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Titel:Die Suche nach der Quelle
Drogen:Mischkonsum von LSD, Alkohol, Cannabis und DXM (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:ehemaliges Mitglied
Datum:20.05.2020 09:16
Set:spontan, gute Stimmung, entspannt
Setting:draußen, am Main, in der Stadt, am Bahhof
Nützlichkeit:8,18 von 10 möglichen   (11 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Die Suche nach der Quelle


So, 17.05.2020 – 19:07 Uhr


Inhaltsverzeichnis:

1.) Einleitung: - Wie betäubt
2.) Die Vorgeschichte: - Wie kam es dazu?
3.) Das Vorgeschehen: - Tag 1
4.) Das Resümee: - Eine kleine Entdeckung
5.) Der nächste Tag: - Ein ruhiger Tag
6.) Das Geschehen: - Die Suche nach der Quelle
7.) Zuhause - Home
8.) Die Tage darauf - Was war das denn, bitte?
9.) Fazit - Fernweh



Einleitung: Wie betäubt

Erstmal einen Schluck Wasser trinken.. Gut.
Bei einem Blick in meinen Kühlschrank verrät sich als erstes die offene Bierdose vom Vortag. Mein Griff jedoch geht in Richtung des Topfes mit dem Essen.
Nach über 24 Stunden scheint es vernünftig, mal wieder feste Nahrung zu mir zu nehmen, auch wenn der Appetit ausbleibt. Der ansonsten so leckere, selbst zubereitete Salat schmeckt fader denn je. Eine herbe Enttäuschung, lag die Vermutung nahe, nach einem Tag des Fastens würde mein Verlagen nach Energie für ein schmackhaftes Mahl sorgen. Weit daneben.
Leicht dissoziiert sitze ich auf meinem Bett vor dem Glastisch, den ich einige Wochen zuvor auf der Straße fand. Dicht über den Teller gelehnt, der Blick stur auf die Nudeln gerichtet, verschwindet Gabel für Gabel langsam in meinem Magen. Nichts tut sich, keine Genugtuung stellt sich ein, wie ich es mir für die Befriedigung eines Grundbedürfnisses erhofft hatte.
Der heutige Tag ist anders. Mein Entschluss steht fest, ich muss dieses Erlebnis zu Papier bringen, um meine Gedanken zu ordnen, um die lückenhaften Bilder meiner Erinnerung zu einem Ganzen zusammenzufügen. Das Bier genehmige ich mir dann doch noch, während ich mir noch eine heiße Tasse Kaffee aufbrühe.
Also dann spiele ich mal dieses Puzzlespiel bestehend aus bizarren Sinneswahrnehmungen und meinen dazugehörenden Empfindungen.
„Viel Spaß dabei!“, ruft mir die fiese Stimme in meinem Hinterkopf noch hinterher. Wir alle kennen sie nur zu gut, diese meist unbewusste Stimme, die uns die Auseinandersetzung mit unseren Konflikten auszureden versucht. Aber so nicht heute, fieser Herausforderer, heute habe ich das Wort!



Die Vorgeschichte: Wie kam es dazu?

Ich schlief lange, da zwei Tage zuvor etwas DXM in meinem Rachen landete, ich etwas hustete und auch Alkohol getrunken hatte. Ich hatte diese Substanzkombination schon lange nicht mehr im Blutkreislauf gehabt, weil die letzten DXM/DPH Experimente vor etwa sieben Jahren dann doch zu sehr im Wahnsinn endeten. Die weiteren vier bis fünf Versuche der darauffolgenden Jahre waren bis auf eine einzige Erfahrung, die mich dazu veranlasste, es noch weitere Male zu probieren, allesamt sehr unangenehm. Dieses eine Mal vor etwa fünf Jahren aber war ein ganz einmaliges mystisches Erlebnis. Verbundenheit mit der Dschungelnatur des Menschseins durchströmte mich bis hin in die Weiten eines scheinbar endlosen multidimensionalen Kosmos. Nichts hinterfragend, mit purer Bewunderung erlebte ich diese Reise des Heimkommens auf etwa zehn Gramm Morning Glory Samen, kombiniert mit 120mg DXM. Der Versuch, einen ähnlichen Zustand unter veränderten Konsumbedingungen zu wiederholen, scheiterte öfters und heute weiß ich auch warum.
Bei einem etwa 2 Jahre zurückliegenden Versuch mit 60mg DXM erhoffte ich mir nicht viel, lediglich ein subtiles Hervortreten der SSRI-ähnlichen Charaktereigenschaft dieser Substanz. Wieder weit gefehlt, denn ich war so unterwegs, dass ich mich meinen Mitbewohnern für zwei Tage nicht mehr zeigen konnte. Durch Recherchen stieß ich auf die Annahme von Forschern, etwa 10% der Menschen würden derartige Stoffe durch enzymatische Aktivitäten langsamer verstoffwechseln. Dies Führe dazu, dass eine höhere Konzentration über einen längeren Zeitraum im Blutplasma erreicht würde und somit die Wirkung stärker und länger ausfalle. Da die Nachwirkungen bei mir immer recht lange anhielten, teilweise über mehrere Tage hinweg, gehe ich davon aus, dass dies vermutlich auf mich zutrifft. Hier sei hoch hinzuzufügen, dass ich am Vorabend einen Liter Grapefruitsaft getrunken hatte, dessen Inhaltsstoffe dieses abbauende Enzym weiterhin hemmen.
Also wollte ich es irgendwann noch einmal probieren; kein Saft, nur 30mg DXM.
Am 14.05, zwei tage vor dem gestrige Trip, war es dann soweit: Das Abklingen meines trockenen Hustens ließ mich nachts nicht schlafen. Da fiel mir die gelbe Einkaufstüte wieder ein, in der noch 2 Kapseln versteckt gewesen sein mussten. Ein, zwei Handgriffe später hatte ich sie auch schon gefunden und der Inhalt aus einer Kapsel verschwand als Bombe ich meinem nahezu leeren Magen.
TICK - TACK - TICK – TACK - Das typische DXM-SSRI-Körpergefühl stellte sich ein, ich war in angenehm euphorischer Stimmung ohne nennenswerte Nebenwirkungen. Der Hustenreiz wurde gedämpft. Lässig.
That's what I was looking for.
Da ich noch recht neu in der Stadt bin und noch keine anderen Psychonauten kennengelernt hatte, wurde mir von einer Freundin vorgeschlagen, ich solle mal nach anderen Leuten jodeln.
Das ergab natürlich Sinn, also öffnete ich das Fenster und jodelte in die Innenstadt der europäischen Bankenmetropole. Alle guckten verwundert.
Haha nein, das tat ich gewiss nicht, sondern fragte nach, was sie denn meine und kam so an die App Jodel. Dort gibt es den Kanal „Druffkultur“, in den ich folgende Anfrage jodelte:
„Gibt es hier in FFM und Umgebung noch Leute, die (verantwortungs-)bewusst psychonautisch unterwegs sind und sich abgesehen davon nicht rund um die Uhr betäuben müssen?“
Die erste Antwort kam schnell:
„bin raus brudi“
Bis zum Abend erhielt diese Antwort einige positive Stimmen, die ersehnte Resonanz blieb jedoch aus. Also gedachte ich, den Abend alleine mit etwas Kräuterlikör und gutem Gras auszureizen.
So habe ich besagten Likör kurz vor Ladenschluss um 23 Uhr gekauft und daraufhin bei einem ganz bestimmten meiner sieben Mitbewohner geklopft. Er war da, freute sich, mich zu sehen und bat mich einzutreten. Gewöhnlich hätte ich abgelehnt, da der Gestank seiner alten Schuhe in den letzten Tagen schon im Flur zu riechen war, aber heute hatte er endlich mal alles geputzt, also war es einigermaßen erträglich. Die enthemmende Wirkung des DXM trug mich quasi einfach in sein Zimmer herein. Man war ich locker unterwegs! Und ich wollte halt kiffen.. Hehe
Während ich ihn überzeugte, mir Gras zu besorgen, er war wieder mal ganz schön verpeilt, bekam ich einen Anruf von einer Bekannten:
„Hey, hast du Lust heute was zu trinken?“
„ich bin sofort unterwegs“
Das passte mal wieder wie die Faust aufs Auge. So wie mir die Karten zugespielt werden, ist mein Leben mindestens einen Oskar wert.



