Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Der Wendepunkt
Drogen:Mischkonsum von Psilocybinhaltige Pilze und Cannabis (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:souljacker
Datum:03.08.2015 17:03
Set:Stark von der Natur geprägt, nachdenklich und respektvoll
Setting:Felsiger Waldabschnitt in einem Naturpark
Nützlichkeit:8,87 von 10 möglichen   (15 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Stille. Eine einsame Eule singt in der Stille der Nacht. Der Wald knistert und raschelt. Er ist voller Leben. Und wir sind mittendrinn. Wir sind ein Teil von ihm.

Wir sind gegen halb zwei Uhr mittags am Mittwoch losgelaufen. Die Idee für die Wanderung kam von einer Freundin, die ich ein Jahr zuvor in einem Club beim Feiern kennengelernt hatte. Wir haben uns seit dem einige Male getroffen und zusammen gechillt und als sie mir von ihrem Vorhaben erzählte, Pfingsten für ein zwei Wochen wandern zu gehen wurde ich sofort hellhörig. Ich hatte ein paar Tage vor diesem Treffen den Film „Wild – Der große Trip“ gesehen und war total begeistert von ihrem Vorhaben. Ich wusste, dass ich sowas auch dringen mal bräuchte. Endlich mal wieder raus aus dem Trott, raus aus der Wohnung und raus aus der Depression, die mich schon viel zu lange lähmt und so unglaublich träge macht.

Mein Leben war seit einem Jahr auf einer permanenten Talfahrt. Im Mai letzten Jahres begann mich langsam aber sicher alles ziemlich abzufucken. Ein guter Freund ist an Leukämie gestorben und ich machte mir Vorwürfe, den Kontakt nicht besser gepflegt zu haben in der Zeit vor seinem Tod. Dann war ich auf der Fusion und bin gar nicht mit mir und meinem Mitmenschen klargekommen. Ungefähr in diesem Zeitraum merkte ich auch, dass mir das Kiffen irgendwie keinen Spaß mehr macht sondern tendenziell immer negativer auf mich wirkt. Nach einem Joint war ich oft gefangen in meinem Kopf, unfähig meine Gedanken zu kommunizieren, ängstlich wie das Gesagte wohl rüberkommen würde und ich wusste immer seltener was ich einem Gespräch überhaupt beitragen kann und will. Bis ich das realisierte sollten aber erst noch einige Monate vergehen. Nach der Fusion bin ich dann ziemlich plötzlich in einer Beziehung gelandet, die ich so nicht geplant hatte. Aber gut, dass kann man wohl nie so wirklich planen. Ich war glücklich. Eigentlich. Oberflächlich. Doch in mir drin wüteten die Gedanken und Zweifel, die Zukunftssorgen und die zunehmende Unsicherheit im Umgang mit Menschen.

Ende September hat mein Vater den langen Kampf gegen seine Krankheit verloren. Ich war eine Woche davor noch mit einem Freud in New York und erzählte am Telefon meinen Eltern begeistert von der großen Stadt. Ich hätte ihm so gerne noch die Bilder gezeigt, die wir gemacht haben. Aber dafür hatten wir leider keine Zeit mehr. Als ich ihn vor dem New York Trip das letzte Mal gesehen habe sagte er zu mir als letztes, dass ich mir keine Gedanken und Sorgen machen und mein Ding durchziehen soll. Obwohl ich wusste, dass dieser unleidliche Anruf von meiner Mutter früher oder später kommen würde, verdrängte ich diese Tatsache doch ganz gut bis es dann tatsächlich so weit war. Ich fiel in ein tiefes Loch und machte es mir dort unten gemütlich. Hier will ich bleiben, hier ist es schön warm, in der tiefen Dunkelheit. Die Wärme kam größtenteils vom Kratomkonsum, das ich schon sehr bald täglich zu mir nahm um zumindest einigermaßen klar zu kommen. Anstatt mich aktiv mit meinen Problemen zu beschäftigen, anstatt aktiv zu trauern, kuschelte ich mich lieber in die wohlige Decke des Kratoms und anderer Opioide und verdrängte somit meine negativen Gedanken. Das funktionierte zunächst auch ganz gut. Nach und nach haderte ich jedoch immer stärker mit diesem Lifestyle und ich wollte da wieder irgendwie rauskommen. Ich habe versucht Pausen einzulegen, die längste davon ging drei Wochen, aber ich bin immer wieder ganz schnell beim täglichen Konsum gelandet. Die drogenfreie Zeit war geprägt von einem großen schwarzen Schleier, der vor meinen Augen hing. Alles war so unendlich sinnlos und ich verlor vor allem in dieser Zeit des Öfteren jegliche Perspektive aus den Augen. Oft fing ich mindestens ein Mal am Tag ohne Grund zu heulen an und verachtete mich dafür selbst. Im Dezember fasste ich schließlich den Entschluss mein Master Studium abzubrechen und nochmal einen neuen Bachelor anzufangen.

Einen Tag nach Weihnachten begann ich eine Art Tagebuch zu führen, in dem ich meine Gedanken festhielt und mir meiner nicht allzu glücklichen Lage dadurch immer deutlicher bewusst wurde. Ich schrieb mir alles Negative von der Seele, aber besser ging es mir dadurch nicht, eher steigerte ich mich dadurch noch mehr in meine scheinbar aussichtslose Lebensphase hinein. Nicht selten saß ich weinend vor meinem Notebook und schrieb voller Frust mit Tränen in den Augen Wort für Wort in mein Tagebuch, das den Titel „Zeit für Veränderung“ trägt. Aber die erhoffte Veränderung kam irgendwie trotzdem nicht.

