Langzeit-Berichte lesen

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Titel:Das sinkende Schiff
Droge:Speed
Autor:LoC
Datum:11.06.2014 09:47
Nützlichkeit:8,19 von 10 möglichen   (53 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Hallo zusammen,



nachdem ich mir nun etliche Erfahrungs- und Langzeitberichte in diesem sowie in anderen Foren durchgelesen habe und überzeugt bin, dass die Meinung von Leuten, mit denen man nicht ständig zu tun hat nützlich sein kann, erzähle ich jetzt auch mal meine Geschichte.



Dies wird mit Sicherheit ein sehr langer Bericht, da ich mir die letzten 7 Jahre auch einfach mal von der Seele schreiben muss (habe gehört, viele Absätze helfen) und ich sowohl die faktische als auch ein wenig die philosophische Seite meines Konsums darstellen möchte. Ich werde versuchen, dabei nicht allzu oft abzuschweifen. Jedoch muss ich das eine oder andere Detail erwähnen, da ich gewisse Dinge und Ereignisse für euch so nachvollziehbar wie möglich machen will.









Zunächste einmal zu meiner Person









Ich bin vor kurzem 25 Jahre alt geworden und obwohl ich meinen Geburtstag ungern feiere (nach dem 18. wird man ja eh nur noch älter), zwingt er mich wie jedes Jahr zu einem Rückblick auf mein bisheriges Leben und ich ziehe Bilanz.

Ich bin etwa 180 km von meinem deszeitigen Wohnort entfernt aufgewachsen und hatte eine gut behütete Kindheit. Ich erfülle also nicht das Kischee des Junkies, der damals geschlagen wurde und nie richtig Kind sein durfte.









Die ersten 10 Jahre







Im Gegenteil, ich hatte und habe liebevolle Eltern. Doch schon bevor ich mit 10 Jahren nach der Grundschule aus meinem Umfeld gerissen wurde, da wir in meine jetzige Gegend gezogen sind, hatte ich Probleme damit, auf Menschen zuzugehen. Ich hatte zwar viele Kumpels, jedoch war ich Menschen, die ich nicht oder nicht richtig kannte gegenüber schüchtern.



Das was mir an sozialer Kompetenz fehlte, versuchte ich immer mit Coolness wettzumachen und in diesem Alter sind nunmal die Sachen cool, die verboten sind. Dieses verlangen nach Anerkennung und meine große Neugier neuem gegenüber führte dazu, dass ich bereits mit 8 Jahren zusammen mit einem Klassenkameraden das erste mal geraucht habe. Wir wussten beide nicht genau wie das geht, deshalb pafften wir nur. Da wir in der spiesigen Vorstadt lebten, haben wir uns aus Angst vor den Konsequenzen immer dabei versteckt.



Etwas später, ca. mit 9 Jahren vergriff ich mich zusammen dem Cousin meines besten Freundes (nennen wir ihn Kevin), an der Kellerbar dessen Eltern. Das war meine erste Erfahrung mit Rauschmitteln und wir ließen 2 Flaschen Schaps mitgehen. Das fiel nie auf, da Kevins Eltern damals schon dem Alkohol nicht abgeneigt waren, wenn ich mich richtig erinnere.



Ich kann auch nicht mehr sagen, ob ich einen Rauschzustand hatte, jedoch tranken wir beide ein paar Schlucke, nur um festzustellen, dass der Fusel ekelhaft war und so stellten wir die Flaschen wieder unauffällig zurück in den Keller. Das wiederholten wir immer mal wieder in unbestimmten Abständen. Rückblickend betrachtet war der Reiz des Verbotenen viel stärker als die anschließende Erkenntnis, dass es uns nicht schmeckte. Dieses Verhalten bestimmt seit jeher mein Leben.Mein bester Freund damals (nennen wir ihn Martin) war immer dabei. Jedoch hat er nie mitgetrunken oder geraucht. Das sollte sich im späteren Verlauf seines Lebens drastisch ändern.



