Tripbericht lesen
Übersicht:
Titel: | Which step is the one too far? |
Drogen: | Mischkonsum von Research Chemical, Lachgas, Cannabis, Kratom und Benzodiazepine (Reihenfolge vom Autor festgelegt) |
Autor: | anonym |
Datum: | 18.08.2018 13:23 |
Set: | Eine Mischung aus Vorfreude und Unsicherheit. Ich bin eigentlich eher ein Dissoziativatyp. Aber jetz |
Setting: | Ein wunderschönes, kleines, traumhaftes, psychedelisches kleines Festival irgendwo in Deutschland. |
Nützlichkeit: | 5,30 von 10 möglichen (20 Stimmen abgegeben) |
Bericht:
Die Geschehnisse sind gerade Mal eine Woche her, sind für mich auch ein Teil der Verarbeitung. Set und Seting kennt ihr ja schon. Aber lest den lest den Rest selbst.
Anwesende Personen: Mein Freund, nennen wir ihn B. Sein Bruder und gleichzeitig bester Freund, S. Dann noch ein mit den beiden befreundetes Pärchen, K (die Frau) und E (der Mann), die mit uns zusammen ein Lager am Zeltplatz hatten.
Zeitraum: Samstagmittag bis Montagnacht/ -morgen.
Konsumierte Substanzen: 2-cb-fly, Cannabis, ETH-LAD, ein wenig 1p-LSD, 3-HO-PCP, Lachgas, Benzos und Kratom
Über mich (dies kann überlesen werden, sofern es nur um den Tripbericht geht. Sind nur Backgroundinfos, man kann also auch runterscrollen): Ich bin weiblich, in den 30ern, habe schon einige Erfahrungen mit Psychedelika gemacht, gute und schlechte. Ich war früher auch auf Festivals. Ich habe im Alltag sehr viel Verantwortung zu tragen, privat und beruflich, daher ist das Festival ein paar Tage ausbrechen aus diesem „Käfig.“ In meinem Leben ist viel passiert, was echt nicht schön war und ich habe meine Schäden davongetragen. Ob ich psychisch gesund bin? Hell no! Aber ob ich krank genug bin, um mir einzugestehen, dass ich nicht ewig nach außen hin funktionieren kann? Nein, auch nicht.
Mein Freund und ich führen seit einigen Monaten eine Fernbeziehung. Wenn alles gut läuft, 7 Stunden Zugfahrt. Wir sehen uns einmal monatlich für ein paar Tage oder eine Woche. Bisher war er immer zu mir gekommen, weil es sich bei ihm leichter einrichten ließ. Diesmal hab ich kurz vorm Festival seine Mitbewohner in der WG kennengelernt und hab erste Eindrücke aus seinem Stadtviertel bekommen. Seinen Bruder hab ich Am Freitagmorgen kennengelernt, das Kennenlernen mit der Mama steht für Dienstag an. Also jede Menge los. Aber nun zurück zu dem, um das es hier eigentlich geht – der Trip.
Der Trip: Zuallererst: Zeitangaben und teilweise auch Mengenangaben sind schwer für mich zu machen, weil alles ineinander verschwimmt, aber ich gebe mein bestes.
Am Samstagmittag bis Nachmittag, nachdem wir uns tagesfit gemacht haben beschließen mein Freund B, sein Bruder S und ich, 2-cb-fly zu nehmen. 10mg für mich, 15 für die Jungs. Nach der Einnahme machen wir uns bald auf, um vom Zeltplatz aufs Festivalgelände zu gehen. Ich habe mit starkem Bodyload zu kämpfen. Ich zittere, mir ist schwindlig und schlecht und eiskalt, obwohl ich laut Aussage der Jungs warm bin. „Das ist nur das Hochkommen, das geht vorbei“, heißt es. Ja ich weiß. Zwischendurch wird mir ein süßes Getränk eingeflößt und was zu essen geholt. Leider nicht vegan, so dass ich ein Salatblatt esse. Mein Körper zickt immer noch, also legen wir uns auf eine Art Holzliegestühle – ich in der Mitte. Körperkontakt hilft und es wird tatsächlich angenehmer. Leider ist jetzt S vom Bodyload betroffen, so dass wird zurückgehen zum Zeltplatz.
