Tripbericht lesen
Übersicht:
Titel: | Ayahuasca - Ein Traum von einer Erfahrung |
Drogen: | Ayahuasca |
Autor: | Jona Lartiste Autrav |
Datum: | 04.09.2012 09:34 |
Set: | zufrieden. aufgeregt. entspannt. |
Setting: | Traditionelle Zeremonie in einem kleinen Dorf nahe der Grenze Peru - Brasilien |
Nützlichkeit: | 9,47 von 10 möglichen (161 Stimmen abgegeben) |
Bericht:
AYAHUASCA
So. Okeh. Puh.
Wie man sieht – auch ein eigenes Kapitel. Für sich. Und mich. Ich fange einfach mal an, als illustre Einleitung, mit einer Assoziationskette:
wunderschön, aufregend, entspannt, spannend, intensiv, eine eigene Welt (wirklich!), manipulierbar, (wenn gewollt) kommunikativ, bunt, intern, nicht ungefährlich, bewustseinerweiternd, körperlich, fliegend, warm, sehr personen- und settingabhängig, spirituell, öffnend, bei klarem Verstand, lustig, erinnerbar, traumähnlich, kindlich, mächtig, magisch.
Kurz vor Beginn der Zeremonie in einer Hütte in dem kleinen Dorf Infierno im peruanischen Urwald, nahe der Grenzen zu Brasilien und Bolivien, änderte sich noch einmal die Besetzung, was meine Nervosität leicht steigerte: Statt dem 23-jährigen, seit 4 Monaten als Schamane tätigen Argentinier Felipe, würde der, mich ausgesprochen an meinen guten, mit Nachtschattengewächsen nicht unerfahrenen Freund Timo erinnernde, auch aus Argentinien stammende Schamane Christian, welcher seit 12 Jahren, ausgebildet von Don Ignacio persönlich, als Maestro Ayahuasca-Sitzungen wie diese leitet, durch den Abend führen.
Außerdem würde außer der ca. 32-jährigen Psychologin Fanni aus Frankreich, noch eine ca. 23-jährige Spanierin mit mir gemeinsam auf die Reise gehen, die seit einer Woche vor Ort auf das richtige Bauchgefühl für eine erste Ayahuasca-Erfahrung wartete. Fanni sollte zum vierten Mal, innerhalb eines neun Sitzungen umfassenden Zyklus, mit der Pflanze in Kontakt treten.
Jeder hatte sich eine dünne Matratze und eine Decke zurechtgelegt, auf der wir nun saßen und vor der jeweils eine sandig-dreckige Plastikschale für die Kotze bereitstand.
Außer uns befand sich in der ca. 40qm großen, einen Raum umfassenden, fensterlosen Hütte noch meine Freundin Mari, welche nicht konsumieren würde.
Ihre Matratze lag mit ein wenig Abstand neben meiner und wir hatten abgesprochen, dass ich bei Bedarf oder Lust mit ihr in Kontakt treten könnte, sie von sich aus aber passiv bleiben würde.
Ich denke, dies war ein wichtiger Teil meines Settings, da ich durch sie immer einen greifbaren Anker in die Realität in meiner Nähe wusste und dies meine erste Erfahrung mit stark bewusstseinserweiternden Substanzen werden sollte.
Pünktlich gegen kurz nach 20.00 Uhr, was im Urwald bereits völlige Dunkelheit bedeutet, schloss Christian die Tür und setzte sich wieder zu uns. Im Schein der banalen weißen Kerze, welche die einzige Lichtquelle darstellte, stand neben ihm die ebenso schmucklose 1,5-Liter-InkaCola-Flasche, die die vor drei Tagen angemischte Flüssigkeit aus Lianenextrakt und anderen natürlichen Zutaten namens Ayahuasca, enthielt.
Farbe, Konsistenz und, wie sich einen Moment später herausstellen sollte, auch Geruch und Geschmack, erinnerten ein wenig an die „Suppen“, die wir früher als Kinder im Garten „gekocht“ haben.
Den Anfang machte die links neben mir auf ihrer Matratze sitzende Spanierin und leerte das von Christian angereichte, knapp halbvolle Glas in wenigen Zügen. Kurz vorher hatte der Schamane je drei Wolken Tabak-Qualm in Flasche und Glas gepustet, was er vor jeder neuen Rationierung wiederholte.