Das Vorgeschehen: Tag 1

Ich erreichte die beiden Mädels gegen 00:15 Uhr. Wir saßen in einem kleinen Park mit einem gemeinsamen Freund und spielten ein kleines Trinkspiel, während die erste Tüte geraucht wurde.
Ich merkte davon allerdings nicht viel, obwohl ich inzwischen sehr selten rauchte und es wirklich gutes Gras war, lecker, sauber und stark.
Die zweite Bombe mit weiteren 30mg, welche ich vor der Abfahrt eingenommen hatte, entfaltete so langsam ihre Wirkung. Die wärme des DXM mischte sich mit der Distanzierung von Selbstzweifel durch den Alkohol und der kreativ anregenden Wirkung des Cannabis. Ich konnte mich sozial frei entfalten, ohne jegliche Absicht, irgendjemandem gefallen oder jemanden schonen zu wollen. Ich sagte frei heraus, was ich dachte in einer Präzision, die ich im Alltag oft vermisse. Kein Gedanke an ein „ich muss“ oder „ich darf nicht“ war vorhanden. Selbst in dem Moment, da ich dies realisierte, kamen keinerlei Selbstzweifel mehr auf. Ich fühlte mich wie ein gesunder, mündiger Mensch ohne jegliche störende Alltagsneurose oder Hintergedanken, die so viele mit sich herumschleppen. Ich fühlte mich frei in einem bewusst wahrgenommenen, eingeschränkten Bewusstseinszustand. Und genauso lebte ich ihn auch aus. Ich tänzelte zur Musik herum, reimte ein paar blöde Phrasen aneinander und nannte das meine kreativen 5 Sekunden. Ich sprang gekonnt vom Boden auf die Bank, von der Bank auf den Tisch, was ich nüchtern wohl nicht so einfach tun würde ohne mich dabei albern zu fühlen, was ich in diesem Moment überhaupt nicht tat. Ich blieb im Schneidersitz auf dem Tisch und wir hatten viel Spaß. Ich zumindest.
Der zweite Joint wurde geraucht und entfaltete offensichtlich seine Wirkung. Mein Kollege lag mit dem Kopf auf dem Tisch.
„Nicht schon wieder. Das hatten wir doch erst vor Kurzem.“ dachte ich.
Der Versuch, ihn zum Leben zu erwecken erwies sich jedoch wieder als zwecklos und kurz darauf mussten unsere weiblichen Gefährten das Weite suchen, da sie morgen früh raus mussten. Er stieg in die Bahn, was dieses mal zum Glück ohne weitere Zwischenfalle klappte, und ich begleitete die beiden noch bis zu ihrer Haustür, wo ich mich verabschiedete. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir allerdings noch keine Gedanken darüber gemacht, wie ich eigentlich wieder nachhause kommen wollte. Das hatte meine Begleitung offenbar bemerkt. Sie versuchte aufwendig, mir den Weg zum nächsten Bahnhof zu schildern, alles was ich verstand war jedoch Bahnhof. Ich solle sie einfach noch mal anrufen, wenn ich die Kreuzung aus der Beschreibung erreichte. Tja, daraus wurde definitiv nichts.
Ich lief die Straßen entlang und genoss diese Freiheit. Die Wirkung war wirklich wie symbiotisch, ein richtiges Festmahl. Mir gefiel die Optik und auch dem Beobachter dieser im Dahingehen plastisch verglühenden Comichäuser- und Gestalten war ich wohlgesonnen.



