Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Nach einer Ewigkeit mal wieder ein \\\\\\\\
Drogen:Cannabis
Autor:anonym
Datum:23.06.2017 00:04
Set:Allein daheim vor der Glotze, später draußen spazieren im 1200-Seelen-Kaff
Setting:Mäßig depressiv (wie so oft) und gänzlich unbeeindruckt und ohne Erwartungen
Nützlichkeit:7,89 von 10 möglichen   (18 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Es war der 16.06.2017, der Tag, an welchem die Eilmeldung durch die Medien ging, dass Bundeskanzler Helmut Kohl A.D. verstorben ist.

Das Augenmerk dieses kurzen (meinem ersten) Trippbericht soll sein: Die unerwartet heftige Wirkung in Form von akustischen Halluzinationen und einem mit brachialen Gewalt eintretenden Geisteszustand, den ich von Cannabis so nicht kannte.

Ich war an dem Tag allein daheim und seelisch von mir selbst durch Zwang freigemacht, von Uni-Stress, familiärer Verantwortung und dem sonstigen Dreck, der mich ständig umgibt, seit einer gefühlten Ewigkeit. Wissend, dass ich im Besitz von sehr altem (2 Jahre) Peace bin, habe ich lange mit mir selbst gerungen, ob ich es mir selbst erlaube mir wieder etwas zuzuführen, was über Koffein hinaus geht.


(Info: Ich bin schon einmal eine Spirale abwärz gefallen, beginnend mit dem Alkohol, aufgehört mit Selfmade-Opium, das mich das erste mal spüren ließ, dass auch ich in die Fänge einer Sucht geraten kann. Geholfen hatte mir damals eine Studienfreundin, die dann als praktizierende Ärztin eine gescheite Substitution realisierte. Danach schloss ich für mich, eine lange Pause, die ihr Ende in einer (meiner) seelischen Solidität (gibt es das Wort?) finden sollte, einzuleiten. Mein letzter "Drogen-"Konsum liegt 2 Jahre zurück und die Substitution endete vor 21 Monaten. Seit dem, übe (übte) ich mich im Verzichten.)



Nun denn...

14:00: Ich saß am besagten Tag am Schreibtisch und beschloss dann, das Klümpchen (K) in einer Selfmade-Kawumm aus Bambus, Edelstahlkegel und Alufolie zu konsumieren, ohne, dass ich für mich selbst glaubte, dass es noch großartig, aufgrund des Alters, was bringen würde, da das K überhaupt auch nur in die Hände zu nehmen.

14:05: Nachdem ich die "Kawumm" zusammengeschustert habe, rollte ich ein erbsengroßes Stück vom K zu einem festen Kügelchen und zerpflückte dies in ein wenig Tabak. *Hier sei nochmal angemerkt, dass ich nicht damit rechnete, auch nur irgendetwas zu verspüren, das von Cannabis ausging, zudem bin ich Nichtraucher.*

Nach mehreren kräftigen Zügen, die mich aufgrund des Aromas, was ich schon viel zu lange nicht mehr wahrzunehmen vermochte, fröhlich stimmten, machte ich aus Langeweile ca 2 Minuten später die Flimmerkiste an und fing an zu seppen...


14:10: Schwindel setzte ein, nachdem ich nochmals 2x kräftig zog, als ich auf den Pott wanderte, um Pipi zu machen und mich wieder auf die Couch setzte. Ich war der felsenfesten Überzeugung, dass das Nicotin das einzige war, was wirkte, doch sollte ich bald schon eines Besseren belehrt werden.

14:30: Ich rauchte den gesamten Rest des bohnengroßen Stückchen Peace auf (pur ohne Tabak), da ich mir eigentlich nichts, als nur das Aroma gönnen wollte und schaltete direkt danach N24 ein, um zu sehen, was irgendwelche Vollidioten, die sich entweder selbst in ein Amt einwählten oder tatsächlich hineingewählt wurden, in der Welt für eine Scheiße verzapfen. Ich hustete und hatte einen sehr kratzigen Hals. Plötzlich vernahm ich vom Nachrichtensprecher den Tod von Helmut Kohl und sah ein Bild von ihm in sehr fortgeschrittenem Alter, danach folgten Bilder seiner letzten Auftritte.

