Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Wolke 7.. und der vage erkennbare Abgrund darunter (Blaumohntrip)
Drogen:Mischkonsum von Opium und Guarana (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:FULL nonexistence
Datum:18.06.2006 23:01
Set:eigentlich locker wie meistens, aber auch Nervosität
Setting:Nachts at Home
Nützlichkeit:8,64 von 10 möglichen   (55 Stimmen abgegeben)

Bericht:

So. Nachdem ich mir eine 250g Packung Blaumohn und dazu noch eine Packung Tortenguss (als amtlicher Hobbybäcker *g*) eingekauft hatte, wollte ich gleich noch am selben Tag meine erste Erfahrung damit sammeln. Also backte ich einen leckeren Mohnkuchen, den ich gleich darauf mit meiner Familie verspeißte. Schmeckte echt megalecker! Soviel von meiner Seite. Also, machts gut und bleibt sauber!



...Hm, Moment, jetzt habe ich da eine Kleinigkeit durcheinander gebracht. Denn irgendwie habe ich etwas anderes mit dem Blaumohn angestellt und der Tortenguss hatte keinerlei Bewandnis. Statt einem leckeren Kuchen stellte ich eine eher nicht so leckere Plörre aus dem BM her. 250g Blaumohn, ungefähr ein 3/4 Liter warmes Wasser, 1 1/2 Tassen Zitronen-Lotusblüten-Eistee und sogar noch ein bißchen Essig wurden in ein Behältnis getan. (Ich war mir nicht sicher, wieviel Zitronensäure in dem Eistee sein würde und da sonst nichts zitronensäuremäßiges vorhanden war, gab ich noch ein bißchen Essig dazu. Da die Plörre ja angeblich so widerwärtig schmecken sollte, kommt es auf das bißchen Essig auch nicht mehr an, dachte ich mir.)



Ich ließ den Behälter mit diesem seltsamen Inhalt stehen, auf dass die Zitronensäure und der Essig die Junkiestoffe aus dem so harmlos aussehenden Mohn heraussaugen sollten, was das Zeug hält. Ich gönnte mir zum fit werden ein Gläschen eklig schmeckende Guaranaabrühe (ca. 1-2 EL Guarana) und zockte ein break-out-artiges Game am Computer. (Ihr wisst schon, das sind diese "kultigen" Spiele, wo man am unteren Bildschirmrand einen Schläger hat und mit einem kleinen Bällchen möglichst alle Blöcke im Spielfeld vernichten muss.)



Ich rollte mir dann noch einen "Joint" aus "Goldmohn" (Eschscholtzienkraut) und Drehtabak. Die Wirkung dieses Krauts ist gleich Null und es riecht nach Kaninchenfutter, aber als Alternative zu reinem Tabak ist es dennoch ab und zu vertretbar. So, während ich einfach so dahockte und den "Joint" rauchte, hatte ich natürlich jede Menge Gelegenheit, ordentlich nervös zu werden, ob der mir bevorstehenden Aktion. Die 1/4 Stunde, in der ich dieses Dingens rauchte, kam mir deshalb wie eine Ewigkeit vor. Aber seis drum, irgendwann hatte ich fertig geraucht und da das Blaumohn-Behältnis nun bereits länger als zwei Stunden herumstand, schlug nun für mich die Stunde der Wahrheit. *g*



Kurz noch aufs Klo gegangen und dann kippte ich die Pampe durch einen Filter in eine Kanne. Das waren nun also mindestens 3/4 Liter Junkie-Plörre. Ich kann schlecht beurteilen, wie das Ganze nun ohne den Essig geschmeckt hätte, da Selbiger dem ganzen Gesöff den typischen Essiggeschmack aufzwang. (Obwohl es "nur" 1/5 bis 1/4 Tasse gewesen war.) Egal, ich entzog meinen Geschmacksnerven nun ohnehin diktatorisch das Mitspracherecht und kippte das Zeug zügig herunter. Vielleicht hab ich einen leichten Hang zum Masochismus, aber ich kippte dann gleich noch ein Glas Guaranagebräu hinterher, um nach Möglichkeit fit zu bleiben. Da das nun doch alles ein bißchen eklig war, trank ich gleich darauf noch mehrere Schlucke Leitungswasser und rauchte erstmal eine Kippe. So. Ich zockte wieder das Break-Out-Game und ließ die Zeit verstreichen.



