Tripbericht lesen

Übersicht:

Titel:Trainspotting 2.0 - Das Spiel mit dem Feuer Teil 1/2
Drogen:Mischkonsum von Benzodiazepine, Heroin, Alkohol, Kokain und Cannabis (Reihenfolge vom Autor festgelegt)
Autor:Trone
Datum:05.02.2012 03:59
Set:irgendwo zwischen überrascht, vorfreudig und völlig verklatscht
Setting:erst Wohnung eines Freundes, aber hauptsächlich verlassener Bahnhof
Nützlichkeit:9,16 von 10 möglichen   (73 Stimmen abgegeben)

Bericht:

Liebe LeserInnen,
aufgrund einiger stilistischer Mängel habe ich den Bericht überarbeitet und neu betitelt. Über weitere Hinweise auf Unstimmigkeiten bin ich sehr dankbar.


Führe mich sanft,
gib mir einen Trunktrank
Etwas, das Eifer schafft
Eine geheime Wissenschaft
Die mich entkrampft
Führe mich sanft
Es ist alles so einfach!

Tutto è così semplice

Tocotronic


Vorwort:
Ich war nie ein besonders vernünftiger Mensch. Mal mehr mal weniger exzessiver Drogenkonsum machte schon seit Langem einen festen Bestandteil meines Lebens aus und ich war sogar stolz drauf. Stolz, trotz täglichen Kiffens das Abi gepackt zu haben, stolz höhere Dosen DXM als alle anderen zu nehmen, stolz auf meinen Mischkonsum und stolz darauf, dennoch ein geregeltes Leben inklusive Studium, Auto und allem, was dazugehört, zu haben. Zwar wusste ich ob der Gefahren, aber spätestens wenige Tage nach dem härtesten Trip hatte ich drüber gelacht und mich auf die Suche nach einer Substanz oder Dosis gemacht, mit der ich noch einen draufsetzen konnte.
Über die polytoxe Aktion, von der ich euch hier berichte, lache ich auch über ein halbes Jahr nach der Erfahrung nicht. Ich bin nicht stolz drauf. Sie hätte mich mein Leben kosten können und hat die Bindung zu meinem besten Freund dauerhaft geschädigt.
Dieser Tripbericht soll eine Warnung darstellen. Eine Warnung vor dem Kontrollverlust, den ich erfahren habe. Ich habe den Moment verpasst, an dem ich dem Treiben hätte ein Ende setzen können. Das Diazepam beraubte mich meines Verstandes. Der letzte Funke Vernunft war verglüht, ehe ich überhaupt an meinen Sinnen gezweifelt habe.
Wer denkt, ihm könne das nicht passieren, er beherrsche die Droge, der irrt.

Zudem möchte ich anmerken, dass jegliche Namen verfälscht worden sind und Orte, an denen ich Drogen gekauft habe, nicht explizit erwähnt werden. Ich schildere die Ereignisse so, wie ich sie erlebt habe. Obwohl einzelne Momente sehr schön waren, warne ich ausdrücklich vor Nachahmung! Ich habe sehr viel Glück gehabt und es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass die Nachahmung dieses Experiments tödlich ausgeht.

