Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Ab in die Ecke und denk über dich nach!
Drogen:Mischkonsum von Cannabis und MDMA (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:Idwets
Datum:21.03.2017 20:15
Set:Eine Mischung aus Stress und Erleichterung
Setting:Technoclub mit Freunden
Nützlichkeit:8,50 von 10 möglichen   (24 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Vorwort

Ein Statement vorweg: Ich bin kein großer Freund von Tripberichten über den ausschließlichen Konsum von MDMA. Wenn man es selbst erlebt hat, liest sich jeder Erfahrungsbericht wie die Stenographie der eigenen Erinnerung. Um es kurz zu machen: Kennt man einen, kennt man alle!

Dennoch möchte ich über diese für mich sehr spezielle MDMA-Erfahrung berichten. Der Trip hat sich in eine für mich nie gekannte Richtung entwickelt und mir gezeigt, wie fragil eine solche Erfahrung sein kann. Bisher dachte ich immer, schlechte MDMA Trips wären das Resultat von Überdosierung, zu häufigem Konsum oder einer massiv schlechten Grundstimmung. Scheinbar habe ich da etwas übersehen.

Set und Setting

Um den Trip einordnen zu können, muss ich an dieser Stelle etwas weiter ausholen. Mein Leben verläuft aktuell nicht unbedingt so, wie ich mir das wünschen würde. Natürlich gibt es immer Hochs und Tiefs. Aber im Moment fühlt es sich an, als wäre ich tief in der Talsenke versackt. Das liegt in erster Linie daran, dass ich mit meiner Beziehung sehr unzufrieden bin. Wir sind seit 4 Jahren zusammen und teilen uns seit 2 Jahren eine gemeinsame Wohnung. Leider entwickelt sich unsere Beziehung nicht weiter und mir missfällt der Gedanke, mich mit der Situation abzufinden. Viele Versuche, dem Ganzen auf die Sprünge zu helfen, sind im Sand verlaufen, sodass ich mich dazu entschlossen habe, mich von meiner Freundin zu trennen. Ich habe ihr bereits von meinen Plänen erzählt. Das war natürlich nicht einfach, aber das ist es ja nie. Dazu kommt, dass wir noch immer zusammen wohnen. Ich wollte ihr die Möglichkeit geben, sich ebenfalls mit der Situation zu arrangieren und sie nicht einfach vor vollendete Tatsachen stellen. Ihr offen von meinen Plänen zu erzählen, hat jedoch auch sehr befreiend auf mich gewirkt. Ein großer Teil meiner emotionalen Last ist damit von mir abgefallen. Das hat mich zu einem Besuch bei Freunden in meiner Heimatstadt bewogen. Ich wollte mal wieder richtig feiern gehen.

Alles war schnell eingetütet. Ein exzellenter Technoclub mit noch exzellenterem Lineup, gute Freunde, Partylaune und 120 mg MDMA. Das sollte für mich die einzige Dosis sein. Nachlegen habe ich mir abgewöhnt, da mir mein Körper zu harte Exzesse nur noch unter der Auflage mehrtägiger Quälerei verzeiht. Vor dieser Erfahrung habe ich vor Allem aufgrund meiner ständigen Anspannung über mehrere Monate hinweg die Finger von Drogen gelassen. Hiervon ausgenommen war nur das ein oder andere Tütchen in sehr unregelmäßigen Abständen.

Vom Kopfnicken über das Schwelgen hin zum "Wo ist hier eigentlich der Ausgang?"

Wir sitzen bei einem Freund zu Hause und schauen auf die Uhr. In einer halben Stunde macht der Club auf. Wir trinken noch gemütlich ein Bier, rauchen eine Tüte und machen uns langsam fertig für die Fahrt. Vor uns liegen 6 km Radelei durch die dunklen Straßen der Stadt. Da Fahrrad fahren eine meiner größten Leidenschaften ist, bringt der Weg zum Club meinen Gemütszustand bereits auf ein ausgezeichnet gutes Level. Um 0:30 kommen wir an und besorgen uns erst einmal etwas zu trinken. Da ich von der Tüte und der Radtour doch etwas platt bin, gönne ich mir erst mal eine Mate. Der Club ist noch recht leer und ich setze mich in einer etwas dunkleren Ecke auf dem Mainfloor hin und genieße die bereits wohlig pochenden Bässe. Da mein letzter MDMA Konsum doch schon etwas länger zurück liegt, bin ich etwas aufgeregt. Das äußert sich bei mir immer in Form absolut minimalistischer Kommunikationsfähigkeit. Da ich heute jedoch hier bin, um Spaß zu haben und mit der Welt zu tanzen, wandert das fein verpackte Bömbchen bereits nach kurzer Zeit meinen Rachen hinunter. Über den Tag habe ich nur kleiner Mahlzeiten zu mir genommen. Die Wirkung lässt nicht sonderlich lange auf sich warten und so beginnt der Comeup bereits nach 20 Minuten. Vorfreude macht sich breit. Noch immer sitze ich. Mein Kopf schwingt sich immer fester auf die Frquenz der fordernden Bässe ein. "Lass dich gehen!", rufen Sie immer lauter und lauter.