Während der gesamten Grundschulzeit hatte ich Spitzennoten und war einer der Klassenbesten. Deshalb bekam ich auch eine Gymnasialempfehlung. Darüber war ich sehr froh, doch nun stand unser Umzug bevor und ich musste mich von meinen Freunden verabschieden.









Die Jahre 10 bis 18









Da mein Vater berufsbedingt jeden Tag 180 km einfach zu seiner

Arbeitsstelle pendeln musste, zogen wir also in den Sommerferien 1999 in eine Mietwohnung einer Kleinstadt, deren Gymnasium ich besuchen sollte. Wir kamen aus einem Haus, unserem Haus und ich hasste diese Wohnung sofort. Direkt am ersten Tag in der neuen Stadt lernte ich einen Jungen kennen und wir wurden Freunde. Ich kam mir damals sehr cool und erwachsen vor, wenn ich heimlich paffte und so verführte ich ihn auch dazu. Nach einiger Zeit flog die Pafferei bei meinen Eltern aber auf und ich und mein neuer Kumpane holten uns einen Riesigen Anschiss ab. Das war mir damals so unangenehm, dass ich ihn tatsächlich nie wieder gehen habe, da ich seinen Eltern nicht unter die Augen treten konnte.



Dieses Erlebnis ließ mich für die nächsten 2 Jahre keine Zigarette mehr anfassen, denn ich hatte meine Eltern noch nie so wütend erlebt. Sie beruhigten sich aber wieder sehr schnell. Also besuchte ich die nächsten 2 Jahre das Gymnasium und hielt bis Ende der sechsten Klasse einen Zweierschnitt.



In dieser Zeit hatte ich zwei Kumpels, die beide in meiner Klasse waren. Wir waren jedoch nicht sehr beliebt und wurden in der Pause recht oft verspottet, was meinem Selbstwertgefühl nicht gerade gut tat. In dieser Zeit schloss ich jedoch Freundschaft mit einem dritten Jungen aus meiner Klasse (nennen wir ihn Thomas). Diese hielt ca. bis Mitte der siebten Klasse, als bei uns allen schleichend die Pubertät einsetze. Da ich immer noch mit den beiden anderen Kumpels zu tun hatte, wollte Thomas dann plötzlich nichts mehr mit mir zu tun haben. Das hat mir damals einen schweren Schlag versetzt.



In dieser Zeit habe ich auch eine meiner damaligen Grundrelgeln verletzt und das erste mal an einem Joint gezogen. Wie bei den meisten habe ich beim ersten mal keinen Rauschzustand gefühlt und stempelte Marihuana als Humbug ab. Da andere Dinge plötzlich interessanter wurden (vor allem Mädchen), kam es dazu, dass ich die siebte Klasse wiederholen musste. Ich schaffte die Extrarunde aber nur knapp und meine Eltern lagen mir nahe, auf die Realschule zu wechseln.



Das tat ich dann auch und am ersten Tag kannte ich wieder niemanden. Da ich das Procedere aber schon kannte schloss ich schnell Freundschaften und wir wurden so eine Art Nerdabteilung der Schule, was mir sehr gefiel. Wir veranstalteten viele Lanparties und hatten jede Menge Spaß. Da aber keiner von denen Drogen nahm geschweige denn rauchte blieb ich nahezu clean.



Ich hatte zu der Zeit einen besten Freund (nennen wir ihn Klaus), der auch noch bei mir in der Nähe wohnte. Mit ihm kiffte ich ab und zu und als er damals auch seine Schule wechseln musste, lernte er neue Leute in seiner Klasse kennen. Seine Schule lag 100m Luftlinie von meinem Zuhause weg und mein Schulbus hielt jeden Tag nach der Schule dort. Das bedeutete, ich lernte seine neuen Freunde sehr bald kennen. Klaus wollte aber auch von mir irgendwann nichts mehr wissen, was ich traurig fand, seine Kumpels aus seiner Klasse traf ich aber weiter und ich wurde teil ihrere Clique. Diese Clique besteht bis auf eine Ausnahme bis heute. Sie bestand aus mir, Yuri, Jonas und Peter, der sich später ausgeklinkt hat.









