Tripbericht lesen

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Titel:La Purga - ein Ayahuasca-Analog Tripbericht
Drogen:Mischkonsum von Ayahuasca und Lachgas (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:ungelesene Bettlektüre
Datum:02.09.2005 20:02
Set:in gespannter Erwartung
Setting:mein Studentenwohnheimszimmer
Nützlichkeit:8,54 von 10 möglichen   (41 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Nach einer vollständigen Halluzinogen-Pause im August war es am Donnerstag, dem 1. September 2005 wieder einmal höchste Zeit für einen Trip. Und dieser sollte etwas ganz Besonderes werden: der heilige Zaubertrank aus dem Amazonas stand auf dem Programm.



Pflanzen, Dosis & Zubereitung



Als MAO-Hemmer sollte mir - wie in Neo-Schamanistischem Rahmen üblich - die Samen der Steppenraute dienen, da diese einfach zu bekommen, billig und wirkstoffreich sind. Schon vor einiger Zeit hatte ich mit der Extraktion der Alkaloide aus 6 Gramm der Samen experimentiert. Zu einer Reinsubstanz bin ich dabei zwar leider nicht gekommen, jedoch gelang es mir wohl, einige der unerwünschten Nebenprodukte abzutrennen (die Samen enthalten große Mengen einer ekelerregenden fettigen Substanz, die durch Entfetten des Samen-Sudes mit Spezialbenzin entfernt werden konnte). Da ich davon ausging, daß bei diesen Versuchen (mehrfache Umwandlungen Hydrochlorid-freie Base und zurück, Filtrieren, etc.) einiges an Alkaloiden verloren ging, entschied ich mich, die gesamten Resultate dieser Experimente (ein Stück Filterpapier mit Alkaloiden als freie Base, eins mit Alkaloiden als Hydrochlorid) zu verwenden, um die Monoaminooxidase sicher zu hemmen, obwohl 6 Gramm Harmelsamen eigentlich eine doppelte Dosis sein sollten. Diese beiden Filter kochte ich nochmals in mit Ascorbinsäure angesäuertem Leitungswasser kurz aus und erhielt so ein Häferl voll eines gelblichen, relativ klaren Suds.



Als DMT-Quelle sollte mir die Wurzelrinde der Jurema-Pflanze (Mimosa hostilis = Mimosa tenuiflora) dienen, ebenfalls durchaus üblich in der westlichen Psychonautik. Diese hatte ich zum Glück schon fein gemahlen erhalten. 10 Gramm sollten meine Dosis sein, entsprechend ca. 50-100 Milligramm DMT. Diese Menge wurde zweimal mit destilliertem Wasser extrahiert, welches durch Ascorbinsäure auf eine pH Wert von etwa 3 bis 4 gebracht wurde. Die genauen Kochzeiten habe ich leider nicht notiert, weil ich gleichzeitig zur Zubereitung Tripsitter-Pflichten gegenüber meinem alten Psychonauten-Weggefährten Thomas (endless_enigma) hatte, aber es wird so ca. zweimal eine Stunde gewesen sein. Das Ergebnis war insgesamt ein halber Liter eines rötlichen, undurchsichtigen Suds.



Der Trip



Als Vorbereitung hatte ich mich schon am Vortrag nur von Basmati-Reis ernährt - eine entsprechende Diät einzuhalten ist bekanntlich überlebenswichtig beim Konsum von MAO-Hemmern. Vor dem Trip selbst hatte ich gar nichts gegessen (nicht daß das dringend notwendig gewesen wäre, aber ich hatte keinen schlimmen Hunger, und wirklich keinen Appetit auf schon wieder Reis).



Je weiter der Nachmittag fortschritt, desto mehr wahr ich schon gespannt auf diese neue Erfahrung, doch ich mußte noch warten, bis Thomas von seiner Pilzreise zurückkehrte, um dann umgekehrt mich sitten zu können. Um 18:19 war es endlich soweit. Ich hatte es mir in meinem Bett in meinem Studentenwohnheimszimmer gemütlich gemacht, psychedelische Musik war an, als ich das Häferl mit dem Steppenrautensud zu meinen Lippen führte. Bäää - noch nie hatte ich etwas derartig widerliches zu mir genommen, das Zeug schmeckte auf die abartigste Weise gleichzig bitter, sauer und salzig (letzteres ist wohl auf gewisse Kochsalzreste aus den Extraktionsversuchen zurückzuführen und setzte dem Ekel die Krone auf). Allerdings hielt ich tapfer durch (wer trippen will, muß leiden), und hatte das Häferl nach neun Minuten geleert, danach wurde der Geschmack mit Leitungswasser hinuntergespült. Kurz danach meinte ich auch schon die Effekte der Droge zu verspüren, ich fühlte mich leicht sediert, doch dies kann auch noch sehr gut ein Placebo-Effekt gewesen sein.



