Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Die Nacht, als ich zum Astronauten wurde [MXE]
Drogen:Research Chemical
Autor:Bananarama
Datum:29.04.2015 04:53
Set:Alleine zuhause
Setting:gut gelaunt, erschöpft
Nützlichkeit:9,21 von 10 möglichen   (24 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Diese Nacht bin ich zum Astronauten geworden. Ich hatte nicht damit gerechnet, denn eigentlich begann der Abend ganz unspektakulär. Wer hätte ahnen können, dass es mich heute noch so weit raus trägt?

Ich war seit längerer Zeit mal wieder beim Sport und hab mich so richtig schön ausgepowert. Das hat sich sehr gut angefühlt. Nach 1-2h wohltuender Anstrengung – man muss seinem Körper ja auch ab und zu was gönnen – bin ich nach Hause gefahren und fand die Wohnung zu meiner großen Überraschung leer vor, was eher eine Seltenheit ist. Normalerweise geht es hier eher zu, wie auf dem Bahnhof, aber das finde ich auch ganz gut so. Konfrontiert mit dieser ungewohnten Situation hatte ich erst mal irgendwie keine zündende Idee, was ich mit dem angefangenen Abend anstellen sollte, aber etwas lag in der Luft und ich dachte mir: „Komm, heute nimmst du dir mal einen Abend nur für dich!“. Es war also Urlaub angesagt. Der Begriff Urlaub klingt vielleicht etwas hochtrabend für das was folgen sollte, ist aber auch irgendwie sehr passend. Meine Urlaubsplanung sah vor die Wohnung aufzuräumen und spontan eine kleinere Menge MXE zu degustieren.

Meine erste und vorerst letzte Begegnung mit dieser Substanz liegt sicher schon ein gutes halbes Jahr zurück. Damals hatten ein guter Freund und ich jeweils 25mg konsumiert und bekamen eine leise Vorahnung davon, was Dissoziation bedeutet. An dem Abend haben wir uns hauptsächlich damit beschäftigt die Wirkung zu charakterisieren, was uns nicht so einfach gefallen ist. Man ist auf diesem Dosislevel irgendwie verplant und trotzdem sehr klar. Beim Laufen hat man das Gefühl, der Körper sei einem immer ein Stück voraus und irgendwie fühlte es sich „kalt“ oder „roboterartig“ an. Sämtliche Emotionen waren wie weggeblasen, was mich als ein Fan „klassischer“ Psychedelika ein wenig skeptisch gemacht hat. Nachdem wir zu zweit noch einen kleinen Stickie geraucht haben kamen wir dann ins Blödeln und es wurde doch noch sehr witzig und schön. Insgesamt jedoch ein vergleichsweise ereignisloser Trip und so wurde das MXE erstmal bis zu diesem Abend eingemottet.

Heute war ich allein. Da sieht die Sache schon ganz anders aus. Ich wog ca. 35mg ab, teilte das winzige Häufchen Pulver noch einmal durch zwei und füllte beide Hälften in Gelatinekapseln. Ich schluckte die erste Kapsel mit ca. 17-18mg und fasste den Plan die Wohnung so lange aufzuräumen, bis ich entweder fertig war, keine Lust mehr hatte oder ich mich durch das MXE genötigt sehen würde, mich hinzulegen. Die zweite Kapsel bewahrte ich zum Nachlegen auf, ging aber nicht davon aus, dass ich sie brauchen würde. Toleranz ist wie gesagt auf Null.

