Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Reise in die unschönen Untiefen meiner persönlichen Realität
Drogen:Mischkonsum von LSD und Cannabis (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:Morty
Datum:25.06.2017 05:28
Set:vermutlich leicht gestresst und etwas müde
Setting:in einer befreundeten 3er-WG
Nützlichkeit:8,52 von 10 möglichen   (23 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Über mich:
Bevor ich zum eigentlichen Tripbericht komme, möchte ich kurz etwas über mich und meine Drogenerfahrungen zum Zeitpunkt des Trips erzählen. Ich war 19 Jahre alt, hatte die Schule etwa ein Jahr zuvor abgeschlossen und war mehr oder weniger erfolgreich am studieren, da ich eigentlich keine Ahnung hatte, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Trotzdem kam ich mir unglaublich gebildet vor und dachte mir gehört die Welt, wie das eben nunmal so ist. Damit einher gingen auch einigen Drogenerfahrungen, von denen ich hier gerne die extremste mit euch teilen möchte. Ich konsumiere seit ich 14 bin Alkohol, ab 16 kam dann Cannabis hinzu. Vor dem besagten Trip hatte ich bereits zwei LSD-Trips und einen sehr niedrig dosierten Pilztrip hinter mir.

Die Location:
Bei drei wirklich guten Freunden in der WG.

Die Einnahme:
Ich hatte am Tag des Trips gearbeitet, war also schon sehr früh auf den Beinen und den ganzen Tag unterwegs. Der Eigentliche Plan sah vor, mit einem Kollegen (wir nennen ihn mal Dorian) gegen 21 Uhr den Trip zu starten. Ich verspätete mich allerdings sehr (ich habe 22:00 im Kopf, es könnte aber auch 24:00 gewesen sein) und Dorian war schon am hochkommen, als ich Eintraf. Ich war etwas gestresst, baute ein kleines Haschtütchen und nahm die erste Pappe (angeblich 120µ). Nach nur etwa einer Viertelstunde traf ich dann die fatale Entscheidung, noch einmal 1/3 Pappe Nachzulegen. Ich hatte zuvor Trips auf 100µ und 150µ, wobei ich beim ersten unangenehm zwischen Trip und Realität schwankte und mir beim zweiten wünschte, ich könnte noch weiter gehen. Also Gas. Vermutlich waren die Pappen aber höher dosiert als angegeben, denn die eingetretene Wirkung kenne ich nur von Beschreibungen höher dosierter Trips.

Das Hochkommen:
Das Hochkommen war zuerst sehr angenehm. Typischerweise kam der ganze Spaß in Wellen, von denen mich jede auf eine höhere Ebene führte. Ich saß in einem bequemen Sessel und mein Hirn fühlte sich mehr und mehr von seinen Grenzen befreit an. Ich hatte das Gefühl über mir zu schweben und mit jeder neuen welle ging ich ein Stück aus mir heraus und hattte dann das Gefühl, nach hinten zu fallen. Allerdings war dieses "hinten" nicht wirklich eine Ortrichtung, sondern mehr eine los Assoziation des sich verlierens. Ich war völlig begeistert, lachte und brabbelte Dinge wie "Leute, Leute, es geht immer weiter! Es geht immer höher!". Irgendwann wurde dieses Aufsteigen allerdings erst etwas komisch, dann beängstigend. Ich hatte das für mich angenehme Level überschritten... und war dabei nicht einmal bei der Hälfte angelangt.

