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Titel:diethylether - ein monat konsum.
Droge:Ether
Autor:danke nein
Datum:11.08.2010 10:58
Nützlichkeit:8,50 von 10 möglichen   (52 Stimmen abgegeben)

Bericht::

hallo lieber leser,



diese geschichte handelt sich um einen ca. einen monat - langen lebensabschnitt von mir, in welchem diethylether beinahe täglich zu meinem leben gehörte.






zu der substanz:

gruener_punkt.gif diethylether gehört zur klasse der ether (...nicht wie fälschlich oft angenommen, zu den alkoholen)

gruener_punkt.gif gebrauch als u.a. lösungsmittel

gruener_punkt.gif kann in verbindung mit sauerstoff und lichteinstrahlung explosionsfähige peroxide bilden

gruener_punkt.gif hochentzündlich, leicht flüchtig

gruener_punkt.gif in geringen dosen erregend, in hohen narkotisierend

gruener_punkt.gif wahrnehmung von schmerz setzt aus











zu meiner person



ich bin ein 23 jahre junges mädel und mache seit ich mein studium zu anfang des letzten semesters abgebrochen habe, nichts.

dementsprechend viel zeit blieb mir in den letzten paar monaten, um mit substanzen herumzuexperimentieren.



seit nunmehr zehn jahren kiffe ich, mit jeweils kurzen bis längeren pausen zwischendurch, beinahe täglich. ein typ aus ’ner selbsthilfegruppe meinte mal, ich sei eine "sensation seeking" - persönlichkeit, immer auf der suche nach einem neuen kick, und würde deswegen sämtliche drogen ausprobieren.



bis ich 20, 21 gewesen bin, hab ich mich auf pflanzliche sachen beschränkt, bei denen aber auch keinen halt bei nachtschattengewächsen wie engelstrompeten gemacht. mit 20 hab ich das erste mal synthetische drogen ausprobiert. bei den uppern habe ich kaum ein problem mit halbwegs angemessenem umgang (obwohl einige leute das anders sehen), bei sämtlichen downern (benzos, opis, z-benzos, kratom, phenibut...) schon.



substanzen, die je nach dosierung euphorisierend oder beruhigend wirken, konsumiere ich immer in der höheren, narkotisierenden dosis. das war beim kratom so und das sollte auch beim ether so werden.



aber nun gut, jetzt zu der geschichte.











wie alles begann...



vor ca. drei monaten kam mein damaliger freund (ab jetzt nenne ich ihn "eimer", da ich abkürzungen der namen mit einem buchstaben scheisse finde und mir nix anderes einfällt) mit der idee an, mal wieder ether zu holen. ich war zunächst etwas skeptisch, da ich generell eher wenig von inhalationsnarkotika (außer ab und an das gute alte lachgas) halte.



das erste mal schnüffelte eimer alleine. wir lagen beide im bett, es war abends und wir mussten am nächsten tag früh raus. ich wollte gerne schlafen und habe noch ein paar köpfe geraucht, während eimer einen zug nach dem nächsten aus der 250ml-flasche nahm.

ich versuchte zu schlafen, aber das ging zunächst nicht, weil eimer zunächst anfing zu kichern und wahnsinnig albern geworden ist, anfing mich zu kitzeln und in die seite zu "pieksen". ich versuchte ihn zu ignorieren, aber er schnüffelte weiter und weiter bis er mir einen riesenschrecken einjagte, da er sich plötzlich kerzengerade im bett aufsetzte und laut "NEEEIN!" schrie. fing an, sich mit der flachen hand gegen den kopf zu hauen und sah dabei total verwirrt aus. er war auch nicht ansprechbar und lachte immer wieder und versuchte mir irgendwas zu zeigen, was er draussen meint gesehen zu haben. da war nur leider definitiv nichts.



und zum allerersten mal hatte ich angst vor einer substanz und wie sehr sie verballern kann - und das hat eigentlich was zu bedeuten, denn wir haben uns zusammen ziemlich viel zeug reingepfiffen, aber noch nie habe ich so einen blick von ihm wahrgenommen wie in dem moment.



die substanz hatte etwas beängstigendes, ja, aber trotzdem hielt mich das nicht davon ab, was zu probieren...