Erste Erfahrungen







Rund um meinen 18. Geburtstag herum besuchte Yuri einen alten Freund (nennen wir ihn Michael), den er jahrelang nicht gesehen hatte und da er immer mehr Zeit bei ihm verbrachte, gingen wir anderen eines Tages mit. Sofort fiel uns auf, dass dort eine Bong in der Ecke stand und das auf dem Schreibtisch eine leere CD-Hülle mit einem seltsamen weißen Pulver lag. Das war meine und unsere erste Begegnung mit Speed bzw. Pep wie er es nannte. Damit wollten wir nichts zu tun haben, doch ein paar Besuche später hatten wir schon mehr Interesse.



Ein paar Tage später traf ich ich mit Jonas, der irgendwie fertig aussah und er erzählte mir, dass er dieses Pep ausprobiert hätte am zuvor und jetzt immer noch wach wäre aber trotzdem voller Energie. Ich konnte mir das natürlich nur schwer vorstellen und gab ihm eine Standpauke. Ein oder zwei Tage später folgte ich ihm aber dennoch zu Michael und war unsicher, ob ich es auch mal probieren sollte. Michael bot mir eine Bahn an, klärte mich aber auch über die Nebenwirkungen auf. Ich sagte mir, eine Bahn tut ja keinem weh, denn ich wollte es ja nur mal ausprobieren.



Ich zog mir das Zeug also durch die Nase, was sich beim ersten Mal natürlich sehr merkwürdig anfühlte. Ich hatte ein bisschen Angst vor der Wirkung, doch nach ca. 10 bis 15 Minuten spürte ich ein warmes, angenehmes Gefühl im Körper und fühlte mich einfach nur großartig. Alles ging so einfach und Gespräche liefen wie von selbst. Michael hatte 4 Rechner in seinem Zimmer stehen und ich fing spontan an Counterstrike zu zocken. Ich war wie im Tunnel und als ich auf die Uhr sah, war es plötzlich 2 Uhr nachts. Ich erschrak und ging zusammen mit Jonas auf den Nachhauseweg. Zuhause zockte ich weiter, nachdem ich natürlich keinen Schlaf fand.











Party Nonstop







Von da an gingen wir alle öfter zu Michael in den Nachbarort und unsere Zock- und Labersessions wurden länger und länger. Zu der Zeit schmiss ich eine Ausbildung, weil dieser Beruf offensichtlich nichts für mich war und war anschließend ein Jahr arbeitslos. In dieser Zeit gab ich etwa sieben- bis achttausend Euro für unser Speed aus, sodass wir weiterhin Spaß haben konnten. Dieses Geld nahm ich von meinem Sparbuch, welches ich an meinem 18. Geburtstag erhielt.



Im August 2008 schließlich trat ich meine Ausbildung zum Bürokaufmann in einem sehr rennomierten und bekannten Betrieb an. Obwohl die Sessions über die 2,5 Jahre die die Ausbildung dauerte kein Ende nahmen, beendete ich im Januar 2011 die Lehre mit der Note 3. Über diese Jahre lernte ich natürlich auch die hässliche Seite des Drogenkonsums insbesondere von Speed kennen. Ich hatte unregelmäßig Depressionen, weil ich meinen Konsum vor mir selbst nicht rechtfertigen konnte und musste alle Nase lang verballert auf die Arbeit gehen (ich weiß, schlechtes Wortspiel). Ich hatte währenddessen auch eine Freundin, die allerdings 60 km von mir wegwohnte. Das und die Tatsache, dass die Sessions nahezu ungehindert weiter gingen, sorgte leider dafür, dass die Beziehung nur 4 Monate hielt. Auch das stürzte mich in eine tiefe Depression, nachdem ich mal ein paar Tage nüchtern blieb und den Verstand hatte, darüber in Ruhe nachzudenken.



