Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Hawaiianische Holzrose - Das Unglaublichste was ich je erlebt hab
Drogen:Hawaiianische Baby-Holzrose
Autor:Jean Thibaut
Datum:04.04.2016 19:08
Set:Vorfreude, Gelassenheit, Entspannung
Setting:Wohnzimmer mit zwei Sofas
Nützlichkeit:7,82 von 10 möglichen   (28 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Bevor ich die Ereignisse dieses bedeutsamen Abends erläutere, möchte ich zum besseren Verständnis ein paar Worte über meine Person, sowie den essentiellsten Hintergrundgedanken meiner allerersten psychedelischen Erfahrung verlieren.

Ich bin 19 Jahre alt, männlich und studiere Philosophie, sowie Germanistik in einer deutschen Großstadt. Da meine Eltern beide Lehrer sind, und zumindest meine Mutter eine Drogen gegenüber sehr liberale Haltung hat, gab es im Verlauf meiner Jugend viele, intensive Diskussionen über den Verstand und die Beschaffenheit der Welt, weshalb ich mich für genau diesen Studiengang entschieden habe, und weshalb ich mich nach langer Recherche über das tatsächliche Risiko, eine Psychose zu bekommen (es gab schwierige Phasen in meiner Vergangenheit), endlich dazu entschieden habe diese Reise zu unternehmen. Erfahrung habe ich bereits mit Cannabis, MDMA, Kokain und Kratom.

Der Hintergrundgedanke des Trips ist die Überprüfung eines philosophischen Weltbildes, dem des sogenannten subjektiven Idealismus, in weitergedachter Form. Vereinfacht besagt die Theorie, dass die Wahrnehmung in zwei Teile gespalten ist: Zum einen der "materielle" Teil der Welt. Die rein physikalische Beschaffenheit aller Dinge, so wie ein Tisch eigentlich ja kein Tisch ist, sondern auf der ersten Ebene nur aus reiner Materie besteht. Davon abstrahiert bestehen seine Komponenten eventuell aus Holz, Metall, Schrauben, Lack, Farbe, was allerdings noch keinen Tisch macht. An dieser Stelle kommen die sogenannten "Ideas", Vorstellungen, ins Spiel. Das Bewusstsein erschließt sich die funktionelle Bedeutung des Tisches, aus seinen bedeutungslosen Komponenten entsteht ein logisch erschlossener Begriff. Das Subjekt versteht, dass der Tisch existiert um Dinge auf ihn zu stellen. Somit wird er in der "subjektiven" Wahrnehmung erst zu dem, als dass wir ihn bezeichnen. Zusammengefasst: Außerhalb des eigenen Bewusstseins existiert nur Materie, die sich der Mensch logisch erschließt und ihr so eine begriffliche Bedeutung zuweist.

Nun also zum eigentlichen Tripbericht. Der Abend begann damit, dass ich zu dem blauen Album der Beatles langsam einen Kaltwasserauszug aus 4 Holzrosensamen zu mir nahm. Auf mich aufpassen sollten meine Schwester A. und ihr Freund D., welcher gleichzeitig auch mein bester Freund ist. Die beiden trafen um ca. 19 Uhr in dem Haus meiner Eltern ein, welche an diesem Abend nicht da waren. D. brachte etwas Gras mit, mit welchem ich den beiden einen Joint rollte, sie sollten ja schließlich nicht quälend nüchtern tripsitten. Wir gingen anschließend durch das Dorf, in dem ich derzeit wohne und spielten etwas Basketball. Zu diesem Zeitpunkt (ca. 19.30) verspürte ich die erste Wirkung: Eine MDMA-Ähnliche Leichtigkeit in den Gliedern und eine deutliche Euphorie. Der Tag war generell schon voller guter Laune gewesen, weshalb ich mir wegen des Sets keine Sorgen machte. Anschließend kehrten wir zurück, schlossen den Plattenspieler im Wohnzimmer an einer äußerst leistungsstarken Stereoanlage an und hörten Musik (Mac Demarco, A Tribe Called Quest). Auf dem Fernseher liefen Serien über Netflix (Family Guy und Trailer Park Boys). Da ich weder die berichtete Übelkeit verspürte, noch eine deutliche Wirkung empfand, begann ich in den Abständen von ungefähr einer halben Stunde weitere Samen zu pellen, in Wasser einzuweichen und zu kauen. Es ist dabei wichtig, die zerkaute Masse möglichst lange im Mund zu behalten. Der Geschmack war meiner Meinung nach sehr erträglich, was sich wahrscheinlich auf mein generelles Geschmacksempfinden (Kratom fand ich ebenfalls sehr erträglich) und auf die gelassene Menge eines Samens zur selben Zeit zurückführen lässt. So konsumierte ich bis ca. 23.00 ungefähr 7-8 Samen. A. und D. rauchten derweil weitere Tüten, und A. drückte dies auch ziemlich in den Sessel. Um 23.30 schrieb ich bei Whatsapp mit einer Freundin, welche Psychologie studiert, darüber ebenfalls auf dieses Fach zu wechseln. Ich teilte ihr mit, dass ich gerade Holzrosensamen zu mir genommen hatte, woraufhin sie mir von ihrer Angst vor psychedelischen Drogen erzählte. Das Risiko eines Horrortrips sei sehr hoch, ich wusste jedoch was ich tat, da ich mich nun seit drei Jahren intensiv mit der neurologischen sowie psychischen Wirkung der meisten Drogen auseinandersetze und auch hier im LdT viele Tripberichte gelesen habe. Auf das was jetzt jedoch passierte, sollte mich das alles nicht vorbereiten können.