Das Resümee: Eine kleine Entdeckung

Ich bin wahrscheinlich DXM slow-metabolizer und habe entdeckt, wie diese zwar zurecht umstrittene, jedoch sehr interessante Substanz für mich (in einem bestimmten Rahmen genutzt) eine gewisse Funktion erfüllen kann. Sie senkt nicht nur deutlich den Hustenreiz, sondern ergänzt die Wirkung anderer Stoffe (in diesem Fall Alkohol & Cannabis) für mich sehr angenehm, als würde sie die Ecken und kanten einer ansonsten chaotischen Kombination glattbügeln.



Der nächste Tag: Ein ruhiger Tag

Ich wachte in meinem Bett auf, meine Jeanshose hatte ich noch an. Ich versuchte ein wenig den gestrigen Abend zu rekonstruieren und warf einen blick in meinen Rucksack: Die Flasche Kräuterlikör war völlig leer. Dabei erinnere ich mich nur noch daran, wie ich auf dem Rückweg ein wenig davon trank. Das Leertrinken hatte ich völlig vergessen, was wohl dem Fakt des Leertrinkens geschuldet war. Es ging mir aber trotzdem recht gut, denn ich hatte die Flasche nicht alleine geleert. Der Organisator des Cannabis hat daran mitgewirkt und alle anderen auch. Über die Google Maps Anzeige von meinem Handy kam ich zu dem Schluss, dass ich etwa 2 Stunden lang durch die Stadt gelaufen sein muss, bis ich endlich eine S-ah Station erreichte, die sogar nur noch einen Halt von meinen Ziel entfernt war. Ich checkte noch einmal meinen Jodelbeitrag und kam zu meiner Verwunderung mit 5 weiteren Personen in Kontakt. Wir beschlossen spontan ein Treffen am Main für den nächsten Tag.
Ich konnte erst spät, so gegen 12 Uhr Mittags, schlafen und stellte mir meinen Wecker auf 16 Uhr. Zwei Stunden Zeit zum Essen und Duschen sollten ja schließlich ausreichen. Haben sie dann auch, auf die Minute genau. Ich ging nach dem Aufstehen los und kaufte Bier ein, bevor ich zur Apotheke ging. Dort musste ich erst mal eine Vordränglerdame, die sich genau vor mich stellte, abwenden und hörte beim Verlassen des Ladens noch die Verkäuferinnen tuscheln, ob ich denn in Ordnung gewesen sei. Dieses Zeug wird hier in der Bahnhofsapotheke anscheinend gar nicht so selten verlangt. Ihrer Empfehlung nach wurde jedoch als vertrauenswürdiger Käufer eingeschätzt und gehöre damit wohl nicht zu den Verdachtsfällen. Und irgendwo hatte sie ja auch recht, ich hatte immerhin starken Reizhusten und hielt mich sogar unter jener in der Apotheke empfohlenen Menge von drei Kapseln am Tag auf.
Es war noch gar nicht sicher, dass ich in den kommenden Stunden noch LSD nehmen würde. Ich hatte trotzdem noch drei Pappen 1-cp-lsd und verfrachtete sie für den Fall der Fälle in mein Portemonnaie. Am Main angekommen saßen wir zu dritt in der Sonne. Es war schon nach 18 Uhr, aber das Wette war noch ziemlich warm. Ich traf zwei nette, mir völlig fremde Menschen. Lässig. Ich und der andere Typ in meinem Alter tranken Bier und das Mädel ihren Softdrink, da sie noch fahren musste. Mir sagten Freunde oft, dass ich mein Bier mal langsamer trinken sollte, aber an diesem Abend trank mein Mitstreiter noch schneller als ich. Das fiel mir auf, da ich kurz prüfend nachschaute, ob ich schon wieder schneller trank, aber als mir auffiel, dass ich in dieser Annahme langsamer getrunken hatte als sonst, durfte ich jetzt nachlegen.
Aus einem halben Liter wurde einer und daraufhin holte ich die 1l Dose zur passenden Situation hervor, als plötzlich ein Mann auf seinem Fahrrad neben uns anhielt und uns fragte, ob wir denn noch Nachschub an Bier bräuchten. Demonstrativ auf jeden in der Großstadt positiv reagierend konnte ich ihn mit einem lächeln im Gesicht verscheuchen und mich meinem zweiten Liter widmen. Eins kam zum anderen, die Stimmung war entspannt und fröhlich und ich erkannte eine ganze Weile lang jedes Lied, das er abspielte, mit Namen wieder. Wir kamen ohne mein Zutun auf LSD zu sprechen und ich war heute der Typ, der spontan was dabei hatte.
Nachdem das Mädchen sich verschiedet hatte, unterhielten wir uns noch weiter an derselben Stelle am Main. Er fragte noch mal nach, ob ich denn wirklich gerade was dabei hätte.
„Ja, na klar, hab ich doch gesagt.“
Also wurde nicht lange debattiert, denn wir kamen zu dem Schluss, dass ein spontaner Anlass wohl nicht verkehrt sei. Jeder nahm erst mal eine halbe Pappe 1cp-lsd ein. (1 Pappe enthält nach den offiziellen Angaben 100 Mikrogramm.) Diese Charge empfand ich allerdings bisher immer am potentesten von allen meinen bisherigen Pappen. Und das sind schon genug gewesen, um ein bisschen Erfahrung zu haben. Vielleicht liegt es auch an der Substanz selber, aber ich bin ein großer Fan von 1cp-lsd. Die Wirkung ist verglichen mit anderen Derivaten wirklich rein. Alle haben ihre Vorzüge, aber dieses hier sagt mir, trotz seiner vermutlich hohen Potenz, besonders zu.
Und ich war längst nicht der einzige, der das so sah, was heute erneut bestätigt werden sollte.



