Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Der Tetrawarp Zeitkanal
Drogen:Cannabis
Autor:ele
Datum:01.02.2017 18:13
Set:gute Laune, „mal sehen was heute noch so geht“
Setting:Vereinsfasching eines Dorfvereines (Sporthalle), später mein Bett
Nützlichkeit:6,80 von 10 möglichen   (15 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Der Tetrawarp Zeitkanal



Da Cannabiskonsum nichts so besonderes ist, dass ich eine lange Einleitung schreiben müsste über die Vorgeschichte etc. möchte ich in diesem Tripbericht einfach einige Sequenzen verschriftlichen, welche ich in einer bis dahin nie dagewesenen Intensität auf einem High erleben durfte.


Für die, die es interessiert noch ein paar Fakten zum Trip und zu mir:
- 1,70 m groß
- 50kg Körpergewicht
- zahlreiche Erfahrungen mit Cannabis in verschiedensten Konsumformen und Mengen
- ich reagiere sehr stark auf sämtliche Drogen, daher auch dieser krasse Trip
- Set: gute Laune, „mal sehen was heute noch so geht“
- Setting: Vereinsfasching eines Dorfvereines (Sporthalle), später mein Bett



… gegen Mitternacht verlassen wir (3 Jungs) schon leicht angetrunken die Halle um eine kleine Tüte zu rauchen. In der Tüte befand sich eine 50/50 Mische aus Tabak und etwa 0,3g Cannabis.
Schon kurz nach dem Rauchen flutet die Wirkung spürbar an, leider kann ich die Einfuhr nicht so genießen wie sonst, da überall Leute sind und ich mich dementsprechend ein wenig zusammenreißen muss. 15 Minuten später bin ich mittlerweile „gut abgedichtet“, wie ich es gerne zu sagen pflege. Die typische Wirkung, die auch alle kennen die nicht so stark auf Cannabis anspringen wie ich, tritt ein. Ich fühle tiefe Entspannung und das Partychaos um mich herum wird langsam dumpf und tritt in den Hintergrund. Darum vergleiche ich den THC- Rausch oft mit dem abtauchen in ein Wasserbecken im Schwimmbad. Man taucht den Kopf unter Wasser und aus dem Kreischen der Kinder im Bad, den hallenden Gesprächen und dem reißenden Strom des Wassers in den Rutschen wird plötzlich ein leises Rauschen und man vernimmt nur noch minimal und dumpf die Lautstärke, die um einen herum herrscht. Man ist abgekapselt, abgedichtet, zugedröhnt – schlicht in einer anderen Welt.



http://www.youtube.com/watch?v=KUFHmYXEqRM

So könnt ihr euch dieses Rauschen vorstellen.


Ich beschließe einen der zwei anderen zu fragen, wie es ihm geht und er sagt, dass das High langsam kommt, sich aber erst noch aufbaut. Zu diesem Zeitpunkt war ich gefühlt schon am oberen Ende der Fahnenstange angelangt, was das Highsein anbelangt. Ich schließe die Augen und sehe plötzlich einen hellen Lichtblitz: Die Botschaft meines Freundes ist zu mir durchgedrungen. Ich realisiere schlagartig, dass das immer noch erst die Anflutphase ist. In mir macht sich der Gedanke breit, dass das heute wohl kein „normaler“ Trip werden wird.
Ich sollte wie sich später herausstellte Recht behalten.



Um nicht nur faul rumzusitzen gehen wir auf die Tanzfläche. Dort tanze ich mit einer Freundin L. Da ich als Hippie verkleidet bin trage ich eine Kette mit Peacezeichenanhänger, ein T-Shirt auf dem in vielen Farben ein Bild einer Galaxie abgebildet ist und eine blau verspiegelte Hippiebrille. Was jetzt kommt ist sehr schwer in Worte zu fassen:
In einem Sekundenbruchteil fällt ein Laser von der Partybeleuchtung auf das Spiegelglas der Brille, wird von dieser reflektiert und trifft mitten in die schwarze Pupille von L.
Der Laser durchdringt ihren ganzen Körper, wird in ihrem Auge tausendfach in vielen hintereinander liegenden Ebenen gebrochen und schießt letztlich in Zeitlupe durch ihre Pupille hindurch in eine andere Dimension.

