Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Die endlose Gedankenflut
Drogen:Speed
Autor:souljacker
Datum:27.06.2011 14:51
Set:neugierig und so
Setting:Kumpel, Stadt, Stadtpark, Home, Überall
Nützlichkeit:8,53 von 10 möglichen   (55 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Samstag, 25 Juni, 23:50

Ich ziehe meine erste kleine Line MDPV (5-8 mg). Kurz darauf merke ich eine Veränderung im Denken, aber kein Rush oder sonst was. Man merkt nur dass man plötzlich irgendwie das Bedürfnis hat sich mitzuteilen. Man trifft die Worte, sieht nüchtern aus und verhält sich nüchtern. Das Körpergefühl ist nur ganz leicht verändert und mein Kopf ist mindestens genauso klar wie immer. Ziemlich genau was ich erwartet habe, aber eigentlich gar nicht mal so schlecht. Wird sicher ein cooler Abend.

Montag, 27 Juni, 12:43

Wenn ich jemals eine Droge gnadenlos unterschätzt habe dann dieses Zeug. Wobei unterschätzt überhaupt nicht passt. Ich hätte eher nie gedacht, dass man mit einer sanften subtilen, unterschwelligen Drogenwirkung ohne ersichtlichen Rausch eine heftige, lebenseinschneidend- und verändernde Erfahrung machen kann. Mein Weltbild ist ähnlich zerrüttelt wie nach meinem ersten Pilztrip und das mit einem reinrassigem Upper, dem ich mit sehr gemischten Gefühlen entgegengetreten bin. Upper. Hm, benutzen viele zum Feiern, zum Wachsein und zum Lernen. Was für eine hohle Droge. Ich war immer der Ansicht dass Psychedelika "gute" Substanzen sind, alles andere waren Drogen für mich. Das Wort Droge habe ich immer ungern in der nähe von Stoffen wie LSD und Pilzen gesehen, da es doch sehr negativ behaftet ist. Doch zu negativ behafteten Wörtern später mehr. Ich denke mir oft, dass der Sinn für mich im Konsum darin liegt, leicht an extreme Erfahrungen zu kommen die mir in irgendeiner Weise im normalen Leben helfen können. Die komplexesten und surrealsten, unbeschreiblichsten Teile meines persönlichen Weltbildes stammen wohl aus meinen psychedelischen Reisen. Mir wurde gestern klar, dass der Pilztrip mit 16 Jahren mein Leben doch gravierend beeinflusst hat. Ich will echt nicht länger über die Frage nachdenken ob im positiven oder im negativen Sinne, denn über solche und viele andere Dinge habe ich schon viel zu lange nachgedacht. Immer und immer wieder. Ja und dann wurde mir plötzlich klar dass es allein dieser Pilztrip ist, der mir diesen psychedelischen Stempel von Anfang an aufgedrückt hat. Er hat mich verändert. Er hat mein Weltbild umgeworfen. Er alleine. Nicht umsonst war danach 2 Jahre nichts los Konsumtechnisch. Ich wusste ja schon immer dass, das echt eine krasse Erfahrung war, die mich sehr geprägt hat, aber dass sie im Endeffekt einen Großteil meine jetzigen Persönlichkeit auf dem Gewissen hat kam dann doch etwas krass rüber. Die Folgen sind so unglaublich weitreichend. Denn genau gestern kam mir plötzlich alles, was ich eigentlich schon die ganze Zeit wusste. Ich war mit meinen ganzen anderen Reisen im Prinzip immer nur auf der Jagd nach dem ersten Trip. Obwohl ich spätestens nach 2-3 weiteren Erfahrungen hätte merken müssen, dass ich mit keiner Droge der Welt, mit keiner Dosis der Welt wieder eine solche Intensität spüren werde. "Mit rausnehmen" versuchen "in den Alltag zu integrieren". Das klang immer als passabler Grund für einen Konsum für mich. Mir wurde plötzlich klar, dass ich nie auch nur irgendeine aktive Kontrolle über irgendwelche "Erkenntnisse" hatte. Ich bin niemals hängengeblieben. Aber jeder Trip ist ein Stück weit in mir hängen geblieben. Die Art und Weise wie man von solchen Erfahrungen beeinflusst wird ist einfach nicht so einfach zu zeichnen.

