Tripbericht lesen
Übersicht:
Titel: | [MXE] Reise durch den unterbewussten Wahnsinn |
Drogen: | Mischkonsum von Benzodiazepine, Research Chemical und Cannabis (Reihenfolge vom Autor festgelegt) |
Autor: | Diazepam |
Datum: | 13.06.2015 18:40 |
Set: | entspannt und erleichtert, auf Abenteuer aus |
Setting: | allein im dunklen Room, mit Lichterkette und Musik, höhö |
Nützlichkeit: | 9,51 von 10 möglichen (41 Stimmen abgegeben) |
Bericht:
Die innere Anstalt entfesselt.
Zur Klarheit der angegebenen Substanzen: Benzodiazepine (in meinem Fall jedoch Etizolam), Research Chemical (Methoxetamine)
Hier sitze ich nun, wieder eine pure Enttäuschung, mein Gesicht ist noch verklebt von widerlichen Tränen – was könnte da besser und heilsamer sein als sich des vorgestrigen schönsten Trips seit langem zu entsinnen und zu versuchen, all das dortig Erlebte/Gefühlte Positive aufleben zu lassen, um die Stimmung hoffentlich wieder halbwegs aufblühen zu lassen. Vielleicht ist das auch einfach der verzweifelte Versuch einer Ablenkung, um mich in eine produktive Beschäftigung zu vertiefen...
Das ist auch nebensächlich, wichtig ist, wo fange ich an?
Es war der 11.06., der ach-so-legendäre Tag der Abitur-Zeugnisvergabe. Was tatsächlich bedeutete: Eine Woche davor schon Stress bis kurz davor, verkleiden, verstellen, gekünzelte Leute, sich immer wieder der Sinnlosigkeit und Übertriebenheit des Ganzen bewusst werden, und nun absolut unmotiviert und, im Gegensatz zu dem Großteil der Leute nicht überfreudig, auf die Stunden vorbereiten und sich fertig machen.
Nun ja, mir bleibt nichts als kämpfen und es hinter mich bringen. Vielleicht unter Einfluss der ein oder anderen Substanz. Ich wünschte so sehr ich hätte tatsächlich eine an meiner Seite, die mich sorgfältig durch das ganze Chaos durchleitet. Durch dieses Erwachsensein, selbstständig werden. Einfach alles, was jetzt auf mich einprasselt. Ich bin dem nicht gewachsen. Ich bin der Welt nicht gewachsen. Wird man das je sein? Meine Mutter sagte, selbst in ihrem Alter ist alles immer noch nicht ansatzweise geregelt. Es kommt immer wieder Neues auf einen zu, Ungeahntes, das man bewältigen muss.
Meine Gedanken machen mich unruhig. Sie treiben sich gegenseitig an, wie eine Kettenreaktion, Gedanke für Gedanke, Wort für Wort - verwandelt sich in Panik, in ein widerliches Bauchgefühl und das Stressgefühl im Schädel. Ich fühle mich müde, unvorbereitet, bedauernswert und bescheuert - dass ich mir so einen Stress schiebe. Ich könnte mich freuen auf den Abend. Es zumindest gelassen sehen.
Aber das funktioniert nicht. Ich warte sehnsüchtig auf die Etizolam-Dosis, die diese negativen Gedanken einschläfert und mir hoffentlich die Ängste nimmt statt mich noch müder zu machen.
Kurz vor dem Losgehen genehmigte ich mir also eine kleine Dosis Etizolam, ein wenig unter 1mg, da ich damit rechnete, noch Alkohol trinken zu müssen, und auch nur auf die Angstlösende und leicht enthemmende Wirkung hinaus wollte, damit der ganze Abend halbwegs erträglich ablaufen würde.
Später am Abend:
Endlich zu Hause, endlich geschafft, alles überstanden – überlebt! Das, wovor ich so Angst hatte, hatte sich nun erledigt, war von der Zukunft und von der Gegenwart in die Vergangenheit gerückt und legte sich dort sanft in eine Gedächtnis-Schublade, ohne mich weiter stören zu können. Keine Menschen mehr, nur ich allein. Ich war frei von den ganzen Belastungen, fertig, aber diese entspannte Grundstimmung wollte ich noch steigern, mein Nervensystem belohnen, mich gänzlich gut fühlen.