Vor ca. 1,5 Jahren fing ich dann damit an, immer öfter auf der Arbeit zu fehlen, weil ich entweder keine Lust hatte die Sessions mit den anderen zu unterbrechen, oder weil ich nichts mehr zum ziehen hatte und ich keine Lust auf den Abfuck auf der Arbeit hatte und ich dort halbtot rumgelaufen wäre.









Ein Versuch Ohne







Vor ein paar Monaten dann wurde mir alles zuviel, weil ich unter anderem mittlerweile die körperlichen Schäden spürte, die ich mit meinem Konsum angerichtet hatte. Zudem hatte ich enorme Probleme mit Menschen zu reden, die nicht aus meinem Freundeskreis oder von der Arbeit waren. Mein seelischer Zustand war also ebenfalls alarmierend und die Depris häuften sich. Ich beschloss also eine längere Pause zu machen und klinkte mich dafür fast komplett aus der Clique aus, was mir den Rest gab. Ich wusste, dass ich es ohne den Abstand zum Rest der Clique nicht schaffen würde, doch ich hatte den Wunsch mich umzubringen.



Ich hielt das tatsächlich ein halbes Jahr lang durch und machte sogar wieder regelmäßig Sport. Doch insgeheim wünschte ich mir nichts mehr als meine Freunde mal wieder zu sehen. Ich hatte nicht einmal das verlangen auf Speed. Zumindest hat mich diese Zeit gelehrt, das unsere Clique keine reine Drogenversammlung ist, sondern wahre Freundschaft. Als ich es dann nicht mehr ausgehalten habe, nahm ich den Kontakt vergangenes Sylvester wieder auf. Natürlich habe ich nach langem zögern auf der Sylvesterparty von Jonas wieder was gezogen und bin seitdem wieder mehr oder weniger durchgehend drauf.







Heute







Und damit kommen wir zum heutigen Tag. Ich kiffe wieder viel, weil ich dann wenigstens bei ein paar Gelegenheiten einfach schlafen gehe statt mir die Nacht um die Ohren zu schlagen. Jedoch endet das aber in den meisten Fällen mit Mischkonsum und ich muss am nächsten Morgen wieder auf der Arbeit anrufen. Ich arbeite übrigends immer noch bei der Firma, in der ich meine Ausbildung gemacht habe. Ich bin mal gespannt, wie lange die das noch mitmachen.Wenn die mir die Kündigung in die Hand drücken, ist das vielleicht der Schlag ins Gesicht, den ich gebraucht habe, um mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ich bin in den 7 Jahren, in denen ich nun schon ziehe, aber realistisch geworden und kenne mich. Das wäre für mich eine Einladung dafür, alles noch viel schlimmer zu machen. Meine melancholisch-depressive Haltung, die ich schon immer hatte, wird mich genau dazu treiben.









Abschließend







Nun denn, es ist doch etwas mehr geworden als ich ursprünglich schreiben wollte. Ich hoffe, ihr habt es dennoch bis zum Ende gelesen.



Ich habe versucht, nicht bewertend zu schreiben, ich glaube das ist mir ganz gut geglückt. Ich hoffe, das jeder der nun hier unten im Text angelangt ist, verstanden hat, welche Wirkung Drogenkonsum auf das komplette eigene und das Leben anderer haben kann. Vor allem Langzeitkonsum ist gefährlich, da sich der Konsum in den Alltag schleicht und man beide Welten nicht mehr trennt. Dann beginnt erst die wahre Abhängigkeit.



Ich danke Euch fürs Lesen und vielleicht bis zum nächsten Mal.



Bleibt sauber!