Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Erster Pilztrip: Lustwandeln im Märchenwald
Drogen:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:Najata
Datum:11.06.2012 00:41
Set:aufgeregt, fröhlich & neugierig
Setting:Wald / Wiese
Nützlichkeit:7,87 von 10 möglichen   (15 Stimmen abgegeben)

Bericht:




5. November 2011



Vor einiger Zeit erzählten mir drei Freunde von ihrem Vorhaben, erneut psilocybin haltige Pilze zu konsumieren. Ich interessiere mich sehr für psychedelische Rauschmittel, bin jedoch noch sehr jung und unerfahren, was deren Konsum angeht.
Ich hatte zwei dieser Freunde, nennen wir sie doch einfach Judaha und Baldrian, bereits unter dem Einfluss von Pilzen erlebt, mich über alles Mögliche und Unmögliche im Zusammenhang mit Psilocybin informiert, unzählige Gespräche über Trips geführt, um ansatzweise eine Idee davon zu bekommen, wie es sein wird, Pilze zu konsumieren, auch wenn mir klar war, dass man sich diesen Zustand schlecht vorstellen kann, ohne ihn bereits erlebt zu haben.
So wurde dann beschlossen, dass ein kleiner Kreis von Freunden auf dem Üetliberg trippen würde.
Ich bereitete mich nicht sonderlich darauf vor, fastete nicht und machte mir nach Möglichkeit keine Gedanken darüber, denn ich wollte keine Erwartungen aufbauen, ich hatte keine Ahnung, in welche Richtung der Trip gehen würde und war mir dessen völlig bewusst und deshalb recht gelassen, da ich keine Gewalt darüber hatte.

Wir machten uns bereits am Morgen auf den Weg, da es bereits Herbst war und es früh dunkel werden würde, was ich vermeiden wollte, da ich ein möglichst positives Setting haben wollte und ich mir die Dunkelheit bedrohlich vorstellte. Wir kauften einige Nahrungsmittel am Hauptbahnhof in Zürich (Joghurt für die Pilze und Orangensaft, da dieser angeblich helfen soll) und machten uns auf, in Richtung Felsenegg. Im Nachhinein empfinde ich mich als erstaunlich ruhig, ich war in wunderbarer Gesellschaft, einigermassen aufgeregt, aber nicht nervös, versenkte mich in die Betrachtung einer Feder die ich im Haar trug und versuchte mir weiterhin möglichst keine Gedanken über unser Vorhaben zu machen.
Wir hatten wirklich den perfekten Tag erwischt! Ansonsten war mir der Herbst in diesem Jahr nicht sehr eindrücklich erschienen, doch aus der Felseneggbahn sah man das fabelhafte, wunderschöne Leuchten der Bäume in allen möglichen gelb-orange-rot-braun Schattierungen, einen klaren Himmel, in den die Sonne mit letzter sommerlicher Wärme schien und die reine Luft, die einem bewusst machte, dass man die Zivilisation nun hinter sich hatte.