Das Wetter an diesem Tag ist sehr wechselhaft, die Jungs beobachten fasziniert das Wetter. Bei mir tut sich optisch gar nichts. Ob es daran liegt, dass ich eine kleine Menge Benzos und Kratom genommen hatte? Die nehm ich halt täglich und entzügig trippen wär eher blöd. Jetzt will ichs wissen, also kommt noch ne Dreiviertelpappe (oder ne ganze?) ETH-LAD dazu. Mein Freund fragt ob ich mir sicher bin. Ich glaube, mir sicher zu sein. Als er 1p-LSD nimmt, könnt ich nicht beschwören, auch ein bissl was abgemacht zu haben. Es beginnt zu dämmern, es wird gekifft, Lachgas genommen und der Himmel betrachtet. Während die Jungs und unsere Nachbarn K und E draußen sitzen, liege ich im Zelteingang. Es ist viel Input, sehr viel. Aber es ist gut wie es ist.
Dann, so gegen 21 (?) Uhr, kommt ein Mädchen zu uns, um uns Drogen zu verkaufen. Ich habe null Bezug mehr zu Geld und kippe alles am Boden aus. Vorräte werden aufgefüllt. Und mein Freund ist laut ihr der erste, dem sie LSD Tropfen auf die Zunge geben darf. 400 Microgramm. Ich krabble ins Zelt und ziehe 3-HO-PCP.
Schnitt: Ich muss auf die Toilette, man fragt mich, ob ich das alleine kann. Ich bejahe. Der Weg ist weit und verwirrend. Auf dem Rückweg spricht mich eine Frau an, ob ich Hilfe brauche. Erst mal denke ich ne, ich komm schon klar. Sie besteht darauf, mich zu unserem Zeltplatz zurück zu bringen und gibt mich dort ab mit den Worten, sie sollen auf mich aufpassen.
Schnitt: Mein Freund ist mittlerweile in einer komplett andren Welt und – ich weiß nicht ob deswegen oder unabhängig davon – bekomme ich Angst. Große Angst, Angst davor, alles zu verlieren, Angst nicht zu genügen, zu scheitern und zu zerbrechen. Aber was tun? Die anderen Leute kenne ich erst einen Tag. Mein Freund ist selber auf sehr viel LSD. Also kauere ich mich in eine Ecke des Zeltes und weine. Alles zieht an mir vorbei. Ich denke an Freundschaften und Beziehungen, wo ich davon gehört hab, dass sie an Trips zerbrochen sind. Ich habe das Gefühl, selber zu zerbrechen.
Schnitt: Irgendwann denke ich, etwas essen wäre vielleicht gut. Ich schaffe es irgendwie, meinem Freund die Idee zumindest mitzuteilen. Er möchte etwas holen. Er fragt mich, warum ich weine. Ich kann nicht erklären. Ich kann nur sagen, dass ich das seit Stunden mache und überfordert bin. Was genau bei mir abgeht, kann ich nicht sagen, will ich auch nicht, bringt grad niemanden weiter. Schon die Kommunikation was das Essen betrifft, ist schon fast mehr, als möglich ist.
Schnitt: Mein Freund ist zu sehr am Trippen, um Essen zu holen. Das stelle ich schließlich auch in meinem verwirrten, überforderten, verlorenen Zustand fest. Also muss ich das selber machen. Die größte Mutprobe meines Lebens. Ich lege ihm Benzos, falls gebraucht, zurecht. Was zu trinken. Und dann geh ich los. Nur mit Geld, um uns Essen zu holen.
Schnitt: Ich kauere am Festivalgelände. Man fragt mich, was ich brauche. Ich sage, dass ich Essen kaufen möchte. Man gibt mir zur Stärkung etwas Apfelmus und eine Frau sucht mit mir einen Essensstand, der noch offen hat. Es ist nämlich bereits drei Uhr morgens. Ich kaufe so ein veganes Brötchen mit Gemüse. Ich bin stolz, etwas hingekriegt zu haben und gehe alleine zurück.
