Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Der Geschmack der Dissoziation - Ein DXM/Lachgas Tripbericht.
Drogen:Mischkonsum von DXM und Lachgas (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:ungelesene Bettlektüre
Datum:15.01.2006 03:06
Set:gespannt auf das Psychedelikum der anderen Art
Setting:mein Studentenwohnheimzimmer
Nützlichkeit:8,67 von 10 möglichen   (24 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Am Samstag, dem 14.1.2006 war es endlich soweit, meine erste Erfahrung mit einem langwirksamen Dissoziativum stand ins Haus. Wenige Tage zuvor hatte ich ein Paket von einer netten bundesdeutschen Online-Apotheke erhalten, und zwar mit drei Packungen "Ratiopharm Hustenstiller" mit dem Wirkstoff DXM (und sogar zwei Probepackungen Salbeizuckerl gegen meinen schlimmen Husten gratis ;) ).



Als Dosis hatte ich mich für 18 Kapseln entschieden, also eine Packung abzüglich zweier Kapseln, die am Vortag für den Allergietest draufgingen, der wie erwartet/erhofft kein Ergebnis gezeigt hatte. Das entspricht 540 mg Dextrometorphan-Hydrobromid. Also schon eine ziemlich hohe Dosis, allerdings muß man meine Leibesmasse von etwas über 90 kg und die vorhandene Erfahrung mit anderen Psychedelika in Betracht ziehen. Trotzdem wars wohl etwas leichtsinnig: Kids, don't try this at home!



Laut William Whites FAQ sollte mich dies ins obere zweite Plateau bringen, wo es gerade mal einigermaßen interessant werden sollte - diese Erwartung wurde allerdings weit übertroffen.



Ich startete kurz nach 13 Uhr mit der Einnahme - da Samstag war, war ich gerade erst aufgestanden - und spülte die Kapseln einfach mit Leitungswasser runter. Da ich um den langen Onset wußte, war geplant, die Zeit bis zum Wirkungseintritt mit Wochenendeinkäufen sinnvoll zu nutzen. Also pilgerte ich gemeinsam mit meinen lieben Freunden Thomas und Aurora zum nächstliegenden Supermarkt.



Schon nach einer halben Stunde, also bereits während unserer Einkäufe, setzte eine subtile Wirkung ein, die leicht stimulierend und euphorisierend war, vergleichbar mit einem leichten Alkohol-Rausch. Allerdings wirklich nur ganz leicht, an der frischen Luft verflog selbst dieser Effekt, der Heimweg war also problemlos zu meistern.



Eine Stunde nach der Einnahem daheim angelangt, verzog ich mich gleich in mein Zimmer, machte Musik an und legte mich ins Bett. Dies war auch gut so, denn mittlerweile machte sich deutlich Übelkeit breit, die sich beim Niederlegen allerdings schlagartig besserte. Für alle Fälle stand schon ein Kübel neben dem Bett bereit. Thomas kam kurz darauf zu mir, um mich zu sitten.



Bald danach stellten sich auch leichte Closed-Eye-Visuals ein: ich sah eine wabernde dunkle Masse mit geometrischen Linien drinnen, darüber hinaus vermeinte ich selbst bei geschlossenen Augen mein Fenster zu erkennen. Die Intensität der CEVs nam beständig ab und wieder zu.



Das Vergiftungsgefühl war vorerst der Effekt, der am raschesten zunahm. Wenn ich mich aus meinem Bett erhob, konnte ich ein stark verändertes Körpergefühl feststellen, so als sei er aus Gummi und gehörte gar nicht richtig mir. Leider war beim Stehen die Übelkeit viel schlimmer, sodaß ich diesen Effekt nicht richtig auskosten konnte.



So um 14:20 war mir in erster Linie schlecht. Erinnerungen an meine Ayahuasca-Erfahrung im Sommer kamen hoch, schon damals habe ich mich ja gefragt, ob die Übelkeit und das Trippen nicht vielleicht eins sind.



Bei geschlossenen Augen konnte ich eine weite Leere erkennen und fühlte mich etwas outer space, bei offenen Augen war die Wirkung jedoch nach wie vor subtil. Die Wahrnehmung von Musik war intensiviert.