So langsam kam ein angenehmes High-Gefühl auf und meine Reaktionsfähigkeit ließ nach, ich bekam leichte Schwierigkeiten, dem Ball zu folgen und hatte dann schlichtweg keinen Bock mehr. Also legte ich das neuerworbene und noch nicht gehörte aktuelle Mogwai-Album "Mr. Beast" auf. Schnell stellte ich fest, dass das noch nicht das Optimale war. Also stöpselte ich den gediegenen Ohrmuschel-Kopfhörer ein und legte mich aufs Bett. (Alle meine Trips kommen grundsätzlich irgendwann zu diesem Punkt, wo ich mich mit dem Kopfhörer ins Bett lege. *g*) Nun spürte ich die Wirkung so richtig, dieses angenehme, absolute Geborgenheit spendende Wärmegefühl. Allerdings entschied ich mich dazu, noch einmal kurz aufzustehen und erneut eine Kippe zu rauchen. (Ich habe irgendwo gelesen, dass Opiate auch das Verlangen nach anderen Suchtstoffen verstärken sollen. Wobei sich mein Nikotinkonsum IMHO normalerweise noch in vertretbarem Rahmen hält. Daheim rauche ich am Tag vielleicht nur 3 Kippen, mal mehr und mal sogar weniger.)



Nunmehr war es aber an der Zeit, mich der Wirkung voll hinzugeben, also legte ich mich wieder ins Bett und startete das Album noch mal von vorn. Ich war total gechillt, keine Spur von Aufgekratztheit durch das (in Guarana enthaltene) Koffein oder durch das Nikotin. In meinem ganzen Körper war dieses starke, angenehme Wäremegefühl. Ich war eine Wolke. Irgendwo schwebte die Musik durch meinen Kopf hindurch. Ich fühlte mich dermaßen eingehüllt, eingebettet, dass ich mich noch zusätzlich mit der Bettdecke zudeckte. Das Mogwai-Album dürfte auch in nüchternem Zustand sehr schön warm und flashig sein, doch in diesem Zustand war der Musikfluss besonders warm, getragen und intensiv. Mir fiel auf, dass dieses Wolkengefühl ein hohes Suchtpotential hatte und dieses dermaßen starke Wärmegefühl war auch ein wenig unnatürlich. Diese reflektierenden Gedanken flossen in meinen Flash mit ein, doch hauptsächlich war folgendes angesagt: "Hach, Musik - Wolke - warm - weich - geil". *schweb* Es gab nichts zu meckern.



Das Mogwai-Album dauert "nur" 43 Minuten, ich höre oftmals längere Werke, Tool z.B. Dennoch kam mir das Album nur sehr kurz vor und es war schneller vorbei als ich erwartet hatte. Mir fiel auf, dass ich dem Verlauf der Songs kaum gefolgt war/ nicht in der Lage dazu gewesen war; ich hatte die Musik zwar schon recht bewusst mitverfolgt, aber ich war dermaßen in der Musik "drin", dass ich keinen Überblick mehr über Songstrukturen hatte. Auf Gras ist das bei mir genauso.



"Genießen wir einfach noch ein bißchen weiter" dachte ich mir und ich machte weiter mit Tori Amos "Scarlet’s Walk". (Tori Amos ist insgesamt wohl meine Lieblingssängerin.) Ich sag mal, der "Peak" war irgendwie schon vorbei und außerdem war das Mogwai-Album eben flashiger, berauschender, aber trotzdem blieb es weiterhin sehr intensiv. Es war eine tolle Erfahrung, die Klavierklänge und vor allem die weibliche Stimme in neuer Tiefe und schwebender Intensität zu erfassen. Auch dieses Album war meiner Wahrnehmung zufolge recht bald schon wieder am Ende angekommen.



Auf eine geflashte Art war ich recht fit, also entsorgte ich erstmal die ausgeweideten Blaumohnsamen, machte die Kanne sauber usw. Danach legte ich mich wieder ins Bett und hörte noch ein weiteres Tori Amos-Album. Nun war ich aber irgendwie kaum mehr bei der Sache und weiß gar nicht mehr, wo ich mich da während dem Musikhören gedanklich rumgetrieben habe. Als auch diese CD zu Ende war und ich den Kopfhörer beiseite gelegt hatte schlief ich dann irgendwann ein.



Als ich dann ein paar Stunden später aufwachte, war bereits Morgen und *jetzt* fiel mir so richtig das unheilvolle Suchtpotential der Droge auf. Die Wirkung war großteils verschwunden, aber trotzdem noch rudimentär vorhanden und ich war auf jeden Fall noch leicht verplant. Sowohl meine Psyche als auch mein Körper meldeten sich und wollten, dass das Wolkengefühl wiederhergestellt wird. Die Anziehungskraft dieses Dranges kam mir geradezu magnetisch vor. Es war natürlich in keinster Weise vorgesehen, weiter herumzudruffen und zum Glück hatte ich ohnehin keine Blaumohnsamen mehr da. Also distanzierte ich mich von diesem Drang und dieses Gefühl klang dann mit der Zeit wieder ab. Ich fühlte mich durch den Opiatrausch recht erschöpft, aber ich war nicht fertig oder so. Bei einer höheren Dosierung wäre ich bestimmt fertig gewesen. Es dauerte jedenfalls mehrere Stunden, bis die Nüchternheit langsam wieder Einzug erhielt.