das erste mal ether



warum ich trotzdem ether geschnüffelt hab, obwohl mich die wirkung abgeschreckt hat?

weil ich kein gras mehr hatte, weil ich neugierig bin, weil ich mich genauso fallen lassen wollte wie eimer... ach, es gab viele gründe dafür und ich weiss nicht, ob einer davon ausschlaggebend gewesen ist oder ob alle einen gewissen teil dazu beigetragen haben.



set & setting: genervt von eimer und dem engen zusammenleben in einem bus, total scharf auf ’ne "dröhnung"; im bus auf’m lande;



ich nahm einen tiefen zug aus der flasche und - boah stank das zeug fürchterlich! behielt ihn so lange in der lunge wie ich konnte. ausatmen, noch einen zug.

ich war fast sofort benebelt, es legte sich eine art schalter in meinem kopf von "nüchtern" auf "druff" um. natürlich nahm ich noch einen zug und noch einen und noch einen und DANN...



BAMM!



...kam eine erkenntnis. eine erkenntnis, die ich hier nicht in ihrer vollkommenheit (die ich jedenfalls zu dem augenblick verspürt habe) beschreiben kann, da sie diese vollkommenheit und schönheit nur in diesem moment hatte. mittlerweile würde ich auch nicht mehr alles so richtig zusammenbekommen, denk ich. vielleicht ist das auch ein problem mit erkenntnissen dieser art ;)



tja wie auch immer. beim ersten rausch habe ich mich sehr zurückgehalten und habe vielleicht 20, allerhöhcstens 30ml weggeschnüffelt. schlaf war top.











es wird öfter...



in dem dorf, in dem eimer wohnte, gabs miese connections, sodass man zum einkaufen von gras in die nächste größere stadt, die ca. 40km weiter weg war, fahren. darauf hatten wir einige tage lang keine lust und so hatten wir auch mehrere tage ohne gras - aber dafür mit diethylether.

"ganz schön cool, dass ether gegen einschlafstörungen hilft," dachte ich damals. so schnüffelte ich zunächst nur abends, nach und nach aber auch schon über den tag verteilt.



dieses gefühl von gleichzeitigem dichtsein, dabei subjektiver geistiger klarheit (jedenfalls bis zu einem gewissen pegel und die klarheit ist definitiv nur subjektiv vorhanden), dem beinahe sofortigen einsetzen des rausches und das (wieder...) subjektive gefühl, das zeug gut dosieren zu können, ist eine gefährliche mischung.



je öfter und je mehr ich und eimer schnüffelten, desto öfter pissten wir uns gegenseitig an. ether hat eine extrem ausgeprägte arschlochkomponente, bei mir definitiv mehr ausgeprägt als beim koks. die gedanken sind dazu noch extrem assoziativ und zwar in alle möglichen richtungen. mit der zeit gingen wir aber beide im streit gegenseitig extrem unter die gürtellinie.



um dies an einem der zahlreichen beispiele, was noch recht harmlos ist, aufzuzeigen:

ich war wahnsinnig wütend und mittendrin im etherrausch. warum, weiss ich nicht mehr, aber bestimmt wars eine kleinigkeit. auf jeden fall wollte ich nach hause fahren und nahm eine zigarettenschachtel von eimer mit. er bekam’s mit und schrie mir hinterher:




Zitat:

eimer: "eeeey, du schuldest mir ’ne schachtel kippen!"

ich: "und du schuldest mir sechs monate!" (wir waren insgesamt ca. ein halbes jahr zusammen)





ich merkte, dass die beziehung durch diesem chemikalienmissbrauch litt.

natürlich tat ich nichts dagegen, genauso wenig wie eimer.



ein ende fand die beziehung, als ich im etherrausch sämtliche gemeinheiten losgeworden bin, die mir aber schon vorher ähnlich im gehirn rumwurschtelten, aber: man kann gleichzeitig halbwegs nett und ehrlich sein. man kann seine ehrlichkeit aber auch so rauslassen, dass sie dem anderen wehtut. und auf ether sieht man diese grenze nicht mehr. ich sah eigentlich nur noch, wie toll mein ausdrucksvermögen war und "wie ich es ihm geben konnte". ich wollte ihn in diesem augenblick nur fertig machen, ihn leiden sehen und mich toll finden, weil ich so derbe sätze und so krass kreative beleidigungen rausgehauen hab... peinlich im nachhinein.











