodiazepine
Autor:danke nein
Datum:05.02.2010 18:56
Nützlichkeit:8,20 von 10 möglichen   (56 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Vorab: Es handelt sich um einen Langzeitbericht über Phenibut, nicht über Benzodiazepine. Diese kommen dem Phenibut wirkungstechnisch aber am nächsten.

Phenibut ist ein Derivat der Gamma-Amino-Buttersäure und wird in Russland zur Behandlung von u.a. Unruhezuständen oder Angst, aber auch Schlaflosigkeit eingesetzt.



Vorgeschichte:

Ich habe ein bis zwei Monate täglich Benzodiazepine genommen: Bromazepam, Alprazolam und zuletzt Diazepam. Die Enddosis lag bei ca. 30mg Diazepam. Um Entzugserscheinungen vorzubeugen und aus der Unmöglichkeit heraus, mir erneut Benzodiazepine vom Arzt verschreiben zu lassen, bestellte ich mir das "Wundermittelchen" Phenibut.



die erste Erfahrung

Es war ein recht angenehmer Tag, an dem ich meinen Briefkasten öffnete und voller Freude und Überraschung ein Päckchen fand, in welchem sich das "Nahrungsergänzungsmittel" befand. Mein Diazepam war schon fast alle und so kam es wirklich zur rechten Zeit.

Da ich mich recht viel über Phenibut informiert habe, wusste ich, dass ich mit einem Gramm nicht viel falsch machen konnte. Kurz entschlossen nahm ich zwei Kapseln aus dem Döschen, schluckte diese mit viel Wasser runter und machte mich voller Vorfreude auf den Weg zur Uni. Es war ca. 11:30 Uhr.



Ich wusste, dass sich Warten nicht wirklich lohnte, da die Wirkung extrem verspätet, nach ca. 4 Stunden, einsetzt und außerdem recht sanft und subtil sein sollte. Es gab eine einzige Vorlesung an dem Tag, nach welcher ich mich mit meiner Lerngruppe in der Bibliothek traf, um äh - halt zu lernen.

Am Anfang ging das Lernen so gut / so schlecht wie immer, bis ich irgendwann bemerkte, dass ich sich ein Grinsen auf meinem Gesicht ausgebreitet hat und meine Konzentration schlechter wurde. Davon ließ ich mich aber nicht stören, da das Anschauen von bunten Bildern in meinem Biobuch mir auf einmal wahnsinnigen Spaß machte.

Gab jemand eine gute Antwort auf eine Frage, so spürte ich eine innere Verpflichtung, sie zu loben. Meine Laune wurde immer besser, bis ich irgendwann merkte, dass ich so ziemlich jede Antwort als "gut" bewertete und nur noch damit beschäftigt war, die Leute um mich herum zu loben und mich daran zu erfreuen, was für ein netter Mensch ich doch wäre.



Es liest sich wahrscheinlich komisch, aber zu diesem Zeitpunkt, bei meiner ersten Einnahme von Phenibut, fand ich es unbeschreiblich schön, zu wissen, dass ich auch mal positive Kritik ausüben konnte.



Irgendwann dämmerte mir, dass Lernen in dieser Verfassung (es war schon fast fünf Uhr nachmittags, also über fünf Stunden nach der Einnahme) eher unsinnig ist und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle.

Der Himmel war grau, es nieselte etwas - aber das störte mich überhaupt nicht, im Gegensatz, ich war in meinen Gedanken damit beschäftigt, wie schön es wäre, im Regen zu tanzen.



Auf dem unwahrscheinlich langen Weg zur Bushaltestelle (ca. 200m) sprach ich mindestens drei oder vier Leute an, wieviele genau es waren, weiss ich nicht mehr. Den ersten fragte ich nach einem Feuerzeug, da ich meins nicht finden konnte und ich empfand Reden als etwas sehr Positives, deswegen machte ich die Kippe aus, um die nächsten Leute um Feuer zu bitten. Wie schwachsinnig diese Aktion war, war mir bewusst, aber es fühlte sich halt toll an.

An der Bushaltestelle wurde noch eine ältere Frau dichtgelabert, da ich mitbekommen hab, dass sie mit ihrer Tochter Russisch sprach und mich unbedingt mit ihr austauschen wollte. Ich glaube, ich erzählte ihr während der 10-minütigen Busfahrt meine halbe Lebensgeschichte.



Zuhause angekommen fühlte ich mich eingeengt, weswegen ich noch glatt drei Stunden lang spazieren gegangen bin, die letzten Meter barfuß weil das Gefühl des kalten, rauhen Bodens an meinen Füßen toll war.



Ihr merkt schon, ich fand auf einmal alles toll: Die Menschen, mich, den Boden, die Natur, ...