Die unschöne Richtung:
Die Optics waren überwältigend, alle drei Freunde mit denen ich in einem Zimmer saß waren Comicversionen ihrer selbst. Die Markantesten Züge wurden überdeutlich und ich war gleichzeitig belustigt, wie verwirrt. Dorians Gesicht war auf einer Seite beleuchtet und auf der anderen Dunkel und langsam formten sich gruselige Zähne und böse starrende Augen auf der dunklen Seite, währen die andere weiter Comichaft blieb. Die restlichen Optics wurden auch immer stärker, jetzt gab es abslut nichts mehr, was auch nur annähernd aussah, wie sonst. Bis dahin war noch alles im Rahmen. Dann äußerte ich die Idee, dass ich nicht wissen könne, ob die anderen um mich herum real sind. Und damit war der Horror quasi schon vorprogrammiert.
Einer der Kollegen (nennen wir ihn Julian), merkte direkt, dass das eine ungesunde Richtung für den Trip war und wollte mich etwas beruhigen: "Hey entspann dich, wir sind deine Freunde, wir sind real und du kennst uns schon lange. Das weißt du doch oder?". Dieser Satz bewirkte genau das Gegenteil, denn ich antwortete, dass meine psychotische Halluzination das gleiche behaupten würde. Ich schaffte es noch einmal, mich von diesem Gedanken zu entfernen - er sollte mich aber bald wieder einholen. Dann verlor ich meinen Humor. Ich hörte die Anderen Witze machen, und verstand noch strukturell, dass es Witze waren, verstand aber Humor als Konzept nicht und auch nicht, warum er existiert. Ich verglich das Lachen mit dem von Affen, welche Lachen, wenn sie Angst haben und war zutiefst verunsichert vom Verhalten der Anderen. Ich versuchte den Anderen zu erklären, was ich gerade fühlte, sah und erlebte. Nachdem ich aber jeweils die ersten Worte eines Satzes ausgesprochen hatte, wurde mir klar, dass sie nur unzureichend beschreiben was ich erlebte und jedes Wort ein Symbol ist, welches von der anderen Partei gemäß ihrer eigenen Erfahrungen interpretiert werden muss. Daraus zog ich den Schluss, dass ich absolut alleine (in meinem Körper) bin und mit niemandem echt kommunizieren kann und verlor nach und nach mein Verständnis für Sprache. Das war schon verdammt beängstigend für mich.
Nach und nach wurde der Trip immer heftiger, ich sah und dachte auf mehreren Ebenen und die meisten dieser Gedanken mündeten in einer Art Solipsismus - also der Vorstellung, dass ich das einzige Bewusstsein bin. Konkret dachte ich, dass ich Gott bin, der immer wieder einen fortschreitenden Entwicklungs- und Erkenntnisprozess durchmacht, bis er in einem Wesen wie mir (noch als Mensch) mündet, welches dann die totale Erkenntnis erhält und sich wieder selbst begrenzen muss. Diese Überlegung mündete in der "Erkenntnis", dass ich das ganze durch Suizid meiner sterblichen Hülle beenden müsse. Dann allerdings bekam ich Panik, da ich mein altes Leben wieder wollte und dann nie wieder meine Eltern sehen könnte und brachte es fertig, den Suizid abzulehnen. Das ist alles sehr Platt formuliert und gibt nur einen sehr geringen Teil dieser Phase wieder, der Rest war aber so weit von der normalen Denkweise entfernt, dass ich ihn nicht in Worte fassen könnte. Nur so viel: Ich war sehr, sehr weit weg.
Die nächste Zeit (die ich ebenfalls nicht mehr Wahrnahm), lief ich von Raum zu Raum, da das zumindest die Optics abschwächte und ging meinen Mitmenschen auf den Sack. Irgendwann brachte ich mich mit Musik und Meditation in einen wenigstens etwas erträglicheren Zustand. Der dritte Kollege (Moritz), wollte mir helfen und wir schauten einen Film. Ich verstand aber weder die Handlung, noch das Konzept sich eine alternative Realität in einer Kiste anzuschauen. Dann switchte er irgendwann auf einen Porno und ich verstand das Konzept von Sex nicht mehr. Ich wusste, dass ich so etwas normalerweise gut finde. Aber warum Menschen so etwas tun, war mir unbegreiflich. Zwei Fleischklumpen, die sich aneinander reiben... Merkwürdige Geschichte.
Auch gab es die Situation, dass ich fragte wie viel Uhr es sei. Allerdings brachte mir die Antwort absolut nichts, da ich nciht wusste, was viel und was wenig ist und wie Zeit überhaupt funktioniert.Aber irgendwann (muss so nach ca 7 oder 8 Stunden gewesen sein), wurde ich wieder etwas klarer und brachte es fertig trotz Optics auf einen Zettel zu schreiben: "Tus nicht nochmal", um mir diese Weisheit mit in die Realität zu nehmen. Nach und nach wurde ich etwas klarer und verstand wieder Konzepte und Objekte, konnte gedanklich Tisch von Boden trennen und freute mich unglaublich darüber. Natürlich teilte ich diese Erkenntnis durchgehend meinen Freunden mit, die zwar genervt aber froh waren, dass ich nicht völlig abgedreht bin.