Das Geschehen: Die Suche nach der Quelle

Das Hopfengetränk war leer und deshalb machten wir uns auf den Weg zur nächsten Tankstelle. Jeder kaufte 2 Bier - 0,5l und einen Energydrink, welcher auf dem Weg zurück getrunken wurde. Die Sonne war inzwischen untergegangen und am Main ging es erst mal wieder auf denselben Platz zurück. Wir setzten uns, tranken weiter und merkten, dass die Wirkung langsam einsetzte. Er sagte, das würde er jedes Mal am Himmel bemerken, er sehe dann so schön aus. Und er hatte recht, der Himmel sah fantastisch aus. Die Wolken bewegten sich kaum, sondern standen felsenfest an die Decke der Erde genagelt. Doch nicht nur der Himmel, die Skyline auf der anderen Seite des Flusses war inzwischen hell erleuchtet und strahlte so durch die dunkle Nacht. Die Lichter trafen auf das ruhige Wasser, welches sie sanft verzerrt in mein Auge warf. Was für den richtigen Geist nüchtern schon ein Genuss ist, wird jetzt zur Augenweide. Wenn ich nur malen könnte, um diesen Anblick der breiten Masse zugänglich zu machen, würde ich jetzt diesen Bericht nicht schreiben, sondern Bilder malen. Die zweite Hälfte der Pappe wurde genommen und setzte die Landshaft noch eindrucksvoller in Szene. Die Liquid Drum and Bass Musik war ein Genuss und die Optik verschwamm so langsam zu bunten, morphenden Mustern. Mein mutiger Begleiter war genauso begeistert und legte sich mit geschlossenen Augen und Dauergrinsen rücklings auf den Boden. Er wollte noch was zu rauchen besorgen und warf den dazu nötigen zehn Euro Schein einfach auf den Boden zwischen uns. Sein Bier warf er dabei um. Da ich meinem Eindruck nach noch etwas mehr Überblick hatte, steckte ich das Geld erst mal in meine linke Hosentasche für den Fall, dass wir zufällig irgendwo was kaufen könnten. Die Kommunikation wurde so langsam weniger, weil schwieriger, wie das auf guten Trips so üblich ist. Er hatte auch schon länger seinen großen Pulli über seine an den Körper gebeugten Beine gezogen. Mein Vorschlag war, ein bisschen zu laufen, damit uns wärmer werden würde.
Gesagt, getan. Nach mehrmaligem Prüfen, ob wir denn auch nichts wichtiges vergessen hatten, gingen wir los in Richtung Zentrum. Wir liefen so des Weges entlang und urplötzlich stellt er sich an einen Busch, um ihn mit seinem Urin zu gießen. Ich drehte mich weg und hatte wieder den Main vor mir, dieses Mal aber mit einem schwimmenden Steg. Das war meine Chance, also ging ich auf das Wasser und konnte dort spüren, wie die Wellen, sich von Anfang bis Ende des Steges ausbreiteten und verteilten. Ich war gefühlt ein paar Minuten dort, bis ich mich umdrehte und bemerkte, dass mein Reisefreund in eine falsche Richtung lief.
„Hey!“, rief ich ihm nach und es reagierten viel mehr Menschen als eigentlich nötig. Egal, er blieb stehen und erkannte mich, als ich auf ihn zukam. Das lag aber nicht am Acid, sondern an seinen Augen, wie ich jetzt von ihm erfuhr. Interessiert dachte ich kurz darüber nach, ob ich ihn fragen sollte, wie dies seine psychedelischen Optiks beeinflusst. Ich tat es dann nicht, wahrscheinlich kann man das von Mensch zu Mensch ohnehin nur schwierig unterscheiden. Wir gingen weiter und mir fiel schon auf, dass er keinen geraden Schritt mehr machen konnte. Kurz nach der nächsten Brücke setzte er sich einfach wieder auf den Boden in das inzwischen leicht feuchte Gras. Die Dämmerung war schon vorbei, ein Haufen neuer Leute traf ein. Ich weiß noch, dass er sagte, es würde hier bald ruhiger werden, doch es wurden immer Mehr Menschen. Und damit fühlte ich mich nicht wohl, also wollte ich weiterlaufen. Nachdem ich ihm noch eine Zigarette drehte, die er genau in der Mitte anzündete, drehte ich einfach noch eine und wir gingen weiter. Im Zigarettendrehen auf Acid bin ich klasse, obwohl ich kein Alltagsraucher bin. Auf einem anderen Trip war das Drehen der Anker in der Realität. Wenn wir zu sehr abspacten, kam von irgendjemandem den ganzen Abend über die Frage:
„Wer dreht jetzt die Zigarette?“
Und an diesem Abend sollte ich wieder mal mehr drehen als ich selbst rauchen wollte. Nach wenigen Schritten, etwa eine Minute später, setzte er sich schon wieder auf den Boden in das Gras. Kein Problem, ich setzte mich gerne dazu. Das Zigarettendrehen gelang ihm nur nicht mehr so wirklich. Ich griff auch wieder zum Equipment, das weit auf dem Boden verstreut lag und sah dabei, wie er sein Blättchen mit Tabak drauf einfach wegwarf. Das fand ich unglaublich witzig und lobte ihn noch mal für diese eindrucksvolle Leistung. Aber was soll's, um meinem Begleiter zu signalisieren, dass ich die Kontrolle noch nicht verloren hatte, drehte ich weiterhin für uns beide und sah mich um. Viele Leute liefen vorbei, kleinere und größere Gruppen, von denen so manche Leute verächtlich auf uns hinabschauten. Das störte uns allerdings höchstens sehr wenig. Mit breitem Grinsen saßen wir da, lachten und kicherten uns einen zurecht, machten Witze und bemerkten immer wieder, dass die Wirkung für 100 Mikrogramm doch sehr stark war.
„Stark....aber auch gut verträglich!“, ergänzte ich immer wieder. Nachdem er ein paar undeutliche Laute von sich gab, stimmte er dem jedes Mal zu. So witzig!
Mir fällt schon auf, dass wir beide hier unter Tausenden Menschen, die sich hier gerade am Main aufhalten, die einzigen mit hellen Haaren sind.
„Ein komischer Anblick“, dachte ich mir. Ich wusste ja von dem mittlerweile sehr hohen Ausländeranteil in Deutschland Bescheid, aber heute trat dieser deutlicher zutage denn je. Irgendwann wollte ich wieder weiterlaufen, doch der Start gestaltete sich schwieriger als zuvor. Beim Versuch, sich den Rucksack aufzusetzen, ließ mein Kollege ständig alles fallen, was er in den Händen hielt. Ich sammelte es also fix auf und steckte es in eine meiner Hosentaschen. Das Drehzeug war also auch bei mir gelandet. Über den Fußweg glitten wir weiter den Main entlang an vielen fremden Menschen vorbei. Er fragte mich, ob man wohl in dem Wasser schwimmen könne. Ich meinte, dass man das bestimmt könne und es gerade keine gute Idee sei, ich aber auch hemmungslos genug sei, um das jetzt zu tun. Der Gedanke daran, auf Psychedelika schwimmen zu gehen, ist schon irgendwie reizend. Das werde ich wohl noch mal ausprobieren müssen. Lange liefen wir geradeaus, die Treppe hoch, und standen plötzlich vor einer riesigen Kreuzung. Von links kamen zwei Mädchen, welchen diese Situation wohl sehr unangenehm gewesen sein muss. Sie stellten sich neben uns und sahen uns an. Sie drehten sich um und gingen weg. Lässig. Wir zwei netten Jungs mit den einschüchternden Blicken überlebten jedenfalls die rote Ampel. Die Autos wirkten auf mich schneller als sie waren, deshalb war ich auch als erster auf der anderen Straßenseite.
