Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Open Air bei Nacht, Regen, Fränkinnen und Marihuana
Drogen:Mischkonsum von Cannabis und Alkohol (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:ehemaliges Mitglied
Datum:15.04.2008 22:02
Set:Immer leicht bis stark besoffen
Setting:Wacken Open Air, Heavy Metal röhrt aus jeder Himmelsrichtung
Nützlichkeit:8,62 von 10 möglichen   (50 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Der Herr ohne Zähne reichte mir besoffenem jungen Mann den glühenden Joint und ich freute mich wie ein kleines Kind. Gierig zog ich den Rauch ein und gab die Tüte in der Runde weiter.

Es war eigentlich kein Tag zum kiffen... wir saßen unter einem kleinen Pavillon, der den größten Teil des Sturmes nur durch ein dutzend haltende Männer überstanden hatte und lauschten dem tröpfeln des Regens auf die Plane und dem deftigem Death Metal, der von unseren Festival-Nachbarn dröhnte, ähnlich dem Gras, das langsam begann auf mich zu wirken.

Der Glimmstängel mit der Extraportion Grünem Tee hatte mich mittlerweile wieder erreicht... viel war nichtmehr übrig... und eine kalte Böe zischte mir zu, ich solle mir mal nen Pulli anziehen... und ich zischte der Runde zu ich würde mir mal nen Pulli anziehen.

"Nimm den Joint ruhig mit, ist eh nichtmehr viel übrig" - sagte der Mann ohne Zähne, worauf ich dankte und den Weg zu meinem Zelt antrat, das ungünstigerweise ein paar hundert Meter weit entfernt stand.

Ich zog weiter gierig an dem Stümmel während der Regen mir ins Gesicht klatschte und nasse Haare mir im Nacken und im Gesicht klebten.

Meine Gedanken wanderten: "Hier gehe ich... und das ist mal n richtig gutes Gras... man bin ich ein Assi, hunderte Menschen um mich herum und ich gehe an ihnen vorbei und puste ihnen den süßlichen Rauch meines richtig guten Grases ins Gesicht."

Ich rauchte die Tüte bis zum Filter runter und merkte, als mein Zelt schon in Reichweite war, dass mir gar nicht mehr soo kalt war.

Trotzdem kroch ich, schon leicht motorisch beeinträchtigt - einerseits aufgrund der Steifheit der Glieder durch die Kälte, andererseits durch die Bedröhntheit - in mein Luxuszelt.



Der Pulli liegt bereit... ich ziehe ihn über den Kopf, starker Schwindel Müdigkeit, ich schüttle den Kopf - Zeitlupe - die Welt dreht sich, eine nasse Strähne im Mund, ich ziehe den Pulli zurecht - ...und falle wie niedergetreten in die Kissen und Decken.



Ich erwache mit einem zermürbten Gefühl in den Gliedern und mit Matsch im Kopf... hellichter Tag.. zum Glück - nur kurz weggetreten gewesen, Äuglein zu, noch etwas ruhen... unruhiger Schlaf und ich erwache wieder und wieder - hellichter Tag. Rückenschmerz... Zweifel steigen hoch... entweder penne ich gar nicht, denn die Sonne müsste langsam mal den Horizont verlassen haben, oder ich muss sechzehn Stunden durchgeschlafen haben... Grund genug, mit meinem Pulli und einer übergeworfenen Jacke aus dem Zelt zu kriechen und die Ursache des ewigen Tageslichtes zu ergründen...

Verdammt!!! Draußen herrscht tiefste Nacht, alle sind völlig besoffen, hier kotzt einer, da brüllt eine ganze Horde wie gefolterte Barbaren... und 20 Meter vor und über mir trohnt - direkt auf mein Zelt gerichtet - ein Multimillionenvolt Strahler.

Das also - ist der Grund für die verlogene Tagesglut, die bloß die tiefe besoffene Nacht um mich herum verdrängt.

Um Stunden beraubt und sauer, mich so lange in diesen, sich hinauszögernden Stunden, ihrem Nichtverzug so sicher gewesen zu sein gehe ich zurück zum Pavillon, der jetzt leer ist... stattdessen sitzen die Leute in einem großen Gemeinschaftszelt, und aus einer kleinen Spalte in der Plane vernehme ich den Geruch eines richtig guten Grases... uuuuh, wie sehne ich mich wieder nach dem richtig guten Gras des Herren ohne Zähne.







Ein Mann ohne Zähne kommt selten allein.

Ich bin auf dem Weg zum Dixi-Klo, um mich zu erleichtern, als ich aus dem Augenwinkel seltsames Treiben vernehme. Eine große Bong wird unter einigen älteren Männern herumgereicht... immerwieder füllt sich die Glassäule mit Rauch, der in den Männern verschwindet und kurz darauf aus ihnen herausströmt - eine Assoziation zu John Coffey -, um seinen Weg in meine feine Nase zu finden - richtig gutes Gras.