Ich glaube, es hätte kaum etwas gegeben, was mir keinen Spaß gemacht hätte - außer eben Sachen, für die man sich konzentrieren muss.





die Wirkung verändert sich & mich

Tja nach dieser ersten Erfahrung, die ich nun recht ausführlich beschrieben habe, sind nun fast drei Wochen vergangen. In diesen drei Wochen habe ich Phenibut täglich konsumiert, wobei die größte Dosis bei 3g lag.



Die erste Erfahrung mit Phenibut war mit Abstand meine beste. Ich nehme es jetzt nur noch, da ich Angst vor Entzugserscheinungen von den Benzos - bzw. jetzt vielleicht sogar schon vom Phenibut? - habe. Diese "ich-finde-alles-toll"-Komponente ist der Gleichgültigkeit gewichen.

Einerseits ist dies positiv, da ich bis heute wahnsinnig viel Stress an der Uni hatte und Prüfungsangst habe. Diese hat mir das Phenibut definitiv genommen.

Andererseits hasse ich nichts mehr als die Gleichgültigkeit, da ich sie selbst oft nicht von Desinteresse unterscheiden kann, auch bei mir selbst.



Manche schreiben, dass sie auf Phenibut problemlos durchschlafen könnten, während der gesamten Wirkungsdauer. Das ist bei mir nicht der Fall, ich habe trotz Phenibut immense Schlafprobleme, weshalb ich abends mein Phenibut meistens mit Alkohol und einem sedierenden Antidepressivum eingenommen hab, so ging das Schlafen einfacher. Gleichzeitig habe ich aber das Gefühl, dass Aufwachen mir weniger Probleme bereitet als in der Zeit, in welcher ich Benzos missbraucht habe. Ich fühle mich generell ausgeruht und ruhig. Wahrscheinlich trifft "ruhig gestellt" es aber auch besser.



Am Anfang kam mir die Wirkung so sanft vor, als ob man nichts damit falsch machen könnte. Der Rausch an sich ist auch sehr subtil, da die Wirkung wirklich extrem verspätet einsetzt und die Veränderung dadurch so sanft und natürlich vorkommt.



Nach nunmehr drei Wochen täglicher Einnahme kann ich aber sagen, dass die Gleichgültigkeit überwiegt und dass ich merke, dass ich kaum noch motiviert bin, aus dem Haus zu gehen. Ich mach’s nur, wenn’s wirklich sein muss - wenn z.B. der komplette Kühlschrank leer ist oder eine Klausur ansteht. Es hat mir nach und nach meine Lebendigkeit genommen, so habe ich das Gefühl. Wobei ich mich gerade bei der Frage erwische, ob das ein Gefühl oder vielleicht nicht eher ein Gedanke ist, da Gefühle total abgestumpft wahrgenommen werden. Keine Angst mehr, keine Aufregung, keine Wut, kein Ärger - aber eben auch kaum noch Freude... Und wenn ich lache, dann fühlt sich das gekünstelt und keinesfalls echt an.





Mischkonsum

Ich habe in der Zeit Mischkonsum von Phenibut mit Alkohol, mit Kratom und / oder mit sedierenden ADs (Mirtazapin) betrieben.

Phenibut und Alkohol lässt sich schon fast mit GHB vergleichen, die "Glückskomponente" kommt etwas stärker zur Geltung. Ich konnte mich teilweise, ähnlich wie bei der ersten Einnahme, an den sinnlosesten Sachen erfreuen.

Der Mischkonsum mit Kratom gestaltet den Kratomrausch noch deutlicher / stärker. Es eignet sich ganz gut dazu, um die Wirkung des Kratoms zu verstärken und gegebenenfalls unangenehme Nebenwirkungen wie Juckreiz z.B. abzumildern.

Mirtazapin zusammen mit Phenibut lässt mich die ganze Nacht durchschlafen, wobei ich vom Mirtazapin nach einigen Tagen immer eine Pause von mehreren Tagen brauche, um die Wirkung wieder zu erreichen.



Insgesamt ein interessantes Spielchen - aber auf Dauer nicht zu verantworten, da ich nach und nach mir kaum noch einen Tagesablauf ohne Mischkonsum vorstellen kann, da die einzelnen Substanzen mit der Zeit an Wirksamkeit eingebüßt haben.





Fazit:

Wer mit Drogen umgehen kann und nicht täglich unter dem immensen inneren Druck steht, "irgendwas" einschmeissen zu müssen, hat mit Phenibut ein interessantes Mittelchen gefunden, um einen Tag lang abzuschalten, zu chillen, sich über die Welt und sich selbst zu freuen.

Wer’s wie ich nicht kann - sollte es lieber lassen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, ich würde mir mit dem Zeug was Gutes tun, bis mir die letzten Tage endgültig auffiel, dass ich emotional abgestumpft bin über die letzten drei Wochen.