Für die, die Methoxetamin nicht kennen: Es ist ein Ketamin-Analog, also ein Dissoziativum.
Ich zitiere hier jetzt einfach Mal: Methoxetamin ist ein Dopamin-Wiederaufnahmehemmer und wirkt als Kanalblocker an den NMDA-Rezeptoren. Eine pathologische Fehlsteuerung der NMDA-Rezeptoren wird mit der Krankheit "Schizophrenie" in Verbindung gebracht. Auch für die sogenannten Nahtod-Erfahrungen wird eine Beeinflussung von NMDA-Rezeptoren verantwortlich gemacht, denn NMDA-Antagonisten wie Ketamin oder PCP können solche Effekte hervorrufen. Außerdem besitzt Methoxetamin eine starke Opioid-Affinität.
Diese Dissoziativa können eine recht dunkle Seite haben, die den klassischen Serotonin-Wiederaufnahme-hemmenden Psychedelika (wie MDMA) fehlt.
(http://www.drogen-info-berlin.de/htm/methoxetamine.html)
20:42. Es beginnt.
Das staubige Baggy mit dem letzten jämmerlichen Rest Methoxetamin. Ein trauriger Anblick. Aber nicht zu ändern. Also ausgeschüttet und versucht jeden kleinsten Partikel meines Goldes noch herauszuschütteln. Vielleicht 40-60mg, ich kann echt nicht gut schätzen. Aber Zahlen sind ja auch nebensächlich.
Das Pulverhäufchen teilte ich mir in zwei, zog das eine und räumte ein wenig auf.
Bitterer letzter Rest. Lass mich nochmal schweben. Jetzt sitze ich hier, das verheißungsvolle Brennen im linken Nasenloch, eigentlich zufrieden, aber doch betrübt - als würde ich einen alten Freund zum letzten Mal sehen. Ja, ich wurde tatsächlich melancholisch. Noch eine winzig kleine Line übrig. Hoffentlich reichts.
Musik hören, genießen, nicht ganz in der Realität zu sein, und sanft in die Welt des Mxe gezogen zu werden, sobald man sich drauf einlässt. Die ersten Fluten erreichten mich. "Ich sitze hier und höre Musik. Sitze ich echt hier? Nicht, dass ich es nicht realisieren würde – aber, alter, wie KRANK." Angenehm verpeilt, vertreibe ich mir die Zeit am Computer mit sinnlosen Beschäftigungen.
Mir wurde auch wieder klar, dass ich mit den anderen in der Schule hätte bleiben können, unter Gesellschaft. Ich zog wieder einmal das sichere Alleinsein dem stumpfen, sozialen Miteinander vor. Typisch. Aber, was würde es mir schon geben können? Ehrlich, was verpasste ich schon? Das wahre Leben? Oder einfach nur einen Abend mit oberflächlichen Gesprächen zu verbringen, ja, vielleicht dem ein oder anderen Lacher, zugekifft, irgendwann stumpf nach Hause zu fahren und zu schlafen – da fehlte der Tiefgang, der Sinn, die Befriedigung.
22:03 Zweite, also meine allerletzte Line. Wieder das eklige Gefühl im Rachen. Das letzte Mal für heute Abend, kaum zu fassen. Jetzt bleibt nur noch entspannen und genießen. Rausholen, was möglich ist.
Musik.
Meine innere kleine Anstalt hatte sich erholt. Ich fühlte dieses Gefühl, das ich am meisten liebe auf Trips. Die pure Erfülltheit von Sinn, die Manifestation von gedanklicher Inspiration. Alles ist perfekt.
"Sinn! So viel Sinn auf einmal! Abgepackt, geschweißt. Ich reiß ihn auf, die Folie zerbeiße ich, und da sitze ich nun, inmitten von Sinn, wie ein heißes Gebräu breitet er sich links und rechts von mir aus, neben mir, hinter mir, vor mir, ich sitze in einer sinnvolle Masse voller Seeligkeit. Alle sind so. Keiner ist so, ich weiß. Aber für mich gerade, im Moment, schon."