Während dieser Zeit wurde ich auch mit meiner Beziehung immer unzufriedener, immer unglücklicher. Ich verfluchte mich selbst, dass ich nicht einfach glücklich sein kann. Als hätte ich mich bewusst dagegen entschieden glücklich zu sein. Lieber in Selbstmitleid versinken. Ja. Ich dachte vielleicht liegt das alles nur an mir, an meinen Sorgen, Zweifeln und meiner Trauer und das es mir mit der Zeit bestimmt wieder besser gehen wird und somit auch die Beziehung mich irgendwann wieder erfüllt. Aber dem war nicht so. Ich hatte keine Wahl, irgendwann waren die Zweifel an unserer Liebe, an meiner Liebe, so groß, dass ich einen Schlussstrich ziehen musste. Im Februar habe ich von einem Tag auf den anderen ein unschuldiges Herz gebrochen und einen Menschen tief verletzt, der mir viel bedeutet hat.

Die Entscheidung mit der Freundin mitzulaufen viel recht schnell. Ich wollte es mir einfach mal wieder selber beweisen, dass ich mehr kann als mich nachmittags müde aus dem Bett zu kämpfen, bis abends zu hungern nur um dann Kratom zu nehmen und vor der Glotze dahin zu vegetieren. Ich besorgte mir die nötigen Utensilien und bereitete mich gedanklich auf die Tour vor. Ich erzählte meinen Freunden von meinem Vorhaben, damit ich es mir auch ja nicht noch anders überlegen würde. Wenn ich es allen Leuten erzähle, dann muss ich es auch durchziehen, das waren die Gedanken dahinter. Ich freute mich darauf endlich loszulaufen. Ich freute mich darauf endlich mal wieder einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Weiter zu laufen und meine alten Gewohnheiten hinter mir zu lassen. Einfach mal wieder ein kleines bisschen vorankommen im Leben. Ich wollte den geistigen Stillstand, in dem ich mich Monate lang suhlte, endlich durchbrechen.

Ich besorgte mir von einem Freund noch ein paar Trips Miprocin, da ich mich schon seit langer Zeit mal wieder auf eine psychedelische Reise begeben wollte. Mein letzter Trip lag über ein Jahr zurück, in der Zeit, in der mich langsam aber sicher das glückliche Leben verlassen sollte. Einige Tage vor dem Start der Wanderung erzählte mir die Freundin, dass eine Freundin von ihr eventuell auch mitlaufen wird und fragte mich, ob mir das was ausmachen würde. Es machte mir nichts aus. Im Gegenteil. Ich freute mich darauf in dieser Situation einen neuen Menschen kennen lernen zu dürfen. Wir trafen uns an dem Bahnhof des Ortes, an dem unsere Wanderung beginnen sollte. Sie war mir sofort super sympathisch und ich hatte so richtig Bock auf die kommenden Tage. Die Sonne schien und ein leichter Wind wehte uns entgegen, als wir endlich losliefen.


Mittwoch:

Und dann kam gleich der erste Berg und wir merkten, dass es ganz schön heftig ist mit knapp 20 kg auf dem Rücken eine steile Straße aufwärts zu laufen. Nach zehn Minuten war ich komplett verschwitzt und keuchte wie ein Marathonläufer, der gerade ins Ziel einläuft. Das geht ja gut los. Aber es hat funktioniert. Am ersten Tag haben wir eine recht große Strecke zurückgelegt. Ich hatte Stift und Papier dabei, um Abends immer ein bisschen was aufzuschreiben, meine Notizen sind teilweise aber sehr nüchtern, sachlich und kratzen nur an der Oberfläche des Erlebten. Am ersten Abend bauten wir unser Zelt am Rand eines Waldes auf und erholten uns mit einem wohlverdienten Joint von den Strapazen des Tages.

Aufzeichnungen Mittwoch:

Sehr gute Stimmung. Sehr anstrengender Tag. Mir tut alles weh, aber ich fühle mich lebendig, sehr lebendig. Irgendwann hat mein Rücken ziemlich arg wehgetan, aber man überlebt es schon. Mit etwas gutem Willen sind wir doch jeden Berg ganz gut hochgekommen. Bin gerade ein bisschen aufgeheizt im Kopf. Die Landschaft ist bisher zwar echt schön, aber auch nicht umwerfend. Ziemlich viele Höhenunterschiede, ein ständiges auf und ab. 22:20 Uhr: der Wald knistert, das Papier raschelt und mein Stift tanzt fröhlich vor sich hin. Ich wünschte das ginge schneller, die Gedanken auf das Papier zu bringen. Ich kann nur wenige der rasenden Gedanken einfangen, die trotz der Anstrengung Schlaf noch unmöglich machen. Ich habe großes Glück mit zwei so super lieben Menschen diese Tour machen zu dürfen.


Donnerstag:

Am nächsten Tag schälte ich mich als erster nach einer viel zu kurzen Nacht aus meinem Schlafsack und aus dem Zelt. Während ich die erste Zigarette des Tages rauchte spitzten die ersten Sonnenstrahlen über die Baumkronen des gegenüberliegenden Waldes. Kurz darauf standen auch die anderen beiden auf und wir machten uns nach einem kurzen Frühstück wieder auf den Weg. Zuerst dachte ich, dass es an diesem Tag schon deutlich angenehmer zu laufen ist. Der erste Anstieg des Tages belehrte mich eines Besseren. Sehr schnell war ich wieder genauso fertig wie am Ende des ersten Tages. Was haben wir uns da bloß vorgenommen. Im nächsten Dorf angekommen machten wir eine Pause an einem kleinen Bach, um unser Wasser aufzufüllen. Ein paar Leute aus der Gegend machten eine Bierwanderung und wir schauten sehnsüchtig zu dem im Bach stehenden Bierkasten. Wir kauften ihnen jeder ein Bier ab, das zweite schenkten sie uns bevor sie aufbrachen. Nach wenigen Schlücken fühlte ich mich deutlich beschwipst. Das kann ja was werden heute. Gerade mal neun Uhr morgens und schon hab ich einen sitzen. Ein Kerl in unserem Alter aus dem Dorf gesellte sich dann zu uns und war sichtlich begeistert von unserem Vorhaben. Er war ebenfalls gerade auf der Suche nach einer neuen Perspektive, nachdem er drei Jahre lang in Hamburg vergeblich versucht hatte seinen Traum zu leben. Jetzt ist er wieder in seinem Heimatdorf bei seinen Eltern, um von dort aus neue Schritte in eine neue Richtung zu wagen. Ich merkte, dass ich nicht der einzige bin, der nicht weiß, wie das alles weiter gehen soll.

