Tripbericht lesen
Übersicht:
Titel: | 9g Psilocybe Cubensis - Drei Stunden im Jenseits |
Drogen: | Psilocybinhaltige Pilze |
Autor: | joergi1988 |
Datum: | 05.01.2016 02:36 |
Set: | leicht nervös, optimistisch, nicht ängstlich. Im Nachhinein leichfertig. |
Setting: | bei meiner Freundin zu Hause (Einzimmerwohnung) |
Nützlichkeit: | 9,48 von 10 möglichen (54 Stimmen abgegeben) |
Bericht:
Mein Erlebnis mit ca. 9g getrockneten Pilzen (Psilocybe Cubensis)
Dosis: ca. 9g getrocknete Psilocybe Cubensis
Ich bin männlich, damals 24 Jahre alt, Gewicht: 85kg
Set: leicht nervös, optimistisch, nicht ängstlich. Rückblickend: leichtfertig
Setting: Bei meiner Freundin zu Hause (Einzimmerwohnung)
Die Erfahrung liegt mittlerweile ca 2 Jahre zurück, ich denke bis heute regelmäßig daran, weils so krass war...
Vorgeschichte:
Seit ich zum ersten mal Pilze probiert habe, übte die Wirkung eine große Faszination auf mich aus. Ich kannte bis dahin noch keine psychedelischen Drogen, nur Gras und Alkohol.
Das erste mal war mit 22 in Holland mit mit meiner Ex (frische Trüffel, 10g). War sofort begeistert davon.
Ich habe in den folgenden Jahren dann immer mal wieder Pilze genommen. Am Anfang eher wenig (1-2 g mit Freunden, gerne tagsüber in der Natur), höhere Dosen (ab ca 4g) bei meiner neuen und bis heute aktuellen Freundin (die gleiche, die auch bei den 9g dabei war), die auf mich aufpassen sollte. Sie hatte selbst noch nie Drogen probiert, wusste aber aus meinen Erzählungen schon einiges darüber.
Ich hatte immer das Gefühl, ich könnte noch mehr vertragen, auch nachdem ich mit 5-6g schon tiefe spirituelle Erlebnisse hatte. Schlechte Erfahrungen machte ich nur einmal, in einem ungünstigen Setting (mit Leuten, die nicht wussten was Zauberpilze sind und sich deshalb über mein seltsames Verhalten und Gerede lustig machten und meine Hilflosigkeit ausnutzten).
Dieses Herantasten hat sich über einen Zeitraum von ca. 2-3 Jahren erstreckt, in dem ich schätzungsweise 15 bis 20 mal Pilze nahm. Ich war überzeugt, dass mich das (neben den schönen Erlebnissen und Erkenntnissen) auch psychisch reifer, angstfreier und selbstbewusster gemacht hat.
Der Trip (aus meiner Sicht, weiter unten kommt noch ein Abschnitt, wie meine Freundin alles erlebt hat):
Da ich wie gesagt immer dachte „da geht noch was“, hatte ich keine übermäßige Nervosität vor dieser sehr hohen Dosis. Ich war bei meiner Freundin, und aß die getrockneten Pilze gegen 20 Uhr pur (Widerlich, v.a. diese Menge...).
Als die Wirkung begann, legte ich mich ins Bett. Es lief Musik (Jean Michel Jarre).
Zu Beginn war alles noch wie ich es schon kannte. Bunte CEVs, Synästhesien zur Musik, rasende Gedanken, Gefühle usw...
Dann wurde es allerdings immer intensiver: Ich hatte den Eindruck, Verbindungen zu Personen zu spüren, die ich persönlich nicht kannte, mit denen ich mich aber kurz zuvor auseinandergesetzt hatte (z.B Albert Hofmann ;-)). Es fühlte sich an als wäre er ein Freund von mir gewesen, oder als hätte ich eine ganz tiefe Verbindung mit ihm, allein durch die Tatsache dass ich etwas von ihm wusste! Ich bildete mir ein, mit ihm „verwandt“ zu sein, und irgendwie spürte ich seine Gegenwart, als wäre er noch am Leben uns säße im Zimmer nebenan, oder wir hätten uns eben erst persönlich unterhalten.
Ähnliche Gefühle hatte ich auch in Bezug auf andere Situationen / Orte. Erinnerungen waren extrem nah, präsent.
Irgendwann (nach ca. 40 min Menschenzeit) hängte der MP3-Player sich auf, und meine Freundin fragte ob sie sich darum kümmern sollte. Zu dem Zeitpunkt war mir das aber schon völlig gleichgültig, ich antwortete nur mit einem Stöhnen uns sie ließ die Musik aus. Das ist insofern bemerkenswert, da ich sonst immer durchdrehe wenn bei einer intensiven psychedelischen Erfahrung die Musik ausgeht. Schon die Pausen zwischen den Songs quälen mich...