Noch bevor ich an der Reihe war, spürte ich den Drang ihm zu sagen, dass ich weniger konsumieren möchte, als eine für mich „normale“ Ration, doch einem unbestimmten Gefühl folgend, ließ ich das bleiben. Ich leerte mein etwas mehr als zur Hälfte gefülltes Glas in zwei oder drei Schlücken und war froh, dabei vor allem den Tabakgeschmack wahrzunehmen.
Als nächstes nahm Fanni, mir mit ca. 2m Abstand gegenübersitzend, ihre Ration zu sich und schließlich Christian selbst links der Spanierin, wobei mir bei beiden die Menge entgangen ist.
Kurz nach unserer Einnahme löschte der Schamane die Kerze und wir saßen in völliger Dunkelheit und heller Erwartung im Schneidersitz auf unseren Matratzen.
Ich versuchte, mich auf meinen Körper und eine ruhige Atmung zu konzentrieren und meiner alten Angst, die Kontrolle zu verlieren, keinen Platz in mir einzuräumen. Ich redete mir Mut zu und die Bereitschaft ein, die Pflanze, welche jetzt unwiderruflich in mir wirkte, willkommen zu heißen, egal was sie mit mir machte und wohin sie mich führte.
Nach ca. 20 Minuten spürte ich bei einer zufälligen Bewegung meiner rechten Hand ein „Nachflimmern“, eine Art gefühltes Echo, welches mir den Eindruck verschaffte, die Luft als ein Material oder eine Substanz fühlen zu können. Ich berichtete dies flüsternd und ganz kurz meiner Freundin und fand Gefallen daran, mich mit größeren Körperbewegungen, aber nach wie vor sitzend, in diesem neuen Gefühl auszuprobieren.
Einige Minuten später, als das beschriebene Körpergefühl mich komplett vereinnahmt hatte und mir der Kopf ein wenig Richtung Schneidersitz sank, weil es einfach angenehm war, so entspannt zu sitzen, begann ich unendlich viele, grelle, weiße und bunte Linien zu sehen, die in ständiger, fließender Bewegung verschiedenste Muster bildeten. Hierbei war es mittlerweile egal, ob ich die Augen zu- oder aufmachte, die Dunkelheit und somit der Hintergrund für die Gebilde war die selbe.
Wider Erwarten machten mir diese ersten Visuals meines Lebens keine Angst, vielleicht ein bisschen im ersten Moment, aber vor allem war ich sehr interessiert und neugierig, was wohl als nächstes passieren würde. Aufgrund des Körpergefühls, den farbigen Bewegungen und eines an Besoffensein erinnernden Schwindels mußte ich als nächstes erst einmal würgen. Ich griff schnell nach der allein für diesen Zweck bereitgestellten Schale, mußte aber nicht kotzen... superkuhl! :)
Ich konzentrierte mich wieder auf meine Atmung und fühlte mich besser. Gleichzeitig breitete sich eine angenehme, sehr weiche Wärme in meinem ganzen Körper aus.
Da sich so schon alles sehr schön und interessant und neu anfühlte, legte ich mich erstmals hin und fühlte mich noch wohler!
Gefühlte 15 Minuten später begann der Schamane Christian unvermittelt rhytmisch mit einem recht laut und nach großer Rassel klingenden Kleinpalmenstrauch zu wedeln...
Jetzt geriet alles in Bewegung! Das „Instrument“ schien die Luft in Wellen zu versetzen; ich konnte den Klang fühlen, sehen und schmecken. Alle meine Gedanken schienen sich jetzt im Rhythmus des Strauchs im Kreis zu bewegen und begannen (ich für meinen Teil begann nun meine Gedanken zu sehen!) eine Welt zu formen, die ich noch nie gesehen hatte.
Im Zusammenspiel mit Christians Rhythmus begann in meiner Nase, genauer im oberen Nasenrücken, scheinbar ein kleines, surrendes Instrument im Takt mitzuspielen.
Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob meine Augen geschlossen waren oder nicht, in jedem Fall begann ich langsam Gefallen daran zu finden, die umherfliegenden Gedanken, die wie kleine, aber gut erkennbare Objekte durch diesen unbestimmten Raum sausten, mit den Augen zu verfolgen. Ich hatte den Eindruck, mich in meinem Kopf aufzuhalten. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Diese neue Welt wirkte wie ein riesiger, runder Raum, allerdings konnte ich weder links, noch rechts, noch oben, noch unten eine Begrenzung erahnen, während ich gleichzeitig wußte, daß eine da war.
Dann begann der Schmamane in einer unverständlichen Lautsprache zu singen, was alles bisher da gewesene noch intensivierte und klarer erkennbar machte.
Ich liebte diesen Gesang innig und ehrlich und empfand tiefe Verbundenheit mit allen im realen Raum anwesenden Personen, vor allem mit Christian, der mir unfassbar warm, vertraut und nahe erschien. Ein vorbeifliegender Gedanke schlug vor, ab jetzt die Sonne nach ihm zu benennen.
Ich tauchte tiefer ein. Irgendwann fiel mir auf, dass meine Freundin Mari (scheinbar) lange nicht mehr von mir gehört hatte und sich vielleicht Sorgen machen könnte. Dieser Gedanke flog nicht wie die anderen vorbei, sondern schien in einer klaren, in der Mitte meines Gesichtsfeldes vertikal, vom Rest der Geschehnisse isolierten Bahn zu verlaufen. Dieses klare Bewusstsein behielt ich während der gesamten Reise, ohne mich in irgendeiner Art und Weise darum bemühen zu müssen. Als ich mich entschloss ein kurzes Lebenszeichen von mir zu geben, wußte ich sofort, dass „unten rechts“ ein Ausgang sein würde. Ich schaute kurz raus und flüsterte ins Dunkel zu meiner Rechten, ein vollends der Wahrheit entsprechendes „Alles ist gut, es ist wunderschön!“. Dann tauchte ich wieder ab. Auf dem Weg, im Gang sozusagen, fiel mir noch etwas ein. Ich ging zurück und flüsterte: „Hier unten rechts ist ein Ausgang, kein Problem. Hier hängt sogar eins dieser grünen SALIDA(AUSGANG)-Schilder“, entschied ich und – schwupps - gab es ein Schild.
Zurück in meiner Welt, begann ich mich auf einzelne Gedanken zu konzentrieren, was dazu führte, dass sie mir näher kamen, bis ich „in“ ihnen landete, wie in einer Filmszene, nach einem Gang über das Set.
In einem dieser Gedanken saß ein ganz kleiner, dicker, texanisch aussehender, mir unbekannter Herr mit einem RIIIEEESSSIGEN Hut an einer Bar. Der Hut war größer als die Theke. Mir fiel auf, dass das Ganze interessanter wäre, wenn alles um ungefähr sieben Grad nach rechts geneigt wäre.
Der Herr hatte nun Schwierigkeiten seinen Barhocker zu drehen und sah mich leicht überrascht an. Im nächsten Moment spielte sich vor meinem gesitigen Auge (während ich mich in meinem Kopf befand, soll heissen zusätzlich zur eigentlichen Hauptszene, also ich dachte in meinen Gedanken) eine Art Werbefilm ab, blitzschnell und ich sah die Straße, in der sich die Bar befand, dann die Stadt und sauste in wilder Kamerafahrt durch die Straßen, während alles um sieben Grad geneigt war. Mir gefiel diese Optik, was zu dem Entschluss führte, dass ich oder irgendjemand einmal solch einen Film produzieren sollte, da es einfach ganz interessant aussah.
Zurück beim Texaner bot er mir seinen immer größer werdenden Hut an, den ich mir aufsetzte und kurzerhand darin verschwand.
Dies führte mich zu einer komplett neuen „Szene“, einfach zu einem anderen Gedanken, der wiederrum zu einem anderen und weiter und weiter. Mit der Zeit merkte ich, dass ich mit einer Schwimmbewegung meiner Arme, die ich auch tatsächlich ausführte, das „Bild“ in der Mitte trennen und wegschieben konnte, um direkt zum nächsten Gedanken zu gelangen. Durch diese Umgehensweise wurde jeder Gedanke zu einer Art Bahnwaggon und ich tauchte eine Zeitlang von einem in den nächsten.