Ich startete also mit Aufräumen, Putzen und Wischen. Das ganze Programm also und langsam überkam mich ein ulkiges Gefühl während dieser stumpfen Tätigkeiten. Zunächst machte sich die eingenommene Substanz körperlich bemerkbar. Ich fühlte mich wie nach 2-3 Bier und meine Motorik wurde zunehmend schwerer zu koordinieren, was sich dramatischer anhört, als es war. Trotzdem musste ich den ein oder anderen Ausfallschritt machen und bin halt insgesamt eher „rumgestokelt“, was mich sehr belustigt hat. Geistig fühlte ich mich mit dann irgendwann auch zunehmend entrückt, was sich darin äußerte, dass ich ein wenig den Bezug zu meinen Putztätigkeiten verloren habe. Das ist allerdings nicht so zu verstehen, dass ich sie vernachlässigte oder nicht mehr wusste, was ich tue, sondern es hat sich mehr so auf mich gewirkt, als würde Putzen sich nicht mehr wie Putzen anfühlen. Ich verspürte zunehmend weniger Gefühle, die ich sonst mit dieser Handlung assoziiere, wie Langeweile oder genervt sein, sondern stand der ganzen Sache komplett neutral gegenüber. Ich freundete mich mit diesem Zustand immer mehr an. Ich war nicht direkt euphorisch, aber echt gut drauf und musste ständig darüber schmunzeln, wie merkwürdig doch alles ist. Als ich den Großteil erledigt hatte schaute ich auf die Uhr und es waren schon 2 Stunden seit Einnahme der ersten Kapsel vergangen, also entschied ich mich die zweite ebenfalls einzunehmen, denn ich hatte es mir in dem MXE-Modus ganz gemütlich gemacht und es war alles sehr chillig.

Zwischendurch ist meine Mitbewohnerin nach Hause gekommen und wir haben kurz geplaudert. Interaktion war absolut kein Problem, aber ich hätte auch nichts verheimlichen brauchen. Ich werkelte noch ein wenig weiter in der Wohnung und spürte, wie die zweite Kapsel in mir werkelt. Das Körpergefühl wurde zunehmend gummiartiger und meine psychische Konstitution schien mehr und mehr ungeeignet dafür zu sein so eine praktische Tätigkeit wie Aufräumen auszuüben. Fertig. Ich bestaunte mein Werk und war ein wenig stolz, wusste nun aber gar nichts mit der sauberen Wohnung anzufangen. Also schwebte ich 2cm über dem Boden in mein Zimmer und ins Bett.
„Aaaah, viel besser!“ Versorgt mit Tee und Knabbereien kuschelte ich mich in die Koje, bereits mit der Vermutung, dass das MXE noch einige Überraschungen für mich bereit halten sollte. Licht aus, Kopfhörer auf. Perfekt.

Wow. „Da geht einiges!“, denke ich mir und werde von sanften Klängen umspült. Ich mag Ambient und Ambient sollte sich als die perfekte Musik für diese Situation herausstellen. Den Anfang macht Lusine ICL. Ich verabschiede mich immer mehr von meinem Körper und mein Geist beginnt zu treiben.

Das Gefühl ist ungewohnt aber es gibt keine Angst. Vor meinem inneren Auge sehe ich die Dinge, die wirklich wichtig sind. Eltern und Familie, meine Freundin, meine Freunde. Kostbare Momente. Lachen. Weinen. Ich sehe Szenen aus meinem Alltag, aus der Kindheit. Mich überkommt das Gefühl jetzt am liebsten allen ganz nah sein zu wollen, die ich gerne habe. Bei dem Lied „Without Standing“ stehen mir die Tränen in den Augen. Ich sehe das was war, das was ist und auch das, was sein könnte. Ich bin beeindruckt und total gefesselt.