Ich weiß gar nicht wo ich jetzt anfangen soll. Ich bin einfach komplett verplant. Das war quasi die Rubrik Psychedelika in meinem Kopf. Da dachet ich halt auf einmal über so was nach und zwar um einiges intensiver als nüchtern. Ich könnte jetzt noch viel über die Rubrik Drogen schreiben oder wie ich in meinem Kopf im Sekundentakt sämtliche Erfahrungen nach Wert/Nutzen aufgeteilt hab. Extrem schnell. Extrem geordnetes Denken. Gleichzeitig aber auch extrem klar. Extrem ich. Extrem produktiv. Absolute Gewinnmaximierung. Die Baumdiagramme und das Ordnersystem in meinem Kopf war schon immer da. Aber zum ersten Mal habe ich es aktiv genutzt. Die Strukturierungen in meinem Kopf faszinierte mich und ich laberte und laberte, aber ich brachte genau die Worte heraus, die ich nüchtern gesucht hätte. Ich habe gemerkt das zwar das pv mir einen gewaltigen Ego Boost verschafft, aber ich war mir zum ersten Mal auf einer Droge zu 100% Sicher: Dass bist wirklich du und vor allem - dass sind deine Gedanken, deine Vorstellungen, deine Ansichten. Dass ich innerhalb 12 Stunden zuerst mit inbetween über Gott und die Welt diskutiert habe, in den nächsten 12 Stunden anschließend mit mir und meinem kompletten Leben abgerechnet habe (wo ich natürlich Brücken zu der Diskussion von vorher baute) und anschließend noch einer wirklich tollen Person (wenn du das irgendwann vielleicht mal liest noch mal vielen Dank) über 5 Stunden am Telefon von mir und meinem Leben erzählt habe.

Ich glaube man merkt schon, dass ich einiges durch gemacht habe. Dass ich mich deutlich weiterentwickelt habe. Dass ich mein Weltbild ergänzt und fortgeführt habe. Ich habe immer gerne über den Sinn des Lebens nachgedacht. Diese guten alten endlos Themen. Natürlich kann man den Sinn nicht finden, jedenfalls wäre das echt nichts für mich an einem Ziel anzukommen. Denn was käme denn dann. Das würde dann ja wirklich nur Sinn ergeben wenn man den Tod als Sinn sieht und ganz ehrlich, dass ist nicht so mein Ding. Ich rügte mich plötzlich dafür dass ich so viel zeit schon verschwendet habe in meinem Leben. Dass ich zu lange über solche Sachen wie den Sinn geredet habe, während es ganz viele kleine Dinge gab, die das aktuelle Leben extrem verbessern. Und da war sie dann, die Rubrik "Aus Drogenerfahrungen mit Rausnehmen". Wo ich immer bei Psychedelika gesucht habe schossen plötzlich alle Möglichkeiten auf mich ein, eine riesige to Do Liste zur Verbesserung meines Lebens und zur Verbesserung der Welt. Ich erkannte sämtliche Probleme dieser Welt und litt mit Menschen die von ihrer Geburt an auf einen Weg gesetzt werden, den ich wahrscheinlich niemals hätte laufen können bis zu diesem Zeitpunkt. Ich verspüre Respekt und Trauer zugleich. Hass über die Ungerechtigkeit der Welt. Die Folie aus dem Religionsunterricht aus der achten Klasse mit den neuen Götzen (PC, Geld, Auto, Drogen) schoss in mein Kopf und endlich verstand ich sie ohne sie gleichzeitig zu belächeln. Ich erkenne mein Privileg der Bildung und verspüre den Drang alle Bücher der Welt zu lesen. Ich verachtete das Bildungswesen und das es geschafft hat bei mir eine Herabstufung von Menschen in meinem Gehirn zu etablieren, die mich total fertig macht. Wissen ist nicht nur Macht, ein breites Wissen über alle Möglichen Dinge des Lebens, auch die die einen nicht interessieren (oder vielleicht gerade die) ist eine perfekte Grundlage für den Austausch mit möglichst vielen Menschen. Je mehr man weiß mit desto mehr Menschen kann man sich immerhin über ein Thema unterhalten. Und der Dialog zwischen den Menschen ist essentiell. Ich nahm mir vor jeden Mensch zu aller erst als Mensch zu sehen und erinnerte mich an die vielen tollen Leute die ich in der Stadt hier in drei Wochen kennengelernt habe. Es gibt wirklich genug Menschen auf der Welt, da sind sicher ne handvoll coole Typen dabei. Und ich finde diese Menschen nur, wenn ich jedem die Chance gebe mich zu mögen. Denn meiner Meinung nach bin ich eine liebenswerte Persönlichkeit mit einem klitzekleinen Dachschaden. Also wie jeder quasi. Sprache. Sprache ist die Grundlage für alles. Ohne Wortschatz keine Argumentation. Ohne Wortschatz keine Erfindung. Ohne Wortschatz keine weiterlaufende Evolution des menschlichen Wesens. Wieso keine beständige Erweiterung des Wortschatzes??? Positive Vorurteile. Positive Kritik. Positive Auseinandersetzung. Es gibt so viele Drecks Wörter die einfach negativ behaftet sind. Wieso? Ich begann Worte aus meinem Wortschatz auf ewig zu verbannen versuchte meine Assoziationen zu bestimmten Wörtern umzulenken. Positives Denken ist eine verdammt einfach Methode das Leben zu erleichtern. Der moderne Mensch. Leider oft ein großes Arschloch. Geldgier. Konsumdrang. Statussymbole. Immer mehr Probleme schossen durch meinen Kopf und meine Liste wurde immer länger.

