Tripbericht lesen
Übersicht:
Titel: | Waldmeister, Waldgeister und andere Gestalten |
Drogen: | Mischkonsum von Alkohol und Cannabis (Reihenfolge vom Autor festgelegt) |
Autor: | Deedee |
Datum: | 21.07.2008 13:22 |
Set: | wanderlust! |
Setting: | wald, pfalz |
Nützlichkeit: | 8,25 von 10 möglichen (20 Stimmen abgegeben) |
Bericht:
Hier ein Tripbericht, der mal wieder zeigt wie sehr die Wirkung vom Setting abhängen kann. Ich denke, dass man mit der Umgebung wahnsinnig viel experimentieren kann.
Wir haben uns vorgenommen das Wochenende im Pfälzer Wald zu verbirngen, nicht mehr, nicht weniger.
Am Abend vorher waren wir noch eine Gypsyband gucken und Samstag morgen sollte es dann losgehen.
Nach einigen Einkäufen starteten wir dann in den Wald, das Gepäck war der Horror.
Nach den ersten fünf Metern kam ich mir vor, als trüge ich die gesamte verdammte Welt auf meinem Rücken, dabei waren es nur etwa 10 Liter Wasser, etwas zu Essen, Decken und Krimskrams.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich das lange aushalten würde. Ich war schwießgebadet.
Nach dem ersten Kilometer beschlossen wir eine Pause zu machen, da wir noch nicht gefrühstückt hatten.
Wir befanden uns in einem schönen Traum-zwei verrückte Naturliebhaber, die dem banalen Alltag entfliehen wollten-und da es diese erste kurze Strecke nur bergauf ging, befanden wir uns direkt inmitten des wunderbartsen Panorama, das man sich vorstellen konnte. Die Sicht war klar, am Ende des Horizonts sah man Ludwigshafen, etwa 40 km entfernt und doch zum Greifen nah.
Wir schmierten uns Honigbrote und drehten einen Joint. Die Stimmung war euphorisch. Nach einer kurzen Verweilpause fühlten wir uns stark und wollten den Kampf mit dem Gepäck wieder aufnehmen.
Unsere Route war klar: treiben lassen durch ein endloses Waldgebiet, fernab jeder Zivilisation, vollkommen ohne Plan-das war unser Plan!
So marschierten wir dahin, bewaffnet mit einer Karte, die uns die nächsten 5 km mitteilen sollte, mehr aber auch nicht.
Wir gingen an einer Quelle vobrei, tankten Wasser, rauchten noch einen Joint und zogen weiter.
Die ganze Tour ging in vielen kleinen Etappen voran, da uns das schwere Gepäck irrsinnig zu schaffen machte.
Jede Pause war eine kleine Oase, wir wurden immer breiter und spätestens ab Nachmittag war ich in diesem Naturverbackenen Zustand, wo alles egal ist, nur wahrnehmen, nachdenken, abschalten. Wir redeten nicht viel, während dem Wandern überhaupt nicht. Gegen Nachmittag befanden wir uns in einem Gebiet das absolut menschenleer war-hie und da ein Wandersmann, ein paar Schamanen und Hexen-aber absolute Stille, nur Vogelzwitschern und Astrascheln. Im Umkreis von 20 km stand nirgendswo eine Hütte, das nächste Kaff war gute 30km entfernt. Wir hatten einen Teil unseres Ziels erreicht: lost in space, verloren im Raum, fernab von jedwedem Menschen, keine Gedanken mehr an Morgen, Gestern, nur das Hier und Jetzt im tiefsten Wald, und eine kleine Vorfreude auf den Abend.
Wir pendelten uns auf eine Rhytmus ein, ungefähr 2 km laufen, pausieren, wieder 2 km laufen, Pause, kiffen, sich umschauen. Etwa zu dieser Zeit hatten wir auf unserer Karte das Paradies ausgemacht und steuerten geradewegs daurauf zu. Eine Formation von keltischen Steinen, die ungefähr 8 km entfernt lag: da wollten wir hin. Und so ging es weiter durch einen Nebel des Vergessens bis wir am frühen Abend in diesem Gebiet ankamen. Die Karte verriet uns viele Ausflugsmöglichkeiten, also versteckten wir unser Gepäck im Wald und zogen umher, auf der Suche nach dem schönsten Platz zum Übernachten. So tingelten wir gute 1,5 Stunden durch den Wald, stoned bis zum letzten und guter Dinge einen fantastischen Abend zu verbringen.
Als wir zu der keltischen Formation kamen, eine Reihe von Megalithen, hielten wir dies für unseren besten Aufenthaltsort.
Also zurück, Gepäck abgeholt und wieder zu den Steinen. Jetzt waren wir angekoommen, in unserem ganz persönlichen Land der Träume. Im Pfälzer Wald wimmelt es von Höhlen, die wir zuvor schon einmal besichtigt haben und wir überlegten kurz, ob wir sie noch aufsuchen sollten (es war noch mindestens 3 stunden hell). Immerhin wär ein trockener Schlafplatz im Fall von Regen äußerst sinnvoll.
Wir entschieden uns dagegen-prinzipiell mehr aus einer innerlichen Faulheit heruaus und wahrlich: dieser Platz war vollkommen. Im Fall der Fälle könnten wir uns immernoch in einen nahegelegen alten, römischen Turm retten.
Das Feuer musste noch ausbleiben, da im Wald wild campieren verboten ist und wir keine ungebetenen Gäste anlocken wollten. Wir hatten etwas Alkohol dabei, 2 Flaschen Wein, Vier Flaschen Bier und eine Flasche Waldmeisterbowle.