Ich fühlte mich – ungleich meines sonstigen Erlebens – auf einmal mit allen Seelen gleichgestellt. Ich war zwar natürlich alleine, fühlte trotzdem, quasi durch digitale Medien, eine Verbundenheit mit allen, fühlte Verständnis für meine wirren Worte, was vermutlich nur meiner Fantasie enstprang. Vielleicht hatte ich mir die Realität wieder schöner gemacht als sie eigentlich war. Vielleicht war mir die Flucht geglückt. Vielleicht war auch diese Dimension, in der ich mich befand, die pure Wahrheit und alles andere nur Fake-Versionen, ein Ergebnis unterschiedlicher Reizaufnahmen und Verarbeitungen. Manipulation des eigenen Geistes.
Während ich so vor dem Monitor hockte, betrachtete ich mein Abbild im runden Spiegel. In meinen Augen sind Rechtecke, die leuchten. Das ist der Monitor. Die Skizze hier ist ein kurzer Versuch das Phänomen, das mich wirklich zum Grinsen brachte, irgendwie schnell festzuhalten.
Das Mexchen flutete weiter an.
"Die Dimension, die sich geöffnet hat, ist eine andere. Sie ist nicht von hier, und sie ist wie eine Art große Tür die darum bittet, dass ich eintrete. Ich stehe davor und sage ihr “Hey, da fehlt noch was.” Die Tür, ihr Innenraum ist schwarz und bunt zugleich. Ich will reinspringen, will reinsprinten, will hinein, kopfüber mich stürzen! Aber irgendwas - irgendetwas fehlt!"
Ich sah diese riesige Tür quasi vor meinem inneren Auge im Zimmer schweben. Wie sie nur darauf wartete, dass ich hineingleite, um mich ihr vollends hinzugeben. Irgendwie hatte der Rest nicht diesen Kick ausgelöst, die Hemmschwelle zu übertreten und endgültig der Anderswelt einen Besuch abzustatten. Aber ich wollte ihn. Ich wollte unbedingt lernen. Meine Neugier war gepackt. Ich war hier, zum erleben, zum erfahren, und nicht um dicht zu sein und nichts mitzukriegen – heute nicht!
Ich spürte, ahnte, dass dort Weisheiten verborgen waren.
Die Musik ist enstpannt, und als ich kurz stehe, lasse ich mich von ihr bewegen. Ich schließe die Augen. Drehe mich. Wie damals, auf meinem ersten DXM-Trip, wo ich glaubte mitten im All zu stehen. Für eine Millisekunde konnte ich genau dieses Gefühl wieder aufflammen lassen.
Vor meinem geschlossenen Auge sah ich mich quasi in einer anderen Dimension stehen, mehrmals hintereinander standen da Silhouetten meines Ichs direkt vor mir im Nichts, es trug ein gewandartiges Oberteil, und die Umrisse leuchteten, als wäre vor all meinen Ich-Projektionen eine Art Licht die sie anstrahlten. Ansonsten alles dunkel.
Plötzlich dachte ich wieder in meiner Dimension. Da ich mich währenddessen tanzend bewegte, kam mir ein mir bekannter paranoider Gedanke: "Was, wenn meine Mutter die Tür aufgemacht hat und jetzt hinter mir steht, mich die ganze Zeit beobachtet? Wie krank muss das aussehen?" Irritiert öffnete ich meine Augen, riss mich aus der Trance und zuckte zusammen als ich hinter mir tatsächlich eine Person entdeckte. Ich brauchte eine Weile bis ich begriff, dass das lediglich mein Spiegelbild im Schrank war.
Ich stehe am Fenster, es ist mittlerweile auch draußen dunkel. Ich ziehe ein Mini-Köpfchen Gras in meine Lunge und fühle mich dabei als würde es mich von innen reinigen. Die pure Erlösung! Es zieht so rein, so pur, und so unendlich befriedigend in meinen Körper, dass ich mehr will von diesem Rauchgefühl. Diesmal drücke ich eine etwas dickeres Knöllchen in das Siebchen. Ich verliebe mich in das Ritual, das Anzünden, das Einatmen, das Ausatmen, als würde ich etwas Heiliges vollführen, das nur den wenigsten eingeweihten Menschen gestattet ist. Als würde ich den Geist der Wahrheit in mir aufsaugen. Einatmen, ausatmen. Wieder zurück zum Computer kehren.