Er fragte uns, ob es uns was ausmache, wenn er den heutigen Tag mit uns mitlaufen würde. Es machte uns natürlich nichts aus. So machten wir uns zu viert auf den sehr beschwerlichen Weg zu einer hoch gelegenen Burg. An einem Kletterfelsen mussten wir am Rand einen ziemlich schmalen, felsigen Weg hochklettern. Ich dachte erst, er meint das nicht ernst. Naja. Ein Versuch ist es Wert. Jeder Schritt fiel mir unendlich schwer. Zu der körperlichen Anstrengung kam ein großer Respekt vor der tatsächlichen Gefahr. Ein falscher Schritt, einmal blöd weggerutscht und das kann ziemlich böse enden. An der schwierigsten Stelle war der abfällige Waldweg vielleicht 40 Zentimeter breit, rechts neben mir herausstehende Felsen, an denen man sich kaum festhalten kann und links neben mir ein doch ziemlich furchteinflößender Abgrund. Auf allen vieren bin ich irgendwie da hochgerobbt und war heilfroh, dass ich diese kritische Stelle heil überstanden hatte. Oben auf der Burg genossen wir die Aussicht und erholten uns ein bisschen. Danach liefen wir noch ein paar Kilometer weiter, bevor wir auf einer flachen Wiese am Waldrand erschöpft unser Zelt aufbauten.

Aufzeichnungen Donnerstag:

Heftig anstrengender Aufstieg zur Burg nach sehr gechilltem Vormittag im Dorf. Habe kaum gepennt und merke den Schlafentzug langsam deutlich. Interessant zu sehen, dass jeder so sein Päckchen zu tragen hat. Sein 20 kg Päckchen. Die Zukunft ist nicht nur bei mir ungewiss. Zeiten ändern sich, Freundschaften zerbrechen, Beziehungen gehen auseinander. Man darf den glücklichen Tagen nicht hinterhertrauern. Stattdessen sollte man sie in einer kleinen Schatulle sammeln und gleich neben dem Herzen lagern, um immer mal wieder darauf zurückgreifen zu können. Und dann weiter gehen. Weiter vorwärts. Ein grobes Ziel ist von Vorteil, aber vor allem sollte man jeden Augenblick des Lebens erst einmal genießen. Zumindest soweit das unter den gegebenen Umständen möglich ist. Mein Kopf ist leer und meine Beine sind schwer.



Freitag:

Am nächsten Tag suchten wir uns recht früh einen schönen Platz zum Campen, da wir vorhatten an diesem Tag zusammen zu trippen. Wir fanden gegen zwölf Uhr mittags einen super Platz auf einem Felsplateau. Die Gegend war zum ersten Mal richtig, richtig schön. Weite Wälder und Wiesen und an unserem Platz ganz viele tolle Felsen. Der Felsen an unserem Platz wurde sofort zu unserem Felsen erkoren. Wir verstauten unsere Rucksäcke an dem späteren Campingplatz und nahmen jeder eine Kapsel von dem Miprocin. Für das liebe Mädchen, das ich erst zu Beginn der Wanderung kennenlernte war es die erste psychedelische Reise. Ich füllte daher etwas aus ihrer Kapsel in die letzte der vier Kapseln, die ich noch dabei hatte. Für mich und die Freundin, die ich auf der Party ein Jahr zuvor kennen gelernt hatte waren es etwa 20 mg. Wir waren alle etwas aufgeregt und hibbelig, aber hatten voll Bock auf die Reise.

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Unser Heimatfelsen

Kurz nachdem wir die Kapsel genommen hatten machten wir uns auf den Weg, die nähere Umgebung etwas zu erkunden. Während dem Laufen durch den Wald merkte ich bereits die ersten Veränderungen meiner Wahrnehmung. Ich sah vermehrt einzelne Szenen, die zusammen die Natur vor mir bildeten. Als wir den ersten Hügel überquerten sahen wir eine grüne Wiese, die an einen Acker anschloss. Wir steuerten zielstrebig auf die Wiese zu und setzten uns dort, um erst einmal anzukommen. Dann ging alles sehr schnell bei mir. Von unserem Platz hatten wir eine wunderschöne Weitsicht über weite Felder und Wälder. Die Baumkronen der weit entfernten Wälder wehten sanft im Wind. Sanft und gleichmäßig. Sie kamen näher und zogen sich wieder zurück. Die Blätter der Bäume fingen an im Takt der Natur hin und her zu morphen. Ich saß auf dem Boden und wippte mit ihnen hin und her. Puh. Der Anblick erinnerte mich an einen Trip, den ich vor einigen Jahren an einem See hatte, wo ich von der Schönheit des Sonnenuntergangs nahezu erschlagen wurde und immer wieder wegblicken musste, da es einfach zu schön war sich diesem Naturschauspiel für längere Zeit auszusetzen. Die Baumkronen wurden zu wabbelndem Brokkoli und wir tauften den fernen Wald das Brokkoli-Land.