Etwa eine Viertelstunde später kamen auch subtile optische Effekt hinzu: wenn ich länger auf meine Vorhang schaute, schien sich dieser ganz leicht zu bewegen, doch auch hier bin ich mir nicht ganz sicher, ob es sich um die Wirkung des Samen-Suds handelte oder einfach nur Einbildung, immerhin sind die Literaturangaben zu Harmalin gespalten, was seine halluzinogene Wirkung anbelangt. Vielleicht waren bei der Extraktion doch kaum Alkaloide verloren gegangen und ich hatte jetzt 300-400 Milligramm Harmalin intus? Vielleicht sollte ich irgendwannmal aus rein wissenschaftlichem Interesse versuchen, eine hohe Dosis Steppenraute-Samen ohne halluzinogenes Tryptamin einzunehmen?



Die leichten optischen Effekte schienen sich noch leicht zu steigern. Eine halbe Stunde nach der Einnahme des MAO-Hemmers sollte eigentlich die DMT-Brühe folgen, jedoch entschied ich mich, noch etwas zu warten, um die Wirkung des Harmalins alleine zu erforschen. Gegen 19 Uhr war ich mir fast sicher, daß die Effekte den Placebo-Bereich verlassen hätten. Der Vorhang schien leichte Wellen zu schlagen und sich von der Mitte her zu öffnen, diese Effekte tauchten aber immer erst dann auf, wenn man sich länger darauf konzentrierte (das ist auch der Grund, warum der Vorhang bei diesen Erscheinungen so zentral war, denn auf diesen blicke ich direkt, wenn ich in meinem Bett liege). Etwas vorher hatte ich noch einen interessanten Effekt: vor einer dunklen Stelle im Vorhang schien eine Flüssigkeit mit bunten Schwebstoffen darin zu fließen. Positiv fiel mir auf, daß ich bis jetzt nicht die geringste Übelkeit verspürte.



Alles in allem waren die bis hier beschriebenen Effekte aber sehr unspektakulär, und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob es nicht reine Placebo-Effekte waren. Also ging das Experiment um Punkt 19:00 in die nächste Phase: ich trank den Jurema-Sud. Der erste Schluck schmeckte noch nichtmal so schlecht (verglichen mit dem Steppenraute-Gebräu zumindest), doch je mehr ich davon trank, desto widerlicher wurde es, doch in ca. 9 Minuten war auch das geschafft. Der Geschmack und das unangeheme Gefühl auf der Mundschleimhaut, den der Sud hinterlassen hatte, wurden wieder mit Leitungswasser hinuntergespült.



Nachdem ich mich noch fast vollständig nüchtern fühlte, aber davon ausging, dies bald nicht mehr zu sein, ging ich noch schnell Wasser lassen. Am WC hatte ich dann erste subtile Farbenspiele auf den Fliesen.



Weiter tat sich erstmal nicht viel. Ein minimales flaues Gefühl im Magen kam und verging. Ab 19:46 vermeinte ich dann leichte Closed-Eye-Visuals zu erkennen, aber nach wie vor nicht spektakulär. Ich vermeinte schon wieder, ins Klo der unwirksamen Halluzinogene gegriffen zu haben. Tja, eigentlich hätte mich der Kaktus ja Geduld lehren sollen, aber wer kann schon wissen, daß Ayahuasca genau so lange zum Anfluten braucht wie Meskalin?



So ca. um 20 Uhr hatte ich dann einmal kurz ziemlich spekatkuläre CEVs, die mich entfernt an das hier erinnerten, bezeichnenderweise genau dann, als mich mein Tripsitter für ein paar Minuten verlassen hatte.



Leider wurden die CEVs dann aber wieder etwas schwächer. Um 20:20 war wieder nur eine relativ subtile Wirkung wahrzunehmen. Ich beschloß, dem Trip mit Lachgas kurz zu boosten und kramte meine letzte Kapsel heraus. Dazu waren Sessel-Klettereien ins oberste hinterste Fach meines Kastens nötig, wozu ich mich noch ohne weiteres in der Lage fühlte, ich war also noch ziemlich nüchtern.



