Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Höhenangst – wie weggeblasen
Drogen:LSD
Autor:Amelie83
Datum:20.08.2017 22:48
Set:relaxed im Urlaub
Setting:auf einer Mittelmeerinsel
Nützlichkeit:9,00 von 10 möglichen   (21 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Ich bin eine Frau Mitte 30, trippe seit einigen Jahren mit meinem Mann. Dieser Bericht handelt von dem mit Abstand ungewöhnlichsten und bewegendsten Trip, den ich je hatte.

Ausgangssituation - Lebensthema Höhenangst
Als Voraussetzung ist zu sagen, dass ich seit meiner Kindheit mit Höhenangst (Akrophobie) zu tun habe. Zumeist hatte ich die Möglichkeit der Höhe auszuweichen. Dies passierte dann irgendwann ganz selbstverständlich und routiniert und gar nicht mehr aktiv gesteuert. In den letzten Jahren meines erwachsenen und bewussten Lebens kam ich regelmäßig in Situationen, in welchen mich die Höhenangst hinderte Dinge zu tun, die für alle anderen in meinem Umfeld keine Probleme darstellten. rnrnAuf dem Ausguck von Kirchtürmen stehen, über schwankende hohe Brücken gehen, über tiefe, vergitterte Schächte in Fußgängerwegen gehen, einen Hang mit dem Ski angstfrei hinab fahren, mich ab dem dritten Stockwerk leicht über ein Geländer lehnen... Die bloße Vorstellung mal einen Skywalk zu beschreiten, ließ mich schon eine verspannte Muskulatur bekommen. Ich bin auch schon weinend am Babyhang beim Ski-fahren zusammengebrochen, weil nichts mehr ging und der Körper steif wurde. Die Angst war übermächtig, mit Willenskraft nicht zu überwinden. Die Auswirkungen äußerten sich dann in massiv angespannter Muskulatur (die zu Muskelkater am Folgetag führte – wie eine katatonische Schockstarre sage ich immer), in Tränen und Verzweiflung und natürlich musste ich mich der Situation entziehen um meinen Körper und mein Nervensystem wieder auf „normal“ zurück zu fahren.

Das peinliche Erlebnis beim Ski-fahren bewog mich zu dem Entschluss das Thema Höhenangst tatkräftig anzugehen. Nach einer Internetrecherche war für mich klar, dass die einzige Möglichkeit die systematische Konfrontation mit der Höhe zu sein scheint. Step by Step, immer ein bisschen mehr. Ein langer Weg, und vermutlich steinig, das war mir klar. Das Konfrontation als Therapie tatsächlich helfen kann Ängste bzw. Phobien zu lindern, hatte ich als Jugendliche bereits erlebt (bei der Konfrontation mit Spinnen gegen meine Arachnophobie). rnrnZusätzlich entschied ich, mich auch auf einem Trip (MDMA, LSD) damit auseinander zu setzen, wo die Angst her kommt. Ohne konkreten Termin. Zusätzlich hatte ich einen Bericht gesehen, der von der Konfrontationstherapie mit der VR Brille berichtete, die Früchte zu tragen schien. Ich war also motiviert etwas zu tun. Hatte dennoch ein gespaltenes Gefühl zwischen: ich werde das jetzt angehen und der Angst vor der Angst beim Tun.

Setting: Urlaubsinsel
Mein Partner und ich waren bereits seit einigen Tagen im Urlaub, auf einer Mittelmeerinsel, im Frühsommer 2017. Entspannte Stimmung durchzog uns und das wir fern der Heimat waren und somit beruflichen und privaten Verpflichtungen in den Hintergrund rückten begünstigte unsere Laune sehr. Die Insel war landschaftlich zauberhaft schon, das Wetter sonnig und mit Temperaturen um die 25 Grad nahezu perfekt für einen geplanten Trip.

Auf der Insel gab es sehr viele Aussichtspunkte, mit Abhängen, Geländern, Felsen und ähnlichem. In den ersten Tages des Urlaubs habe ich mich immer wieder an diese Orte herangetastet. Zentimeter für Zentimeter. Mühsam, aber es gab eben viele Gelegenheiten und von meiner Grundstimmung her passte es gut. Das "Heranwagen" war sicherlich von außen betrachtet lächerlich klein, aber ich war sehr stolz auf mich. Mein Partner auch, er hat mich einige Male dabei gefilmt. "Schaut Euch meine mutige Verlobte an" sagte er. Meine Erwartungshaltung: dass mache ich jetzt die nächsten Jahre, Jahrzehnte und irgendwann, wird es nicht mehr so schlimm sein.

Einnahme im Hotelzimmer
Mitte Mai, 15.00 Uhr, Einnahme von 1 Tropfen LSD auf Würfelzucker, ca. 150 – 200 Mikrogramm, vielleicht mehr. Kein Alkohol und nüchterner Magen. Herstellerangabe für den Durchschnittstropfen aus der Flasche war 125 Mikrogramm, ich hatte einen großen Tropfen, das Problem der „perfekten“ Dosierung von LSD ist ja bekannt. Das LSD war herstellerunabhängig geprüft und bestätigt.