Ich muss vielleicht dazu sagen, dass eigentlich alles bisherige durchaus in absoluter Glückseeligkeit geschah. Der Text wirkt wahrscheinlich nur nicht so positiv und begeistert, da ich ihn eben in diesem Moment schreibe. Und dieser Moment war die Zeit danach, die Zeit am Telefon, die Zeit bis zu dieser Zeile. Ich bin heftig verplant und will einfach nur noch schlafen. Mein linker kleiner Finger ist seit ca. acht Stunden taub. Scheiße. Naja was soll ich machen. Auch relativ egal gerade. Ich versuche irgendwas aufzuschreiben in der Hoffnung auch nur Ansatzweise irgendwelche Menschen zum nachdenken anzuregen. Über sich, über ihren Konsum und über ihr Leben. Ich sehe die riesige Liste noch vor mir, aber nun feiere ich sie nicht, sondern ich habe Angst vor ihr. Ich habe Angst um die Menschheit und spüre ein Gefühl der Hilflosigkeit. Alleine. Aber alleine ist jeder hilflos. Ich werde ab jetzt nur noch positiv denken. Ab jetzt. Vielleicht wird dann alles besser. Das Problem bei weit geöffneten Antennen auf dem Kopf ist, das man viel geiles Zeug, aber auch ne ganze Menge Scheiße aufnimmt. Manchmal sollte ich wohl einfach mal abschalten und die Welt Welt sein lassen. Ich bin froh, dass ich es geschafft habe an einem Abend mein ganzes Universum auszukotzen. Mein ganz eigenes Universum. Eine riesiger Kochtopf voller Wahnsinn und Leid, Hoffnung und Liebe, Krieg, Glauben, Drogen, Freundschaft, Transzendenz, Träumen, Schicksal, Krankheit, Ziele, Fokus, Tod und Leben, weiter, weiter, weiter - immer weiter. Dieser Jesus hatte es schon irgendwie drauf. Was der für eine Welle losgelöst hat, dass ihn selbst nach 2000 Jahren noch ein großer Teil der Weltbevölkerung feiert. Unglaublich. Ich war immer Hippie im Herzen. Bin ich wahrscheinlich auch noch. Aber ich will plötzlich auf keinen Fall zu jener Zeit gelebt haben, wie ich mir sonst so oft sage. Denn was ich immer geschickt vergesse ist, dass die Welle im Vergleich zu der von Jesus ein Witz war und dass ich beim Brechen und Zurückfließen der Welle sicherlich nicht wieder an Land gekommen wäre. Ich wäre mit ihr raus aufs tote Meer geschwommen, da bin ich mir relativ sicher. Wäre mal wieder Zeit für eine Welle. Früher oder später trocknen wir sonst alle aus. ICH kann die Welt nicht retten, aber WIR können es versuchen. Im Moment reicht es mir schon wenn jeder Mensch am Tag nur einmal mehr lacht, oder einmal kurz über eine der vielen Dinge nachdenkt, über die es sich lohnt zu denken, zu reden und zu schreiben.

Ich hoffe ich bin nicht vollkommen am Ziel vorbeigeschossen. Mit diesem Text und mit meinem Leben. In beiderlei Hinsicht versuche ich aber jetzt positiv in die Zukunft zu blicken.

I need some sleep.