Ich stand auf und versuchte zum ersten Mal zu pissen. Langsam lief ich über die Wiese zur nächsten Waldlichtung. Mit einem Schlag war ich in einem Zauberwald, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Die Geräusche um mich herum waren plötzlich so klar und rein. Ich nahm alles komplett ungefiltert wahr, alles auf einmal, alles war am Leben und ich war mittendrinn. Meine Hose war offen, mein Mund auch vor Staunen, aber an Pissen war beim besten Willen nicht zu denken. Keine Chance. Ich war viel zu abgelenkt von der Schönheit, die sich vor meinen Augen immer stärker ausbreitete. Als ich zu den Mädels zurückwankte ging es bei ihnen auch langsam los. Ich legte mich auf den Boden und fuhr mit meinen Händen durch das Gras um mich herum. Große Euphorie machte sich in meinem Herzen breit. Es fühlte sich an, als würde ich mit dem Boden, dem Wald und der gesamten Natur verschmelzen. Ich war im Einklang mit allem und sehr nah dran, vor Glück zu weinen. Die Sonne prasselte ohne Gnade auf uns herab und wir konnten uns nicht entscheiden, ob es nicht viel zu heiß sei, um in der Sonne zu liegen. Mein Temperaturempfinden war total gestört. Eine kleine Wolke und mir wurde ziemlich schnell kalt, aber in der Sonne fing ich wortwörtlich an zu schmelzen. Den anderen beiden ging es auch super. Auf dem Wanderweg am Rand des Ackers beobachteten wir, wie eine Mutter mit ihrem Kind entlang spazierte. Es kam uns so vor, als hätten die beiden ein wunderschönes Mutter Kind Verhältnis. Das Kind trabte mit kräftigen Schritten einige Meter hinter der Mutter hinterher, mit zwei Stecken bewaffnet, die aber nach viel mehr Stecken aussahen. Ein bisschen wie Edward mit den Scherenhänden. Es war unglaublich schön den beiden zuzusehen.

Wir beschlossen einen Joint zu rauchen. Wir rauchten den Joint. Es zog mich in sämtliche Richtungen auseinander. Meine Gedanken fingen an zu rasen und ich war total überwältigt. Ich versuchte erneut zu pissen. Erfolglos. Plötzlich fühlte ich mich irgendwie einsam und vermisste die anderen beiden total. Als ich zu unserm Platz zurücklief war plötzlich nichts mehr wie früher. Die anderen beiden waren ein paar Meter weg im Wald auf Erkundungstour. Ohne mich. Sie wollen mich nicht dabei haben.

Im Nachhinein konnte ich den Punkt, an dem ich mich selbst verlor und gedanklich auf die falsche Bahn abdriftete recht genau einordnen. In dem Moment des Trips jedoch nicht. Es war ganz klar der Joint, der paranoide Gedanken jeglicher Art in meinem Kopf entfesselte. Meine Einstellung zum Kiffen war nun einmal nicht mehr hundertprozentig positiv. In den Wochen vor der Wanderung hatte ich zwar wieder einige positive Erlebnisse mit dem Kiffen gemacht, wenn ich mich in vertrauter Umgebung befand und mit Menschen rauchte, die ich kannte und denen ich vertrauen konnte. Die beiden Mädels zählten auf jeden Fall dazu, deswegen war der Joint Abends nach geschaffter Tagestour auch immer super angenehm. Aber dieses Mal war es alles einfach wieder ein bisschen zu viel für mich. Ich war wieder einmal gefangen in meinem Kopf und fand keinen Weg mehr hinaus. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, warum ich jetzt solche blöden Gedanken habe. Aber es half nichts. Die Gedanken waren nun einmal da. Ich wusste, dass es Bullshit war, aber irgendein Teil meines Kopfes feuerte diesen Bullshit immer weiter an. Ich legte mich auf den Acker in die pralle Sonne und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Der Acker war hart und unbequem. Ich kam mir doof vor mitten auf diesem Acker zu liegen. Irgendwas stimmte ganz und gar nicht. Ich ging zu den beiden in den Wald zurück und versuchte wieder den Anschluss zu finden. Ich wollte meine Gedanken ihnen nicht mitteilen, weil ich sie nicht auf einen schlechten Film bringen wollte. Dumme Entscheidung. Denn so entstand bei mir nach und nach immer mehr eine ziemliche Kommunikationsblockade und ich konnte ihnen erst viel später mitteilen, was ich mir für Gedanken machte.

Die beiden liefen ein Stück vor mir und ich verstand nur Wortfetzen. Sie lachten und waren glücklich. Sie lachten über mich, wie ich verdusselt und verpeilt hinter ihnen her laufe. Vielleicht wollen sie nur zusammen auf Klo oder so. Sie wollen nicht in meiner Gegenwart sein, da ich negative Vibrations ausstrahle und sie so herunterziehe. Ich will sie nicht herunterziehen und bleibe völlig planlos und verloren im Wald stehen. Einsam und allein. Am liebsten wäre ich weggerannt und nie mehr wieder gekommen. Die Schönheit des Waldes war plötzlich nicht mehr erfüllend und beeindruckend, sondern lächerlich und absurd. Was mache ich hier überhaupt. Ich fühlte mich so unwohl in meiner Haut, wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Ich hoffte nur, dass ich das Ganze irgendwie ohne größeren psychischen Schaden überstehen würde. Der Trip wurde zu einer einzigen Tortur für Körper und Geist. Ich war komplett verloren.