Ich muss sagen, dass diese eine Opiat-Erfahrung für mich eine starke, eigentlich nicht mißzuverstehende Aussage hatte und das, obwohl sie wahrscheinlich noch gar nicht soo stark war. Das Suchtpotential war eindeutig erkennbar und ich kannte das in dieser Stärke noch von keiner anderen Droge. Es muss klar sein, dass man drogenmäßig von der Wirkung her so ziemlich am Ende der Fahnenstange angekommen ist, wenn man Opiate konsumiert. Einfach mal eben so auf Wolke 7 gehoben zu werden, bzw. sich selbst wie die Wolke zu fühlen, ist schon mega-heftig. Wenn man Opiate konsumiert, weil man mit seinem Leben und/oder der Welt unzufrieden ist und man unterbewusst dem Ganzen einfach entkommen will, dann wird man mit Sicherheit in die Fänge einer Sucht geraten. Der eigene Körper und die Psyche werden sich dann "gegen" einen wenden, weil sie darauf drängen, dass dieses potente Rauschmittel wieder konsumiert wird. Und das ist sehr problematisch, sich dann in einen inneren Kampf zu verstricken.



Außerdem würde eine Sucht nach Opiaten auf jeden Fall auf physischer und psychischer Ebene ihren Tribut verlangen. So ein starker, dermaßen "ganzheitlicher" Rausch ist ein unausbalancierter Zustand mit einer starken Anziehungskraft. Um ihn zu erreichen, braucht es Energie. Wenn die Energie dann aus dem Körper gezogen wird, laugt es den Körper aus, macht ihn auf mittelfristige Sicht kaputt und lenkt die Gedanken geradezu "magnetisch" in eine Richtung, in der man vorzugsweise an den berauschten Zustand denkt. In schwacher Ausprägung durfte ich das nunmehr bereits miterleben.



Ich will damit keineswegs sagen, dass es "falsch" wäre, mit der Welt unzufrieden zu sein, im Gegenteil. Aber es muss klar sein, dass man dem weltlichen Treiben nicht entkommen kann, wenn man am Leben sein will. Auf diesem Planeten leben *sehr* viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen, oftmals egobezogenen Interessen, deshalb ist klar, dass es insgesamt recht chaotisch zugehen muss. Obwohl die Menschen auf der anderen Seite natürlich auch alle gleich sind, auch wenn man das manchmal übersieht. Aber es hat also keinen Sinn und es gibt auch keinen Grund, dass man sich selbst fertig macht, weil es so chaotisch zugeht. Damit ist niemandem geholfen und vor allem nicht einem selbst. Und häufiger Opiat-Konsum bedeutet letztlich, sich selbst fertig zu machen.



Ich werde entweder keine weiteren Opiat-Erfahrungen mehr machen, oder höchstens vielleicht wieder in vielen Monaten. Mir ist klar, dass diese Entscheidung so getroffen werden *muss*. Denn so ein heftiger Rausch lässt sich bei häufigem Konsum nicht mehr mit dem *Leben* vereinbaren. Entweder man ist differenziert genug, dass man keine Opiate (vor allem wohl Opiate, aber auch andere "heftige" Drogen, die einen zwangsläufig selbst fertig machen) konsumieren muss und man hat dann auch auch nicht das Gefühl, etwas zu "verpassen", oder man macht wirklich nur vereinzelte, seltene Erfahrungen. Und kann es dann auch als Selbiges betrachten und Wert schätzen - eine für sich stehende Erfahrung. Und kein verzweifeltes Berauschen, weil man ja ein "hartes" Leben führt, vor dem man dann unterbewusst flüchten will. Und dann verfängt man sich auf einmal in den Strudel einer Sucht, ohne dass man es so richtig mitbekommen hat. Ich denke, dass das gleichermaßen für mich, wie auch für euch gilt.



Das war jetzt viel gelabert, manches davon war vielleicht nervig und ging auch über den eigentlichen TB hinaus, aber IMHO ist es nötig, grade wenn es um sowas wie Opiate geht. Wenn ich einfach nur geschrieben hätte: "Boah, war das ein geiler Rausch", dann hätte ich wenigstens in diesem Fall bei einer Hardcore-Droge wie den Opiaten meinen Bericht als unvollständig angesehen. So hab ich geschrieben: "Boah, war das ein geiler Rausch" und habe dazu noch den gesamten Rattenschwanz erwähnt, der da mit dran hängt und den man nicht ignorieren *darf*. Sonst wird einen dieser Rattenschwanz irgendwann erschlagen. *Ehrliche* Selbstreflexion ist wichtig. Peace.