Bald danach nahm die Übelkeit jedoch auch schon wieder rapide ab, dafür wurde das Gefühl der Dissoziation immer stärker.



Zu dieser Zeit kam auch Haubi, der freundliche Psychonaut von nebenan, zu Besuch, um an meinem Dissoziativa-Experiment passiv teilzuhaben, das er im Vorfeld scharf verurteilt hatte. Er steht halt mehr auf die klassischen serotoninergen Halluzinogene und kann nicht verstehen, warum ich Hustenstiller überdosiere, obwohl ich noch Acid im Kasten liegen hätte.



Die DXM Wirkung wurde stärker und war nunmehr mit Cannabis vergleichbar. Es fiel mir schwieriger, Gesprächen zu folgen, meine Gedanken schweiften zunehmend ab.



Etwa zwei Stunden nach der Einnahme war die Übelkeit dann verschwunden. Ich nahm dies zum Anlaß, etwas Lachgas zu inhalieren, was dann - wie erhofft - starke Synergieeffekte zeigte. Die Kombination der beiden Dissoziativa führte also tatsächlich zu einer vollständigen Trennung vom Körper, ein Zustand, der kaum in Worte zu fassen ist, als ob ich an allen Orten und zu allen Zeiten gleichzeitig existieren würde und somit auch alle jemals existierenden Personen gleichzeitig wäre.



Nach der Rückkehr in den Machtbereich des DXM hatte ich interessante CEVs, ich sah sich beständig wandelnde Molekülstrukturen.



Die zunehmende Ego-Auflösung bringt mich, den theoretischen Physiker, zum philosophieren: Vielleicht ist ja das Bewußtsein als die fundamentalste Größe des Universums anzusehen, und die materielle Welt ist nur Schein, ein Konsens geschaffen von Seelen, um die Interaktion weniger verwirrend zu gestalten.



Eine zweite Lachgas Kapsel brachte ein ähnlich unbeschreibliches Erlebnis wie die erste. Danach wieder Bewundern der CEVs: mein jetziger Zustand war dem auf Tryptamin-Halluzinogenen wie z.B. Pilzen gar nicht mal so unähnlich.



Ich denke an mir liebe Menschen, und zwar auf ziemlich verworrene Weise, ich identifiziere sie irgendwie alle miteinander. Ist meine Sympathie für Aurora vielleicht identisch mit der für meinen verehrten akademischen Lehrer Prof. P.?



Etwa drei Stunden nach der Einnahme war der Peak erreicht, der sich durch eine extrem verworrene Gedankenwelt äußert, optische Effekte spielten kaum mehr eine Rolle. Meine Wahrnehmung von Raum und Zeit war stark verändert, ich konnte kaum zwischen Gegenwart, Erinnerungen und zukünftigen Möglichkeiten unterscheiden. So ähnlich hatte ich mir Schizophrenie vorgestellt. Dieser Zustand ist wiederum kaum in Worte zu fassen und mit keinem anderen Psychedelikum unmittelbar vergleichbar. Am ehesten noch mit Lachgas (ist ja ebenfalls ein Dissoziativum), allerdings gibt es auch hier deutliche qualitative Unterschiede, was wohl auch an der kurzen Wirkdauer von N2O liegt. Aber es gab auch gewisse Parallelen zu Salvia und zu einer extrem Potentierten Cannabis-Wirkung.



Interessanterweise war ich nach wie vor fähig, einigermaßen artikuliert zu sprechen. Aber irgendwie fühlte es sich so an, als wenn das mein Körper automatisch täte, und ich mich selbst als unbeteidigter Beobachter betrachten würde.



Leider war dieser Bewußtseinszustand so andersartig, daß er nüchtern gar nicht mehr richtig in Erinnerung gerufen werden kann (ein Phänomen, wie ich es bereits von meinen Salvia-Trips kenne). Umgekehrt konnte ich mich an diesem Augenblick aber auch kaum daran erinnern, wie es ist, nüchtern zu sein.



Mehrfach wollte auch Panik aufkeimen, jedoch blieb der Trip dann doch in geregelten Bahnen.