Noch bevor ich den maximalen MDMA-induzierten Energiezustand erreiche, betritt Sie die Bühne. Sie setzt sich neben mich und lächelt mich an. Schwarzes lockiges Haar, riesige strahlende Augen und ein Grinsen so breit, wie das, was sich durch die chemische Reaktion in meinem Kopf gerade anbahnt. Sie fragt mich, ob ich alleine hier sei. Noch etwas überfordert vom Anschwellen der Wirkung kommuniziere ich zunächst ohne Worte und zeige auf einen Kumpel, der vor mir tanzt. Ich atme mehrfach tief durch und finde mich immer besser in den Rausch ein. Und so fangen wir an, uns etwas zu unterhalten. Wir reden nicht viel, dafür ist es sowieso viel zu laut. Doch immer, wenn wir ein paar Worte wechseln, lachen wir beide. Ich schaue Sie an und denke mir: "Der Abend geht ja bombastisch gut los!" Bald fordert Sie mich auf, mit ihr zu tanzen. Und so eise ich mich von meinem Sitzplatz los und beginne endlich damit das zu tun, wofür ich eigentlich gekommen bin: TANZEN...tanzen zu TECHNO. Überhaupt ist Techno während der letzten Monate neben dem Radfahren einer der besten Glücklichmacher für mich gewesen. Mich kann eine große Vielfalt von Musik begeistern, doch nur Techno vermag es, mich der ultimativen Ekstase nahe zu bringen.

Der Rausch nimmt immer mehr Fahrt auf. Und so wird aus der tanzenden Menge, die mich umgibt bald ein fließendes Ganzes, in dem ich aufgehe. Nur Ihre Augen sind mein Fixpunkt an dem ich mich nicht sattsehen kann. Wir grinsen uns beide an als hätten wir gerade erst entdeckt, was es bedeutet, Spaß zu haben. Und wir haben eine Menge Spaß. Wir lachen, machen Faxen und vergessen die Welt um uns herum. In meinem Kopf ist mittlerweile ein großes Feuerwerk im Gange. Das Serotonin läuft mir bereits die Stirn hinunter. Ich bin, wie man so schön sagt, voll auf Sendung. Die durch die mittlerweile stark gefüllte Tanzfläche ansteigende Hitze bewegt uns zu einem Ortswechsel. Der zweite Floor des Clubs hält noch ein recht angenehmes Klima bereit. Der Takt hier ist schneller. Die Bässe dröhnen härter. Im nüchternen Zustand würde ich wohl nach einigen Minuten den Regler runter drehen. Doch jetzt ist mein Körper gewillt, sich auch auf diese Taktfrequenz einzustellen. Und so fühlt sich auch hier alles richtig an. Dieses Gefühl gipfelt in dem Moment, als Sie nach meiner Hand greift. Diese Verbindung versetzt der Realität einen leichten Ruck und lässt das Fenster zum Alltagsbewusstsein vollends zerspringen.

Einer meiner Kumpels hat sich mittlerweile ebenfalls mit einem Mädchen vertanzt und so grinsen wir nun zu viert um die Wette. Die Musik auf diesem Floor scheint der lockigen Grinsekatze jedoch nicht so sehr zuzusagen und so verkrümeln sich die Mädels wieder auf den Mainfloor. Ich hingegen entscheide mich für etwas frische Luft und eine Zigarette. Ich schaue auf die Uhr und staune, dass erst so wenig Zeit vergangen ist. Es ist erst um 02:00 Uhr. Es liegt noch viel vor mir. Ich besorge mir eine Flasche Wasser und tauche wieder in die Menge ein.

Ich wippe vergnügt durch den schwingenden Mob und genieße jede einzelne Facette des rhythmischen Stelldicheins. Ich schließe die Augen und versinke in den leichten CEVs, die mir das MDMA beschert. Das ist genau die richtige Dosis, denke ich mir. Alles ist perfekt. Bald falle ich in eine leichten Trance und spüre plötzlich wieder diese Hand. Langsam öffnen sich meine Augen und blicken erneut in dieses unfassbar glückliche, lockenbehangene Gesicht. Wieder tanzen wir uns in den Rausch. Ich greife nach ihrer anderen Hand und unsere Körper fließen frei von Gedanken im Einklang mit der Energie, die uns umgibt. Wir kommen uns dabei immer näher. Bald spüren wir unsere Körper und die unseres Gegenübers. Alles beginnt zu vibrieren. Es ist keine Distanz mehr zwischen uns. Sie umarmt mich und unsere Lippen finden zueinander. Plötzlich steht alles still. Die Musik wird immer leiser und wir sind eins. Verschmolzen in diesem Moment. In mir regt sich kein einziger Gedanke. Ich bin voll in diesem Kuss versunken. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis der Bass uns wieder packt.

Ab in die Ecke und denk über dich nach!