Ein kurzer Blick in den Spiegel. Meine Augen werden eigentlich nie vom Rauchen rot, wenn nur leicht – aber dieses Mal sah ich unendlich viele dunkelrote Adern die sich bis zur Iris durchzogen. Ich sah aus als hätte ich eine Woche nicht geschlafen. Ich sah aus wie die Irre, die ich gerade war. Irgendwie fand ich das faszinierend, aber definitiv auch abschreckend und bizarr.
Hallo. Hier beginnt der pure Wahnsinn. Ich weiß leider nicht mehr genau was wann in welche Reihenfolge geschah, doch versuche ich die Eindrücke, die sich noch am ehesten in Worte fassen lassen – und das sind sehr wenige, da die meisten Erkenntnisse und Erfahrungen in einer Dimension stattfand, die eine gänzlich andere Sprache spricht. Währenddessen dachte ich immer wieder daran, wie gern ich all diese Erfahrungen decodieren und übersetzen würde – doch ich war mir währenddessen auch der Unmöglichkeit und Lächerlichkeit dieses Vorhabens bewusst. Es geschah Unreales, Magisches, und das alles in meinem Kopf, und nichts davon wäre in Worten gebannt annähernd so richtig.
Ich legte mich aufs Sofa und ließ das Gras seine Wirkung entfalten. Meine Seele schillerte langsam davon, alles wackelte in mir, mein Kopf arbeitete auf Hochtouren. Ich sah ein riesiges Zahnrad, in dem ich lag. Es drehte sich erst ganz langsam und ich wurde einfach mitgerissen.
Ich fühlte mich vom Gefühl her intensiv in meine DXM-Zeit zurückversetzt, was auch den Trip über blieb und einen merkwürdigen Touch hinterließ. (Falls es wer nachlesen will, hier ist der Langzeitbericht: https://www.land-der-traeume.de/langzeit_lesen.php?id=772 . Ich hatte seit dem keines mehr konsumiert, es sind zwei Jahre vergangen.)
Ich erinnere mich, ich lag wie gesagt auf dem Sofa und dachte mir plötzlich, da das Feeling enorme Erinnerungen an DXM weckte, "fuck, du bist nicht zwei Jahre älter, es ist nicht die geringste Sekunde vergangen. Du liegst hier noch immer, unverändert, auf diesem Sofa rum. Alles, was du in der Zeit denkst, erlebt zu haben, alles, was dich angeblich geprägt und verändert hat, ist nur deiner Fantasie enstprungen – der Droge, die du noch im Körper hast. Dein Leben ist ein Trip. Du bist bloß nie heruntergekommen. Moment. Welches Leben? Es ist nur Fantasie. Es ist alles im Kopf. Was ist dann noch Realität?" Auflösen, pures Auflösen aller gewohnten Bindungen zur Realität – zur Zeit, zum Körper. Ich dachte kurzzeitig verrückt zu werden.
Mein Hinterkopf wird warm, so warm, dass ich glaube die Synapsen drehen durch. Aber es ist auch ein schönes Gefühl, eine Art Euphorie.
Mein Herz raste, und ich stopfte mir, in der Hoffnung klarzukommen, alle Kekse in den Mund, die ich noch in meinem Zimmer fand. Wasser. Irgendwas, das mir helfen würde, Panik abzuwimmeln und mich völlig der ballernden Mischung aus MXE und Weed hinzugeben.
Normalerweise bin ich anfällig für Panik, aber diese Art war eine, wo meine Neugier überwiegen konnte und ich ihr glücklicherweise nicht verfiel – vielleicht lag das noch an den leichten angstlösenden Wirkungen des Etizolam, dass ich nicht wirklich Furcht hatte vor dem, was mich erwartete? Ich hatte diese bekannten Fragen: "Steht mein Kopf das durch? Mein Körper? War das zu viel? Was passiert jetzt?", aber konnte mich noch beherrschen, nicht gänzlich die Kontrolle zu verlieren.
Als ich nicht mehr auf Keksen kaute, konnte ich mich auf meine Atmung konzentrieren. Tief ein, tief aus. Reise. Denk nicht nach, reise einfach. Finde heraus, was dir die andere Welt zeigen möchte.
Meine Seele, mein Bewusstsein, trennten sich von meinem Körper, als die Augen geschlossen waren und sie wie eine Mauer vor der gewohnten Dimension bewahrten. Nun konnte ich verreisen. Mein Ich flog und flog, so schnell, mit so viel Bewegung und Kraft. Wenn es mir zu heftig wurde, öffnete ich kurz die Augen. Doch als ich sie wieder schloss, fand ich mich in einem immer heftigeren Zustand wieder.