Verlauf
Wir gingen zum Strand und legten uns auf zwei Liegen unter einem Sonnenschirm. Als einzige Gäste weit und breit – Vorsaison, zu dem Zeitpunkt war es bewölkt und kühl. Aus dem Lautsprecher tönte Psybient, wie meistens, wenn wir trippen. Hier verbrachten wir ca. 2 Stunden in denen der Trip für mich sehr seicht war. Um uns aufzuwärmen, wollten wir nach einer Weile am Strand ins SPA des Nobelhotels. Am Weg dorthin stoppten wir im Hotelzimmer. Zu dem Zeitpunkt wurde der Trip am intensivsten. Die kurzen Berührungspunkte mit dem Hotelpersonal waren unangenehm, weil wir nicht auffallen wollten. Im SPA angekommen – wir waren hier allein, gingen wir ins Dampfbad, den Whirlpool und den Salzraum. Im Whirlpool überflutete mich eine weitere starke Welle LSD. Die Kombination war mir zu viel. Ich wollte an die frische Luft und drängte zu gehen. Wir gingen zurück ins Hotelzimmer, trippten eine Weile im Bett. Der Trip und unser Ausflug ins Spa des Hotels war kräftezehrend. Es fühlte sich aber gut an, wie nach einem ausgiebigen Training, wenn man k.o., aber zufrieden ist.

Als wir wieder fit genug waren, sicher zu wandern, sind dann auf einen höheren Hügel neben dem Hotel direkt an der Küste aufgestiegen. Dort waren wir vorher schon einmal gewesen, ein toller Ausblick. Thematisch waren wir im Nachsinnieren. Die Auseinandersetzung mit dem großen Ganzen, dem Göttlichen in uns, dem kosmischen Bewusstsein, wir als Teil des ganzen Schönen der Welt, wir als "Fühler" des Bewusstseins, das ganze Schöne auf der Welt ist alles für uns gemacht.... Sätze wie: „Wenn ich Gott wäre, hätte ich es genau so gemacht“ begleiteten uns. Und dem Thema was macht mich / uns aus, wenn die materielle Hülle weg wäre. Sowie Auseinandersetzung mit den Thema „gewollt“ in dieser Welt zu sein. Ein Produkt der Liebe zu sein oder wie in meinem Fall eher ein Produkt des unvorsichtigen Zufalls. Dann wieder "keine Angst" vor den Dingen / der Welt zu haben, es ist alles für uns da...

Plötzlich bin ich frei von Angst
Der Höhepunkt der LSD-Wirkung war lang vorüber, es war bereits 19.30 Uhr, rund 4,5 Stunden nach Einnahme. Der wahre Höhepunkt des Trips kam jetzt erst. Beim Abstieg bat ich meinen Partner vor zu gehen, wie üblich, um mich zu sichern, weil mir wegen der Höhenangst sehr leicht schwindlig wird und ich mich dann eher behäbig bewege. Es spielte keine Musik mehr.

In dem Moment als ich ihn vorschicke, realisiere ich, dass ich selbst gerade vollkommen angstfrei auf einer Anhöhe stehe und den Hügel hinab blicke. Es gingen tausende Dinge gleichzeitig in mir vor. "Es macht mir nichts aus, die Höhe macht mir nichts aus" platzt es aus mir heraus. Ich war gleichzeitig auf dem Punkt wie festgewachsen, was mir Sicherheit gab und parallel total beweglich und hatte fast das Gefühl ich könne den Hügel hinab fliegen. Das Gefühl die Höhenangst sei weg, kam von ganz tiefen unten und drinnen aus meinem Körper.

Ausgelöscht und weggefegt
Es fühlte sich an als hätte man mir diese „Krankheit“ weggeschnipst. Ich schnipste auch mehrfach mit den Fingern, um es zu verdeutlichen. Es fühlte sich an, als habe „er“ mir die Angst aus Gnade genommen. Wegradiert. In heftigen Wellen schossen Tränen aus mir heraus, ich schrie unmenschlich, jubilierte vor Freude, stieß ein unnatürliches von ganz tief unten kommendes, fast orgasmisches Lachen aus. Eine Art Urlachen, möchte ich es nennen. In Wellen immer wieder.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig
Zeitgleich tauchten Bilder der Vergangenheit auf, Situationen in welchen ich an der Höhenangst gescheitert war und im gleichen Augenblick Bilder der Zukunft, in denen mir das Thema keine Probleme mehr bereiten würde. Erneute Wellen des unaussprechlichen Glücks und der Dankbarkeit überkamen mich. Ich konnte mich noch näher an den Abhang stellen, sogar vorne über beugen. Nichts bereitete mir Probleme. So etwas war in meinem ganzen Leben nicht denkbar gewesen. Tonnenschwere Last viel mir von der Brust und wurde heraus gelacht, geschrien, geweint. Ich sagt oft und laut: "es ist einfach weg, zack weggeblasen". Und immer sickerte es bei mir nach, was das eigentlich jetzt heißt.