Wie viel Zeit ist vergangen? Keine Ahnung. Die Musik wechselt zu „The Stars of the Lid and their Refinement of the Decline“. Es geht tiefer hinunter. Oder weiter raus? Plötzlich merke ich, dass ich mich von den eben gesehen Dingen entferne, aber nicht weil ich es will, sondern weil mein „Ich“ mehr und mehr in den Hintergrund tritt, verschwindet. Ich werde zum Astronauten. Eine ungeheure Melancholie überkommt mich. Ich schwebe mit meiner Raumstation im Orbit. Unten sehe ich den blauen Planeten und über mir die Sterne und ferne Galaxien. Plötzlich realisiere ich die Situation: Ich nehme Abschied. Durch das Fenster der Raumstation schaue ich runter zur Erde und sehe, nein „fühle“ all die Dinge, die mir wichtig sind und die „mich“ ausmachen. All die Dinge, die eben noch so klar vor mir waren. Es überkommt mich das Gefühl vor einer sehr langen Reise zu stehen. Ich weiß, dass es jetzt weit sehr weg geht. Ich weiß, dass ich mich verabschieden muss. Aber ich weiß auch, dass ich zurück komme und deswegen habe ich keine Angst. Es geht wie von selbst. Das Shuttle klinkt sich lautlos aus der Station aus, zündet die Triebwerke und fliegt davon. Ich treibe durchs Universum und sehe wunderschöne Dinge. Sterne und Planeten. Quasare und Supernovae. Galaxien. „Sie hätten einen Dichter schicken sollen“. Es hat sich angefühlt, wie eine Ewigkeit. Als der Moment zeitlos ist, frage ich mich, ob da überhaupt noch „jemand“ reist. Schwer zu erklären. Dann verändert sich etwas. Ein gelbes, warmes Licht breitet sich vom Rand meines Sichtfeldes in Richtung Zentrum aus. Bin ich angekommen? Ich kann mich plötzlich nicht mehr auf die Ambient-Musik konzentrieren, denn in meinem Kopf ist eine andere Melodie. Ich höre einen einfachen Klavierakkord mit dem Rauschen einer Schallplatte im Hintergrund. Mir wird klar, dass es der Beginn eines Songs ist, den ich kenne und den ich Jahre nicht gehört habe, aber ich komme einfach nicht drauf. Ich klappe den Laptop auf und durchforste meine Musikbibliothek. Nichts. Ich zerbreche mir den Kopf und höre immer noch den Klavierakkord. Dann fällt es mir wie aus dem Nichts ein. Ich suche den Song im Internet, finde ihn und höre ihn. In diesem Moment ist alles perfekt. Ich hab was richtig schönes gefunden.

Die Emotionen kommen langsam zurück. Ich komme langsam zurück. Das fühlt sich wunderschön an. So langsam werde ich mir klar darüber, was das MXE mit mir angestellt hat. Anscheinend muss man manchmal ganz weit raus, um sich dann zu freuen, dass man wieder da ist. MXE fühlt sich so an, als würde man Urlaub von sich selbst nehmen, um dann mit einem Lächeln wieder man selbst zu werden.

Ich spüre zu diesem Zeitpunkt noch einen sehr angenehmen Afterglow und entspanne ein wenig zur Musik. Das Runterkommen vom MXE ist sehr, sehr angenehm und kommt äußerst flauschig daher.

Dissoziativa sind faszinierend. Wenn die klassischen „assoziativen“ Psychedelika, wie Pilze, LSD oder die 2C-X für mich die Essenz von Leben, Licht und Chaos symbolisieren, dann stehen Dissoziativa für Tod, Dunkelheit und Ordnung. Das klingt aber wesentlich unangenehmer als es ist. Man stirbt nicht, sondern lässt das „Ich“ hinter sich. Man steigt in die Dunkelheit, um danach wieder ins heraus zu treten. Nicht nur die Wohnung ist jetzt sauber, sondern auch ich habe mich aufgeräumt.

Ich glaube ich werde das MXE erst mal wieder in der Kiste verschwinden lassen. Es ist eine wirklich beeindruckende Substanz mit großem Potential, aber ich sehe auch die Gefahr gegeben, dass man sich in ihr verlieren kann. Ich freue mich zwar auf die nächste Reise, aber eilig habe ich es nicht. Die Zeit wird es bringen.

Stay safe und passt auf euch auf!