Was sind Emotionen? Mein Gesicht durchzuckte in Sekundenschnelle und auf spastische Art und Weise alle mir bekannten Emotionen und Gesichtsaudrücke, begleitet von einem aufkommendem Gefühl, verrückt zu werden. So war es, alles auf einmal zu fühlen. Und dabei so bescheuert zu wirken, dass mir der alleinige Gedanke daran einen gedanklichen Schauer hinterließ. Der pure Wahnsinn. Zerfall jeglicher Vernunft.
Kaleidoskope, DMT-Muster und Formen flackerten auf, kreisten umher und ließen mich sie bewundern. Schließlich kehrte dieses Verbundenheitsgefühl zurück, ich sah mich zum ersten Mal mit allen Menschen gleichgestellt, gleichgesinnt, als hätte ich die große Kluft die zwischen mir und anderen steht im Geiste einfach übersprungen, eine Brücke gebaut. Aber mehr als das! Ich sah die Köpfe in mir, ihre Gedanken als pulsierende Farben und Buchstaben, ich flog über unendliche Massen von Köpfen und konnte mir eine beliebige Person aussuchen in die ich hineinflog. Mein Gesicht begann sich erneut auf bizarre Weise zu verziehen und zu verformen - und das in der realen Dimension, denn ich spürte es klar und deutlich - es zuckte, verzog sich, ich wurde zu dieser Person! Ich fühlte mich dem Wahnsinn nahe, wollte ihn jedoch nicht verscheuchen, weil er so viel Interessantes offenbarte.
Fesseln waren gesprengt. Mauern durchbrochen. Alles floss und war in Aufruhr, nichts stand mehr still.
Meine Gedanken sprangen, sprinteten, überschlugen sich, hüpften weiter, knallten gegen Wände und wieder zurück. Ich dachte an alles und war das Alles. Ich hatte mich aufgelöst, doch war nicht Nichts – ich war Alles auf einmal. Eine Erleuchtung jagte die nächste, diese wurden in Sekundenschnelle weiter analysiert und daraus resultierten weitere Erkenntnisse, es war ein nicht-endender Kreis. Und nur ein Bruchteil davon war in menschliche Worte zu fassen.
Eine, die mir noch deutlich in Erinnerung geblieben ist, ist Folgende: "Auf alles Positive folgt etwas Negatives", denn immer wenn ich eine schöne Erkenntnis hatte, folgte auch wieder eine, die mich verängstigte. Immer so weiter. "So ist das doch immer. Man wird nur enttäuscht." Doch während ich eben diesen Satz weiter zerstückelte und hinterfragte, merkte ich, dass alles unendlich ist. Ich sah das Unendlichkeitszeichen aufleuchten, die umgedrehte Acht, ein leuchtender Punkt umrundete es immer wieder, und darunter stand die umgedrehte Erkenntnis: "Auf alles Negative folgt etwas Positives!" Das ist Leben. Genau das.
Jede Scheiße die man durchmacht, macht man nur durch, weil man auf das Positive hofft - nein, sogar weiß, dass es kommt. Egal in welcher Form und Erscheinung. Man spürt es. Jeder Schicksalsschlag, jeder Hass, man bleibt doch am Leben, weil man den Glauben an nichts Niedereres als das Leben selbst nicht aufgibt. Die eine, immer wiederkehrende Regel – auf alles Negative folgt etwas Positives. Wieso hat man sich nicht schon lange umgebracht? Genau deswegen. Obwohl alles keinen Sinn ergibt, das ist Leben. Hätte ich es getan, wäre mir weiteres Negative, sowie auch Positives erspart geblieben. Aber für diese kleinsten Momente, für die lohnt es sich. Wenn nicht heute, dann vielleicht beim nächsten Mal.
Ich hatte soeben die Formel des Lebens ergründet. Ich versuchte diesen Gedanken zu manifestieren, mein Gehirn umzuprogrammieren, ihn immer wieder im Geiste aufzusagen, und es funktionierte tatsächlich. Ich hielt die folgenden, ängstigenderen Erkentnisse aus, weil ich genau wusste, es folgen Positive.