Bleibt das jetzt für immer?
Zwischenzeitlich kam kurz der Gedanke auf, was ist, wenn das nur eine Momentaufnahme ist und es wieder verfliegt. Den Gedanken ließ ich aber bewusst ziehen und konnte mich ganz aktiv gegen die Angst vor der Angst entscheiden. Entschieden, dass voll auszukosten und mich direkt jetzt so mit der Höhe zu konfrontieren, dass es bleibt. Ich kann nicht sagen, ob ich es wirklich in der Hand hatte. Es fühlte sich aber ganz stark so an, als hätte ich hier erstmalig wieder das Steuer selbst in die Hand gegeben bekommen.

Mein Partner stand daneben und beobachtete freudig, was mit mir passiert. Er verstand nicht gleich, was in mir vorging. Dann war klar für ihn: hier passiert etwas ganz Großes. rnrnDie Szene dauerte sicher 10 Minuten, bis ich mich vor Freude wieder gefangen hatte und ein weiterer Abstieg möglich war. Es wurde dunkel, wir hatten kein Licht, es war also notwendig zu gehen, sonst hätte ich oben auf diesem Vorsprung für immer verbleiben können. Übermütig hüpfte ich hinunter.rnrnEtwas weiter unten nutzte ich erneut die Gelegenheit mich auf die Spitze eines höheren Vorsprungs zu setzen. Ich war noch immer sehr beschwingt. Es war so als hätte es nie Höhenangst in mir gegeben.

Reflexion
Eine so tiefe emotionale körperliche und geistige Erfahrung habe ich noch nie gemacht. Die Tränen und Geräusche die aus mir heraus kamen, habe ich in dieser Art auch noch nie erlebt. Weder bei mir selbst, noch bei anderen Lebewesen. rnrnZum Verständnis - ich sehe das heute so: LSD war „nur“ die Eintrittskarte in den Zirkus, nicht LSD hat mir die Höhenangst genommen, es hat diese Befreiung ermöglicht.

Was mir passiert ist, empfinde ich als spirituelles Erlebnis. Eine Kraft die so viel stärker ist, als alles was ich mir vorstellen kann. Was sollte es sonst sein? Eine Frage die freilich jeder für sich selbst beantworten darf. Mein Glaube an Gott, bzw. an „Etwas“ hat sich seit ich trippe deutlich verändert. Ich kann es nicht genau greifen und sicherlich hat es mit dem, was in den klassischen Kirchen gelebt/ gelehrt wird wenig zu tun. Aber ja, ich glaube, an Etwas, Etwas größeres, Mächtigeres, Gnädiges, Liebendes. Seit diesem Tag mehr und intensiver denn je.

Ich empfinde dieses Erlebnis in der Rückschau als eine Art Belohnung, dafür, dass ich dieses Thema endlich angehen. Ich durfte den langen und schmerzhaften Weg einfach überspringen. So fühlt es sich an.

Ich bleibe angstfrei!
Das Erlebnis ist nun ca. 3 Monate her und ich kann sagen, es ist nachhaltig. Ich nutze jede Gelegenheit um zu testen, wie es mir in unterschiedlichsten Situationen mit der Höhe geht. Es gibt sehr wohl noch ein paar Situationen, in denen ich einen leichten Anflug von Schwindel erlebe (ich habe nachgelesen, es scheint grundsätzlich normal zu sein), aber Angst bekomme ich hierbei überhaupt keine mehr. Oft merke ich erst nach einigen Momenten, dass ich mich in Gegebenheiten wieder finde, in denen mir früher alles vergangen wäre. Nun ist Freude statt Angst da. Toll.

Lässt sich das wiederholen?
Ich glaube schon, dass die Situation am Hügel und das Ergebnis an sich reproduzierbar sind und ich möchte das auch gern versuchen. Ich bin gespannt, wie viele Anläufe es hierfür braucht. Ich bilde mir ein, es ist (nicht nur für mich) provozierbar. rnrnNicht nur weil es ein phänomenales Gefühl war, sondern weil ich wirklich möchte, dass es langfristig nachhaltig bleibt.

Warum finde ich keinen vergleichbaren Tripbericht?
Die Befreiung von phobischer Angst, insbesondere von Höhenangst konnte ich in keinem Buch von Stanislav Grof und keinem Forum finden. Das wundert mich. Bin ich wirklich die Einzige, der das passiert ist?

Wenn sich mein Erlebnis wiederholen lässt, dann kann es unzähligen Menschen helfen. Wenn mit LSD auf so wundersame Weise phobische Ängste genommen werden können, so ist dieses Wissen doch von unschätzbarem Wert.

Derzeit arbeiten Therapeuten mit systematischer De-senbilisierung. Das ist ein steiniger und langer Weg. Das plötzliche Verschwinden einer bislang lebensbegleitenden Angst erscheint dagegen sensationell. Dieses Wissen zu teilen ist meine Motivation für diesen Bericht.

Ich möchte einfach nicht glauben, dass ich die Einzige bin und freue mich über Kommentare!