Musik habe ich nach wie vor sehr intensiv wahrgenommen, es gab sogar ansatzweise Synästhesie-Effekte, manche Töne konnte ich direkt fühlen.



Der Peak hielt etwa 40 Minuten an, danach war langsam ein leichter Abfall der Wirkung zu bemerken. Erneut griff ich zum Lachgas und erlebte eine vollständige Ego-Auflösung, die mich daran erinnerte, wie ich beim Rauchen von 5-MeO-DMT das strahlend weiße Licht gesehen hatte. Ich begann, den Geschmack des Lachgases mit der Ego-Auflösung zu assoziieren.



Um ca. 17 Uhr, also ungefähr vier Stunden nach der Einnahme, war der Peak bereits deutlich überwunden. Nun trat ein weiterer interessanter Effekt von DXM zu Tage: normalerweise bin ich ein sehr introvertierter und verschlossener Mensch, selbst meinen nächsten Freunden gegenüber. Dies war nun ins Gegenteil verkehrt, ich führte einen regelrechten Seelenstriptease auf und weihte Thomas in meine innersten Gefühle und Sorgen ein, wie es sich unter Freunden eigentlich gehört. Es war so, als ob die Barriere, die verhindert, daß wir alles sagen, was wir denken, und die bei mir viel zu hoch ist, mit einemmal niedergerissen wäre. Eine sehr erleichternde Erfahrung, die eventuell auch therapeutischen Wert haben könnte.



Um ca. 18 Uhr habe ich noch mehrfach mit Lachgas geboostet, einmal ergab sich noch ein besonders interessanter Effekt: ich verfiel in eine Art Trance, aus der ich dann mehrfach erwachte, quasi in "Schichten".



Danach klang der Trip langsam aus, und zwar wellenförmig, d.h. bei offenen Augen fühlte ich mich teils fast nüchtern, dann aber wieder gefangen in meiner verworrenen Gedankenwelt. Bei geschlossenen Augen driftete ich aber auf jeden Fall stark ab in die DXM-Welt.



Um 19 Uhr war der psychedelische Teil der DXM Wirkung weitgehend abgeklungen, ich fühlte mich lediglich noch ziemlich "breit" und hatte sowas wie eine Alkohol-Optik. Damit sah ich mich in der Lage, Aurora in ihrem Zimmer zu besuchen, um gemeinsam eine Dokumentation zum 100. Geburtstag von Albert Hofmann auf 3Sat zu sehen, dabei schloß sich uns auch Haubi wieder an. Danach gabs ein gemeinsames Abendesssen.



Nun, da ich diese Zeilen tippe, ist es drei Uhr nachts, und ein gewisser Afterglow ist nach wie vor vorhanden. Da muß man wohl erstmal drüber schlafen.



Nachtrag: Nachdem ich den Tripbericht fertiggestellt hatte, ging ich ins Bett. Als ich zur Ruhe kam, hatte ich überraschenderweise noch einmal beeindruckende CEVs: eine morphende Fläche aus grünen Polygonen. Diese verschwanden aber auch rasch wieder, trotzdem konnte ich nicht sofort einschlafen. Erst um vier fand ich Schlaf, und auch das nur für etwa vier Stunden.





Fazit

Dissoziativa sind "anders", insgesamt war der Trip mit keiner anderen Substanz vergleichbar, obwohl sich streckenweise die verschiedensten Parallelen auftaten.



Die schizophrene Gedankenwelt eines Geisteskranken zu besuchen war mit Sicherheit interessant, damit aber auch sehr anstrengend, Euphorie war nicht vorhanden, die Erfahrung war ziemlich "kalt", ganz anders als die freundlichen Tryptaminwelten.



Auch optisch war weniger los als bei klassischen, serotoninergen halluzinogenen: die CEVs waren im vergleich zu Pilz-Visionen unspektakulär, und bei offenen Augen gabs im wesentlichen eine Alkohol-Optik hoch Zehn.



Nichtsdestotrotz war dies insgesamt die stärkste meiner psychedelischen Erfahrungen bis jetzt, auch wenn der Vergleich mit anderen Substanzen schwerfällt.