Irgendwie schaffte ich es mich aufzuraffen. Ich versuchte die Positivität der anderen beiden aufzusaugen und die bösen Gedanken zu verdrängen. Ich erzählte ihnen total verpeilt in sinnlosen Wortfetzen, dass ich irgendwie voll raus bin und gerade nicht mehr reinfinde. Sie versichern mir total lieb, dass das natürlich nicht stimmt, was ich denke. Es fühlte sich gut an, das bestätigt zu haben, was ich aber eigentlich ja sowieso schon wusste. Trotzdem gingen die Zweifel nicht komplett weg. Ich hatte keinerlei Optiks mehr, alles wirkte auf mich vielmehr als wäre es ultra real. Zu real um wahr zu sein. Mein Gedankenchaos hat mich total aus der Natur gerissen. Stück für Stück tastete ich mich langsam wieder an die Natur ran. Mir ging es langsam wieder rein bisschen besser, ich war aber immer noch sehr unsicher was ich sagen tun und hören sollte. Wir waren alle etwas verplant. Keiner wusste so recht wohin wir gehen, alle wussten, dass wir nicht allzu weit gehen sollten, da wir sonst unseren Felsen wohl nie wieder finden werden. Also war das nächste größere Ziel zunächst, unsere Heimat wieder zu finden, was sich als äußerst schwieriges Unterfangen herausstellen sollte. Außerdem wurde das Wasser, das wir dabei hatten immer knapper. Ich sah eine Felsreihe im Wald und war mir recht sicher, dass das unsere Felsen sein müsste. Dort angekommen kletterte ein Pionier von uns den steilen Hang hinauf. Sah ganz schön anstrengend aus. Ich wollte das erst einmal von hier unten beobachten.

Es war unglaublich toll ihr zuzuschauen, wie sie den Berg Schritt für Schritt erklomm. Wie ein Entdecker neuer Welten kletterte sie immer weiter nach oben. Kurz vor dem Gipfel des Berges hangelte sie sich mit Hilfe eines sehr seltsamen abgebrochenen Baumes über den Hang zum letzten Felsen. Dort quetschte sie sich durch eine Felsspalte und blickte mit ihrem Kopf ins das neue Land. Ein Bild für die Götter. Unsere Rucksäcke oder unseren Platz hat sie aber nicht gesehen. Ich beschloss den Aufstieg auch zu wagen. Es war ziemlich steil und anstrengend, aber machte irgendwie total Spaß. Dann kam irgendwann der abgebrochene Baum, den ich gar nicht verstanden habe. Irgendwie war er lose und doch fest. Ganz komisches Ding. Oben zwängte auch ich mich durch die Felsspalte. Ich wollte alles hinter mir lassen und wurde von dem Felsen in das neue Land geboren. Ein ziemlich erhabenes Gefühl machte sich in mir breit.

Als wir uns einig waren, dass es wohl doch nicht unser Felsen ist, den wir gerade bestiegen haben wurden wir etwas unsicher. Wir beschlossen erst einmal zur Wiese zurückzugehen, da hier alles angefangen hatte und wir uns von dort bestimmt besser in diesem verrückten Zauberwald orientieren können. Nach kurzem Suchen fanden wir die Wiese wieder. Der Wanderweg, auf dem die Frau mit Kind gelaufen war. Ich erinnerte mich wage an ferne Zeiten von Klarheit in denen ich mir sicher war, dass dieser Weg eigentlich derselbe sein müsste den wir vor einigen Stunden mit Gepäck zu unserem Platz gelaufen sind. Dass dieser Weg also auch zu unserem Felsen führen müsste. Aber jeder deutete in eine andere Richtung in der er unsere Heimat einschätze. Wir lachten über unsere Verplantheit und stellten immer wieder zwischendurch fest, dass wir uns nicht so ein Stress deswegen machen sollten. Wir werden schon nicht verloren gehen und qualvoll verdursten. Hoffentlich. Nein ganz bestimmt nicht. Für wenige Sekunden übernahm wieder jemand die Führung der glaubte die absolute Orientierung wieder gefunden zu haben nur um mit jedem Schritt immer unsicherer zu werden, ob es nicht vielleicht doch die falsche Richtung sei. So liefen wir noch ein paar Mal im Kreis und erfreuten uns an unserer Orientierungslosigkeit, bevor wir uns endlich mal aufrafften, den Wanderweg am Rande des Ackers zu begutachten.

Wir liefen wenige Meter auf dem Weg und merkten sofort, dass wir hier richtig sind. Nach und nach kamen längst verlorene Erinnerungen zurück und die Umgebung kam uns immer vertrauter vor. Dann kam noch eine letzte Abzweigung. Rechts oder links. Zwei Wanderer kamen uns von einem der Wege entgegen. Eine völlig neue Situation. An der Weggabelung war eine Bank. Erstmal hinsetzen und überlegen. Wir lachten aus tiefstem Herzen und dachten uns, dass die beiden bestimmt auch nur ihren Felsen suchen. Wir entschieden uns schließlich für den linken Weg und stellten fest, dass es der richtige Weg war. Ein paar Minuten später hatten wir endlich unseren Lagerplatz wieder gefunden. Wie nach einer endlosen Safari ließ ich mich auf die Isomatte fallen und atmete tief durch. Endlich daheim.

Mir ging es immer besser, auch wenn ich das Erlebte immer noch überhaupt nicht einordnen konnte. Was war nur passiert, wie konnte ich gedanklich nur so weit vom richtigen Weg abkommen. Wir waren deutlich am Runterkommen und fingen an über das erlebte zu reden. Unsere Pionierin zog es zu unseren Felsen, sie wollte klettern während ich erstmal einfach nur liegen wollte. Ich bemerkte, dass die Baumkronen über mir durch die Bewegung des Stammes im Wind hin und her tanzten. Genau wie im Brokkoli-Land. Wir waren also auch in einem Brokkoli-Land. Ich fing an mit der neuen Freundin über das zu reden was passiert war und erklärte ihr, wie das mit dem Kiffen bei mir in letzter Zeit manchmal nicht wirklich spaßig war und das wohl der Auslöser für meinen Abstecher in tiefste psychische Abgründe war. Wir führten ein schönes Gespräch und ich fühlte mich sehr verstanden.