Sabber läuft in meinem Mund zusammen und es reißt mich förmlich zu ihnen hin, die sie so verkommen in ihrem Pavillon sitzen, ganz offensichtlich ein Haufen alternder Junkies, sie sehen aus wie drei Jahrzehnte Sucht und Rausch und ohne zu zögern spreche ich sie an: "Ihr... raucht grünen Tee?"; "Genau" - mir wird die riesige Bong hingehalten, ich setze an, "Finger aufs Loch"; Finger aufs Loch, ein Feuerzeug macht Klick, eine Flamme lebt auf und tanzt über der Glut, solange, bis alles verbrannt ist. Die Fülle des Rauches in meinen Lungen wird zur Zerreißprobe. Ich atme aus, doch nicht gewöhnlich, der mir entfliehende Rauchstrom will nicht enden, bis irgendwann nichts mehr in meinen Lungen ist, was es auszuatmen möglich ist - ich ziehe Luft ein, bedanke mich herzlich und werde fast schon überrollt von der ersten Welle, die mich so unvermittelt schnell und plötzlich aus dem Nichts trifft und mich den verwirrten Kopf schütteln lässt. Die alten Junkies haben mich schon vergessen, ihre Bong zieht wieder ihre gewohnten Kreise, als wäre sie nie ausgebrochen.



Das Klo. Da wollte ich hin. Eine halbe Drehung und ich sehe die Reihe Dixiklos vor mir... eines ist frei und ich bewege mich durch ekelerregende Matschtiefen voran um dort ausgiebig zu pissen. Ich pisse mich also aus, während ich mich zunehmend des Lebens erquicke.

Wo ich schwer atmend hineinstampfe, komme ich als hüpfelnde Grinsebacke heraus.

Mein Weg führt mich zu meinen Zeltnachbarn, Leuten aus Bayern... nein, das oben in Bayern, da legten sie viel Wert drauf... "Bayern ist blöd", meinte das Mädchen mit diesem süßen... genau! -Fränkischen- Dialekt... aber war es jetzt Unter- oder Oberfranken? Ich werde es wohl nie erfahren...

Aber in dieser Nacht bin ich nichtmehr zu gebrauchen, um ihrem Dialekt zu lauschen, vielmehr zieht es mich zu einem Pavillon, kaum zehn Meter weiter. Dort sitzen noch einige, mir bekannte Leute: ein guter Sänger, der Bruce Dickinson von Iron Maiden locker ersetzten könnte, eine Brasillianische Drogenschlampe und ihr Muttersöhnchenfreund und ein neuer. Ein Schwarzer Mann mit langen Dreadlocks... ich setze mich und bin debil.

Die nächsten beiden Stunden liege ich mit dem Kopf auf dem Tisch, geifernd und mich bepissend vor Lachen, grunzend, quietschend, hustend und heulend... denn der Schwarze Mann ist so unheimlich witzig!

Ich lachte noch immer, als sich der Schwarze Mann vom Muttersöhnchenmann verabschiedete und sie beide auch mir eine gute Nacht wünschen.



Nun sitz ich da - lachend, bepisst und noch immer sabbernd, nicht fähig, ein einziges Wort herauszubringen - sitz ich da - und um mich herum ist es ruhig - ruhig?

So ruhig, wie es auf dem Wacken Open Air werden kann, wenn sich alle zu Boden gesoffen haben und nurnoch wenige wahnsinnige - lachend, bepisst und zugesabbert - ganz alleine mit den Köpfen auf Tischen liegen und um sie herum fast schon der Morgen dämmert.







Widersehen mit dem alten Mann ohne Zähne.

Es war die letzte Nacht des Festivals und schon viele hatten schlapp gemacht.

Ich war keiner von jenen.

Gerade war ich auf dem Weg zu meiner Stamm-Dixi-Toilette, als ich aus dem Augenwinkel den alten Mann ohne Zähne vernahm, der nun alleine in seinem Junky-Pavillon saß und kaputt aussah.

Ich zögerte... sollte ich mich nähern? Warum auch immer - ich weis es nicht - er rief mich zu sich. Er sah mich an und brabbelte etwas unverständliches, was ich als Aufforderung, näher heranzukommen verstand.

So ging ich zu ihm, setzte mich auf den Boden, er auf dem Stuhl... und er begann mir eine Geschichte zu erzählen.



Ohne Zähne ist es schwer, verstanden zu werden. Und so sehr ich mich auch bemühte, den Mann zu verstehen, ich konnte es nicht... zwar verstand ich ihn, doch nicht seine Worte.

Seine genuschelte Geschichte handelte von Drogensucht und der Aussicht auf den baldigen Tod. Ich wusste nichts zu erwiedern, doch darum war es ihm wahrscheinlich gar nicht gegangen.



Er hob seine Flasche und nun nuschelte er einen einzigen Satz, den ich endlich verstand; "Auf Sucht und Rausch."