Was ist überhaupt passiert?
Es begann ganz harmlos. Einer dieser lauen Sommerabende in den Semesterferien, an denen sich ein paar frisch gebackene Studenten, die es in aller Herren Länder verschlagen hat, in ihrer Heimatstadt trafen, ein paar Flaschen billigen Weißwein töteten und über die guten alten Zeiten philosophierten.
Der Abend neigte sich dem Ende zu. Einige waren müde, andere mussten am nächsten Tag arbeiten. Doch Yasmin und ich waren noch viel zu wach und zu nüchtern. Der nächtliche Döner sowie ein paar Bier sollten es schon noch sein. Genussvoll torkelten wir durch die Stadt, spiesen, tranken und sahen der Sonne beim aufgehen zu. Irgendwann im Laufe des Abends erwähnte Yasmin, die zuvor ein halbes Jahr in Südamerika verbracht hatte, dass sie aufgrund epileptischer Anfälle Valium verschrieben bekommen habe, das sie allerdings nicht mehr haben wolle, da sie in Deutschland bessere Medikamente bekäme.
Sie wusste das Leuchten in meinen Augen richtig zu deuten. So begab es sich, dass wir den Abend, der eigentlich schon ein Morgen war, bei Yasmin beendeten, natürlich bei einem weiteren Glas Wein. Zugleich packte sie eine Tüte Kokabonbons aus. Für eine spürbare Wirkung sollte ich am besten 2-4 auf einmal lutschen. Gesagt, getan! Vier Drops landeten in meinem Mund und keine 30 Minuten später fühlte ich mich wieder fit und relativ nüchtern. Der ansonsten obligatorische Ego-Push von Kokain war höchstens latent spürbar.
Ich bekam noch die Valium in die Hand gedrückt, 20 Stück á 10mg, sowie ein paar südamerikanische Zigarren, bevor ich mich mit einer dankenden Umarmung verabschiedete. Auf dem Heimweg ging es mir nicht so gut. Es war wohl die Mischung aus Übermüdung, Alkohol und den Kokabonbons, die ein Gefühl der Beklemmung in mir auslöste. Ich fühlte mich eingeengt in meinem Brustkorb, mein Puls wurde immer schneller und mich überkam leichte Panik. Nicht schlimm, aber durchaus unangenehm. Dies kannte ich ganz ähnlich schon von durchgemachten Nächten mit zu viel Speed. Aber ich hatte ja was in der Tasche, womit ich diese missliche Situation beenden konnte.
Nach einer Millisekunde des Überlegens entschied ich mich mit einer ganzen Tablette statt mit der Hälfte zu beginnen. Jawohl! 10 Milligramm Diazepam lösten sich unter meiner Zunge auf. Derweil ließ ich mich vom iPod bespaßen und schlenderte federleichten Schrittes nach Hause. Einen kurzen Abstecher beim Bäcker, der sich sichtlich verwundert zeigte um 8 Uhr morgens mit „Nabend!“ begrüßt zu werden, inklusive.
Zuhause schmierte ich mir das frische Brötchen, fütterte die Katze und setzte einen Kaffee auf. Zum Frühstücken kam ich jedoch nicht mehr, da ich mit dem Laptop auf dem Schoß einschlief.

Das war der Anfang der Geschichte, quasi der „jugendfreie“ Teil. Der folgende Part ist geprägt von einem nahezu 48 Stunden langen Kontrollverlust, der sich in einen Exzess für mich bis dato unbekannten Ausmaßes steigerte.

Als ich im Laufe des Nachmittags bedingt durch die Langeweile meiner Katze zum Aufwachen genötigt worden bin, rief ich meinen Kumpel Sergej an. Mit Sergej hatte ich bereits diverse Drogenexperimente, meist halluzinogener Natur, durchgeführt. Seine Neugier auf Benzos hatte ich bereits im Vorfeld von meinen positiven Erfahrungen mit Alprazolam und Estazolam in geringer Dosis geweckt. Für ihn war dieses Gebiet jedoch Neuland.
Ich bat ihn Kaffee aufzusetzen und stapfte mit drei Tabletten in der Tasche zu ihm. Es sollte ein lockerer Abend werden. Zwei Freunde, 15mg Diazepam pro Nase, ein paar Folgen South Park und eventuell ein Film.
Als ich ankam, war der Kaffee bereits durchgelaufen und wir machten es uns bei der ersten Folge South Park auf dem Sofa gemütlich, während wir je eine halbe Tablette zu uns nahmen. Da nicht viel passiert ist, nahmen wir wenig später je eine weitere Hälfte. Ein leichtes Gefühl des Stonedseins machte sich breit, in etwa so als hätten wir dreimal am Joint gezogen. Aber wirklich zufrieden waren wir nicht. Nachlegen, warten, noch eine Folge. Besser! Entspannt und losgelöst lagen wir auf dem Sofa und lachten sogar über die dümmsten Witze der Serie.
Allerdings wollten wir diesen einmaligen Abend nun doch nicht tatenlos vor der Glotze verbringen. Schnell war klar: Wir gehen zum Bahnhof! Zwischen Sergejs und meiner Wohnung befindet sich ein verlassener Bahnhof, an dem wir uns bei schönem Wetter oft trafen; meist mit, aber manchmal auch ohne Gras. Die Skyline über die S-Bahnschienen und die Stadtautobahn ist einmalig! Wir hatten noch eine Menge vor uns und fühlten uns so fürchterlich nüchtern. Dieser Dissens ließ sich nur durch einen Abstecher bei mir lösen.