Nicht weit entfernt von der Bahnstation bogen wir vom Weg ab und setzten uns zwischen die herrlichen Bäume, wir wollten dort nicht verweilen, sondern lediglich die Pilze konsumieren und dann weiter ziehen.
Neugierig betrachtete ich jeden einzelnen Pilz (3,9 g), beschnupperte sie und knabberte sie an, zerkrümelte sie in das Joghurt und hatte sie schnell in meinem Magen. Ca. 10 Minuten nach der Einnahme musste ich noch einmal auf die Toilette und bemerkte bereits wie sich die Farben intensivierten und die gefallen Blätter auf dem Boden geometrische Muster zu zeichnen begannen. Auf der Toilette fühlte ich mich alles andere als wohl, was mich in meinem Beschluss bestärkte dass es richtig war, im Wald zu trippen.
Schnell ging ich zurück zur Gruppe, Bartin schlug mit einem Ast gegen einen Baumstamm und alberte herum, ich merkte jedoch dass sich meine Beine anfühlten wie Gummi und musste mich wieder hinsetzen, ich denke, den Anderen erging es ähnlich, auf jeden Fall setzten sich alle wieder, es wurden belanglose Dinge geredet, Bartins Gitarre wurde gespielt, was mich allerdings ziemlich überforderte, da mir jeder Akkord schrecklich aufdringlich und dominant vorkam. Ich war froh dass meine Begleiter nicht allzu erpicht darauf waren, Musik zu machen.
So lag ich ziemlich zufrieden auf dem Waldboden, fokussierte abwechselnd einzelne Blätter die sich im Zentrum meines Sichtfeldes befanden und lauschte abwesend den Gesprächen der Anderen. Judaha stand auf und verschwand zwischen den Bäumen, ich setzte mich immer wieder auf, um meine Freunde zu betrachten, ich merkte wie die Realität der Fantasie hinterher schleifte, die Dinge fingen an sich zu verdoppeln, unter Baldrian Gesicht erschien ein zweites, was durch seine Grimassen noch verstärkt wurde, als hätte er unter seinen Wangenknochen noch weitere Münder. Auch bei Bartin und Judaha verschoben sich die Züge, meine Sinne waren bereits gereizt, ich musste mich immer wieder hinlegen, setzte mich aber gleich wieder auf, fühlte mich ein wenig schwach und mein Magen rebellierte gegen den ihm unbekannten Inhalt.
Dabei war ich aber die ganze Zeit unglaublich fröhlich und innerlich in Balance, ich wusste dass die Übelkeit von den Pilzen herrührte und wohl erst nach dem Trip wieder verschwinden würde, ich wunderte mich darüber dass Bartin so einen Kampf mit ihnen hatte und schlug ihm vor er solle doch den Baum umarmen, anstatt sich an ihm abzustützen und immer wieder sinnlos zu würgen.
Als Judaha wieder auftauchte, erinnerte er mich stark an einen Magier, er hatte sich den Hut tief in die Stirn gezogen (ich weiss nicht mehr, ob er wirklich einen Hut trug) und hielt mit seinen langen, spinnenartigen Fingern einen wundervollen Pilz umfangen, als wäre es eine Wahrsager Kugel. Der Pilz war klein, zart und weiss, wir streichelten ihn mit aller Vorsicht, die kleinen Unebenmässigkeiten auf seiner Haut pulsierten wie eine Aura. In seiner kühnen Tollpatschigkeit köpfte Bartin den Pilz, was ihm unendlich Leid tat und auch ich war für kurze Zeit traurig über den Verlust des kleinen Pilzes.
Dann brachte Judaha einen weiteren Pilz, einen Stäubling, welchen er mit Sorgfalt immer wieder zusammen drückte und in Purpur, Olivengrün, Grau und Rauchblau traten mannigfaltige Muster und filigrane Zeichnungen aus ihm hervor, die psilocybin Pilze taten bereits ihre Wirkung.
Jetzt wollte ich auch auf Entdeckungsreise gehen, es zog mich nur wenige Schritte weiter zu einem Baum heran, ich setzte mich auf seinen ausladende Wurzel und lehnte mich an ihn, ich fühlt mich dem Baum sofort verbunden, spürte seine unerschütterliche Art und dass er mich mochte. So sass ich dort und schaute in den Wald hinaus/hinein, da bemerkte ich, dass sich etwas auf der Borke des mir gegenüber stehenden Baum bewegte. Es war nicht direkt auf der Borke, sondern davor, er schwebte in der Luft – ein Waldgeist.
Er schwebte vor dem Baum in der Luft, sah aus wie lauter Farne, die sich ineinander drehten und öffneten. In der Mitte der Farne befand sich jeweils ein Auge dass mich anblickte, dutzende von Augen die nur schauten und nicht werteten oder richteten. Überall waren Waldgeister. In lauter Dimensionen waren sie um mich herum und ich fühlte mich von ihnen nicht abgelehnt und nicht willkommen geheissen. Sie wussten dass ich kein Eindringling bin, sondern ein Reisender.