Die anderen beiden rauchten noch einen, ich setzte erstmal aus, da ich eigentlich nur heilfroh, war dass ich wieder einigermaßen wusste, wo oben und unten ist, was real und was nur Spinnereien meiner angeschlagenen Psyche. Langsam aber sicher kam die Zeit wieder zurück, die wir die vergangenen Stunden erfolgreich besiegt hatten. Die Uhr begann wieder zu ticken und wir wurden immer nüchterner. Später stellten wir – wie kann es anders sein - fest, dass der Felsen, den wir auf dem Trip bestiegen hatten, natürlich doch unser Felsen war. Wir waren nur zu verplant gewesen alle Richtungen genau abzusuchen. Im Laufe des Tages begannen wir sämtliche Felsen zu besteigen und fanden total gefallen am Klettern. Einen etwa zwei Meter hohen Felsen tauften wir den Übungsfelsen, da mir hier super an den Seiten entlang klettern konnte und ein Gespür für das Klettern und das Gestein bekam. Nach dem Übungsfelsen war kein Felsen mehr vor uns sicher.

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Kletterparadies bei unserem Felsen

Erschöpft entspannten wir uns wieder an unserem Zeltplatz. Das Wasser war recht knapp. Ich beschloss noch einmal in das etwa zwei Kilometer entfernte Dorf zu laufen und Wasser zu holen, damit wir am nächsten Tag ausschlafen können und uns nicht stressen müssen möglichst schnell ins nächste Dorf zu kommen. Das Laufen tat mir sehr gut. Mit jedem Schritt wurde ich immer entspannter und ich dachte sehr viel über das Erlebte nach. Zum ersten Mal fühlte ich mich wie ein echter Wanderer, ich war total drin in unserem gesamten Trip. Ohne Rucksack lief es sich so unglaublich leicht. Ich kann überall hin laufen. Die Welt steht mir offen. Auf dem Rückweg betrachte ich nachdenklich den Sonnenuntergang.

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Sonnuntergang auf dem Heimweg vom Wasserholen

Aufzeichnungen Freitag:

Willkommen im Brokkoli-Land. Heute sind wir recht wenig gelaufen, haben dafür aber einen super Heimatfelsen gefunden. Gegen ein Uhr sind wir in neue Welten eingetaucht. Anfangs im Einklang mit mir, der Natur und meinen beiden Mitreisenden wurde es dann recht schnell sehr anstrengend. Paranoide Gedankengänge, ausgelöst durchs Kiffen, kontrollierten und dominierten den Trip über weite Strecken. Am Ende habe ich dann aber doch wieder einigermaßen reingefunden und es geschafft die Erfahrung einfach zu genießen anstatt sie mit tonnenweise Selbstzweifel zu füllen. Abends das erste Lagerfeuer und ein bisschen mehr Schlaf als sonst. Alles tut weh. Aber alles ist gut.



Samstag:

Die Etappe des nächsten Tages war auch wieder nicht allzu lang, dafür aber ziemlich anstrengend, da es einige Höhenmeter zu bezwingen gab. Ich war sehr ruhig und nachdenklich. Der Trip des Vortages nagte noch immer an mir. Das hatte ich mir doch etwas anders vorgestellt. Aber gerade aus den negativen Erfahrungen kann man ja oft auch ganz viel lernen.

Aufzeichnungen Samstag:

Im ersten etwas größeren Dorf einen Abstecher zum Supermarkt gemacht. Totale Überforderung wegen totalem Überangebot. Und viel zu viele Menschen. Wir kommen uns wie verwilderte Streuner vor. Fühlt sich gut an. Die Gruppe ist total zusammengewachsen. Abends haben wir den Gottvaterberg bestiegen und dort unser Camp errichtet. Zwei Flaschen Wein (die wohl sinnvollste Anschaffung im Supermarkt) sowie der ein oder andere Joint versüßten uns den Abend auf höchsten Niveau. Im Dorf ist irgendeine Kirchweih. Ich bin voll im Kerwa Modus. Für mich persönlich eigentlich der schönste Abend bis jetzt. Schade dass wir ab morgen nur noch zu zweit unterwegs sind.


Sonntag:

Am nächsten Tag sind wir sehr viel gelaufen und sehr weit gekommen. Ich habe ganz viele tolle Bilder und Videos von Höhlenerkundungen gemacht. Das viele Laufen hat den Kopf so frei gemacht. Bei den ganzen Schmerzen kann man sich immer nur auf den nächsten Schritt konzentrieren und obwohl man oft denkt es geht nicht mehr, geht es doch immer weiter wenn man nur will. Der Körper ist schon ziemlich strapazierfähig.

Aufzeichnungen Sonntag:

Der erste Tag zu zweit. Wunderschöne Landschaft, mit Abstand die schönste Etappe bis jetzt. Mehrere Höhlen entdeckt, in die man teilweise einige Meter reinkrabbeln konnte und erforschen konnte. Sehr viel gelaufen, aber der Weg war auch recht flach die ganze Zeit. Abends dann noch ein kleines Feuer und zum ersten Mal einigermaßen vernünftig gepennt, auch wenn ich einige Male von der Kälte aufgewacht bin. Zu dritt im Zelt ist es halt deutlich wärmer als alleine.



Montag:

Für mich stand am Montag der letzte volle Tag bevor. Am Sonntagabend habe ich zum ersten Mal mit dem Gedanken gespielt, als persönlichen Abschluss der Wanderung am Montag vielleicht die letzte Kapsel noch zu nehmen. Ich hatte vor nicht allzu weit zu laufen und mir ein schönes Plätzchen zu suchen um mittags dann noch einmal zu trippen und es mir selbst zu beweisen, dass ich das besser kann als drei Tage zuvor. Ich hatte von Anfang an im Hinterkopf den Gedanken noch einen Tag und eine Nacht alleine zu verbringen, um diese Erfahrung auch mitzunehmen. Meine verbliebende Mitreisende wollte noch ein paar Tage weiter laufen, je nach Wetter, das bis dahin einfach umwerfend und absolut perfekt war. Es hat nur nachts geregnet, kein einziges Mal tagsüber. Da haben wir schon super viel Glück gehabt.