Wir blieben wieder mal auf dem Boden sitzen. Dieses Mal war es aber an der Straße auf einem Sandplatz neben dem Bürgersteig. Die Autos fuhren vorbei und die Stadt konnte interessiert einen Blick auf uns Sonderlinge werfen. Genauso konnten wir einen Blick auf die Stadt werfen. Was wir an Menschen sahen wirkte auf uns genauso Weltfremd, wie wir vermutlich auf unsere Mitmenschen. Wir zwei entspannten blonden Jungs mit langen Haaren waren an einem fremden Ort gelandet, wo selbst die Männer mehr auf ihr aussehen achteten als auf einen guten Charakter. Ich fragte den anderen Eindringling, ob hier jeden Samstag so viel los sei oder ob wir einfach in ein Volksfest gestolpert seien, ohne es zu bemerken. Schon wieder wollte ich weiter, denn auch dieser Platz sagte mir nicht zu. Das Bier war leer und mein Kollege wollte etwas essen. Ich behauptete, dazu müssten wir erst mal die Quelle finden. Die Pizzeria war also sein Ziel, während ich einfach nur laufen und niemals stehenbleiben wollte, so lange, bis wir einen ruhigen, angenehmen Platz gefunden hatten. Daraufhin liefen wir tatsächlich pausenlos an dem Getümmel vorbei, während die Gangsterrap Musik der anderen Jungs immer wieder lauter und leiser wurde, bis wieder eine neue Variante dieser akustischen Belästigung auftrat, nur mit bockigerer Stimme in noch höherer Amplitude als zuvor.
„Also das ist jetzt ja wohl absoluter Kindergarten hier!“, haute der Typ neben mir wieder raus. Und mal wieder waren wir einer Meinung, was in diesem Fall nur noch von einem lautlosen Lachen untermalt wurde.
„Wir haben die Quelle wohl gefunden“, merkte ich noch an: „Wir sind wohl doch in die richtige Richtung gelaufen.“ Ich erwähnte vorher öfters, dass ich glaubte, wir liefen in die falsche Richtung, weil ich nicht in die Menschenmenge hinein wollte. Aber wer konnte schon damit rechnen, was uns hier noch erwarten sollte. Nachdem wir die Quelle hinter uns ließen, wurde es tatsächlich endlich ruhiger um uns herum. Wir konnten wieder der Drum and Bass Musik lauschen, die die ganze Zeit aus meinem Rucksack schallte. Ein paar Schritte weiter wurde es dunkler. Wir liefen zwar noch den Main entlang, die Skyline hatten wir jedoch hinter uns gelassen. Von beiden Seiten des Weges ragten hohe Bäume und Sträucher in den Himmel hinauf. Das gefiel mir! Niemand schien dort zu sein, nur die Dunkelheit, das Wasser, die Pflanzen und die Sterne.
„Sieh mal nach oben“, forderte ich ihn auf. Sein Schritt stoppte, der Blick ging nach oben und zack, saß er wieder auf dem Boden. Endlich. Hier gefiel es mir auch. An diesem dunkelsten Ort des gesamten Abends kam auch erst mal kein Mensch vorbei. Die Musik wurde düsterer, was mir extrem zusagte. Sie erinnerte mich an einen sehr guten, dunklen und mystischen Dubstep Mix, der zu meinen absoluten Lieblingssets gehört. Also holte ich mein Handy heraus und wollte die App einschalten, die automatisch den Namen der Tracks erkennt, die er mit seinem Handy über meine Box abspielte. Er verstand erst total falsch, was ich ihm erzählte, also blödelten wir größtenteils herum und lachten. Ich weiß noch, dass ich mich an diesem Ort wirklich wohlfühlte und einige abstrakte Gedanken dazu aufkamen:
„Je tiefer man in die Dunkelheit eintaucht, umso heller kann das Licht erscheinen. Dort, wo die Gefahr lauert, ist die Freiheit vollkommen. Man muss beide Pole unserer dualistischen Welt akzeptieren, wenn man überhaupt einen davon auskosten möchte.“
Zwischen den einzelnen Sternen erschienen bei genauerem Hinsehen Tausende andere, die weniger stark leuchteten. Der Himmel kam uns entgegen, trotz unseres städtischen Standortes. Lange sollten wir jedoch auch hier nicht verweilen. Eine Gruppe junger Männer kam erst skeptisch auf uns zu, verständlicherweise. Wer sitzt denn schon mitten in der Nacht da im Dunkeln, wo kein Schwein sonst hingeht. Sie sagten offenbar irgendwas, was ich gekonnt überhörte, doch mein Kollege stieg drauf ein und machte einige Kommentare, welche die Jungs aber dermaßen ins lächerliche zogen, dass sie abrupt stehenblieben. Sie standen dort eine Weile herum und diskutierten, ob sie jetzt auf uns losgehen sollten. Ich stellte mich mental schon auf den Kampf ein, denn Furcht war keine vorhanden. Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass mich fremde Menschen aufgrund ihrer persönlichen Kleingeistigkeit angegriffen hätten. Wir wären zahlenmäßig zwar deutlich in der Unterzahl gewesen, aber letztendlich sind sie dann doch weitergegangen. Da verliere man wirklich den glauben an die Menschheit, meinte er daraufhin. Und ich konnte nur erwidern, dass ich ganz genau wisse, was er meine. Was läuft denn bitte falsche in unserer Gesellschaft, dass sich dieses Profilgehabe noch immer nicht erübrigt hat? Seltsam, jedoch leider nichts neues. Anstatt mal zu fragen, ob es uns gutgeht oder was wir hier eigentlich treiben, kommt gleich die Frage auf, ob man nicht besser auf uns einschlagen solle. Schöne Kultur. Danke. Viel Spaß für die zukünftigen Kinder in diesem Land.
Ich war es also schon wieder, der jetzt diesen Platz verlassen wollte. Wir drehten uns also um, liefen den Weg zurück, den wir gekommen waren. Ich habe ohnehin schon länger das Ziel, auszuwandern, was mir an diesem Abend wirklich gehäuft wieder in den Sinn kam. Ich komme aus kleinen Dörfern und habe in einigen größeren Städten gelebt, habe mich hierzulande jedoch noch nie so wirklich willkommen gefühlt. Ich werde die letztendliche Entscheidung natürlich nicht von einem LSD-Trip abhängig machen, fühle mich in dieser sowieso schon vorhandenen Empfindung allerdings wirklich stark bestätigt. Ich will hierzulande nicht meine besten Jahre verbringen, sondern irgendwo in wärmeren, offeneren Gegenden. Wo genau das sein soll, weiß ich zwar noch nicht, aber der Weg ist ja bekanntlich das Ziel.