In den folgenden Minuten wird es immer leidenschaftlicher. Bis aus der Ferne eine Weckruf ertönt. Es ist der Gedanke an den kommenden Tag, der mich aus dem Taumel reißt, der Gedanke an die Heimfahrt, an die Haustür und an das, was mich dahinter erwartet. Das MDMA zwingt mir diesen Gedanken unwillkürlich auf. Ich kann mich nicht davon ablenken. Es ist, als schlinge sich eine würgende Geißel um mein Hirn, um es gefügig zu machen. Schuldgefühle kommen auf. Ich sehe mich im Bett mit meiner Freundin. Wir liegen regungslos nebeneinander. Wir sind erschöpft von unserer Beziehung. Sie wird bald enden. Sie weiß es und ich weiß es. Sie hat es aber nicht verdient, dass ich diese Grenze überschreite.

Dieser Absturz hat die Wirkung des MDMA vollkommen verkehrt. Weg ist die flauschige Sorglosigkeit. Stattdessen malträtieren mich immer weiter ausufernde Gedankenschleifen und Fragen, auf die ich keine Antwort finden kann. Es ist als sage mir das MDMA: "Du hast keinen Grund mehr, dich zu freuen! Tue Buße!" Mein Gegenüber verlangt weiter nach Zuneigung. Ich bin hilflos und suche nach einem Ausweg. Unter dem Vorwand, mir ein neues Getränk zu besorgen, kann ich mich der Situation zunächst entziehen. Bei einer Zigarette versuche ich zu reflektieren. Dabei ergibt sich jedoch kein schlüssiges Bild und so versuche ich zu verdrängen, jedoch vergeblich. Ich frage mich, wie lang die Nacht wohl noch sein wird und fühle mich bei dem Gedanken daran, noch lange in diesem Zustand verharren zu müssen, gleich noch viel schlimmer. Schließlich erkenne ich einen Ausweg: Konfrontation! Etwas unbeholfen und betreten schleiche ich zurück auf die Tanzfläche. Dabei versuche ich mich wieder mit dem schallenden 4/4-Takt zu synchronisieren. Der Groove hat mich jedoch verlassen und so wippt nur mein kleiner Finger zum Beat. Die Tanzfläche ist mittlerweile brechend voll und so dauert es eine Weile, bis ich ihr wieder begegne. Als es dann passiert, fällt Sie mir direkt um den Hals. Nach einer kurzen Umarmung lehne ich mich zu ihr und sage: "Es tut mir leid, aber ich bin hier und heute nicht der Richtige für dich." Sie fragt nach dem Wieso. Eine Antwort bleibe ich ihr jedoch schuldig und so stehen wir beide etwas planlos nebeneinander. Nach einem zögerlichen Lächeln ziehe ich ohne ein weiteres Wort von dannen.

Erleichterung macht sich breit. Die Geißel löst sich und es kehrt Ruhe ein in meinem Kopf. Dem Rausch hilft dies jedoch nicht mehr auf die Sprünge. Und so verbringe ich die nächste Stunde bei geschlossenen Augen auf der Tanzfläche, nicke leicht zum Beat und versinke beim Betrachten der abklingenden CEVs in einen leicht meditativen Zustand. Bald jedoch sehne ich mich nach Ruhe und Geborgenheit. Ich denke an meinen Schlafsack auf dem ausladenden Sofa meines Kumpels und direkt im Anschluss an die eisige Fahrradfahrt, die mich davon trennt. Noch ist es mir jedoch zu früh, um den Spielverderber raushängen zu lassen und so suche ich mir einen ruhigen Platz, der meinem geschundenen Körper etwas Entspannung verschafft. Von hier aus beobachte ich das Wilde treiben, das mich umgibt und aus dem meine akute Existenz geboren wurde. Als meine Freunde meinen Durchhänger bemerken, signalisieren sie mir einen baldigen Aufbruch. Das gibt mir etwas Zuversicht und hilft, auch die letzte Phase dieses wilden Gefühlsritts zu überstehen. Wie üblich für meine MDMA Exkursionen fühle ich mich leicht ausgebrannt.

post Trip


Der Schlaf ist nach dieser Party recht dürftig ausgefallen. Da ich am Folgetag meine Heimreise angetreten habe, konnte ich den Afterglow auch nur bedingt genießen. Weitere Folgeerscheinungen blieben aus, abgesehen natürlich von den Erkenntnissen, die mir dieser Abend beschert hat und die mich weiter beschäftigen.
Zudem bin ich noch immer perplex, wie massiv die Auswirkung dieser Situation auf meinen Rausch war. Traditionelle Psychedelika haben mich schon ähnlich durchgerüttelt. Das MDMA dieses Potenzial ebenfalls innewohnt, ist mir erst durch diese Erfahrung wirklich bewusst geworden, auch wenn ich hierüber bereits gelesen habe. Aber wie heißt es ja so schön: "Versuch macht kluch!"

In diesem Sinne: Keep your mind clean and stay safe!