Kurz nach diesem Zeitpunkt war ich für die nächsten 2-3 Stunden kein Mensch mehr.
Ich erzähle die Story zuerst aus meiner Sicht, und dann aus der Sicht meiner Freundin (die einiges aushalten musste in dieser Zeit... danke Emi :-)
Zeit verlor VÖLLIG die Bedeutung, sie war mir nicht nur egal, ich hatte auch keine Vorstellung davon was das sein soll.
Mein Geist (als Ausdruck für die Empfindungen die ich hatte während all das passierte) war komplett und dauerhaft in eine Welt übergetreten, die sich am ehesten als andere (objektive?) Realität bezeichen lässt. Im Nachhinein fühlt es sich an als wäre ich sehr plötzlich in diesem Zustand gewesen.
Ich hatte absolut keine Vorstellung mehr von mir, meinem Namen, der Erde, Schulwissen, Erinnerungen. Alles komplett verschwunden. Auch Gefühle hatte ich keine mehr, weder Angst noch Freude noch sonst irgendetwas.
Mein ganzes Erleben fand statt in einem Raum, den ich am ehesten als „fraktal“ bezeichnen kann (wer nicht weiß was Fraktale sind: unbedingt googeln!). Alle Sinneseindrücke wurden eins. Meine visuellen Eindrücke waren Ausdruck meines mentalen Erlebens, alles perfekt synchron miteinander. Ich verstand, wie das Universum strukturiert ist, sah ALLES, von Grund auf. Wie sich alles wiederholt, unendlich in jede Richtung und Dimension; gleiches an anderen Stellen erneut geschieht, wie alles miteinander in Verbindung steht. Spürte sich bedingende Gegensätze als fundamentale Prinzipen der Realität (wie Yin und Yang, Materie Antimaterie, Polarität etc), spürte den Sinn von allem, und begriff es gleichzeitig.
Spürte die Intelligenz bzw Logik dahinter, verknüpft mit dem Gedanken: „Na klar, wie sollte es auch sonst sein? Macht Sinn. So und nicht anders. Das ist die Wirklichkeit. Nicht zu leugnen, absolut klar, als hätte man es irgendwie schon gewusst. Und irgendwie begriff ich, das ich jetzt zu dieser Realität gehöre, das ich diese Realität geworden bin. Dass ich diese Intelligenz bin, dass ich mich selbst erschaffen habe, und es danach vergessen habe, nur um mich jetzt erneut zu erforschen usw. Wie gesagt: irgendwie „fraktal“. In jeder Hinsicht unendlich verschieden und gleichzeitig nach einem einzigen Prinzip aufgebaut. Ich war das Universum und beobachtete mich selbst. Ich hatte außerdem den Eindruck, völlig körperlos zu sein, stattdessen war ich der Raum bzw füllte ihn aus mit dem was ich hier beschreibe. In diesem Zustand war ich eine gefühlte Ewigkeit, was ich aber (noch) nicht als schlimm empfand.
Irgendwann (erst als die Wirkung langsam nachließ) wurde es dann ziemlich hässlich.
Ich fing an zu überlegen, was ich jetzt hier mache. Ich hatte ja völlig vergessen, dass ich eigentlich einen Körper hatte. Ich glaubte, für immer an diesem Ort bleiben zu müssen und dachte irgendetwas wie: „Fuck! Was mach ich jetzt? Was mach ich jetzt? Das wird doch langweilig hier ohne Körper, ich hab das Universum verstanden, und jetzt? Was passiert als nächstes?“
Mit dem weiteren Nachlassen der Wirkung kam dann folgender Gedanke: „ Wie soll ich jemals wieder „normal“ werden mit diesem Wissen? Das war zu viel, jetzt bin ich reif für die Psychiatrie. Wenn ich das jemandem erzähle (falls ich jemals wieder sprechen kann) ist es um mich geschehen.“
Ich hatte nach wie vor keine Verbindung zu meinem Körper, aber jetzt hatte ich unfassbare Angst. Ich war verkrampft, angespannt. Ich dachte ich müsste sterben, das wäre der einzige Weg dass es aufhört. Es war alles egal. Ich dachte nicht an Konsequenzen, ich wollte nur Frieden und Entspannung. Und da sowieso alles egal war, ließ ich alles los, was mich bedrückte. Einfach loslassen, dachte ich.
In dem Moment fing ich an zu pinkeln, mit allen Klamotten an im Bett meiner Freundin, die ganze Blase (ich lag da jetzt ja schon seit ca 3 Stunden). Habe das aber in dem Moment noch nicht wirklich realisiert.