Wir verabschiedeten uns gegen 12 Uhr in einer Gegend, die wieder einmal wunderschön war. Da wir nur sieben Kilometer von der nächsten größeren Stadt entfernt waren beschloss ich an diesem Ort zu bleiben, da die Natur höchstwahrscheinlich eher weniger schön werden würde, je näher man zur Stadt kam. Ich sollte mit der Vermutung Recht behalten. Leider hat der Akku von meinem Handy hier schlapp gemacht und ich konnte nur noch ein Bild schießen. Gerne hätte ich noch ein paar Bilder von meinem genialen Zeltplatz und der umwerfenden Aussicht geschossen. Nun ja, in meinem Herzen werden sie hoffentlich nie verblassen. Also gut. Einen Tag also nur mit sich selbst beschäftigen. Mit sich und der Natur. Das müsste ich doch mittlerweile hinkriegen. Mit Zettel und Stift bewaffnet fing ich an meinen Tag zu dokumentieren. Ich denke die Aufzeichnungen sprechen für sich. An dieser Stelle will ich auf einen traditionellen, reflektierten Tripbericht verzichten und lasse meine Aufzeichnungen für sich sprechen.

Aufzeichnungen Montag:

Sitze auf einer Wiese und habe soeben die tage Freitag bis Sonntag noch ein bisschen zusammengefasst. Werde wohl demnächst trippen, um das alles nochmal abzuschließen. Und weil ich das besser kann als am Freitag. Morgen laufe ich dann meine letzte Etappe in die Stadt und lasse mich dort abholen. Es ist 12:45 Uhr und die Sonne scheint strahlend hell. Habe sogar eine schlaftaugliche Höhle gefunden, muss das nochmal genauer auskundschaften, chill jetzt erstmal ein bisschen und überleg dann weiter.

13:15 Uhr: Starte mal eine kleine Expedition und gehe ein bisschen klettern. Die Welt steht mir offen. Ich kann alles schaffen, wenn ich es nur wirklich will. Es ist so einfach.

Habe oberhalb der Höhle ein Felsplateau entdeckt, mit einer kleinen einigermaßen ebenen Stelle, wo mein Zelt perfekt hinpassen müsste. Werde jetzt den Anstieg mit Rucksack wagen und dann direkt aufbauen, damit die Homebase steht. Das wird anstrengend. Akku bei 14 %. Das wird knapp.

14:00 Uhr: Akku leer, jetzt bin ich wohl auf mich alleine gestellt. Ich werde es überleben. Habe den Hügel bestiegen und das Zelt aufgebaut. Sieht sehr urig aus und die Aussicht von hier oben ist wahnsinnig schön. Werde jetzt die erste Hälfte des Mirocins nehmen (etwa 15 mg) und später dann eventuell den Rest.

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Mein Zelt baute ich oberhalb dieser Höhle auf einem Felsplateau auf

Liege vor meinem Zelt und lasse die vergangenen Tage Revue passieren. Es war eine wunderschöne Zeit, die mich vieles gelehrt hat, dass ich noch gar nicht komplett begreifen kann. Werde dann bestimmt noch eine längere vertrippte Expedition starten. Aber erstmal chillen und das Leben unter Bäumen in vollen Zügen genießen. Ich schwimme im Ozean des Waldes. Ich bin ein winzig kleiner Fisch. Ein Fisch, der sein restliches Futter gleich vertilgen wird. Das wird eine interessante Reise. Alles ist gleichzeitig und ich bin mitten drin. Habe ein gutes Gefühl. Lege jetzt nach, sonst denke ich die ganze Zeit daran, wann ich den Rest nehmen werde (insgesamt nun etwa 25 mg). Das wird so schön. So schön wie die Natur nun einmal ist. Ich könnte Ewigkeiten hier verweilen, an diesem zeitlosen Ort. Das Knarzten der Bäume, das Zwitschern der Vögel, die Sonnenstrahlen und jedes einzelne Lebewesen auf dieser Erde. Die Schöpfung ist echt atemberaubend. Diese Vielfalt, diese Schönheit. Es entzieht sich meinem Vorstellungsrahmen. Ich werde eins mit der Natur. Ich bin die Natur. Die Natur ist in mir. Und sie will da raus! Auuuu. Auuuu. Auuuu.

Sitze nun auf der Lichtung. Werde jetzt die Welt erkunden. Vielleicht aber auch nur von hier oben erstmal. Die Aussicht hier ist schon ansprechend. Äußerst ansprechend. Was man mit der Natur für perverse Sachen anstellen kann. Ich lass es mir von der Natur heute schon nochmal ordentlich besorgen. Fick mich. Fick mich. Gib mir alles was du hast. Orgasmische Symbiose dieser Trip. Ich bin wie für diesen Ort geschaffen. Ein wunderschönes Bild. Alles im Einklang.

Höhlenexpedition: Bad Vibrations in der Höhle. Kaputte Bierfalsche in Seitenschacht. Bin total angewidert davon. Gehe ein bisschen wandern.

Wandern auf einem Trip ist so eine Sache für sich. Man kommt aus dem Staunen gar nicht heraus und kaum voran. Die Natur ist immer da. Und sie ist auch ohne Droge wunderschön und atemberaubend. Man muss sich nur Zeit für sie nehmen. Sie bewusst wahrnehmen. Bewusst als Teil von ihr leben. Sich für sie entscheiden. Und nicht zurückblicken.