All dies ging sehr schnell, blieb gleichzeitig aber total entspannt - „tranquilo“, wie man hier sagt.
Irgendwann hörte die Musik nach einer kurzen, intensiven Steigerung des Rhythmus' abrupt auf. Meine Welt waberte weiter.
In die neue Stille, die eigentlich gar keine war, da ein seichter Dschungelregen sympathisch auf's Wellblechdach trommelte, viele Tierlaute aus dem uns umgebenden Urwald zu hören waren und das kleine Instrument in meiner Nase nach wie vor schüchtern vor sich hinsummte, fragte Christian einen nach dem anderen nach seinem Befinden.
Als ich an der Reihe war, antwortete ich ohne nachzudenken sehr plakativ „Maravillosa. Wonderful. Wunderschön.“, was alles das Gleiche bedeutet. Da der Fragende ausschliesslich Spanisch verstand, weiß ich nicht genau, warum ich auf drei Sprachen antwortete. Wahrscheinlich wollte ich in meiner Verwirrung allen Anwesenden, inkl. mir selbst, unmissverständlich und ohne Zweifel zu verstehen geben, wie gut ich mit dieser stark wirkenden Substanz in mir zurechtkam und dass sich alles, was ja absolut der Wahrheit entsprach, wunderschön anfühlte.
Mir fiel auf, dass ich seit sehr langer Zeit pissen musste und das sagte ich auch. Mari bot sich an mich zu begleiten und die Spanierin neben mir, reichte mir ihre Taschenlampe, da wir unsere leider vergessen hatten.
Kurz fand ich den Gedanken aufstehen zu müssen, um draußen im strömenden Regen pissen zu gehen sehr anstrengend, aber dann entschied ich mich das Ganze interessant zu finden. Sehr vorsichtig richtete ich mich auf. Mir war schwindelig. Leider waren aus den ursprünglichen 2,5 m bis zur Tür mittlerweile zehn geworden. Ich stand mühsam auf und bemerkte ein Schwindelgefühl, was auszuhalten war, solange ich meinen Kopf gesenkt hielt. Wir machten uns auf den Weg.
Ich bewegte mich wie ein 90-jähriger mit Buckel, was den beiden einzigen bewusst anwesenden Personen Mari und Christian ein Lachen entlockte. Auch ich fand das lustig.
Als wir nach einer Ewigkeit endlich draußen vor der Tür ankamen, bemühte ich mich umständlich die vier nassen Holzstufen herunterzuklettern, ohne auszurutschen und im knöcheltiefen Matsch zu landen. Gar nicht so einfach.
Als ich unten ankam konnte ich die tiefen Pfützen und den Matsch an meinen nackten Füßen sehr geniessen. Ich hangelte mich, ohne einen Moment freizustehen, zur nahegelegenen Ecke der Hütte, lehnte mich an und pisste ewig lange.
Als ich fertig war und mich zum Treppengeländer tastete, mußte ich plötzlich kotzen. Einmal, ganz kurz. Dennoch blieb ich einen Moment gebückt stehen und erklärte der wartenden Mari, dass Hitler ein Fan von Diagonalen (im grafischen Sinne) war und bewies diese Feststellung kurz durch Andeutung des verhassten Grußes. Sie erkannte die Genialität dieses Gedankens an und ich lachte mich kaputt. Sie lachte kurz mit und wir gingen wieder rein. Auf dem wieder endlos scheinenden Weg, bedeutete ich ihr nochmals wie gut es mir ging und dass ich froh war, trotz all der wundersamen Geschehnisse in meinem Kopf, die ganze Zeit klar denken zu können.
Ich hatte richtig Lust all die erlebten Dinge zu erzählen und tat dies auch in normaler Sprechlautstärke bis sie mich auf die in Trance liegenden Personen um uns herum aufmerksam machte.
Das tat mir leid und ich legte mich wieder hin. Währenddessen begann wieder der raschelnde Rhythmus und ich flüsterte ihr zu: „Da issa wieder! Das ist wunderschön... und zum Kotzen!“. Ich schüttelte mich wieder vor Lachen, achtete aber darauf die Anderen nicht zu stören.
