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Titel:2DPMP - Ein Fehler und die Folgen.
Droge:Research Chemical
Autor:Dine
Datum:26.07.2012 08:06
Nützlichkeit:8,33 von 10 möglichen   (82 Stimmen abgegeben)

Bericht::



Hallo Leute,

in diesem Bericht wird es hauptsächlich um 2DPMP - Desoxypipradrol - und dessen Langzeitkonsum gehen. Ich warne jeden davor, muss aber gleich zu Anfang betonen, dass ich leichtsinnig und dumm an die Sache heran gegangen bin. Aber von Anfang an..




Einführung -

2011.




Meine bisherigen Erfahrungen mit Drogen waren nicht groß. Ich war 16, eher das Mauerblümchen, der ganze Stolz meiner Eltern. Aber ich war nie wirklich glücklich. Für die Schule musste ich nie lernen und war trotzdem Klassenbeste, wollte Medizin studieren und ja, alles langweilte mich. Freunde hatte ich nicht viele.

Ich lernte meinen Freund kennen. Kurz darauf las ich von DXM, ein wirklich wundervoller Plateau II Trip war der Einstieg in eine Welt, die nicht wirklich wirklich war. Aber sie faszinierte mich.



So sehr, dass ich begann, alles auszuprobieren, was ich in die Finger bekam, immer nur heimlich, versteht sich. Ich klaute Benzos von meinen Eltern, fand heraus das ich Tetrazepam sehr gerne mochte, experimentierte mit Lachgas, alles recht harmlos.



Dann habe ich im Internet von Research Chemicals gelesen. Ich kam nicht an harte Drogen, leider nicht, also eröffnete sich mir eine ganz neue Welt. In der ein Mädchen ohne Kontakte spielend leicht an bewusstseinsverändernde Substanzen kam.



Ich bestellte also Phenazepam. Als es kam, war ich am Abend mit einem Freund und einer Freundin von mir verabredet. Das war die Zeit, in der ich begann, öfter wegzugehen, und meine Liebe zu Alkohol zu entdecken. Ich traute mich nicht, mich zu betrinken und das Zeug zu nehmen. Als ich es letzten Endes probierte.. tja, war ich enttäuscht, keine Wirkung, kein leichteres Leben, nichts.



Ich war kurz davor, all das aufzugeben, mein Leben einfach normal weiterzuleben. Und ich wünschte mir, ich hätte es getan.





2DPMP



Ohne mich über großartig über die Substanz zu informieren bestellte ich es mir, einfach weil es mir ins Auge stach. Was sollte schon passieren?

Drei Tage später kam es. Theoretisch, hätte meine Mutter es nicht gefunden, weil sie "ausversehen" den Brief geöffnet hatte. Sie war entsetzt, nicht ich, nicht ihre Tochter.

Sie warf es weg.

Ein Glück, dass ich einen Vater hatte, der es für mich aus dem Müll sammelte um es mir zurückzugeben. Das war der Anfang.





Konsum - Die ersten Wochen



Der erste Konsum war überwältigend. Ich spürte, dass mich nichts mehr interessierte, konnte mit anderen reden obwohl ich doch so schüchtern war. Der ständige Streit Zuhause war mir egal. Niemand wusste davon. Die erste Woche ging alles gut. Ich dosierte nach Augenmaß und dachte, ich hätte alles unter Kontrolle - nichts war mehr unter Kontrolle, ich schlief nachts nicht mehr, aber es machte mir nichts aus.



Ich nahm meine erste Dosis morgens, die zweite Abends, machte die Nacht durch, ging in die Schule mit der nächsten, so lief das, bis ich im Englischunterricht feststellte das ich - ja, das ich nicht mehr lesen konnte. Ich erkannte schlicht die Buchstaben nicht mehr. Ich weiß noch, wie ich verwirrt und ängstlich dasaß, und Angst hatte, mein Lehrer würde mich aufrufen. Irgendwann sollten wir Verben markieren, ich weiß nicht mehr genau um was es ging.. ich flüsterte meiner Freundin zu, dass ich nichts lesen könnte und bat sie, mir zu helfen. Ich denke, sie verstand nicht, dass ich es ernst meinte..



An dem Tag telefonierte ich mit meinem Ex, weil ich Angst hatte, nicht wusste, was ich machen sollte. Er sagte mir ich soll aufhören, dass Zeug zu nehmen. Ich sagte ihm, dass ich das tun würde, aber ich dachte nicht einmal im Traum daran.



