Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Nur eine kleine Erzählung die in Gedanken abzuschweifen droht..
Drogen:Opium
Autor:anonym
Datum:04.03.2016 16:46
Set:Zuhause, Feierabend
Setting:Vorfreude, Nachdenklich
Nützlichkeit:7,25 von 10 möglichen   (44 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Nur eine kleine Erzählung die in Gedanken abzuschweifen droht..



Ich werfe einen Blick auf die Handy-Uhr. 15:00. Die erste kleine Erleichterung heute. Es ist Montag. Der Arbeitstag der am längsten erscheint. Der Tag an dem sich alle tolle Geschichten über Partys und Exzesse am Wochenende erzählen. Der Tag an dem ich von 6:00 bis 7:30 die Arbeitszeit mit Kaffeetrinken und Rauchen überbrücke. Alle 5 Minuten ein Blick auf die Uhr. Das Ergebnis jedes mal ernüchternd. Im Stundentakt gehe ich aufs Klo und vertreibe mir gute 10 Minuten mit dem Land der Träume. Ein ganz normaler Montag. Aber für mich ist der Montag vor allem eins: Es ist Opium-Tag!
Ich reiße mich zusammen, versuche die letzte Stunde produktiv zu sein. Mit mäßigem Erfolg. Aber wenigstens kann ich mich auf Etwas freuen. Irgendwie vergeht die Zeit und es schlägt 16:00 Uhr. Ich packe mein Zeug und mache mich auf den Heimweg.
Mein Magen grollt unter mir wie ein dunkles Gewitter weil er seit 9:00 nichts mehr zu verdauen hat. Aber so ist das bei mir, wenn Oral konsumiert wird gibts kein Mittagessen. Im Kopf schon längst bei den geliebten und gefürchteten Tabletten, fahre ich über den Firmenparkplatz und sehe bald den riesigen Schriftzug des Konzerns hinter mir verblassen. Ich fahre über die ach so bekannten Landstraßen und schwelge dabei in Erinnerungen an vergangene Opioide Trips, während aus den Boxen Asap Rocky auf wummernde Beats rappt.
Motor aus, Schlüssel abziehen, Türe auf, Türe zu. Ich atme die herrlich frische Landluft ein während ich meinen Hund streichle. Im Haus angekommen verziehe ich mich ohne Umwege in mein Zimmer.


Ich drücke eine kleine gelbe Tablette aus dem Blister. Die aufgedruckten Buchstaben grinsen mich breit an. 40Mg Oxycodon. Mein Schatz für diesen Abend. Ich lege das kleine unscheinbare und doch so mächtige Ding in meine Mörserschüssel und stampfe es zu staub. Dann Schütte ich das Pulver auf ein Blatt papier, falte dieses, und lasse dann das Oxy über die gefaltete Stelle in eine Kampsel rieseln.
Wäahrend ich das gelblich-weiße Pulver betrachte frage ich mich wie so oft, warum dieses kleine Häufchen Chemie so viel gibt. Ich kann es nicht beantworten. Ich verstaue den Mörser wieder in der berühmt-berüchtigten Drogenschublade.
Ich gieße mir ein Glas dunkelroten Traubensaft ein und schütte mir ca 10mg Oxy auf die Zunge. Ich schließe die Augen und spüle das eklig bittere Zeug runter. Traubensaft. Eine weitere Eigenheit von mir. Jedes mal wenn es bei mir Drogen gibt muss auch Traubensaft dazu!
Bis zum Wirkungseintritt trainiere ich auf meiner Gummi-Matte mit Hanteln und Bauchtrainer. Währenddessen mache ich mir unangenehme Gedanken. Warum brauchst du dieses Zeug? Bist du süchtig? Warum kommt ein Montag ohne Opioide nicht in Frage aber der Rest der Woche ist kein Problem? Ersetzt das Pulver etwas in deinem Leben? Ich mache die Musik lauter. Gedanken verstummen. Die Seele versinkt im Wummern der Bässe. Ich habe kein Problem. Ich habe eine Freundin die ich sehr liebe, auch wenn sich der Alltagstrott eingeschlichen hat. Ich habe 2 sehr gute Freunde und 1-2 mäßige. Das würden viele für wenig erachten. Ich auch. Aber ich bin zufrieden. Oder rede ich mir das nur ein? Ich brauche das Zeug nicht, will nur ein bisschen abschalten...
Das Lied ist zuende und ich bin körperlich ausgelaugt. Ich stehe auf und bemerke das bekannte drücken auf meinem ganzen Körper. Ich grinse. Es beginnt.