Völlig überwältigt von dieser Sequenz, versuche ich L. mitzuteilen was eben geschehen ist, doch mir fehlen die Worte. Ich gebe auf. Es gibt nichts, womit ich ihr in diesem Moment die unendliche Komplexität des von mir Gesehenen auch nur ansatzweise verdeutlichen könnte.
Trips kann man nie exakt beschreiben, man muss sie selbst erleben.


Egal, weiter geht’s, Kopf aus tanzen. Ich lasse mich voll auf die Musik ein und genieße die Gedanken, die sanft durch meinen Kopf zu fließen scheinen. Kindheitserinnerungen, Natur, sogar kurze Flashbacks von meiner MDMA Erfahrung waren dabei und brachten für wenige kurze Momente die unendlich guten Gefühle, diese typische endlose Liebe und damit ein breites Lächeln zurück in mein Gesicht. Doch der schein trügt, denn je nachdem welches Lied der DJ aufliegt kann dieser Fluss von Gedanken auch ganz schnell zum reißenden Strom werden, der mich verängstigt und teilweise stark überfordert.


In einem solchen Moment des Stimmungstiefs, legte ich eine Tanzpause ein und beobachte still einige der Feiernden von meinem Sitzplatz aus. Einige wecken besonders mein Interesse. Wie ein Verhaltensforscher beginne ich alles zu analysieren was sie tun. Sprache, Mimik, Gestik, schlichtweg ihr ganzes Verhalten. Es ist, als betrachte ich die Menschen aus einen ganz anderen Blickwinkel als ich es nüchtern tue, als wäre ich der unbeteiligte Beobachter dieser Szenerie, als wäre ich unsichtbar oder nicht existent.


Ganz gleich, wen ich anschaue, ich sehe hinter seinen Verhaltensweisen die Triebe der Natur. Allem voran den Fortpflanzungstrieb.
Ich sehe Dinge, die mich stutzig machen, ja verstören, die aber leider traurige Realität in unserer Gesellschaft sind. Ein etwa 40 Jähriger man sagt zu einer 16 Jährigen:
„Warte mal noch 3 Jahre ab, dann…“ er vollendet den Satz nicht doch es sollte klar sein was er meint. Pervers.


Auf der Tanzfläche singt eine Gruppe Feiernder zu einem Lied mit. Zwei Jugendliche liefern sich einen Wettkampf, wer der beiden lauter mitsingen kann. Die Mädchen der Gruppe wenden sich systematisch dem „Gewinner“ des Wettschreiens zu.
Ebenso systematisch schießen mir Gedanken über das Gesehene in den Kopf

-- Hormongesteuert. Recht des Stärkeren. Natürliche Selektion. Darwinismus –

Ich möchte es nicht wahr haben. Doch ich kann mich nicht dagegen wehren, ich gelange zu einer Erkenntnis: Wir Menschen sind nichts Besonderes. Wir sind auch nur Tiere. Wir werden gesteuert von Trieben, Hormonen und chemischen Prozessen. Nur schafft es unser Gehirn im nüchternen Zustand immer wieder uns vorzugaukeln, wir hätten einen freien Willen. Doch das ist eine große Lüge.



Es ist mittlerweile kurz nach 2:00 ich beschließe meine Lehrstunde zum Thema „Spezies Mensch“ zu beenden und mache mich auf den Heimweg.
2:15 liege ich nach einem sehr anstrengenden Tag endlich in meinem Bett.
Ich setze meine Kopfhörer auf und höre ein wenig Chillmusik.



http://www.youtube.com/watch?v=4Tz4J3SvT1Y diese hier.


Kaum habe ich das Licht ausgeschalten werden meine Augen mit einem Meer aus Farben überzogen. Grün. Lila. Gelb. Blau. Wie an einem echten Meer werden die Farben in Wellen angespült. Von außen fließen die Wellen ins Innere meines Sichtfeldes, wo sie schließlich in der schwarzen Mitte meines Sichtfeldes verschwinden. Daraufhin kommt ein neue Welle in einer anderen Farbe an. Und so weiter. Ich genieße die Optics und notiere in einer Handynotiz, wie warm, bunt und sanft diese Lichter sind.