Judaha rief nach Baldrian und Bartin, da es gleich neben dem Baum an dem ich sass weitere Pilze zum Betrachten und Berühren gab. So lagen wir einige Zeit um die Pilze, ich setzte mich in eine Öffnung zwischen zwei Wurzeln desselben Baumes und hätte dort wohl auch den Rest des Trips verbringen können, wäre da nicht meine Neugier gewesen, die mich weiter trieb. So verabschiedete ich mich liebevoll von dem gutmütigen Baum, amüsierte mich kurz über den auf dem Boden liegenden, glückseligen Bartin und machte mich auf den Weg abwärts, durch den Wald. Es war das reinste Lustwandeln; ich fühlte mich der Natur unglaublich verbunden, Freude durchströmte mich, Freiheit und das Gefühl zu Hause zu sein. Immer wieder blieb ich stehen, berührte ein Blatt oder Rinde, seufzte, lachte vor Vergnügen, wollte aber trotzdem weiter durch den Wald weiter gehen, bewunderte alles, sprach zu den Bäumen und wollte für immer so bei ihnen bleiben.
Den Bruchteil einer Sekunde erschreckte mich dieser Gedanke zutiefst, ich sah darin die Gefahr des „hängen bleibens“, doch auch schon war er wieder verschwunden, irgendwo in den Untiefen meines Bewusstseins.
Einmal tauchte ein Baum vor mir auf, dessen Rinde überzogen war mit vielen feinen Harztropfen. Für mich symbolisierte das Harz bisher immer das Blut und die Tränen eines Baumes, doch nun glitzerten die Tropfen wundervoll hingebungsvoll in der Sonne und zeigten mir, dass Schmerz und Trauer ein Teil eines Prozesses sind aus dem viel Positives entstehen kann.
Ich wandelte weiter und kam irgendwann an den Waldrand, hinter dem ich eine Wiese und unglaublich viel Licht sehen konnte, ich ging darauf zu wie in einem Traum, zögernd und zaudernd, da ich den Wald nicht verlassen wollte, ich fühlte mich schutzlos ohne die herrlichen Bäume und das schützende Blattwerk. Aber doch tat ich den Sprung hinaus und fühlte die Wärme der Sonne auf meiner Haut und sah die Kühe; warme, weiche, freundlich aussehende Tiere. Sofort wollte ich zu ihnen hin gehen, bemerkte aber im letzten Moment den Zaun der uns trennte. Das war für mich ein totales Unverständnis, als ob sie Angst hätten dass ich die Kühe verletzen könnte oder umgekehrt.
Enttäuscht wandte ich mich ab und ging einen von Menschen geschaffenen steinernen Weg entlang, der mir irgendwie nicht passen wollte. Weiter oben hatte es ein Restaurant mit einem Spielplatz, der an diesem wunderschönen Tag viele Familien mit Kindern anzog, doch ich fühlte eine starke Barriere zu ihnen. Ich konnte mich nicht zu ihnen begeben, nicht wenn mein ganzes Empfinden so offen und schutzlos vor ihnen ausgebreitet sein würde, ich fürchtete mich, von ihnen verletzt zu werden, oder auch nur auf Ablehnung zu stossen. (Für mich war es die ganze Zeit absolut logisch, dass jede Person sofort wissen würde, dass ich berauscht war.)
So suchte ich mir ein neues Ziel, fühlte mich von der Wiese angezogen, wurde jedoch auch von ihr durch einen Zaun getrennt, als plötzlich ein Auto auf mich zugerast kam und ich ungeschickt vom Weg runter stolperte. Ich starrte den Insassen des Fahrzeuges an und fragte mich, wieso um alles in der Welt er in diesem Blechhaufen sitzt. Mein verständnisloser Blick wurde erwidert, doch sobald das Auto an mir vorbei war, fühlte ich mich wieder frei. Ich überlegte, wo ich mich denn nun hinwenden sollte, die Wiese leuchtete saftig grün und der Wald lockte mit seinen wundervoll verschnörkelten Ästen, gerade als ich mich dazu entscheiden wollte in einen anderen Teil des Waldes zu laufen (was unter Umständen eine sehr schlechte Idee hätte werden können), hörte ich wie Judaha lauthals nach Bartin rief und dieser ihm antwortete. Da merkte ich, dass Gesellschaft genau das war, was ich brauchen konnte. Ich hatte mich die ganze Zeit über im Wald nicht alleine gefühlt, aber zurück zur Gruppe wollte ich trotzdem unbedingt.
Auf dem Weg zurück zu dem Platz an dem wir die Pilze eingenommen hatten, kam ich zuerst an einem wundervollen, allein stehenden Baum vorbei, dessen Wurzeln vertrocknet auf der Wiese lagen, dessen Äste aber in allen möglichen und unmöglich Farben sprühten und funkelten. Auch am Restaurant musste ich wohl oder übel vorbei, doch die Menschen dort hatten ihre Bedrohlichkeit verloren, ich ging möglichst zielstrebig den Hügel hinauf und gab mir Mühe niemandem in die Augen zu blicken, da ich es vermeiden wollte, auch nur ein Wort mit ihnen wechseln zu müssen.