alleine komme ich noch weniger auf ether klar...



nun hieß es, dass ich übergangsweise wohl oder übel wieder bei meinen eltern einzieh. das ist mit einer menge stress verbunden. kiff können meine eltern nicht riechen, der schlimmste ethergeruch verschwindet innerhalb der nacht, also fiel mir nix besseres ein, als mich mehrere stunden vor’m einschlafen mit ether dichtzuballern.



der geruch fiel natürlich dennoch auf, aber da wurde abhilfe geschaffen mit "ich hab mir die fingernägel lackiert" und / oder halt "nagellackentferner benutzt"...



es dauerte keine woche und ich war die meiste zeit unterwegs, schlief bei freunden und schnüffelte vor mich hin. machte mindestens drei weitere leute vertraut mit der substanz.



ich war jeden tag drauf. ich schnüffelte immer mehr, sodass meine größte dosis bei ca. 150ml innerhalb von 2, 3 stunden lag. darauf hatte ich einen kompletten blackout von mehreren stunden und ich wundere mich immer noch, wenn ich von menschen, die dabei gewesen sind, höre, was ich alles gemacht haben soll. bin wohl im bikini auf ’ner wiese rumgelaufen, hab dabei die ganze zeit ether geschnüffelt und sämtliche kerle angemacht... was überhaupt nicht meine art ist, da ich eher schüchtern bin und kaum bewusst flirte, geschweige denn, mich an sämtliche männer ranzumachen... soll sämtliche leute auf übelste art und weise beleidigt und beschimpft haben. der größte teil der story wurde mir von einem guten freund berichtet, der den ganzen trip über bei mir geblieben ist und auf mich - so gut wie er konnte - aufgepasst hat.



z.b. soll ich wohl die ganze zeit wahnsinnig wild auf optische halluzinationen gewesen sein und hätte deswegen einen kräftigen schluck aus der flasche genommen. davon weiss ich nichts mehr. der unfreiwillige tripsitter meinte jedenfalls als alles vorbei war, dass so ein ether-trip bei fear and loathing in las vegas ziemlich gut dargestellt werde. ich muss ja extrem verballert gewesen sein und die ganze situation, auch wenn sie schon ziemlich witzig gewesen ist, ist mir im nachhinein doch eher peinlich.



auf diese wiese trau ich mich mittlerweile auch nicht mehr so oft.











es kam ein glücklicher zufall...



ende juni fuhr ich auf ein festival. ich wollte dort 5 tage bleiben und nahm dummerweise - so dachte ich damals - nur 250ml mit. schon auf der hinfahrt war ich dermaßen dicht, dass ich im zug eine nonne damit fröhlich dichtquasselte, dass drogen ja wohl kulturellen normen unterlägen und wie schwachsinnig es sei, dass viele substanzen, die wesentlich harmloser sind als alkohol, illegalisiert werden. es muss ein ziemlich geiles bild gegeben haben.



tja, nach den ersten beiden tagen waren die 250ml leer. nachschub hätt’s höchstens in einer apotheke im nächsten dorf gegeben und ich habe mehrfach ernsthaft überlegt, dort hinzufahren. glücklicherweise hatte ich dennoch genug verstand, das nicht zu tun.



der nächste tag war qualvoll. ich hab mich an dieses ego-monster gewöhnt. gewöhnt an die berauschende, euphorisierende, oder je nach dosis narkotisierende wirkung. es diente mir vor allem als alk-ersatz, einschlafmittel und ein mittelchen gegen mein unwohlsein. das logische und problemlösungsorientierte denken geht auf ether völlig verloren. der grund dafür ist wahrscheinlich, dass die großhirnrinde quasi "ausgeschaltet" wird, welche u.a. verantwortlich sein soll für eine art "selbstkritik".



auf diesem festival habe ich den absprung geschafft, nachdem ich ungefähr einen monat lang sogut wie täglich konsumiert habe. seitdem habe ich mir nur noch eine flasche gekauft, wobei cih den größten teil (ca. 150ml) verschenkt habe.



