Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Von der Wirkung und Lehre des Pilzes
Drogen:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:Freigeist94
Datum:24.09.2017 00:43
Set:Vorfreude, Neugierde, kleine Anspannung
Setting:Zuhause, im eigenen Zimmer, im Garten, abends
Nützlichkeit:9,21 von 10 möglichen   (29 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Persönliches: 23 Jahre, Student, eher introvertierte Persönlichkeit,
bisherige Erfahrung mit psychoaktiven Substanzen nur mit Cannabis

Set: Vorfreude, Neugierde, eine kleine Anspannung

Setting: Zuhaue bei den Eltern in einem kleinen Dorf, Eltern auf Urlaub, aber Großeltern zuhause, falls ein Notfall eintreten sollte.


Als Vorbereitung auf meinen ersten Pilztrip fastete ich den ganzen Tag.
Am Nachmittag habe ich nochmal schön die Natur im Garten genossen und mit dem Hund einen erholsamen Spaziergang gemacht.

Als Orientierung hielt ich mich an Christian Rätschs Anweisung seines Artikels „ Drogen und Rituale “.

Vorbereitung:
Ich schrieb meine Fragestellung auf ein Blatt Papier, habe einige Zeit meditiert um mich psychisch zu reinigen und als Reiseunterstützung hatte ich Gesänge und Trommeln einer Ayahuasca-Zeremonie vorbereitet.
Diese Musik begleitete mich großteils durch den Trip: ICAROS CHAMANICOS
Weiters reinigte ich mein Zimmer durch eine Räucherung. Zum einen mit Lemongrass um eine positive Aura zu schaffen, dann mit Rätsch’s Räuchermischung „Lata Kasturi“ um das Einheitsbewusstsein zu fördern und anschließend Sol-Harz.

Einnahme:
Um Punkt 19:41 aß ich meine selbst gezüchtetetn Pilze. Es handelte sich um 1,6 g der Sorte Psilocybin Cubensis. Ich aß sie roh, zerkaute sie gut und spülte sie mit Wasser runter. Sie schmeckten gar nicht so scheußlich, wie erwartet. Hatten nur einen ungewöhnlichen Eigengeschmack.
Anschließend bewegte ich mich in den Garten um die letzten Sonnenstrahlen zu genießen und streichelte währenddessen meinen Hund.

Wirkung:
16 Minuten später, um 19:57, spürte ich eine Veränderung in meiner Wahrnehmung. Alles war ein wenig dumpf. Es fühlte sich an als wäre ich leicht „stoned". Grundlos fing ich an zu grinsen. Ich saß noch immer auf der Wiese, starrte minutenlang auf bestimmte Objekte und grinste unkontrolliert, war aber noch bei Sinnen.
Dann wurde mir leicht schwindelig und übel. Alles fühlte sich zudem schwerelos an. Die Kirchenglocken läuteten 20 Uhr ein.
Aufgrund des Schwindels ging ich rein und trank ein paar kräftige Schluck Wasser. Weil ich schon im Haus war, setzte ich mich auf den Schreibtisch in mein Zimmer und wartete dort, wie sich der Trip weiterentwickeln würde. Ich schrieb einige Notizen für diesen Bericht nieder.

20:18. Die Pilze wirken deutlich, aber der „Rausch“ ist undefinierbar. Ich fühlte mich schläfrig und müde. Leichte Übelkeit war immer noch vorhanden. Gedanken wurden konfus und „schwirrten“ umher.
Ich nahm meine Kopfhörer und machte die vorbereitete Ayahuasca-Musik an, damit sie mich „leiten“ würde. Ich fing an, in meinem vorbereiteten Mandala-Buch Mandalas auszumalen. Einerseits um mich zu fokussieren und der Müdigkeit entgegenzutreten und in der Hoffnung, dass ich Effekte in den Mandalas wahrnehmen würde. Leider tat sich nichts. Die Mandalas fingen nicht an sich zu bewegen, die Farben wurden nicht intensiver. Ich fühlte mich nur müde und schwach, weshalb ich beschloss, mich ins Bett zu legen. Ich drehte das Licht ab, und die einzige Lichtquelle im Raum war der Bildschirm meines Laptops.

20:28. Aufgrund der Erschöpfung schließe ich die Augen. Noch immer trällert eine Schamanin vor sich hin. Ich merke, dass sich meine Wahrnehmung ändert. Ich öffne die Augen, starre auf die Decke und sehe, wie sich der Schatten bewegt. Plötzlich fangen auch die Wände an, sich leicht hin und her zu bewegen, so als würden sie atmen. Ich schließe die Augen und sehe Muster. Farbenspiele. Keine intensiven Farben, aber ich kann rot, gelb, grün und blau ausmachen. Es ist schwer zu beschreiben. Die Muster bewegen sich im Rhythmus der Musik, so als würde sich die Musik visualisieren. Am ehesten könnte man die Muster mit diesem Bild beschreiben: Hier klicken

Einige Gedanken treten auf.
„Geht es manchen Menschen in Irrenanstalten so, wie mir gerade?“
„Sehen sie die ganze Zeit Bewegungen und Muster wie ich gerade?“ „Was, wenn das nie aufhört?“
Diesen letzten Gedanken vertreibe ich sogleich. Ich wusste, dieser Zustand würde nur noch einige Stunde anhalten, und dann wäre alles wieder normal. Ich ließ mich in keine negative Gedankenspirale einfangen und war offen, was noch alles kommen sollte.