Im selben Moment,

- veränderte sich mein Zeitgefühl und alles, bis auf das im TV, erschien still und bis auf unbestimmte Zeit angehalten,

- musste ich (warum auch immer) aufstehen und verspürte meine Beine nicht mehr. Sie waren nicht da. Ich wollte laufen, es ging auch, nur fühlte es sich wie ein Flug über den Boden an.

- vernahm ich die Stimme der Nachrichtensprecher nur noch sehr sehr seeeehr dumpf und leise, als ob man die Lautsprecher des TV´s knüppeldick mit Watte eingepackt hätte.

-kam ersatzweise zu den dumpfen stimmen eine langsam verzerrte, unglaublich bizarre Musik auf.


Ich lief schnell zurück zur Flimmerkiste und sah Kohls beide Söhne und ein schnell gestalteter Rückblick und hörte diese wirklich unglaublich schräge Mucke... Dann fiel es mir ein:

https://www.youtube.com/watch?v=eYxu2G8zdEw

Diese
Scheiße hatte ich mal vor knappen 6 Jahren gehört und wieder vergessen... hätte man mich am Vortag gefragt, was "Igorrr" ist, hätte ich es NICHT gewusst.

Ihr müsst euch vorstellen:

Dieses Lied hörte ich, ohne, dass sonst ein technisches Gerät eingeschaltet war (geschweige denn dieses Lied abgespielt hätte) und schaute gleichzeitig die fortlaufenden Todesmeldung von Kohl im TV in der Überzeugung, dass diese Klänge allesamt aus dem TV kommen müssen, was ja wohl kaum sein konnte und mir auch bewusst war.

Ich dachte mir: "Okay... komm klar, das kann nich sein... es wird doch wohl kaum sein, dass N24 so eine Mucke überhaupt und dann noch zu diesem Anlass abspielen würde... Was geht hier eben ab...?"

Einen kurzen Zeitraum bekam ich es, (lacht mich ruhig aus ;P) mit der Angst zu tun...

Mein Herz begann, schneller zu schlagen und ich machte die Glotze aus, zog mir ne kurze Hose an und ging raus.

Wir haben hier in der Mitte des Dorfs ein Hügelgrab aus keltischer Zeit, auf dessen Spitze zwei Bänke, die Überreste eines Lindengerichts und die Ruine einer Kapelle sind.

Ich setzte mich auf die Bank und kann jetzt nicht mehr rekonstruieren, welchen der drei möglichen Wege ich genau benutzte, um dort hin zu gelangen.

15:30?: Ich blickte hinab und fing an, zu genießen. Ich sah einen Mann mit einer Motorsäge Holz zerkleinern, hörte sie, obwohl ich sie aufgrund der Distanz von rund 100m hätte hören müssen, nicht!
JEDOCH waren die Geräusche der Bäume im Wind überragend, ja fast schon unangenehm laut.

~16:15: Ich ging wieder heim und legte mich hin, da ich zwar innerlich zufrieden, aber doch etwas zu überwältigt war, weil ich nicht mal annähernd so etwas erwartet habe. Deshalb hielte ich mich selbst für ziemlich naiv, weil ich an dem Tag das tat, was ich tat, aber das (nicht) erwartete, was ich (nicht) erwartete, aber eigentlich durchaus für möglich hätte halten sollen.


Da fällte mir glatt der Satz ein, den ich von Serdar Somuncu, gehärt hatte: "Erwarten Sie am besten nichts, dann werden sie nicht enttäuscht."


Mit diesem Satz schließe ich nun meinen ersten Trippbericht und hoffe, dass ich oder er (der Bericht) nicht gänzlich zerpflückt wird.



PS: Aufgrund meiner Desinteresse, die anfangs herrschte, ist es mir nicht möglich genauere Angaben über die Dosierung zu machen, zumal das Zeug schon mindestens 24 Monate alt gewesen ist und das ja bei Cannabis auch eher >m. E.< zweitrangig ist.



In diesem Sinne,


Gute Nacht :*