Alles ist aushaltbar. "Alles ist genauso richtig, wie es gekommen ist. Dass wir jetzt genau hier sind ist genau richtig" – fiel mir ein so ähnliches Zitat von einer heutigen Rede in der Schule ein. Glückseligkeit, wirbelnde Euphorie und das mächtige Gefühl der Allwissenheit durchströmten mich. Genau das ist es, was ich brauche. Keine Menschen. Niemanden. Nur dieses Gefühl.
Immer wieder fragte ich mich: Bin ich nun in einem Zustand der geistigen Krankheit oder bin ich tatsächlich so gesund wie noch nie? Wie definiert man all das? Ich würde so in keinem Alltag der Welt funktionieren, und doch ergründe ich die tiefsten Tiefen des Planeten mit meinem Bewusstsein, was andere in ihrem Leben niemals erreichen. Bin ich hier die Kranke oder sind sie es tatsächlich, denen etwas fehlt?
Und wie weit ist es möglich, seine Gedankenstruktur zu verändern mit bloßen gedachten Worten? Braucht man tatsächlich fremde Hilfe? Therapeuten machen doch nichts anderes. Ich hatte den verworfenen Gedanken der Selbsttherapie wieder aufgeschnappt, er war nie ganz fort, doch diesmal hatte ich ein kurzzeitiges Erfolgserlebnis zu verzeichnen.
Der angenehme Kampf in meinem Kopf ging weiter. Es war ein Schauspiel, eine Art Film die sich dort zum Besten gab. Im Kopf läuft dein Film, du bist Regisseur und Held zugleich. Egal was ich mir vorstellte, nichts war unmöglich. Was unmöglich war, war die Fähigkeit, dies in Worte zu fassen, obwohl ich es mir fest vornahm. Das wunderschöne Tanzen von Formen zu Bildern, Farben zu Gedanken, Gefühlen zu Erinnerungen – das ist Etwas, das nicht beschrieben werden, sondern nur erlebt werden kann. Die gewaltige Flut der anderen Welt, das Nicht-sein im Hier und Jetzt, das Treiben im nie endenden Ozean des Nichts. Das Fallen durch Regenbögen, das unendliche geheime Wissen, das sich einem wie ein Geheimnis offenbahrt. Jedoch in einer Sprache, die noch nicht ansatzweise übersetzt werden kann, weil sie nicht auf Worten basiert, sondern auf Empfindungen, für die es keine Worte gibt.
Vielleicht werde ich es eines Tages können. Vielleicht auch nicht. Doch ich wusste, dafür benötigte ich mehr von meinem süßen, weißen Gold.
Ich schlief irgendwann, nach weiteren Wellen und Räuschen von Erkenntnissen in meinem eigenen kleinen Wahnsinn mit einem Lächeln auf meinem Sofa ein, als sich alles etwas beruhigt hatte. Um vier erwachte ich kurz und schleppte mich ins Bett um dort weiterzuschlafen. Am nächsten Morgen fühlte ich mich so herrlich und erfüllt wie immer nach einem schönen Mex-Abend. Nur die Tatsache, dass ich jetzt keines mehr hier hatte schmeckte bitter. Aber ich hatte genug Ablenkung den Tag über.
"Ich lebe mehr in meinem Kopf als irgendwo in der greifbaren Welt. Es ist nicht immer einfach. Doch unsere Gedanken sind unsere mächtigste Waffe. Mit ihnen können wir unsere ganze Wahrnehmung, unsere eigene kleine Welt errichten und verändern, vernichten und verhassen, aber auch gestalten und sie genießen. Nichts beeinflusst unser Leben so sehr wie unsere Gedanken. Rein gar nichts."
Könnten normale Menschen so etwas überhaupt verstehen?
Hier schließt die innere Anstalt sich wieder.
Das waren soweit die Bruchstücke an die ich mich entsinne. Und siehe da, nun habe ich tatsächlich eine Beschäftigung für den ganzen Tag gehabt. So abrupt wie ich am nächsten Morgen auch wieder in der Realität erwachte, muss ich euch nun auch entlassen.
Vielen, vielen Dank fürs Lesen, falls es jemand durchgestanden hat. Vielleicht werde ich noch etwas ändern, falls mir noch was einfällt.
Diaz~