Als das Lied auf meinen Ohren wechselt, ändert sich auch die Beschaffenheit der Muster die ich sehe. Vor mir öffnet sich ein Tunnel aus Quadraten, die spiralenförmig und im Winkel versetzt, hintereinander angeordnet sind. Ich fühle, wie mein Körper an Gewicht verliert, es ist als hätte ich keine physische Masse mehr. Durch einen sanften Druck am Rücken werde
ich beschleunigt bis ich schließlich mit gefühlten 300 km/h durch diese Röhre aus Quadraten fliege. Dabei schieße ich immer genau durch den Mittelpunkt dieser neongrünenVierecke. Durch die winkelversetzte Anordnung der Quadrate ergibt sich für mich also eine Spiralenförmige Flugbahn, ähnlich der einer Schraube in einer Achterbahn. Nur fühlt sich dieser Flug viel sanfter an, als der Ritt auf einer Achterbahn. Am besten lässt sich das Gefühl mit einer Fahrt in einem Zug, auf einem ruhigen Schienenabschnitt vergleichen.



http://us.123rf.com/450wm/vectora/vectora1609/vectora160901112/62401442-unregelm-ige-spiralen-aus-quadraten-drehen-assymetric-geometrische-muster-wirbeln.jpg?ver=6
Dieses Bild zeigt nahezu perfekt wieder, wie dieser Kanal aussah.


Der Kanal, durch den ich flog, war unendlich lang, er hatte weder ein ende noch ein Anfang. Ich hatte somit jeglichen Bezug zum Raum verloren. Nur die Zeit war die Dimension, der ich jetzt noch unterlag. Ich glaubte also in einem Zeitkanal durch die Zeit zu fliegen. Aufgrund seines Aussehens nannte ich diesen Zeitkanal auf meinem Trip „Tetrawarp“. Wie ich glaubte, führte dieser Tunnel hinein in eine andere Dimension.

Während meines Fluges durch den „Tetrawarp“ erlebte ich mehrere verschiedene Visionen:



Zum einen sah ich mich einen Sekundenbruchteil lang in der Zukunft, in einem anderen Land und mit einem Mädchen an meiner Seite, das mich enorm glücklich macht. Sie stand in der Sonne an einem Strand mit einer Sonnenbrille und lächelte mich an. Ein schönes Bild.


Eine weitere Vision, ist die eines alten Mannes, der im Krankenhaus künstlich am Leben erhalten wird. In meinem Ohr erklangen die typischen Geräusche, die wir mit Krankenhäusern assoziieren. Piep. Piep. Piep. Mein Bauchgefühl sagte mir: er möchte das so. Daraufhin fragte ich, mich warum er nicht einfach loslassen kann vom Leben.
Die Antwort die ich erfuhr, war für mich real und überirdisch zugleich:




Wir durchlaufen auf der Erde verschiedene Bewusstseinsinstanzen und lernen mit jeder mehr dazu. Das Wissen, dass wir Menschen nach unserem Tod nicht restlos verschwinden, sondern nur in eine andere Realität übergehen, scheint der Mann auf seiner Bewusstseinsstufe noch nicht erlangt zu haben und klammert deshalb fest an seinem Leben.
Ich rufe mir ins Gedächtnis, dass unser Leben nur ein Abschnitt unseres Seins ist und erreiche so selbst eine neue Bewusstseinsstufe.



Auf meiner weiteren durch den Tetrawarptunnel kommt mir die letzte, aber bahnbrechendste Vision des Trips, deren Sinn ich aber leider nicht auf das reale Leben übertragen kann wodurch es für mich leider vorerst nur eine Vision bleibt.
Ich stelle fest, dass wenn der Raum unendlich ist, nur noch die Zeit uns Menschen begrenzt.

Das Ziel unseres Seins als Mensch, so mein gedankengang, ist also das Finden eines Weges aus diesem Tetrawarp. Hinaus aus dem Tunnel der Zeit. Hinaus in die vollkommene Unendlichkeit…

Das ist der letzte Gedanke an den ich eine Erinnerung ab. Ich muss wohl eingeschlafen sein. Kein Wunder ohne Licht und mit chilliger Musik auf den Ohren.

Ich schlief die Nacht gut durch und hatte noch ein paar luzide Träume, in denen ich meinen Körper verlassen konnte und in meinem Zimmer fliege und schwebend Purzelbäume machte.

Als ich morgens aufgewacht bin fühlte ich mich gut, wie neu geboren als wäre meine Seele gereinigt worden.



Unterschätzt nicht die Kraft von Cannabis. Vielen Dank fürs Lesen.