A. setze sich neben mich und fing an zu reden. Ich konnte dem Gespräch jedoch nicht wirklich folgen, da sich mein Sichtfeld immer weiter in die Richtung eines extremen Weitwinkels veränderte. Sie fing an zu lachen, und aus diesem Lachen wurde auf einmal die fürchterlichste Fratze die ich jemals sah. In diesem Moment merkte ich, dass LSA anders war als alles was ich kannte, und ich die Kontrolle über meinen Verstand längst abgegeben hatte. Ich bat A. und D., die Musik aus oder leise zu stellen und Naturbilder auf dem Fernseher laufen zu lassen. Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren, die Kontrolle wiederzuerlangen, doch meine Gedanken hatten eine unglaubliche Eigendynamik entwickelt. Die Angst, dass dieser Zustand nie wieder aufhören würde, beherrschte mich zu diesem Zeitpunkt vollständig. Es fühlte sich an als ob sich die eine Hälfte meines Verstandes verzweifelt daran klammerte zu glauben, dass alles normal sei, und die andere mich mit diesem erschütterten Glaube an die Realität quälte. Ich verlor Schrittweise das Gefühl für die Zeit. Ich konnte mich nicht mehr an meine Existenz erinnern, und die Zukunft besaß keine Relevanz mehr. Mein Ich wurde zerrissen zwischen Angst, Verzweiflung, Ratlosigkeit und der Macht des LSAs. Die Person die ich bin hörte kurzum gesagt auf zu existieren. Ich denke das muss der Peak des Trips gewesen sein, die eigene Nicht-Existenz zu erfahren, denn ab diesem Zeitpunkt spürte ich, wie der Wille als erstes in mein Bewusstsein zurückfand. Ich übergab mich in einen glücklicherweise bereitgestellten Eimer, und bemerkte dass mein undeutliches Spiegelbild mich aus der Kotze mit roten Augen ansah. Aus Furcht fokussierte ich mich auf den Fernseher, und sah auch D. und A. nicht mehr an, aus Angst wieder einen derartigen Schock zu erleiden.

Nun begann meine Reise. Man kann den Trip nicht wirklich in eine Onset-, Peak- und Runterkommensphase einteilen, da ich das Runterkommen als Wiedererlernen des bewussten Denkens erlebte, als den eigentlichen Trip. Als ich nun den Fernseher ansah, bemerkte ich, dass die Bilder zum Leben erwachten. Mir wurde die reinste, endgültigste Schönheit gezeigt die ich jemals sah. Wie in einem Diorama sprangen in der Darstellung einer Waldszene Füchse hinter den Bäumen hervor, die Blätter der Bäume bewegten sich im Wind und die Wolken zogen über den Himmel. Jedes folgende Bild ließ mich ähnliches erleben, man berichtete mir dass ich nur auf den Fernseher starrte und Sätze wie "Oh mein Gott, wie schön", oder einfach nur "Das ist so wunderschön" von mir gab. Diese Phase sollte jedoch nicht ewig dauern, nur der Anklang eines negativen Gedankens löste eine Zeit des Horrors aus, genau wie jeder schöne Gedanke das purste Glück erzeugte. Ich wurde hin- und hergeworfen zwischen Himmel und Hölle, während sich die Eindrücke langsam wieder verarbeiten ließen und ich mein Bewusstsein neu erlernen durfte. Ich bekam schrittweise alles wieder was den nüchternen Geist ausmacht, und weiß es nun so viel mehr zu schätzen als früher. Dieses "Wiedererlernen" habe ich als Reise durch verschiedene Ebenen begriffen, in denen einem gezeigt wird, wie das Bewusstsein ohne den fehlenden Rest funktioniert. Ohne "Verknüpfung" der zu verarbeitenden Reize erlebt man die Psychose, die totale Hin- und Hergerissenheit zwischen den Gefühlen, die so intensiv sind, dass man sie kaum versteht. Dann fängt man an alles zu bündeln, die Kontinuität hinter der Zeit zu verstehen. Man ordnet, aber hat immer noch keine Kontrolle. Alle Gefühle werden einem gezeigt, man ist für den Zeitpunkt des Empfindens nichts anderes als das was man nun empfindet. Irgendwann kommt das Ego wieder, die Selbsterkenntnis, und dann das komplexe Denken. Mein Geist wurde sozusagen wiedergeboren. Man verarbeitet was man erlebt, stellt sich neue Fragen, reflektiert Erkenntnisse und zieht Schlüsse. Wie man die Reise wirklich erlebt kann man aber nicht beschreiben, sondern muss es erleben. Es ist genauso schwer wie ein Gefühl zu beschreiben, ohne andere Gefühle zu benutzen.