Das Runterkommen:
Nach und nach wurde alles wieder besser und ich kam besser klar. Ich weiß nicht genau, wann es passiert ist, aber noch eine kleine Story zwischendurch: Ich lag zwischendurch auf der Couch, machte die Augen zu und dachte über alles nach, was ich mir vorstellen konnte. Irgendwann stand ich dann wieder auf und fragte meinen Kolelgen, wie lange ich da lag. ich ging so von etwa zwei Stunden aus. Er sagte mir allerdings, dass es nur zwei Minuten waren. Das Konzept von Zeit verstand ich wieder, aber sie fühlte sich immernoch anders an.
Als ich dann wieder klarer wurde, machte der Rest des Trips noch einmal richtig Spaß. Ich rauchte gegen Ende noch ein Tütchen und die Optics wurden wieder extrem stark, ich setzte einfach meine Kopfhörer auf und mein Bewusstsein flog durch einen Farbenfrohen Musiktunnel. Ganz gegen Ende nutzte ich den Rest Trip noch für richtig klare Sexphantasien, bekam allerdings keinen hoch.

Kurz zum Bericht: Das Ganze ist über zwei Jahre her und gelegentlich fallen mir noch weitere Details ein,
die ich möglicherweise noch ergänzen werde. Er beinhaltet aber alles, was in Worten angemessen anzudeuten ist. Da der Trip schätzungsweise zwischen 10 und 12 Stunden angedauert hat, habe ich zwischendurch diverse Dinge getan, die aber in der Erinnerung deutlich hinter dem hier beschriebenen zurücktreten.


Fazit:
Ich habe eine Sache gelernt: Psychedelika sind kein Spielzeug. Ich habe das LSD völlig unangemessen benutzt, nicht genug Respekt davor gehabt und war davon abgesehen auch absolut noch nicht bereit für diese Erfahrung. Das bin ich auch immer noch nicht und habe mir den Rat meines Trip-Ichs auf dem Blatt Papier zu Herzen genommen - ich habe seitdem keine Psychedelika mehr genommen. Vielleicht in ein paar Jahren noch einmal, aber dann mit etwas mehr Hirn. Ich bin dennoch froh um diese Erfahrung, seitdem scheint mir mein Leben wesentlich weniger schlimm. Ich weiß den Wert einer einigermaßen gesunden Psyche zu schätzen, erfreue mich an der Beschränktheit des Alltags und der Illusion von Sicherheit und Realität. Aber gleichzeitig ist es auch ein unglaublicher Trost. Wenn ich sehe, wie ernst alle Menschen ihr Leben nehmen, wie sie ihren Jobs hinterherrennen und sich über Kleinigkeiten aufregen, dann denke ich mir: Wir wissen absolut nichts, ihr wisst es nur nicht. Alles ist relativ und ein fingernagelgroßes Stück Löschpapier kann alles was du kennst oder dir vorstellen kannst auflösen und dich ins Nichts schleudern.