körperliche entzugssymptome oder ähnlcihes hatte ich nicht. den psychischen entzug hat die tatsache so schwierig gemacht, dass diese substanz sofort verballert und man quasi auf knopfdruck abschalten kann.









folgen (bei mir):



gruener_punkt.gif mehrere tage nach dem letzten konsum gestank aus allen körperöffnungen, die irgendwie an der atmung beteligt sind.

gruener_punkt.gif allgemeine verplantheit, die mehrere tage bestehen blieb.

gruener_punkt.gif nasenbluten als folge der schleimhautreizung und austrocknung der schleimhäute

gruener_punkt.gif mehrere verletzungen aufgrund der verplantheit und der schmerzunempfindlichkeit

gruener_punkt.gif ein paar soziale folgen, die darauf hinauslaufen, dass manche bekannte nun den umgang mit mir meiden

gruener_punkt.gif depressionen, die sich verstärkt haben





(bei weiteren personen...)

gruener_punkt.gif nach dem konsum länger anhaltende übelkeit (bin persönlich sehr übelkeits- und kotzresistent)

gruener_punkt.gif subjektiver gehirnschaden (der objektive konnte ja nicht wirklich gemessen werden)

gruener_punkt.gif ebenfalls reizung der schleimhäute und teilweise nasenbluten nach nur einem konsum

gruener_punkt.gif einmal sonnenstich aufgrund der verloren gegangenen selbst- und schmerzwahrnehmung









fazit:



ether hat mich ziemlich schnell psychisch abhängig gemacht, schon nach den ersten paar versuchen. dieses lösungsmittel gelangt dermaßen schnell ins gehirn, dass eine abhängigkeit sich wesentlich schneller ausbildet als bei langsamer anflutenden substanzen.



ich denke noch heute, fast anderthalb monate später, mehrmals in der woche an das zeug. es kostet mich schon immense überwindung, nichts mehr zu holen.

eine hilfe ist mir die tatsache, dass dieses zeug so wahnsinnig derbe stinkt und ich den gestank mittlerweile auch nicht mehr abkann, vor allem aber der gestank auch alle in meinem umfeld extrem genervt hat. mich abkapseln von sozialen kontakten, um ether zu schnüffeln, wäre ja auch kein wirklich lobenswertes ziel.



ether kann wahnsinnig aggressiv machen und ist eine echte ego-droge. man sollte sich nach möglichkeit nicht unbedingt in einem etherrausch streiten.



ich habe mehreren personen durch den konsum wehgetan. entweder durch äußerungen, die ich gemacht hab oder auch alleine durch die tatsache, dass sie mich völlig dicht und ego-getrieben gesehen haben. manchmal frage ich mich allerdings, ob das meine "wahre" persönlichkeit gewesen ist, die der ether einfach nur zum vorschein gebracht hat, oder ob mich diese droge verändert. irgendwie gefällt mir keine von diesen alternativen.



die erkenntnisse, die ich alle auf ether hatte und die mir in dem augenblick so wunderschön und wahr vorkamen, haben mir mittlerweile nix mehr zu sagen und an die meisten kann ich mich ohnehin nicht erinnern. außerdem glaube ich, dass meine gedanken teilweise dermaßen psychotisch gewesen sind, dass diese ohnehin keinen größeren zusammenhang zu der real existierenden welt hatten.



man kann auf ether halluzinieren, ich kann mich an keine einzige halluzination erinnern, jedenfalls an keine optischen. mir wurde auch gesagt, dass ich merkwürdige sachen gesehen haben soll, aber ich kann mich an nix mehr erinnern.



ich habe weder einen physischen, noch einen dauerhaften psychischen schaden vom konsum erlitten. ausser dem craving, was ab und zu kommt, versteht sich.



ether kann spaß machen, wenn man sich an ein paar regeln (seltener konsum, am besten nix oder nur geringe mengen im haus haben) hält / halten würde. ich hab’s nicht geschafft.



für mich heisst es jedenfalls ab jetzt: finger weg von ether! mal sehen, ob & wie lange ich mich daran halten werde...