Also zurück zum Rückweg. Wir liefen oben an der Straße den Bürgersteig entlang und irgendwann sah ich im Augenwinkel, wie jemand überlegte, ob er nicht zum Bier greifen sollte, das jemand dort auf dem Mülleimer abgestellt hatte. Es war der andere Typ auf LSD und er ließ die fremden Flaschen zu seinem Glück dort stehen. Wir tauchten in eine Gegend ein, die wir noch nie betreten hatten. Noble Gebäude, umgeben von penibel geordneten, durch hohe Zäune getrennten Gärten standen aneinandergereiht auf der anderen Straßenseite zu unserer Linken. Über den Asphalt der Straße rollten Reifen, welche die teuersten Gebilde trugen, die ein Mensch sich nur leisten kann und das alles nur, um irgendjemandem irgendetwas zu beweisen. Ich bin wirklich kein Fan dieser oberflächlichen, materialistischen Weltsicht. Selbst wenn ich könnte, wollte ich so ein Leben nicht leben. Wie in Dubai fühlte ich mich in dieser Gegend, so fremd und unnatürlich erschienen mir die Eindrücke.
Mein Kollege war noch immer auf de Suche nach seiner „Pizzeria“, während ich noch nach der „Quelle“ Ausschau hielt. Meinten wir vielleicht dasselbe? Wir liefen jetzt kreuz und quer durch die Straßen und auf einmal kam ein Rudel Hunde um die Ecke. Der andere Passagier an Bord des Spaceshuttles verfiel sofort wieder in seinen oh-man-wie-süß-die-sind-Modus, was sich auch nicht großartig änderte, als der Halter der Hunde mit seinem Einkaufswagen hinterherkam. Aber bloß nicht ablenken lassen, das Ziel, was immer es auch war, entfernte sich gefühlt immer weiter von uns. Die Richtung galt also ab jetzt wieder dem Main, vielleicht sogar dem Frankfurter Hbf. Doch dafür mussten wir erst mal über eine Brücke, die direkt vor uns lag. Die Ampeln schwenkten auf grün und das protzigste Auto, was ich in meinem ganzen Leben jemals gesehen habe, hielt direkt vor den roten Lichtern an der Kreuzung. Gemäßigten Schrittes hatten wir die Straße überquert und gingen jetzt über die Brücke in Richtung Innenstadt, wohin wir beide mussten. Einfach so über den Main hinüberklettern zu könne fühlte sich wunderbar an. Wir durchquerten Straße um Straße und trafen auf allerlei bestialisch feiernde Menschen. Sie brüllten, grölten und wollten sich aneinander messen, weil der andere sie provozierte. Als wir Frankfurt Zeil durchquerten, kamen wir an einer Statue vorbei. Das Gesicht dieser Statue war zu einer Fratze verzerrt, der vor lauter Gier das Wasser aus dem Mund lief. Für mich repräsentierte diese Statue in diesem Moment die gesamte Arbeitskraft der Welt, die sich mit Versprechungen über eine bessere Zukunft dazu verlocken lässt, all ihr Streben einem fremden Ziel unterzuordnen und als Spiegel der Gesellschaft wurde sie genau an der teuersten Einkaufsmeile der Bankenstadt Deutschlands platziert, was mir passend erschien. Wir liefen weiter und weiter und kamen irgendwann an die alte Oper, wo wirklich viele Leite waren. Dazugesellen wollten wir uns allerdings nicht, sondern gingen die Treppe hinunter in die U-Bahnstation. Mit jedem Schritt wurden die Geräusche leiser. Das Treiben der Straße verstummte letztendlich vollständig, als wir ganz unten angekommen waren. Wir setzten uns auf die metallenen Stühle und konnten uns richtig zurücklehnen. Hier unten war niemand, völlige Ruhe umgab uns. Und oben war die Hölle los. Das sieht man Samstag nachts selbst in Frankfurt selten. Der Kontrastreichtum dieser Stadt ist immer wieder verblüffend. Ohne die ganzen bedrohlichen Schwingungen der tollwütigen Raubtiere auf den Straßen über uns kam mein Geist endlich kurz zur Ruhe. So zeigte sich dann auch der optische Effekt noch deutlicher und wurde stärker, je länger ich mich auf die bunten Muster konzentrierte. Sie drehten sich in verschiedenen Farben und zerflossen ineinander, wie ein Gemälde aus Wasser.
„Wann kommt denn eigentlich die Bahn?“, fragte ich.
„Da kommt erst mal nix mehr.“
„Ich dachte, wir wollten zum Hauptbahnhof.“
„Da sind wir eben dran vorbeigelaufen.“
Es raschelte irgendwie hinter meinem Ohr und als ich nachsah fand ich die im Gras am Main gedrehte Zigarette wieder. Das Geräusch war aber noch immer da und als ich mich umsah, saß er da mit einer Tüte Nicknacks in der Hand. Die ganze Zeit war er auf der Suche nach etwas zu Essen gewesen und hatte ganz verpeilt, dass er etwas dabei hatte. Da er es nun aber gefunden hatte, schienen wir den Höhepunkt der Wirkung heil überstanden zu haben. Er hatte sein Futter, ich hatte meine Ruhe. Aber die hatte ich nicht lange, denn es musste natürlich weitergehen. Wir fuhren die Rolltreppen hinauf, wie brave, lauffaule Bürger auf dem Weg zur Arbeit und exakt in dem Moment kam der Schließer, um die Bahnstation zu verriegeln. Ich sah zuerst seine Reflexion in der Scheibe, dann ihn, dann wieder seine Reflexion. Das Spiegelbild bewegte sich allerdings nichts so, wie es das den Gesetzen der Physik nach hätte tun sollen. Es lief eigenständig umher und trat auf einmal... ACH SO! Das waren zwei Schließer.. Dann wäre das auch geklärt. Wir kamen gerade noch so davon, was wir natürlich wieder belustigt kommentierten, während wir die Treppe hinaufstiegen. Oben angekommen erschloss sich uns ein apokalyptischer Anblick. niemand war mehr da, nur ihre Flaschen und Plastikbecher standen in regelmäßigen Abständen in Reih und Glied über den Platz verteilt. Ich fragte mich, was zum Teufel denn nur heute hier los sei. Das war alles sehr ungewöhnlich. Wir gingen nun den Weg wieder zurück, über den wir gekommen waren. Alles begann von vorne. An der Konstablerwache ging es dann wieder in den Bahnhof, denn das Ziel war noch immer der Hbf. Die Fahrt auf der Rolltreppe war dieses Mal jedoch anders. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, so als würde ich ganz langsam den Weg hinunter in die Hölle beschreiten. Das blaue Licht von unten war kalt und ergänzte dieses Bild zur Vollständigkeit. Das war ein sehr eindrucksstarkes Erlebnis, was ich aber in keinster Weise negativ wahrnahm. Wir warteten wieder eine Weile an einem Gleis, bis wir bemerkten, dass da wohl so schnell keine Bahn kommen würde. Es war wohl schon recht spät, drei oder vier Uhr in etwa. Einige Meter weiter tummelten sich die hartnäckigsten der Feiermeute noch immer umher. Sie tanzten benommen und oberkörperfrei zur Musik, wie die wildesten Zauberer des Orients und jedes Mal, wenn jemand einen guten Tanzschritt zum Besten gab, folgten kollektive Jubelschreie. War das hier Station Konsti oder Station Zoo? Ein Gleis weiter oben bemerkte ich dann, dass alles voller Rauch war. Es roch nach verbranntem Gummi. Hatte etwa jemand brennende Reifen auf die Gleisen geworfen und fuhr deshalb keine Bahn? Was war hier heute nur los?