Ich schlief nicht mehr, seit Tagen nicht, ich konnte einfach nicht mehr. Im Bus dann fielen mir die Augen zu, einmal verpasste ich die Schule und fand mich irgendwo wieder, wo die Busse am Ende geparkt wurden. Es war abgrundtief peinlich, mich dann wieder zur Schule fahren zu lassen.

Schule? Wozu noch, ich lernte nicht mehr, wie auch, ab und zu fiel mir ein, dass ich eine Arbeit schrieb und dann lernte ich Nachts, war aber zu verpeilt um etwas länger zu behalten als 20 Sekunden.



Ich änderte nichts an meinem Konsum. Magerte ab, weil ich nicht mehr essen konnte (der Gedanke daran ekelte mich an), und was das schlimmste war..



Paranoia



Ich schloss mein Zimmer immer ab, wenn ich mich darin aufhielt. Vermutete Menschen, die mir etwas antun wollten und langsam begann ich zu halluzinieren. Das steigerte sich. Ich sah einen Mann in meinem Fenster, jeden Abend. Der mich anstarrte und sich weigerte, mit mir zu reden. Meine Nachttischlampe fing an zu tanzen und später dachte ich, ich könnte sie - natürlich nur mit meinem Willen - bewegen. Das gefiel mir, weil ich dachte, ich wäre etwas besonderes. Ich glaubte daran.

Die Fotos an meiner Wand manifestierten sich zu Gestalten, die mir Angst machten, Vergewaltigungen zogen an meinen Augen vorbei und ich weiß nicht, ob es vom Schlafmangel oder dem 2DPMP kam, oder von beidem.



Zu meiner Mutter sagte ich einmal, als ich mit meinem Freund an ihr vorbei lief "Pass auf, da sind Russen auf dem Dachboden."

Ich war mir vollkommen sicher. Hätte angefangen mit ihr zu diskutieren, wenn mein Freund mich nicht weiter gezogen hätte.



In der Schule fühlte ich mich beobachtet. Ich war mir sicher, dass die anderen mich hassten, ständig über mich lästern und sich gegen mich verschworen hatten. War mir sicher, dass sie sich in mein Handy einhacken konnten und alles lasen, was ich schrieb.





Halluzinationen die 2.



Ich begann nun, Texte zu schreiben, Nachrichten. Die nur leider niemand außer mir lesen konnte. Es war ein Gewirr von Buchstaben, dass nur für meinen zugedröhnten Kopf einen Sinn ergab. SMS, die ich zurückbekam oder sonstiges, interpretierte mein Kopf vollkommen anders. ich dachte, mein Freund hasst mich und will mich verlassen, dass schrieb er mir ja. Zumindest sahen meine Augen, mein Gehirn das so.



In der Zwischenzeit starb eine Freundin am Heroinkonsum, eine weitere (wir waren zu dritt) war dabei, abzurutschen, konsumierte Kokain und das machte mich fertig. Ich konnte ihr nicht helfen. Begann erst mit Gras und ähnlichem, später mit Codein und Midazolam zu experimentieren.

All das in meiner verfälschten Welt des 2DPMP's.



Ich war depressiv. Hasste mich, meinen Körper und mein Leben. Führte Tagebuch und es erschreckt mich, heute zu lesen was ich schrieb. Seltsamerweise gewöhnte ich mir in dieser Zeit an, auf englisch zu schreiben denn es war fast so, als ob ich im Deutschen nicht ausdrücken konnte, was ich fühlte.

Am Wochenende gingen wir regelmäßig feiern, ich hatte keine Kontrolle mehr, war auf andere angewiesen, spielte mit dem Feuer. Nach all den schlaflosen Nächten endete eine Nacht extrem. Ich konnte mich bis zum nächsten Morgen nicht mehr bewegen, und mein Freund dachte darüber nach, den Notarzt zu rufen.. ich bin froh, dass er es nicht getan hat.





Das Ende




Dann kam der Tag, an dem all das endete. Von meinen Anfangs 68 Kilo auf 170m waren noch 48 übrig, auf meinem Rücken hatte sich eine Art Ausschlag gebildet, der wahnsinnig wehtat. "Löcher", in der Größe von 1€ Stücken, die nicht heilen wollten.