Mittlerweile fühlte ich mich besser, mir war nicht mehr übel und auch die Müdigkeit war vorbei, weshalb ich nach draußen ging, um den Sternenhimmel zu beobachten. Ich wollte wissen, wie sich der Trip draußen, nachts, weiterentwickeln würde. Die Effekte waren immerhin schon da. Ich legte mich also auf eine Liege und starrte in den Sternenhimmel.

Die Sterne bewegten sich, die vom Mond erhellten Wolken verformten sich. Alles lebte und bewegte sich. Über das gesamte Blickfeld verlief ein wabenartiges Muster. Ich hielt meine Hand gegen den Himmel, um zu schauen, ob die Hand das Muster abdecken würde, aber das Muster befand sich vor der Hand. Ich ließ meine Augen geöffnet, hielt mit beiden Händen die Augen zu und sah noch immer das Muster. Ich konnte durch meine Hände hindurchsehen! Ich sah, obwohl ich eigentlich nichts als Schwärze sehen sollte. Es war ein unglaubliches Gefühl.
Jedoch spürte ich die Kälte der Nacht und sehnte mich nach meinem kuscheligen Bett.
Drinnen sah ich auf die Uhr. 20:46. Es war erst eine Stunde seit dem Verzehr der Pilze vergangen.

Ich gehe erneut in mein Zimmer und mache den gesamten Raum dunkel, lege mich ins Bett, höre weiter die Schamanengesänge, und lasse mich von der Musik leiten. Ich genieße die Closed Eye Visuals und lasse mich treiben. Die Klänge und Gesänge visualisieren sich wieder. Ich kann die Musik spüren, kann sie sehen. Ich konnte in meinem Zustand die Musik sehen! Einfach erstaunlich!

Nach einiger Zeit drehe ich die Musik ab, weil ich wissen will, wie der Trip ohne Musik verläuft. So konnte ich mich mehr auf mich und meine Gedanken konzentrieren. Die Visuals waren jedoch weiter vorhanden. Ich hoffte auf stärkere Eingebungen, will Bekanntschaft mit einer Entität machen, will die berüchtigte Pilzgöttin kennenlernen, aber ich erkannte, dass meine eingenommene Dosis zu schwach dafür war. Ich fühlte mich auf einer Art Schwelle. Einerseits war ich etwas enttäuscht, dass nicht „mehr“ passierte, aber andererseits war ich auch erleichtert, da der Trip eine vollkommen neue Erfahrung für mich darstellte und mich doch forderte. Ich war also froh darüber, nicht mehr als 1,6 Gramm zu mir genommen zu haben, da ich einen stärkeren Trip evtl. nicht so gut verkraftet hätte.

Einige Zeit verging und ich hatte wieder das Bedürfnis raus zu gehen. Im Garten angelangt dachte ich mir plötzlich „Was ist denn hier los?“ Alles war unglaublich hell. Ich blickte zum Mond und dachte, die Sonne würde scheinen, so hell leuchtete er. (Es war einen Tag vor Vollmond, was das helle Leuchten des Mondes zwar erklärt, aber durch meine veränderte Wahrnehmung war der Kontrast und die Helligkeit nochmal um ein Vielfaches stärker) Ich setzte mich zur Wiese und streichelte meinen Hund. Ich war froh, dass er bei mir war. Ich fühlte mich geborgen. Ich schmiegte mich in sein Fell, und fand seine Gesellschaft einfach nur schön. Die Visuals waren komischerweise nur vorhanden, wenn ich in den Himmel blickte. Sah ich meinen Hund an, war alles „normal“. Hier draußen auf der Wiese bei meinem Hund herrschte eine Art Gedankenlosigkeit. Ich fühlte mich, als würde ich im Hier und Jetzt leben. Ohne Gedanken an Zukunft oder Vergangenheit.

Dann tauchte ein Gedankenfetzen auf.
„Alles wird immer bewertet“
„Warum können wir nicht mal nur beobachten ohne etwas zu bewerten“
„Ohne Gedanken, ohne Etwas als positiv oder negativ zu beurteile und zu sehen“
„Einfach nur beobachten“
„Beobachten“

Aufgrund der Kälte ging ich dann aber wieder rein. Zuerst ging ich ins Bad um mich im Spiegel zu betrachten. Ich war gespannt, ob sich etwas im Spiegelbild verändert. Nichts, bis auf die Tatsache, dass meine Pupillen geweitet waren. Dann verdeckte ich mit meinen Händen wieder meine Augen und konnte wieder hindurchsehen. Es war unglaublich. Ich sah mich im Spiegel, obwohl ich die Hände vor den Augen hielt. Ich grinste und war einfach nur erstaunt über diese Tatsache.