Atmen
Lernen
Wandern
Leben
Sein

Die absolute Erdung. Bin mittlerweile ein bisschen am Runterkommen, aber immer noch ganz weit weg von Normalität. Sitze wieder auf der Lichtung auf meinem Berg. Immer noch keine Wanderer in Sicht, die ich begrüßen könnte von hier oben, von meinem Zuhause. Habe es vielleicht ein bisschen unterschätzt, das mit dem alleine schlafen ohne irgendwas außer mir und meinen Gedanken. Und diesem Zettel. Ich sehne mich nach Menschen, nach zwischenmenschlichen Interaktionen, Begegnungen und Beziehungen. Das ist eigentlich alles was mir fehlt. Ich werde so einiges ändern in meinem Leben. Lange Zeit habe ich mich vor der Welt verschlossen ohne eigentlich zu merken, dass es genau das ist, was mich so traurig macht. Tränen der Erkenntnis, der Trauer, der Liebe und des Lebens fließen auf meiner Lichtung hier oben.

Sometimes you have to get lost in order to find yourself.

Mich durchströmt eine Ausgeglichenheit, Ruhe und Zufriedenheit, wie ich sie seit sehr, sehr langer Zeit nicht mehr verspürt habe. Jetzt sitze ich noch hier und genieße die letzten Sonnenstrahlen des Tages, einsam und alleine, aber morgen schon bin ich wieder da unten, mittendrinn und voll dabei. Endlich mal wieder leben. Mit sehnsüchtigem, suchendem Blick verlasse ich die Lichtung auf meinem Berg und gehe weiter in eine andere Richtung. Auf der Suche nach Menschlichkeit.

Schon komisch, dass ich mir extra einen Ort gesucht habe, an dem nur sehr unwahrscheinlich Menschen vorbeikommen werden und ich trotzdem heute wohl noch des Öfteren an die Lichtung gehen werde, um zu schauen, ob nicht vielleicht doch noch jemand in mein kleines, schönes Zauberland vordringt. Wer sich auf den einsamen Berg der Erkenntnis setzt, der hat es nicht anders verdient.

Habe eine kleine Farm gefunden. Auf meinem Berg. Keine 100 Meter in die andere Richtung. Ist vielleicht doch kein so einsamer Berg. Schön. Die zwei Rinder starren mich an, wie ich im Wald sitze und sie beobachte. Sie wirken sehr irritiert, als hätten sie sowas wie mich noch nie gesehen. Ich glaube Tiere merken, wenn man drauf ist. Die sind total geflashed von mir. Und ich von ihnen.

Korrektur: Mein Berg ist gar kein Berg, sondern nur höhere Landebene als das Tal, was unten bei der Lichtung vorbeiläuft. Macht Sinn.

Korrektur: Ich bin gar nicht so alleine. Das nächste Dorf ist nur 20 Minuten zu Fuß weit weg. Ein Fahrradfahrer fährt die Straße entlang. Verrückt.

19:00 Uhr: Der Trip neigt sich dem Ende. Sowohl heute als auch die gesamte letzte Woche. Es war eine fulminante Reise in die Natur und nicht zuletzt auch zurück zu mir selbst, zu meinem tiefsten Inneren, zu dem der ich schon immer war, aber den ich irgendwie aus den Augen verloren hatte. Wie schon bei meinem allerersten Trip auf Pilzen. Es ist der holprige Weg zur Selbstfindung. Und das wird er ein Leben lang auch bleiben.

Tage im Freien. Nächte im Dunklen. Surreale Träume. Und plötzlich macht alles Sinn.

Mein letztes Papier. Werde jetzt ein kleines Feuer auf meinem Berg entfachen und das alles erst einmal sacken lassen.

Die Sonne ist untergegangen, das Feuer brennt und meine Gedanken kommen zur Ruhe. Ab morgen gilt es dann all die schönen Gedanken in die Tat umzusetzen. Nicht in den Alt Trott zurückfallen. Aktiv leben in jedem Augenblick und die kostbare Zeit, die mir auf diesem Planeten gegeben ist in jeder Sekunde voll ausnutzen. Wenn mir nur ein Bruchteil hiervon gelingt ist schon vieles geschafft. Ich habe wieder Perspektiven für die Zukunft. Wie auch immer die sein mag, ich freue mich auf das, was mich da in meinem Leben noch erwartet. Die Welt ist zu schön, um traurig zu sein. Man muss nur genau hinsehen und die Augen nicht verschließen. Nie wieder.



Dienstag:

In dieser Nacht habe ich verhältnismäßig richtig gut geschlafen. Ich bin recht früh aufgestanden und habe mich mit super guter Laune auf meine letzte Etappe gemacht. Nach zwei Stunden Wanderung bin ich an meinem Zielort angekommen. Ich rief zu Hause an, damit ich abgeholt werde. Die knapp zwei Stunden Wartezeit verbrachte ich an einer schönen Kirche im Stadtzentrum. Ich setzte mich für ein paar Minuten auf eine der Bänke in der leeren Kirche und genoss die Stille. Ich konnte noch immer nicht begreifen, was ich am vergangen Tag für wahnsinnig große Schritte in eine bessere Zukunft gemacht habe. Ich realisierte, dass alles was ich brauche liebe Menschen um mich herum sind und dass ich mich danach sehne mit diesen Menschen zusammen schöne Tage und Nächte zu verbringen. Alles andere ist nur Ablenkung. Diese Ablenkungen haben mich immer weiter von mir selbst entfernt, da sie zwischen mir und meinen innersten Wünschen und Bedürfnissen standen.


Mittwoch:

Heute habe ich mein erstes Tattoo bekommen, mit dem ich immer einen Teil von meinem Vater bei mir tragen werde. Zu Hause habe ich angefangen diesen Bericht zu schreiben und mich an all die schönen Momente und Erlebnisse der vergangenen Woche erinnert. Irgendwann im Sommer werde ich die Strecke wahrscheinlich weiter wandern. Die Reise hat mich hungrig auf mehr gemacht und ich habe vor diesen Hunger zu stillen. Schritt für Schritt. Immer mehr.

Immer weiter.

Auf dem holprigen Weg zur Selbstfindung.