Sobald ich lag und der Musik lauschte, tauchte ich wieder ein. Als Christian abermals zu singen begann und der mittlerweile zu einer Art kleinem, lebendigen Helikopter mit einer Seele und Gefühlen gewordenen Klangkörper mich den gesamten Raum ausnutzend umschwirrte, fühlte ich wieder diese alles auf der Welt existierende umfassende, absolut ehrliche Zuneigung und tiefe Liebe zu allen Dingen.
Plötzlich war mir klar, dass Ayahuasca auch die Pacha Mama, also Mutter Natur ist und ich empfand eine riesige Dankbarkeit für alles was es gibt, für einfach alles was auf der Welt existiert.
Ich flüsterte „Ayahuasca“ und da war sie schon – eine kleine, schöne, leicht dickliche, alte Frau mit goldenen, langen Haaren kam auf mich zugerast, ohne sich selbst zu bewegen, ich raste viel mehr entspannt und fliessend auf sie zu und nahm sie in den Arm.
Ich nahm alles in den Arm, ich nahm die Welt in den Arm, ich nahm mich in den Arm und nahm tausend Dinge auf einmal in den Arm, ich nahm den heutigen Tag in den Arm, die heutige Nacht (und flüsterte Mari geheimnisvoll, aber mit einer Bestimmtheit, eine der wichtigsten Erkenntnisse der Menschheit wahrlich VERSTANDEN zu haben, zu „Heute ist die Nacht, die den März macht“, was stimmte, denn es war der 29. Februar 2012.). Ich liebte die Existenz an sich, das Sein, die Verbundenheit mit allem was existiert und war unglaublich dankbar.
Auf diese Art und Weise rief ich die Pacha Mama bzw. das personifizierte Ayahuasca noch häufiger im Laufe der Reise, aber nie konnte ich ihr Gesicht richtig erkennen, da sie immer nur ganz kurz da war und dann sofort wieder verschwand, um zu ihrer Ursprungsgestalt eines goldenen Baumes zurückzukehren, der ebenfalls klein und dick war.
Ich erzählte Mari von einer Hummel, so groß wie ein LKW (eigentlich meinte ich ein Auto, mir fehlte nur das Wort, wobei mir eigentlich nicht wirklich das Wort fehlte, sondern der gesamte Gegenstand „Auto“. Allerdings erschien mir dieser Unterschied zu unwichtig, zu weltlich, zu bestimmt als das es sich gelohnt hätte, dies zu erklären), eine Hummel also, mit einem dicken Hummelfell, so weich wie Lamafell (wir hatten einige Tage vorher auf dem Macchu Pichu in Peru Lamas gestreichelt), welche ich vor meinen Hummelpflug spannen wollte, um damit durch die Gegend zu sausen.
Ich kicherte wie ein kleines Kind und flog ausgelassen und voller echter Freude mit meinem Hummelpflug durch die Gegend. Es war wundervoll. „Fliegt wie 'ne Eins“, flüsterte ich und lachte mich kaputt. Mari teilte meine Albernheit (sie war durch die reine Anwesenheit bei der Zeremonie ohne jeglichen Konsum selbst ein bisschen in Trance) und heizte meine Gedanken durch lustige Nachfragen an. Wunderschön.
Ich sah noch tausend andere Sachen und tausend andere Dinge wurden mir plötzlich klar in einer Ausgelassenheit, dass viele Versuche sie Mari zuzuflüstern, fast an kindlichen Lachkrämpfen scheiterten.
Irgendwann sah ich meine Familie und freute mich, wie toll klingend und schnell man ihre Namen hintereinander sagen konnte: „PapaMamaM...H...“, „PapaMamaM...H...“, wiederholte ich immer wieder und war glücklich. Ich bekam feuchte Augen bei dem Gedanken sie nach meiner 8-monatigen Abwesenheit endlich wiederzusehen und nahm sie ganz fest in den Arm und nahm mir vor, sie ganz lange nicht mehr loszulassen, ganz bestimmt, auch wenn sie vielleicht schon fertig wären mit ihrer Umarmung.