Ich gehe nach unten und rede kurz mit meiner Mutter. Ich weiß dass sie irgendwie unglücklich ist. Mit meinem Vater. Mit ihrem Leben. Mit mir? Ich umarme sie. Sie kichert. Doch ich merke wie viel ihr das bedeutet. Dann beginne ich den Rest vom Mittagessen aufzuwärmen. Wie jeden Montag hat Oma gekocht. Oma ist vom alten Schlag. Sprich: Hackbraten, Nudeln, Kartoffelsalat. Die Vorfreude auf das Essen lässt mich vibrieren. Das "Kochen" macht mir unnatürlich viel Spaß. Alles kocht und bruzelt. Es ist soweit. Ich häufe mir einen Teller voll und verziehe mich wieder in meinem Zimmer.
Fernseher an. Scrubs. Während ich das Essen in mich hineinschlinge werden die Opioiden Effekte stärker. Negatives wird aus meinen Gedanken verdrängt. Das Oxy drückt mich tief in die Matratze. Keine angepriesene Euphorie. Nur Drücken und Zufriedenheit. So wirken Opioide bei mir. Bei meinem ersten mal war ich etwas enttäuscht aber mittlerweile erfreue ich mich umso mehr an der einfachen und unspäktakulären Wirkung. Ich trinke noch ein Glas Traubensaft und lege mich danach auf den Bauch. Opium-Haltung.
Während ich 4 oder 5 Folgen Scrubs am Stück schaue drifte ich immer weiter ab. Meine Augen fallen zu. Ich höre den Fernseher noch. Doch bin weit weg. Eingehüllt in Wärme und Zufriedenheit. Ich löse mich auf und liege nur noch so da. Fühle mein Bett. Meine Decke. Dann öffne ich die Augen. Will nicht den ganzen Rausch wegpennen. Ich stehe auf und zünde Duftkerzen an. Mir ist Schwindelig doch das stört nicht. Nichts könnte mich jetzt stören.


Ich vertiefe mich wider in die Krankenhausserie die so surreal und doch so unverschämt nah an der Realität ist. Für Kenner der Serie, dies war die Folge in der Dr Cox am Ende 3 Patienten nacheinander verliert weil ein Organspender Tollwütig war. Als ich diesen entsetzlich zerstörten Blick in Cox Augen sehe bricht mir das Herz. Wie kann eine Serie die so unglaublich witzig ist, zugleich so unglaublich traurig sein? Es ist der Kontrast.
Kontrast zeigt uns im Leben was wir haben und was nicht. Der Kontrast in der Serie überrumpelt dich so sehr weil eine Szene vorher noch der Witz des Jahrhunderts gerissen wurde. Und jetzt das. Ist es so nicht überall? Schauen wir auf den Kontrast zu unserem Leben, zB in Kriegsgebiete, kommt uns unser Leben so unglaublich erfüllt vor. Doch werfe ich einen Blick auf andere.. Leute mit riesigem Freundeskreis. Niemals allein. Immer gut gelaunt. Ich fühle mich zum kotzen. Aber nicht weil es mir scheiße geht. Sondern weil mich der Kontrast überrumpelt. Das Leben besteht nun mal aus Kontrasten. Schwarz. Weiß. Schwarz. Weiß. Zebrastreifen. Ist der Abend mit Drogen nur so schön weil die anderen tage der Woche einen Kontrast bilden? Warscheinlich. Es besteht kein Drang öfter zu konsumieren. Erscheinen die anderen Tage nur so Trist durch den Kontrast zu einem "Drogentag"? Definitiv. Und das riecht nach Gefahr.


Ich war abgedriftet. Klopfen zerrt mich zurück in die Realität. Mama fragt ob ich meine Schwester von der Schule abholen kann. Scheiße.


Das Auto rollt ruhig unter mir dahin. Mir ist schwindelig und unwohl. Kenji451 wirft mir Bässe und Klangteppiche entgegen in denen ich mich unter der Fahrt zu verlieren drohe. Die Schule ist im Nachbarort, ca 10km. Das schaffst du.
Die letzte Kreuzung vor der Schule. Polizei vor mir. Fuck. Es ist Winter. Es ist bereit stockdunkel. Einer meiner Scheinwerfer ist kaputt. Mein Herz klopft zum Beat. Meine Hände verkranpfen sich um das Lenkrad. Dann fährt das Polizeiauto nach rechts. Ich nach links. Erleichterung schwappt über mich. Ich fahre zur Schule. Lade meine Schwester ein. Fahre zurück. Es wird nicht geredet während der Fahrt. Hatte nie ein gutes Verhältnis zu meiner Schwester.
Zuhause angekommen werfe ich mich ins Bett und genehmige mir nochmals ca 5-10mg Oxycodon. Ich dämmere dahin. Schaue verschiedene Formate auf Youtube. Später lässt die Wirkung langsam nach. Ich schleppe mich vor den Pc und treffe meinen Kumpel im Teamspeak. Wir spielen ein paar Runden League of Legends und führen nebenher politische Diskussionen. Um 2:00 lege ich mich schließlich wieder in mein Bett und schaue eine letzte Folge Southpark. Nach 10min schlafe ich ein.
Am nächsten morgen werde ich völlig übernächtigt aufwachen. Bemerken dass das Licht noch brennt. Bemerken dass ich viel zu spät dran bin um meine Arbeit um 6 Uhr zu beginnen. Ich werde aufstehen, mein Zimmer etwas aufräumen, Zähne putzen und dann zur verhassten Arbeit fahren. Ein ganz normaler Dienstag Morgen. Bis Freitag werde ich durcharbeiten und versuchen das beste draus zu machen. Am wochenende werde ich mit meiner Freundin Essen gehen und vielleicht ins Kino. Möglicherweiße mich in eine Disko wagen. Und danach? Danach ist Montag. Opium Tag.

Ich bin zufriedenn mit mir und der Welt.