Nun, fünf Tage später, sitze ich in einem Café und schreibe diesen Bericht. Ich habe keine Psychose bekommen und kann nur sagen, dass mir LSA bis jetzt die bedeutsamste Erfahrung meines Lebens verschafft hat. Ich habe, meiner Theorie gemäß, die Nicht-Existenz des Bewusstseins und des Egos erfahren, nur in der "materiellen Welt" gelebt, die Welt gesehen wie sie ohne Kategorien aussieht, habe so unglaublich viele Antworten und Fragen bekommen, und endlich verstanden wer ich bin. Glücklich. Ich habe auch gelernt, wie vielfältig ein psychedelisches Erlebnis ist, wie wenig die Begriffe "gut" und "schlecht" im Bezug darauf bedeuten, wie schön aber die gesamte Erfahrung sein kann. Die Möglichkeit, so sehr aus dem Alltäglichen auszubrechen, alles aus einem vollkommen verschiedenen Blickwinkel zu betrachten, ist vielleicht die größte Chance die uns die moderne Welt gegeben hat. Im Bezug auf den Alltag habe ich gelernt, wie viel Größeres und Bedeutenderes es doch im Gegensatz zu irgendwelchen Dingen wie Ideologien, Religionen, Politik, Wirtschaft und all dem Scheiß der einen täglich ärgert, gibt. Wie sehr einem die Leute die uns damit nerven doch Leidtun können, da sie vielleicht niemals aus ihrer unreflektierten Welt ausbrechen. Wie gelassen man doch eigentlich sein kann, wenn man fähig ist das Leben einfach zuzulassen, jede negative und positive Zuckung in ihm zu genießen, und jedes Individuum das einem begegnet einfach nur zu feiern, sein Dasein, seine Form, sein Leben. Wie gelassen man sein kann, wenn einem gezeigt wurde, wie wunderschön dieses absurde Ding, Leben, eigentlich ist.

"Psychedelisch" bedeutet übersetzt ungefähr "Seelenoffenbarend". Eine psychedelische Erfahrung ist, wie ich nun weiß etwas unglaublich Machtvolles, weshalb ich nun gerne an diejenigen, die genau wie "damals" ich vor ihrer ersten Erfahrung stehen, ein paar Tipps geben möchte.
Achtet unbedingt darauf dass ihr keine unfertigen, belastenden Baustellen in eurem Leben habt. Achtet unbedingt darauf, dass ihr mit einem positiven Befinden in den Trip startet. Achtet auf eure Umgebung, lasst euch von jemandem betreuen der nüchtern ist und dem ihr vertraut. Geht in die Natur, wenn es euch wie mir ergeht, dann werdet ihr erleben wie fehl am Platz ihr auf einem Trip innerhalb der gesellschaftlichen Umgebung seid.

Zum Thema Psychosen, es gibt latent vorhandene und drogeninduzierte Psychosen. Wie ich das verstanden habe, sind drogeninduzierte Psychosen nicht verarbeitete Erlebnisse, und latente, "versteckte" Psychosen können durch die unglaubliche geistige Belastung eines Trips aktiv werden. Lest euch dazu ein, wenn ihr es getan habt und euch sicher seid, dann braucht ihr auch keine Angst zu haben. Ich glaube, der Grund warum manche Menschen aus dieser untersten Ebene des Bewusstseins nicht mehr hinaus finden, eine Psychose bekommen, kann die so häufig proklamierte Psychosengefahr sein. Auf LSA drehen sich die Gedanken lange nur um ein Thema, und ich kann mir gut vorstellen dass die induzierte Angst, dass man nie wieder "normal" wird, eben diesen Zustand hervorrufen kann. Und wenn ihr Angst vor dem Trip habt, dann lasst es. Rückblickend war ich sehr leichtsinnig, und bin froh es überstanden zu haben. Ihr müsst euch darauf gefasst machen, das unglaublichste Erlebnis eures Lebens zu erfahren.
Nächstes Mal gibt’s 1-P-LSD, neue Fragen zu beantworten, und dabei viel Sonnenschein.

Liebe Grüße,

Jean Thibaut