Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Tripbericht Oxycodon, pure Euphorie
Drogen:Opium
Autor:punkrocker
Datum:20.06.2010 21:03
Set:starke körperliche Schmerzen im Brustkasten (Intercostalneuralgie), ansonsten ziemlich entspannte Ta
Setting:Ort: In einem betreuten Wohnheim, in dem ich wohne, Zeit: ich bekam die Droge über zehn Tage abends
Nützlichkeit:5,03 von 10 möglichen   (29 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Ich bemerkte an einem Sonntag vor ein paar Wochen, dass ich wieder Schmerzen im Brustkorb hatte. Als es über einen Tag anhielt, informierte ich meine Betreuer hier im Heim, dass ich nun meine mittlerweile elfte Intercostalneuralgie habe. Ich habe das vor einigen Jahren mal röntgen lassen, und dabei hat sich herausgestellt, dass ich eine Scoliose, eine Wirbelsäulenkrümmung habe, die diese Schmerzen manchmal auslöst. Da die Schmerzen noch stärker wurden am darauffolgenden Tag, inzwischen war Dienstag, rief ich morgens meinen Suchtarzt und gleichzeitig Hausarzt an, und bat ihn inständig, mir gegen die Schmerzen Oxycodon „in einer retardierten Form und geringen Dosierung“ aufzuschreiben und las ihm von einer Betäubungsmittelwerbung von der Generica-Firma Stada vor, die auf einem Spender für Taschentücher für einige ihrer Betäubungsmittel warben, unter anderem Tilidin comp., Morphin, Fentanyl Matrixpflaster und retardierte Oxycodon Tabletten in den stärken 20 mg, 40 mg, 60 mg und 80 mg. Es sei für starke und sehr starke Schmerzen geeignet, stand in der beigehefteten Fachinformation.



Ich sagte meinem Arzt auch, ich könnte das Präparat ja nicht missbrauchen, da es mir meine Betreuer im Keller, bei den Büros, im Medikamentenraum aushändigen würden, ich also die Tabletten in Anwesenheit einer Fachperson nehmen musste. Er sagte zu, ich vergaß aber leider, zu erwähnen, dass Oxycodon ein Betäubungsmittel ist, denn ich bekomme von ihm ja schon 3 x 8 mg Subutex / Tag und 4 x 1 mg Tavor / Tag. Zwei Betäubungsmittel darf ein Arzt aber einem Patienten laut BtVV verschreiben und Tavor fällt in der 1 mg – Formulierung ja nicht unter das BtmG, also würde er nicht eine Ausnahmegenehmigung beantragen müssen. De facto müssen die Ärzte, wenn sie mehr als zwei Betäubungsmittel verschreiben oder eines oder mehrere über die laut BtVV höchst zulässige Menge verschreiben, ein „A“ wie Ausnahme (oder wie „Anarchie“?) auf das Btm-Rezept schreiben. Ob sie das überhaupt formell irgendwo beantragen müssen, weiß ich nicht.



Ich wusste ja, irgendwann würde mir dieser Taschentuchspender mit der Werbung von Stada für die Btm noch mal was bringen, den hatte ich damals aus der letzten Substitutionsapotheke, von der ich substituiert wurde, von der sehr netten Apothekerin geschenkt bekommen. Punkrock! Mit derselben Nummer hätte ich von meinem großzügigen Suchtarzt wahrscheinlich auch Tilidin oder Fentanyl bekommen.



Auf Oxycodon war ich übrigens gekommen, weil ich hier im Traumland so euphorische Schilderungen gelesen hatte. Ich konnte erst selbst nicht glauben, dass mein Arzt mir gerade das verschrieben hatte, was ein Traumländer schlicht und einfach „Gott“ genannt hatte und von der Szene „Heroin der Reichen“ genannt wird. Na ja, also reich bin ich wirklich nicht, das Oxycodon hat dann auch meine Krankenkasse bezahlt, aber ich habe eine gute Connection mit diesem Arzt gemacht und die gebe ich auch nicht freiwillig her. Gut, noch am selben Abend würde ich also Gott schlucken.



Ich bekam dann aber nur die 10 mg Retard-Tabletten von AL, in der 10 mg Stärke ist Oxycodon ziemlich neu auf dem Markt.



Bis zum Vorabend um 16.30 Uhr hatte die Apotheke das Präparat geliefert und ich schluckte unten im Mediraum meine erste sehr kleine, rot-braune ovale und teilbare Oxycodon 10 mg AL Retard-Tablette.