Also besorgten wir schon einmal Feuerholz und tranken unsere erstes "Feierabend"Bier.
Dann dämmerte es langsam, wir machten das Feuer an un d wollten uns etwas zu essen machen, doch dann! Eine Ahnung, Feuer wieder aus und die Flammen erstickt, denn irgendetwas stimmte nicht. Und tatsächlich kamen fünf Minuten später zwei Leute mit Bollerwagen vorbei. Unsere Intuition hatte uns nicht getäuscht. Doch kein Grund zur Sorge, denn bei den beiden Besuchern handelte es sich um zwei Aussteiger, die eine ähnliche Motivation hatten wie wir. Sie wollten zusammen mit ein paar anderen Geistern die Sommersonnenwende auf einem nagegelegen Berggipfel feiern und waren gerade auf dem Weg dahin. Erfreut über diesen Zufall versprachen wir nachzukommen, sobald wir gegessen haben. Wir rauchten noch gemeinsam einen Joint und dann trennten sich unsere Wege vorerst. Wir entfachten das Feuer wieder und kamen langsam in Stimmung. Die Trommeln wurden ausgepackt, der Wein wurde geköpft, Joints entflammt. Gottseidank hatten wir genug Gras mitgenommen, um eine ganze Armee von Sadhus eine Woche lang in den Himmel emporsteigen zu lassen und prinzipiell war das auch kongruent mit unserer Absicht-nur hatten wir nur zwei Tage Zeit.
Wir brachen den Waldmeister an, ein Teufelszeug, aber daemonus est deus inversus, der Dämon ist ein umgedrehter Gott wie Yeats sagt und so verwandelten wir uns recht zügig in verwilderte, tanzende Zwerge, die barfuß und euphorisch ums Feuer sprangen. Es war zu herrlich, ein Ausbruch der rohesten, ungesittesten und gleichzeitg friedfertigsten Seite unserer Natur, wir sangen seltsamen Gebetskauderwelsch und stammelten wirre Naturphilosophien vor uns her. "Die Natur kennt keine Gesetze, sondern nur Gewohnheiten!" -empirischer Samisdat.
Doch wir hatten ja noch ein Anliegen: die Feier auf dem Berg. Inzwischen war es dunkel, wohl so gegen 23 Uhr und wir beschlossen unser Zeug zusammenzupacken und den etwa 5 km entfernten Berggipfel anzusteuern. Inmitten dunkelster Nacht trappten wir los, die Trommel behielten wir umgeschnallt, den Waldmeister in der Hand, vollkommen orientierungslos und berauscht gingen wir den Pfad entlang, ins Nichts, ohne jeden Plan, doch auch keine Furcht, wir wßten alles würde gut gehen. Die karte konnte bei der Dunkelheit und in unserem Zustand kein Mensch mehr lesen, wir stappten durch den offenen Wald den Berg hinauf. Und nach etwa 1,5 Stunden erkannten wir ein Feue ´r auf einer Lichtung-Euphorie! Wir hatten es tatsächlich geschafft. Wir gesellten uns dazu, immer noch schwer berauscht, doch glücklich und zufrieden.
Das Salvia, das ich noch dabei hatte, ließ ich zum Glück verpackt. Wir lernten die Menschen kennen und machten da weiter wo wir unten aufgehört hatten. trommelnd, tanzend, singend, häretische Chants von uns gebend. Der Vollmond lächelte. Dann setzten wir uns zur Ruhe. Ein paar der ungefähr 10 Leute redeten noch, wir versanken in einer tiefen Meditation, Käfer und KLeintiere krabbelten an allen erdenklichen stellen unseres Körpers entlang, doch keine Spur von Ekel. Alles glich vielmehr einer tiefen, rituellen Reinigung, wir waren Zenmeistern gleich.
So schliefen wir in den frühen Morgenstunden ein, erwachten am wärmenden Feuer wieder, frühstückten und verließen das Treffen. Heute sollte es ohne Karte weitergehen, also quer durch den Wald, vorbei an gigantischen Fingerhut-Feldern, mein Kumpel zeigte mir einige Orte, die er auf früheren Reisen schon entdeckt hatte und so ging es den ganzen Tag. Ersichtlich einfacher, da unser Gepäck wesentlich leichter geworden war. Die Flaschen waren soweit alle leer, nur noch ein wenig Wasser. Wir rauchten unser restliches Gras und Hasch auf, tranken noch ein wenig Wein und zogen verwildert, stinkend, naturalized durch den Wald. Bis wir am frühen Abend wieder in der Zivilation standen und mit dem ZUg zurück in die chemische Kriegsfabrik Stadt fuhren.
Aber mit einem guten Gefühl im Bauch, leer, gereinigt, beinahe zufrieden...
Die positive Grundstimmung hielt noch tagelang an, eine Tatsache, die mir bisher nur auf meinen intensivsten Drogentrips begegnet ist, es warwie im Urlaub und ich fragte mich warum ich meine Wochenenden beinahe ausnahmslos auf irgendwelchen mittelmäßigen oder sogar guten Parties verbrachte. Das alles war nahezu bedeutungslos im Vergleich zu dem Trip den uns der Wald gegeben hat. Doch die näcste Tour steht schon an, diesmal werden wir Pilze mitnehmen, denn die Waldmeistersaison ist lange vorbei, wir werden uns wieder einmal vorkommen wie keltische Barden, die auf ihren Wurzeln wandeln und unser Geist wird sich erneut befreien von den Zwängen postmodernen Wahnsinns.
Nächstes Wochenende ist es wieder soweit, auch wenn Vollmond jetzt schon rum ist...