In der Nacht halluzinierte ich, dass die Schule ausfallen würde, weil alle nach München fahren würden, außer mir, weil mir keiner einen Zettel gegeben hatte, und das Halloween wäre, und mein Nachbar und meine Freundin N im Haus wären, Krach machten um mich zu Tode zu erschrecken.



Das war dann auch das, was ich meiner Mutter am nächsten Tag erzählt habe. Ich kann nicht mit den anderen nach München, obwohl jeder von denen 200€ für Schuhe ausgeben darf. Das zahlt die Schule.

Sie glaubte mir, oder tat zumindest so.



Ich blieb Zuhause. Ging in mein Zimmer, sperrte die Tür zu, rief meinen "Ex", eine Internetbekanntschaft, an und schrie ihn an, wollte verzweifelt wissen, warum er mir per SMS sagt er hätte ein Kind von mir. Wir haben uns nie persönlich getroffen, und ich wusste das. Er sagte mir, dass er etwas von mir aufgehoben hätte und dieses Kind nun bekommen wird, er will es, und es ist ihm egal, ob ich es auch will.

Dieses Gespräch fand so nie statt, wir haben telefoniert, aber redeten.. laut ihm, normal miteinander.



Ich rief weinend meinen Freund an, mit dem ich am Tag zuvor Schluss gemacht hatte weil ich dachte er hätte mich betrogen, er war gerade auf der Arbeit. Er redete auf mich ein, ewig, dass das nicht sein könnte. Ich glaubte ihm nicht, beteuerte, dass mein Leben zu ende war. Er nahm sich frei, fuhr sofort zu mir und zwang mich, mich hinzulegen, ich schlief, ziemlich lange, und nach einer Weile ging es mir besser.



Mit der Zeit besserte sich mein Zustand. Mein Rücken heilte. Ich nahm die Welt wieder normal wahr.





Die Zeit danach



Einige Wochen später probierte ich es nochmal - immerhin wusste ich ja mittlerweile, was ich beachten musste. Der Effekt? Der gleiche wie vorher, nur mein Kopf fühlte sich an wie mit Stacheldraht gefüllt, mir wurde unheimlich schlecht und am nächsten Tag hatte ich Depressionen, die ich keinem wünsche.



Eine Schutzfunktion meines Körpers? Davon gehe ich zumindest aus.







Resümee



Abschließend kann ich sagen - ich habe damit alles aufs Spiel gesetzt. Ich war dumm und kindisch, unvorsichtig und habe die Situation unterschätzt. Was mir passiert ist, wäre nicht passiert, wenn meine Mitmenschen in den ersten 16 Jahren meines Lebens interessierter gewesen wären. Mein Vater ist Alkoholiker und meine Mutter süchtig nach ihrer Arbeit gewesen, niemand hat mitbekommen, was mit mir los war und wie es mir ging.



Ich habe das Probehalbjahr in der FOS 11 fast nicht geschafft, kann mich immer noch nicht wieder konzentrieren, kann so viel lernen wie ich will und es bringt nichts. Meine Noten haben sich mittlerweile stark verbessert, aber ich bin und bleibe Durchschnitt. Für mich die größte Strafe, die ich bekommen hätte können. Ich weiß nicht, ob mein Gehirn für immer geschädigt ist, oder ob ich jemals wieder die Leistung bringen kann, die damals möglich war. Ich hoffe es.

Ich habe meine beste Freundin verloren und fast auch meinen Freund, und das einzig positive daran ist, dass ich weiß, dass er immer für mich da ist, zu mir hält, egal was passiert. Das ich ihn über alles liebe und er der wundervollste Mensch auf diesem Planeten ist. (Das alles zu erzählen wäre zu lang geworden.)







Ich habe lang überlegt ob ich das hier poste, aber dies richtet sich vor allem an diejenigen, die Drogenkonsum für ein Spielchen halten - das ist es nicht. Ich rate niemandem vom Konsum ab. Nein, warum auch. Geregelt kann er den Alltag bereichern und den Horizont erweitern. Aber unterschätzt es nicht, wenn ihr mit RC's hantiert, kauft euch eine Waage, und bitte..



.. vergesst nie, dass man sich mit Drogen keine bessere Welt schaffen kann.









Alles Liebe und passt auf euch auf,

Dine