Das erste, was ich irgendwann wieder von dieser Welt mitbekam, war die Stimme meiner Freundin („Jörg, Jörg, sag doch bitte was, oh gott, Jörg!“), und danach bekam ich zum ersten mal wieder echte Bilder von meinen Augen, nämlich die Umrisse des Zimmers. Das machte aber erst mal alles noch schlimmer, da ich einen ewigen Loop im Kopf hatte, täglich grüßt das Murmeltier.
Ich glaubte, mein ganzes Leben hat sich nur in diesem Zimmer abgespielt, in endlosen Wiederholungen, und gleichzeitig merkte ich, dass das irgendwie seltsam ist. Das bestärkte mich wieder in dem Glauben, dass ich völlig psychotisch bin und machte mir eine Scheißangst....
Bis jetzt hatte ich noch keine Ahnung, dass ich irgendeine Droge genommen hatte. Meine Welt bestand immer nur aus den letzten paar Sekunden meiner Wahrnehmung, und alle paar Sekunden begriff ich erneut, dass ich verkackt hatte.
Erst als ich nackt im Zimmer stand und den großen nassen Fleck auf dem Bett sah, begriff ich im Ganzen, was passiert war. Da konnte ich mich wieder daran erinnern, wie ich mich irgendwann einfach entspannt hatte, und wusste, woher der Fleck kam.
Unendliche Erleichterung. Es war vorbei.
Meine erste Frage an meine Freundin war: „Wie lang war ich weg?“ Und sie sagte: Ungefähr drei Stunden.“
FUCK.
Es dauerte danach nochmal ungefähr drei Stunden, bis die Wirkung weitgehend abgeklungen war.
Abgesehen davon, dass ich danach abartige Kopfschmerzen hatte und mein Weltbild auf den Kopf gestellt war, ging es mir blendend. Ich wusste, dass ich gestorben war und wieder zurückgekommen bin, und ich war einfach nur euphorisch und erleichtert darüber. Und ein wenig schockiert über die Ereignisse.
Der Trip aus Sicht meiner Freundin:
Für meine Freundin war es vermutlich genauso hart wie für mich, allerdings aus anderen Gründen...
Das Folgende weiß ich nur aus ihren Erzählungen, an das meiste davon erinnere ich mich nicht, an manches nur ganz entfernt.
Kurz nachdem der MP3-Player sich aufgehängt hat fing ich an zu stöhnen. Sie fragte mich, ob alles ok wäre. Am Anfang habe ich darauf mit Stöhnen geantwortet, später habe ich gar nicht mehr reagiert.
Ich wiederholte ständig die folgenden Sätze:
„Jetzt hab ich es verstanden“, „Alles ist schon mal passiert, das gabs alles schon mal“ und „Fuck Alter...“
Meine Körpertemperatur muss abnormal hoch gewesen sein, meine Freundin meinte mein Kopf hätte geglüht, aber ich hätte eiskalte, nasse Hände gehabt. Sie hatte mehrmals überlegt, einen Krankenwagen zu rufen, hatte sich aber dagegen entschieden, da ich ihr vorher gesagt hatte, dass das im Extremfall nur noch zusätzlichen Stress macht, Pilze körperlich absolut unbedenklich sind und die Wirkung von alleine nachlässt.
Sie kühlte mich stattdessen mit einem nassen Handtuch und zog mir meinen Pullover aus.
Ich bin wohl auch aufgestanden und wollte die Wohnung verlassen, wovon sie mich logischerweise abgehalten hat und ins Bett zurückbugsiert hat.
An all das habe ich nicht die geringste Erinnerung.
Sie meinte, mein Körper wäre wie eine leere Hülle gewesen, ich hätte ihr ins Gesicht geschaut, aber gleichzeitig durch sie hindurch. Es sei offensichtlich gewesen, dass ich sie nicht wahrnehme.
Sie glaubte auch, ich wäre jetzt zu weit gegangen und befürchtete, dass ich mich davon nie erholen werde. Wahrscheinlich war das für sie noch übler als das was ich beim Runterkommen erlebte. Dass sie mich das hatte tun lassen, in ihrem Zimmer meine Psyche zu zerstören. Das ganze zog sich auch für sie über 3 Stunden, in denen sie mit mir allein war und niemanden wusste, den sie deswegen anrufen kann.
Sie hat sich dann ins Bett zu mir gelegt, wo sie auf mich aufpasste.