Das Lachgas gab dann tatsächlich einen phänomenalen Boost, komplett mit vollständiger Ego-Auflösung - ein wunderbarer Synergie-Effekt, wie ich ihn auch schon von Pilzen+Lachgas kannte, N2O alleine wirkt bei mir ungleich weniger spektakulär. Ich fühlte mich Eins mit dem großen Welt-Geist, sämtliche Erinnerungen, Geschichten, Gedanken meinerselbst schienen mir als Aspekte der Weltseele, Zeit gab es also nicht. Sehr heftig und kaum zu beschreiben, leider.



Nach der Rückkehr aus der Welt des Gases fand ich mich wieder in einem halbschlafähnlichen Zustand - ich glaubte die Wirkung von körpereigenem DMT wiederzuerkennen. Dieser Zustand war eindeutig von halluzinogenem Charakter, Closes-Eye-Visuals waren nun zweifelsfrei vorhanden, jedoch war ich nach wie vor weit von dem entfernt, was ich mir unter einem DMT-Maelstroem vorgestellt hätte. Ich war überzeugt, wenn ich aufstehen und Licht machen würde, wäre der Rausch gut zu ignorieren. Kurz überlegte ich, ob ich mir nicht nochmals 10 Gramm Jurema-Wurzelrinde auskochen sollte, oder (weniger aufwändig), den kleinen Rest Pilze in meinem Kasten verzehren, um zu überprüfen, welche Komponente des Trankes nicht richtig funktioniert hatte (wenn MAO vollständig gehemmt wäre, müßten 0,7 Gramm Psilocybe cubensis doch schon ordentlich was bewirken, oder?). Ich entschied mich gegen beides - und das war auch gut so, wie sich im weiteren Verlauf zeigen sollte.



Um 21:20 trieb mich erneut ein menschliches Bedürfnis aufs WC. Dieses liegt auf dem Gang, ist also mit dem Risiko einer Begegnung der nüchternen Art verknüpft, jedoch traute ich mir diesen Weg nach wie vor ohne weiteres zu, da ich mich noch immer relativ nüchtern fühlte. Erst am Klo wurde mir bewußt, daß ich das absolut nicht war - die Farben der Kacheln strahlten intensiver denn je zuvor. Ein kurzer Blick in den Spiegel zeigte mir übrigens, daß meine Pupillen wider Erwarten nicht geweitet waren.



Von nun an ging alles sehr schnell: die CEVs nahmen heftig an Intensität zu, und auch meine Gedanken beschleunigten ordentlich - sehr schwer zu beschreiben. Auch das Körpergefühl war ein ganz eigenartiges, wenn ich mich nur ordentlich abdriften ließ, war ich mir meiner Körperhaftigkeit bald gar nicht mehr bewußt - mit einem Wort: ich war profund transformiert. Mittlerweile tauchte auch eine gewisse Übelkeit auf, die kam und wieder verging. Einmal wollte ich mich schon in den bereitgestellten Eimer erbrechen, aber es war dann doch noch nicht soweit.



Ich bat Thomas, mir aus "The Psychedelic Experience - A manual based on the Tibetan Book of the Dead" von Leary et al. vorzulesen, was dieser auch bereitwillig tat. Es tat gut, eine vertraute Stimme zu hören, und auch mit dem Inhalt konnte ich mich identifizieren. Es ging um Energieströme, die durch mich und meine Umgebung flossen. Auch von der Übelkeit war die Rede, und daß sie nur aus der Angst vor der Ego-Auflösung resultiert.



Tja, dabei bezieht sich der gute Dr. Leary natürlich primär auf das LSD und das Psilocybin, aber der amazonische Zaubertrank ist körperlich weniger gut verträglich. Daher kam es um 21:45 auch zur körperlichen Reinigung, die ich als sehr erleichternd empfand.



Nach dem Erbrechen fühlte ich mich erstmals wie als Kind, dem schlecht ist - hatte ich damals schon die Wirkungen körpereigenes DMTs erlebt? Thomas meinte nur lapidar: "Tja, und jetzt bist du ein Erwachsener, dem schlecht ist - Parallelen tun sich auf" ;) . Ich fragte mich hingegen, ob Übelkeit und Trip nicht vielleicht doch ein und dasselbe sind.