Dann setzte mich mit meinem Hund im Vorraum auf den Teppich, kuschelte ein wenig mit ihm und streichelte ihn. Die Uhr zeigte 22:26. Auf einmal fühlte ich mich komplett nüchtern. Von 0 auf 100. Alles fühlte sich ganz klar an. Es waren keine Visuals mehr vorhanden. Ich hatte einen kompletten Wachzustand. Man könnte sagen, ich war bei vollem Bewusstsein.

Ein leichtes „Ich habe es gut überstanden“ klingt mit.
Dann kam aber eine weitere Eingebung.
„Wieso „gut“ überstanden?“
„Einfach nur überstanden.“
„Nur durch den Menschen entsteht Bewertung“
„Die Natur bewertet nicht“
„Alles ist“
„Alles ist!“

Ich ging nochmal in mein Zimmer. Am Schreibtisch liegt der Zettel mit meiner Eingangsfrage.
„Warum bin ich nicht öfter aufgeschlossener?“
Ohne viel nachzudenken schreibe ich eine Antwort darunter.
„Weil ich zu viel bewerte“
Alles scheint nun so klar.
„Ja, das ist die Lösung, aber ich glaube, ich muss das alles erst mal verarbeiten. Ich möchte nochmal darüber schlafen“, denke ich mir.

Ich lege mich ins Bett. Die Wirkung der Pilze klingt ab, der „Trip“ ist vorbei, ich beginne zu schlafen.

Am nächsten Tag, als ich aufwachte, was alles normal, außer, dass ich üble Kopfschmerzen hatte. Ich tröpfelte mir Minzöl auf die Stirn, nahm CBD-Tropfen, aber erst ein Aspirin half gegen die Schmerzen. Vermutlich musste mein Kopf das Ganze noch verarbeiten, oder die Visuals waren zu anstrengend, dass meine Augen einfach noch mehr Ruhe benötigten. Nichtsdestotrotz ist nun kein Nebeneffekt mehr vorhanden. Alles ist wieder „normal“.

Man kann sagen, dass ich drei Phasen durchlebt habe:
1. leichtes Rauschgefühl und Heiterkeit
2. Closed Eye Visuals, Muster bei offenem Auge, „Sehen im Dunklen“, Gedankenchaos und Gedankenlosigkeit
3. Kompletter Wachzustand, volles Bewusstsein

Wenn man die fünf Level eines Pilztrips betrachtet, würde ich sagen, dass sich meiner zwischen Level 2-3 eingrenzt.

Resümee:
Dieses Ereignis war eine unglaubliche Erfahrung. Es war etwas komplett Neuartiges in meinem Leben. Es war aber nicht die schönste Erfahrung, was aber nicht heißen soll, dass sie schlecht war. Wie mir die Eingebung auch zu erkennen gab - man muss nicht immer alles bewerten. Was ich aber sagen kann: Die Erfahrung war interessant, faszinierend und zudem lehrreich. Sie hat mir gezeigt welch starken Kräfte in diesen heiligen Pilzen stecken. Wie sich meine Wahrnehmung änderte. Ich konnte Musik sehen, konnte im Dunkeln sehen, habe Augenblicke des „Hier und Jetzt“ erfahren. Konnte erleben, wie es sich anfühlt, in einem kompletten Wachzustand zu sein – ein Moment des vollen Bewusstseins und der Klarheit, in der ich ein Fünkchen der „Wahrheit“ erhaschen durfte.

Vorerst habe ich jedoch kein weiteres Bedürfnis zu einer weiteren Reise. Vielleicht in einem Jahr wieder. Oder erst später. Dann aber mit einer höheren Dosis.

Nachtrag:
Es sind mittlerweile drei Wochen vergangen. An meiner Persönlichkeit hat sich nichts Gravierendes geändert.
Jedoch habe ich eine neue Erkenntnis erlangt und herausgefunden, was mir der Pilz gelehrt hat bzw. versucht hat mitzuteilen. Nämlich Achtsamkeit.

Als ich zufällig im Buch „Im Alltag Ruhe finden“ auf Seite 20 diesen Satz las, ging mir innerlich ein Licht auf.
„Im Grunde ist Achtsamkeit ein ziemlich einfaches Konzept. Seine Kraft liegt in der praktischen Umsetzung und Anwendung. Achtsamkeit beinhaltet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen.
[…] Wenn wir in vielen dieser Augenblicke nicht völlig gegenwärtig sind, so übersehen wir nicht nur das, was in unserem Leben am wertvollsten ist, sondern wir erkennen auch nicht den Reichtum und die Tiefe unserer Möglichkeiten, zu wachsen und uns zu verändern.“


Genau das hat mir die Eingebung des Pilzes mitgeteilt und genau diesen Zustand durfte ich erfahren, als ich einen kompletten Bewusstseins- und Wachtzustand hatte. Beobachten, ohne bewerten bzw. im gegenwärtigen Augenblick zu sein, ohne urteilen. Achtsam sein. Und dieses Konzept der Achtsamkeit werde ich nun versuchen in meinem Leben zu integrieren.


Danke fürs Lesen :)