Schnitt: Ich komme zurück zu meinem Freund und sage ihm „Schatz, ich hab uns Essen geholt!“ Erst ist er verwirrt, dann scheint er sich zu freuen, dann ist er wieder verwirrt und driftet ab. High Level halt. Ich bin überfordert. Wir essen glaub ich ein bisschen was von dem Essen, aber dafür, welche Strapazen dieses eine, kleine Brötchen bedeutet hat, lassen wir viel übrig.
Schnitt: Mein Freund sitzt im Schneidersitz mit verschränkten Armen da und hat eiskalte Finger. Ich versuche Körperkontakt herzustellen, ohne Erfolg. Er meint, dass er dringend ein Benzo braucht und die Medis, die er sonst täglich nehmen muss, auch vergessen hat. Ich suche ihm alles raus und gebe ihm die Sachen, reiche ihm Wasser zu trinken.
Schnitt: Wir gehen auf die Toilette. Nach gefühlt unzähligem sich entscheiden steht mein Freund auf, dabei kippte er erst mal um, weshalb ich mir ziemliche Sorgen mache. Wir gehen los. Ich ins Dixiklo, er zu einem Strauch. Als ich rauskomme, ist er verschwunden. Ich laufe auf und ab und suche ihn. Erfolglos. „Vielleicht ist er zurück ins Zelt gegangen“ denke ich uns laufe dort hin. Das Zelt ist leer. Scheiße. Zurück Richtung Toiletten. Ich laufe erneut auf und ab. Rufe seinen Namen. Erfolglos. Panik. Also wieder zum Zeltplatz. Ich wecke S auf und sage total verängstigt: „B ist ist verschwunden!!!!“ „Beruhige dich, der findet schon heim, leg dich ins Zelt“ sagt S zu mir. Also kriech ich ins Zelt. Nehm die Benzos, die ich vielleicht seit Stunden hätte nehmen sollen. Rolle mich im Schlafsack zusammen. Warte. Ohne Zeitgefühl.
Schnitt: Irgendwann taucht mein Freund wieder im Zelt auf. Ich nehme es durch einen Schleier wahr. Erleichterung. Aber nicht die Kraft, nochmal zu versuchen, mit ihm zu interagieren. Irgendwann schlafen wir beide ein.
Schnitt: Es ist Sonntagnachmittag. Mein Freund schläft noch. Ich fühle mich zerbrechlich. Als er aufwacht, ist er immer noch auf LSD. Ich räume das Zelt auf. Packe die Rucksäcke, so ordentlich, wie ich es halt noch schaffe. Wir gehen noch mal runter aufs Festivalgelände und kaufen Klamotten als Erinnerung ein. Die Welt fühlt sich merkwürdig an. Alles ist irgendwie anders. Wir kehren zum Zelt zurück. Ich baue es mit seinem Bruder ab, wir packen die Sachen alle ins Auto ein. Es ist gegen 21 Uhr und praktisch dunkel, als wir losfahren. Als S tanken muss, kaufe ich Süßigkeiten für die Allgemeinheit, das tut gut.
Schnitt: Wir sind daheim, ich versuche, wir versuchen, über diese für mich so schrecklichen Stunden zu reden. Klappt leider nicht so gut. Es tut ihm aufrichtig leid, dass der Trip für mich so mies gelaufen ist. Wir schlafen. Wir gehen die nächsten Tage normal miteinander um. Alles gut? Ich bin so verunsichert. Verunsichert auf allen Ebenen. Ich muss verarbeiten. Wir müssen verarbeiten. Was heilt die Zeit?
Schnitt: Es ist jetzt, wo ich den Bericht schreibe, Freitagmittag. Mein Freund ist mit seinem Bruder auf einem anderen Festival bis Dienstag. Ich habe zum Glück die Tage Besuch von einem sehr lieben Freund. Chillen. Es ist schön, nicht alleine zu sein. Am Dienstag wird sich mein Freund melden. Und ich hoffe, die Sicherheit kommt wieder bei mir. Die Zeit heilt vieles.