Ich nahm meine beste Freundin Janna ganz lang in den Arm und drückte sie. Ich umarmte Morten, Johannes, Theek erzählte irgendetwas komisches und wir lachten uns kaputt – er auf seine einzigartige Art und Weise, ich kindlich naiv im Stil meiner bisherigen Reise.
Ich freute mich noch über weitere Freunde und umarmte sie und doch wußte ich die ganze Zeit, dass ich das nicht wirklich tat und auf der anderen Seite dann doch, nur auf irgendeine neue Art und Weise. Wunderschön.
Die ganze Zeit war mir angenehm warm und weich, ich hatte mein Hemd aufgeknöpft ohne etwas darunter zu tragen, während in einer kalten Dschungelnacht eigentlich frieren angesagt ist.
Ich betone gern immer wieder, dass alle Gefühle auf meiner Reise wirklich echt waren, also nicht aus der „Droge“ (es ist keine Droge!) entstanden. Ich denke, dies ist nur möglich, da diese Gefühle und meine Zufriedenheit in der Realität existieren! Mir haben andere Leute von kalten ersten Reisen erzählt; manche weinen stundenlang oder haben schwierige Begegnungen.
Ayahuasca nimmt dich mit in dich selbst und lässt dich reflektieren, auf eine vollkommen andere, intensive Art und Weise und stellt dich vor Freuden und Ängste, vor Gutes und Schlechtes, einfach vor alles was auch in der Realität vorhanden ist.
Ich bin sehr froh, dass ich aufgrund meiner derzeitigen Zufriedenheit und Glücklichkeit in diese schöne, bunte, wundersame, aufregende Welt eintauchen durfte, um diese warme Verbundenheit mit allen Dingen zu spüren und zu erleben.
Nach den intensiveren Stunden lag ich wach, rauchte ab und zu eine Zigarette (die Glut im Dunkeln war auch ziemlich spaßig) und ich war absolut nicht müde.
Einen kurzen Moment bekam ich Angst, ich könnte beginnen Stimmen zu hören (ein alter Freund ist deswegen seit einem Jahrzehnt in Behandlung und nicht fähig selbstständig zu leben, was bei mir bei manchen stärkeren Marihuana-Erlebnissen diese Angst in der Vergangenheit hervorrief), aber diese Angst dachte ich mehr als das ich sie spürte. Dies bestätigt Christians später erläuterte Theorie, Marihuana wirke im Kopf – Ayahuasca dagegen im Herzen, im Gefühl. Also verwarf ich dieses einzige Angstgefühl des ganzen Trips schnell wieder.
Die schlafende Mari weckte ich immer wieder, um ihr neue wichtige Erkenntnisse oder lustige Ideen mitzuteilen. Sie war sehr verständnissvoll, hörte sich alles an und versprach, sich alles zu merken. (Danke! Danke! Danke!)
Ich fühlte mich sehr wohl und verbunden mit ihr und beschloss, ein Schild mit unseren Namen aufzuhängen. Ich sagt ihr das kichernd, beschrieb mit den Händen ein Rechteck in der Luft auf das ich in bunten Farben unsere Namen schrieb.
Mein Schamane erzählte mir später, dass man sich meistens nur zehn Prozent der Reiseerlebnisse merken kann, da soviel so schnell gleichzeitig passiert, aber es kann sein, dass mir in den nächsten Wochen noch mehr Einzelheiten einfallen werden... A ver!
Gegen drei Uhr ging ich nach draußen auf die Veranda der gegenüber stehenden Hütte von Don Ignacio, auf der bereits Christian und die Spanierin saßen. Wir sprachen bis zum Sonnenaufgang und länger über unsere Reisen und tausend andere Sachen und bis jetzt, um ca. 22 Uhr des Folgetages habe ich nur ca. eine Stunde zwischendurch geschlafen und fühle mich ziemlich fit.
Heute, am 01. März 2012 habe ich wie im Wahn diesen Reisebericht geschrieben und bin gespannt auf eventuelle Träume gleich.
Ayahuasca ist nämlich genau wie Träumen, nur ist man wach dabei und kann alles bewusst miterleben...
Wunderschön... aber auch gefährlich!