Als ich anfing zu pinkeln lagen wir in Löffelchenstellung nebeneinander, d. h. ich hab sie damit auch voll erwischt... daraufhin hat sie mir (und sich) die nassen Klamotten ausgezogen und mich vom Bett befördert. Als ich so vor ihrem Bett stand hab ich zum ersten mal wieder einen für sie sinnvollen Satz gesprochen („Wie lang war ich weg?“)
Danach war ich noch eine halbe Stunde bis Stunde sehr verstört, wiederholte immer noch meine Sätze ("das gabs alles schon mal" usw) aber laut ihr wäre ich sehr schnell dann wieder normal geworden.
Wir haben dann noch einige Stunden darüber geredet, ich hab mich tausendmal entschuldigt für die Angst die sie wegen mir hatte und für das nasse Bett, aber sie war auch sehr erleichtert, dass ich wieder der Typ wurde, den sie kannte.
Fazit:
Auch wenn das ganze jetzt zwei Jahre her ist kann ich mich noch äußerst klar an alles Erlebte erinnern.
Logischerweise habe ich mir im Folgenden viele Gedanken darüber gemacht. Anfangs war ich überzeugt, dass das Universum wirklich so ist, wie ich es damals erlebt habe. Mittlerweile denk ich eher „was weiß ich schon“. Das Ganze ist irgendwann in den Hintergrund gerückt. Ich habe seither seltener Pilze genommen, und niemals mehr als 5g.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, was mich nochmal dazu bewegen sollte, mehr zu nehmen. Sowas krasses muss man nur einmal gehabt haben, das reicht für ein Leben.
Trotzdem bin ich im Nachhinein froh, es erlebt zu haben, und auch ein kleines bisschen stolz darauf, „zurückgekommen“ zu sein.
Ich glaube mittlerweile, dass dieser Trip auf den Verlauf meines Lebens keinen großen Einfluss hatte, nur auf mein Weltbild. Die psychedelischen Erfahrungen an sich schon (im positiven Sinne), aber es gab wertvollere Erfahrungen als diese eine.
Ich habe extrem viel gelesen seither über den Gebrauch von Psychedelika in der Geschichte und in der Psychotherapie, und bin überzeugt, dass sie das Potential besitzen, Menschen glücklicher zu machen.
Ich musste aber auch erkennen, dass das nicht für jeden Menschen gilt. Viele meiner Freunde haben nicht diese Faszination dafür entwickelt, obwohl sie gute Erfahrungen in gutem Set und Setting machten. Und manche mögen die Wirkung einfach nicht, finden es nur verstörend, unangenehm oder beängstigend. Oder sie wollen einfach nur druff auf ne Party gehen...
Bis heute fällt es mir gelegentlich schwer, das zu akzeptieren, da ich meine Erlebnisse natürlich gerne mit anderen teilen würde. Aber es ist ein wenig wie mit Musik: sehr persönlich, selten hat jemand die gleichen Lieblingslieder wie man selbst, und manchen ist Musik einfach egal.
Ich habe seither außerdem einige absolut krasse Erfahrungen mit verdampftem DMT gemacht (positiv wie negativ). Vielleicht schreibe ich darüber auch eines Tages mal Berichte, mal sehen.
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass ich hoffe, dass der Bericht ein paar Leuten dabei hilft, eine Entscheidung zu treffen ob sie sich so eine hohe Dosis Pilze geben wollen oder nicht.
Ich rate weder davon ab, noch empfehle ich es jemandem (im Gegensatz zu 5g, das sollte man schon mal erlebt haben :-). Es war definitiv leichtsinnig von mir, direkt von knapp 6 auf 9g zu gehen. Mit so einer überwältigenden Wirkung hatte ich nicht gerechnet. Meine Motivation war hauptsächlich, einen Trip zu haben, nach dem ich nicht denke: „da geht noch mehr“. Das ist mir jedenfalls gelungen...
Falls sich jemand dazu entscheiden sollte, denkt bloß dran: macht das NIEMALS alleine. Das ist lebensgefährlich! Wie gesagt, ich wollte die Wohnung verlassen, ohne dass ich mich daran erinnern kann. Das muss ja fast ins Auge gehen wenn einen da niemand von abhalten kann.
Übrigens triggert es bis heute die Erinnerung an den Trip, wenn meine Freundin in besorgtem Ton meinen Namen ausspricht (das hat sie in dieser Nacht mehr als einmal).
Vielen Dank fürs Lesen!
PS: Kurz danach war ich dabei, wie meine Katze eingeschläfert wurde.
In dem Moment, in dem sie starb, entleerte sich ihre Blase auf den Tierarzttisch.
Ich habe mich mehr als einmal gefragt, ob sie das gleiche Gefühl beim Sterben hatte als ich in dem Moment, in dem ich beschlossen hatte, alles loszulassen und mich zu entspannen (mit dem gleichen Ergebnis...).
Hoffentlich dauert es noch ein paar Jahre bis ich es erfahre!