Gerade als ich in den Wald abbiegen wollte, fingen sie an nach mir zu rufen und dann sah ich sie auch wieder: Bartin, der auf dem Boden lag und aussah als wäre er vom Baum gefallen und liegen geblieben, Baldrian, der auf dem Boden sitzt wie ein verängstigtes Waldkäuzchen dass nicht mehr weiss wie man fliegt und Judaha, der sie motivieren wollte auf die Wiese runter zu kommen. Doch Bartin war fest mit dem Wald verbunden, er sah aus wie ein Hobbit, war zu einem urtümlichen Wesen geworden und fühlte sich nicht in der Lage die Bäume, Büsche und Pilze hinter sich zu lassen.
So folgte nur ich, dieses Mal ohne Schuhe, die mich die ganze Zeit behindert hatten, Judaha durch den Wald, was zu einer schwierigen Mission wurde, da ich immer wieder stehen blieb und die Blätter betrachtete und auch Judaha das eigentliche Ziel immer wieder aus den Augen verlor. Als ich einmal schon bei einem Baum verweilen wollte, zauberte Judaha plötzlich ein Baby Belle zwischen seinen Fingern hervor und ich folgte ihm den restlichen Weg, auch wenn ich den Käse eigentlich gar nicht essen wollte. Das letzte Stück, durch das wir gingen, bestand beinahe ausschliesslich aus Dornen, welche sich in meinen Haaren, Kleidern und natürlich auch in meinen Füssen verfingen, doch ich hatte eine hohe Toleranz für die Schmerzen die sie mir zufügten, wie anders sollten sie sich auch wehren, ich mochte es schliesslich auch nicht wenn man einfach auf mich drauf steht. So zerrte ich mich wieder hinaus auf die Wiese, wo ich mich neben Judaha ins Gras legte. Der Trip war mittlerweile so intensiv und meine Sinne so stark gereizt, dass ich mir nichts mehr länger als wenige Sekunden anschauen konnte, da sich alles drehte, bewegte, öffnete, tanzte, sich aufsplitterte, teilte, wellte, kringelte und sich unaufhörlich in sich selbst spiegelte. Zuerst wollte ich mich mitteilen, doch ich bemerkte schnell dass es noch zu früh war und ich der Sprache nicht mächtig. So quälte ich mich einige Zeit, bis mich Judaha auf den Himmel aufmerksam machte.
Der Himmel. Er war so herrlich und erfüllend, dass es mir selbst jetzt noch schwer fällt, es irgendwie in Worte zu fassen. Wo ich vorher beinahe erstickte an all den Mustern und Zeichnungen, war auf dem breiten Firmament des Himmels wunderbar viel Platz, auf dem sich meine Halluzinationen ausbreiten konnten; sie trieben anmutige Ornamente in das Blau, in den Farben der Wolken, in uralten Schriftzeichen und Hieroglyphen die bis heute noch kein Mensch je verstanden hat.
Es machte sich eine euphorische Stimmung breit, vor allem als Bartin aus dem Wald auftauchte, zerzaust und schmutzig, verbunden und glücklich strahlend. Er zog sich aus, lachte, gab unglaublich merkwürdige, eigentümliche Laute von sich, wälzte sich abwechselnd auf dem Boden oder sprang wie ein jungen Hund um Wanderer herum, was sie wohl ziemlich in Verlegenheit brachte.
Auch Baldrian kam irgendwann aus dem Wald geschlichen, allerdings schrecklich traurig und erschöpft. Ich konnte sein Leid fürchterlich gut nach empfinden und wollte ihn sofort um jeden Preis trösten, auch wenn ich ihn damals noch nicht so gut kannte wie ich es heute tue. Er liess sich nach einiger Zeit auch von unserer Euphorie anstecken und so lagen wir den restlichen Nachmittag auf dem kleinen Stückchen Wiese und versuchten uns mitzuteilen was wir empfanden (wobei wir uns reichlich ungeschickt anstellten) und genossen den wunderbaren Tag und die Erfahrungen die wir gemacht hatten.


Eure Najata