Ich durfte den Beipackzettel bis 18. Uhr nach oben in mein Zimmer nehmen zum Durchlesen. Sie listen zwar alle möglichen und unmöglichen Nebenwirkungen auf, auch so absurdes wie „Stimmveränderung“, ich glaube aber, es ist ein sehr verträgliches Präparat.



An diesem Abend wurde ich mörderbreit und ging früh schlafen. Eine genaue Beschreibung, „wie es sich denn anfühlt“, konnte ich mir selbst erst am nächsten Abend geben, denn am ersten Abend hatte es mich einfach nur abgeschossen wie eine Schlaftablette. Ich hatte ja noch neun Versuche, denn ich sollte jeden Abend eine Tablette nehmen, 10 Tage lang, und mich dann wieder bei meinem Arzt melden.



Am nächsten Abend wurde ich dann schlüssig darüber, wie es sich anfühlt. Es ist pure Euphorie, absolut positive Gedanken, eine selten erreichte klare Wachheit (ich war am Abend vorher sowieso sehr müde gewesen, da ich in der Nacht davor nicht geschlafen hatte), es ist durchaus zu vergleichen damit, zum ersten Mal eine 8er Subutex als Pulver und geformt in Lines auf Nase zu ziehen. Ich denke eigentlich, obwohl ich es nie ausprobiert habe, viel besser kommt Heroin auch nicht. Man hat dann beim intravenösen Fixen höchstens noch den bekannten Flash, aber der dauert ja eh nicht so lange (DAM-User sprechen von etwa 5 Minuten bis zu einer halben Stunde), sodass ich denke, ich verpasse nichts, wenn ich niemals DAM nehme, was ich auch nur machen würde, wenn ich legal an den Stoff komme, also etwa durch einen Arzt. Das wiederum kann deshalb schlecht geschehen, weil die DAM-Substitutions-Probemodelle, die jetzt in einigen Städten gemacht werden, nur für i.v.-User gedacht sind, soweit ich weiß, und ich habe mir niemals selbst etwas gespritzt, auch wenn ich insgesamt schon über 100 verschiedene Wirkstoffe konsumiert habe in meinem Leben, was ich auch alle paar Jahre protokolliere und dieses Protokoll immer mal wieder auf den neuesten Stand bringe.



Wenn man noch etwas Koffein oder Pseudoephedrin oder beides zu dem Oxycodon hinzunimmt, hat man auch einen schönen Tatendrang und kann nächtelang lesen, auch schwere Sachen, sowie dabei Musik hören. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit war bei mir also nicht groß eingeschränkt, die Konzentration hat sich sogar noch eher verbessert (ich bin ein Anhänger der Meinung, dass Angst die Konzentration verringert und somit stark angstlösende Substanzen wie Benzodiazepine oder Opiate deshalb, wenn sie nicht zu müde machen, die Konzentration noch fördern können).



Nun sind die zehn Tage vorbei und meine Schmerzen haben sich stark gebessert. Übrigens, ein Wort noch zur „schmerzlindernden“ Wirkung von Opiaten: Genaugenommen gehen die Schmerzen unter Opiaten nicht weg, wie es etwa bei Novaminsulfon (Novalgin) der Fall ist, sondern Opiate machen einfach so high, dass eine sogenannte „Schmerzignoranz“ einsetzt, d.h., man hat die Schmerzen noch, es stört einen aber nicht mehr, dass sie da sind. So war das auch bei mir.



Ich nehme nun noch zwei Tage eine halbe Tablette ein, also 5 mg, und dann werde ich es absetzen. Ich bin froh, dass ich Oxycodon nur in so geringer Menge bekommen habe, denn man legt sich bei Oxycodon mit einem übermächtigen Gegner an, wenn man denkt, man könnte auch nur wenige Wochen mehrere Hundert Milligramm nehmen und das dann einfach wieder absetzen.



Die therapeutische Dosisspanne geht bis zu 400 mg, was aber bei nicht opiatgewöhnten Personen zum Tod durch Atemlähmung führen würde, denn ein derart starkes Mittel wie Oxycodon muss aufdosiert werden. Also: Noch einmal eine eindringliche Warnung: die 40er, 60er und vor allem 80er Oxycodon Retard-Tabletten sind nicht für Einstiger geeignet, und da der Wirkstoff langsam über 12 Stunden freigegeben wird, kann es auch noch viele Stunden nach der Einnahme zu einer Atemdepression kommen, wenn man nicht langsam Tag für Tag aufdosiert!



Punkrocker.