Wir fanden letztendlich unsere Station, wo wir noch eine Weile warten mussten. Die Optiks setzten sich wieder durch und wir beschlossen, noch Gras zu kaufen. Auf der Straße geht das immer schnell über die Bühne, die Menge war zwar nicht optimal, die Qualität war aber aller erste Sahne. Wir nahmen uns einen leeren Gleis und waren gerade dabei, die erste Tüte zu drehen, als sich ein Mädchen auf die Bank hinter uns setzte. Sie fragte uns sofort, ob wir Teile oä hätten, was wir verneinten. Sie gab uns Longpapes, ich fand das Drehzeug, was mein Mittripper suchte, in meiner Tasche und damit konnten wir richtig loslegen. Der Prozess gestaltete sich jetzt nur viel schwieriger als erwartet. Meine Finger funktionierten einwandfrei, aber ich wackelte die ganze Zeit auf und ab, weil wir so dermaßen lachen mussten. Unsere neue Freundin war extrem notgeil und total scharf darauf, dass ich sie nach dem Rauchen doggy nehmen soll. Sie nannte mich den Babo und meinte, sie würde auch für uns shufflen. Ihre Vorliebe für Pornos behielt sie auch nicht für sich, da sie einen auf dem Handy anmachen wollte, nachdem sie endlich aufgehört hatte zu ihrer Rapmusik mitzusingen. Kein großer Fortschritt. Ihr war es inzwischen sogar ganz egal, wen von uns beiden sie kriegen würde, wir müssten nicht einmal bezahlen und dürften sie auch in den Arsch ficken. Das war hammerhart, eigentlich gar nicht witzig, aber in unserem Zustand ist das echt die Härte gewesen.
„Reiß dich zusammen, man!“, forderte ich meinen Kumpel kichernd auf: „Das ist nicht witzig!“
Dabei konnte ich mich selbst kaum zusammenreißen. Der Joint war inzwischen aufgeraucht und er ging sich irgendeinen Snack am Automaten kaufen. Das dauerte wieder echt lange und ich musste mich währenddessen weiter mit dem brünstigen Weibchen herumschlagen. Am Telefon bat sie jetzt jemanden, ihr mehr zu geben, es ihr doggy zu machen und sie verabschiedeten sich mit einem „bis gleich“. Dann haut sie irgendwann sogar noch raus, dass sie das alles nur zur Verführung mache. Wahrscheinlich hätte sie am Ende so oder so Geld verlangt. Endlich kam er zurück. Ich fragte ihn nur, ob er etwas erreicht habe.
„Nicht viel“, war seine Antwort.
„Ich auch nicht“, bezog ich mich auf das noch immer aufdringliche Mädchen und wieder verfielen wir in schallendes Gelächter.
„Ich weiß wirklich nicht, wie ich DAS in meinen Alltag integrieren soll.“, legte ich noch nach. Ein paar mal hatte ich wirklich infrage gestellt, ob diese Situation gerade wirklich passierte oder ob ich mir das nur einbildete. Wir stellten uns vor, dass wir eigentlich noch am Main liegen würden, voll auf Trip und das hier gerade nur der Film wäre, was meinen Kopf wirklich beinahe an die Überforderung brachte.
„Wohin wollt ihr?“, fragte die weibliche Stimme hinter uns?
„Nach Frankfurt“, erwiderte ich, was uns wieder über alle Maße erheiterte.
„Ich glaube, du bist hängengeblieben“, kam wieder von hinten.
„Ich befürchte auch“
Der zweite und abschließende Joint stand an. Keiner von uns wollte bauen und da meldete sich wieder das Mädel zu Wort. Wir überlegten kurz, ob wir ihr unser Gras anvertrauen wollten.
„Willst du bauen?!“ Die Freude war groß und sie legte sofort los. Das Teil war sicherlich nicht perfekt, aber man konnte es rauchen. Ich wollte aber schon wieder woandershin, da ich langsam etwas paranoid wurde. Wir gingen also kurz nach draußen, rauchten ihn dort auf einer Steintreppe und verabschiedeten uns.