Um 22 Uhr herum schien sich die Wirkung nochmals leicht zu steigern. Ich fragte mich, ob sich so auch Sterben bzw. eine Nahtodeserfahrung anfühlt (bekanntlich schüttet die Zirbeldrüse dabei große mengen DMT aus). Leider fehlen mir komplett die Worte, um diese transzendente Erfahrung auch nur annähernd sprachlich zu fassen. Ich war nun mitten im Maelström, durchaus vergleichbar mit dem, was ich mir vorher ausgemalt hatte. Wie gut konnte ich verstehen, daß dieses Gebräu in der Lage war, Religionen zu stiften! Währenddessen las mir Thomas immer wieder aus dem tibetanischen Totenbuch bzw. Learys Version davon vor, und nach wie vor tat es gut, jemanden Vertrauten um sich zu haben.



So um 22:20 regte sich wieder etwas analytischer Verstand, bzw. der Physiker in mir. Ich versuchte meinen Zustand mithilfe der Vielwelten-Interpretation der Quantenmechanik zu verstehen (mit jeder Zufalls-Entscheidung bzw. jedem Kollaps der Wellenfunktion bilden sich parallele Universen, in denen je eine Möglichkeit realisiert ist). Ich fühlte mich wie in mehreren Paralleluniversen gleichzeitig. Ich versuchte, Thomas diese Ideen (sowie allgemeinere quantenmechanische Prinzipien) zu vermitteln, jedoch wirbelten meine Gedanken noch immer viel zu schnell, um zielgerichtet Physik betreiben zu können.



Um 22:35 begann die Wirkung dann leicht nachzulassen. In Kombination mit der nunmehr wieder verschwundenen Übelkeit sorgte dies dafür, daß der Trip Spaß zu machen begann (bis dahin war die Grenzerfahrung zu extrem, als daß an sowas wie Spaß auch nur im Entferntesten zu Denken gewesen wäre). Ich fühlte mich in der Lage aufzustehen und Licht zu machen (bisher hatte sich das meiste des Geschehens in Halbdunkel abgespielt), wodurch nun Open-Eye-Visuals stärker an Bedeutung gewannen, die Umgebung war bunt und fremdartig verändert, Farben strahlten wunderschön.



Wir gingen etwas im Haus umher. So ab 23 Uhr ließen die optischen Erscheinungen nach, meine Gedanken spielten aber noch immer verrückt. So plante ich, etwas an die frische Luft zu gehen, dann kamen wir aber wieder hundert anderer Dinge dazwischen (z.B. daß es nun die richtige Zeit für eine Vitamintablette wäre). Ich fühlte mich gut. Eine kurze Internet-Rechere ergab, daß eine entfernte Verwandte Einsteins in der Cannabis-Forschung tätig war, was uns beide belustigte.



Eine Viertelstunde später schafften wir es doch noch zu unserem Abendspaziergang. Mein Trip war nunmehr weitgehend vorbei und hatte einer starken Euphorie platzgemacht, so wie ich es schon von den heiligen Pilzen kannte. Wir schlenderten also etwas durch die Straßen des nächtlichen Wiens, und ich rief einen guten Freund an, den ich im Vorhinein in meine Pläne eingeweiht hatte, und der daraufhin seiner Sorge um meine psychonautischen Versuche Ausdruck verlieh. Somit war es mir ein Anliegen, ihm mitzuteilen, daß es mir prächtig ging. ;)



Nach unserer Rückkehr um ungefähr Mitternacht war ich natürlich noch viel zu aufgekratzt zum schlafen, wie üblich nach Trips. Erst um Halb Vier schlief ich ein.





Fazit



Das war eindeutig meine intensivste Entheogen-Erfahrung bis jetzt, sowohl optisch als auch gedanklich. Ayahuasca ist eindeutig eins der potentesten Psychedelika überhaupt, und es fällt mir schwer, mir vorzustellen, daß gerauchtes DMT noch heftiger sein soll.



Von der relativ kurzen Wirkdauer (insgesamt nur 1,5 Stunden wirklicher Trip) war ich etwas überrascht - jedoch nicht negativ, die Erfahrung war auch so schon fordernd genug.



Qualitativ fand ich die Wirkung relativ Pilz-ähnlich, was ja auch nicht sonderlich verwunderlich ist, wenn man bedenkt, daß sich Psilocin durch nur ein zusätzliches Sauerstoffatom von DMT unterscheidet. Allerdings hatte ich noch nie einen so heftigen Pilztrip, um vergleichbares zu erleben, braucht man wohl mindestens 4-6 Gramm getrocknete Psilocybe cubensis Fruchtkörper. Auch das relativ rasche Abklingen des Trips mit der Euphorie danach erinnerte mich stark an Pilze.