Zuhause: Home

Zuhause angekommen legte ich mich sofort ins Bett und wollte noch etwas Wasser trinken. Also setzte ich meine Wasserflasche von meinem Tisch an. Aber was war da nur drin? Nach dem ersten Schluck bemerkte ich, dass ich hier auf keinen Fall nur normales Wasser trank. Den zweiten Schluck spuckte ich schon wieder aus und prüfte den Inhalt. Er war nicht mehr transparent, sondern so trübe, dass man nicht mehr hindurchsehen konnte. Der Geruch erinnerte an starke chemische Lösungsmittel. Ich wollte das im ersten Moment nicht überbewerten und stellte die Flasche daher vorerst in meinen Schrank, um mir eine neue zu nehmen. Ich hörte noch Musik über Kopfhörer, legte 'Armand Amar – Home' auf und war begeistert von dem ersten Weltklasse-Stück dieses Albums. Dazu gibt es übrigens einen gleichnamigen Film. Ich hatte noch einige interessante Gedanken, die ich leider nicht mehr abrufen kann. Sie fühlten sich in dem Moment jedenfalls an wie etwas absolutes, wie das sich Zusammenfügen zweier Polaritäten, die sich umgehend und vollständig in einem tiefen Meditationszustand auflösten. Mit konventioneller Logik ist das wohl sehr schwer zu erklären, wie so vieles, das man mit wirklich allen Sinnen erlebt hat.



Die Tage darauf: Was war das denn, bitte?

Kurz nach dem Aufwachen hörte ich draußen den Schrei einer Frau. Ich ging sofort ans Fenster und sah noch, wie sich Mann und Frau gerade in entgegengesetzte Richtungen voneinander wegbewegten.
„Was für eine widerliche Stadt“, sprach ich laut aus. Ich wohne derzeit mit sieben weiteren Personen in einer Übergangswohnung in der Bahnhofsgegend, da ist so etwas leider an der Tagesordnung. Woher diese kleinen, glitzernden Plastiksternchen immer kommen, ist mir auch schon seit Jahren ein Rätsel. Wieder einmal fand ich so einen in meinem Bett. Durch die Ereignisreiche Nacht war ich noch etwas durch den Wind, aber schon wieder nüchtern, als ich etwas kochen wollte. Ich schüttete Öl in die Pfanne und bemerkte, dass die Konsistenz irgendwie ungewöhnlich war. Kurze Zeit später kam ich auf die Idee, daran zu riechen und war geschockt, denn es roch exakt so, wie mein Wasser zuvor. Gut, dass ich damit jetzt kein Essen gemacht habe, denn man kann darin deutlich zwei Flüssigkeiten voneinander unterscheiden.
Inzwischen habe ich das mit einigen Leuten besprochen und war schon bei der Polizei, allerdings möchten die mich mit meinem Fall des potenziellen Versuches einer Vergiftung nicht einmal auf die Wache lassen, sondern solle mich gleich an ein Labor wenden. Wo sind diese Freunde und Helfer, wenn man sie wirklich mal braucht? Interessante Zeiten, in denen wir leben. Gleich morgen muss ich mir weitere Hilfe suchen. Denn wie bereits geschildert, ist meine Wohnsituation nicht die Beste, in der andere Leute Zugriff auf meine Lebensmittel haben und es auch Konflikte gibt.


Fazit: Fernweh

Die Umgebung war vielleicht wirklich nicht die Beste für eine LSD-Erfahrung, aber trotzdem war es einzigartig und die Anstrengung bis ins letzte Detail Wert. Bis ich diese Reise verarbeitet habe, wird es wohl noch eine Weile dauern, doch noch mehr Zeit wird bis zu meiner nächsten psychedelischen Erfahrung vergehen. Wahrscheinlich werde ich beim nächsten Versuch wieder ein Assoziativum mit einem Dissoziativum kombinieren, allerdings unter sichereren Ausgangsbedingungen, was mir eine höhere Dosis ermöglicht. Außerdem habe ich vor, so bald wie möglich von hier wegzuziehen, diese Stadt ist einfach nichts für mich, auch wenn unter den Hunderttausenden Menschen mal ein paar sympathische dabei sind. Diese Menschen sind zwar wie ein Lichtblick in der Dunkelheit, allerdings bin ich geschaffen für das Leben auf dem Land. Mir fehlt die Natur, die Ruhe, die Leichtigkeit. Woran ich mich nur gewöhnen kann ist, woran ich mich niemals anzupassen in der Lage sein werde.
Denn momentan klirrt der Schrei des Mädchens noch immer in meinem Hinterkopf, wenn er auf den Rauch verbrannter Reifen trifft, in welchem wilde Zauberer tanzen.