Ein großer Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Hier hätten wir den Lauf der Dinge noch stoppen können. Noch waren wir größtenteils Herren unseres eigenen Handelns.

Fix die sechs verbleibenden Pillen des ersten Blisters eingepackt und beim Russenladen Bier geholt. Obwohl wir beide ausgesprochen selten trinken, hielten wir Bier für eine sehr gute Idee. Was soll schon passieren bei einem Bier?
An unserem Stammplatz am Bahnhof kam es, wie es kommen musste: Kiffende Teenies! Wir warfen jeder eine Tablette ein, spülten sie mit einem kräftigen Schluck runter und begaben uns nach der obligatorischen Zigarette zu ihnen. Offensichtlich fühlten sie sich durch unser nicht enden wollendes Gelaber gestört. Zwar waren wir der Meinung, ein höchst unterhaltsames Gespräch mit ihnen geführt zu haben, dennoch zogen sie es vor, uns allein zu lassen. Für uns völlig unverständlich, aber was soll man machen...
Noch eine Tablette, das zweite Bier war leer und wir unterhielten uns prächtig. Worüber wir sprachen, weiß ich nicht mehr, doch wir hatten eine Menge Spaß. Als wir wenig später die letzte Tablette nachlegen wollten, mussten wir feststellen, dass der Blister leer war. Wir mussten sie irgendwann genommen haben. Ich erinnere mich an gar nichts! War in dem Moment aber auch egal. „Blister leer“ war logisch äquivalent zu „Nachschub holen!“ Wir druffen Deppen hören doch nicht auf, wenn bei mir zu Hause noch ein ganzer Blister schlummert! Zwar waren wir etwas sediert und müde, aber wir fühlten uns so komisch nüchtern.
Sergej fasste einen Plan: Ich solle den zweiten Blister holen, während er zwecks musikalischer Untermalung seinen Laptop holt. Zu diesem Zeitpunkt klang das nach einer grandiosen Idee! Wir hatten ja erst jeder drei Tabletten intus. Zumindest drei, an die wir uns erinnern konnten. Die Tablette vorm Schlafengehen ließ ich dezent unter den Tisch fallen.
Voller Vorfreude trennten wir uns, um uns wenig später den Rest zu geben. Als ich gerade mit dem zweiten Blister sowie zwei von Yasmins Zigarren auf dem Rückweg zum Bahnhof war, klingelte mein Handy. Sergej habe sich auf dem Heimweg verlaufen und ich solle doch bitte zum Kiosk am Rathaus kommen. Kein riesen Umweg, aber in dem Moment lästig. Zwecks Verkürzung des Weges legte ich mir eine weitere Tablette unter die Zunge.
Zeitgleich trafen wir am Kiosk ein, der dieser späten Stunde zum Trotz noch geöffnet war. Ein Schlaraffenland für uns Druffis! Gummibärchen, Bier, Kaffee, Guarana-Kaugummis und noch mehr Bier. Unsere Taschen waren am Ende so voll wie unsere Geldbeutel leer. Natürlich versuchten wir den Kiosk-Besitzer in ein Gespräch zu verwickeln - zum wiederholten Male endete dieser Versuch vergeblich.

Back to the roots, back to the Bahnhof! Auf dem Weg eine weitere Pille eingeworfen und einen Kaffee gegen die Müdigkeit sowie ein Bier geleert. Über den weiteren Verlauf des Abends kann ich leider nur sehr rudimentär berichten. Ich weiß noch, dass wir unseren Lieblingsfilm Trainspotting gucken wollten. Allerdings bekamen wir nicht sonderlich viel mit. Er war einfach irgendwann vorbei. Das Bier und die Tabletten hatten wir auch sicher in unseren Eingeweiden verstaut, während wir die Umgebung mit lauter Musik aus Sergejs Laptop beschallten.
Im Lauf der Nacht kam ein Auto der Deutschen Bahn vorgefahren. Zwar waren wir uns sicher, das Gelände verlassen zu müssen, aber wir wollten dennoch mit den Herrschaften plaudern. Nachdem sie uns erklärt hatten, die Bahn habe das Gelände verkauft und sie selbst machten nur Pause, versuchten wir wieder einmal eine Konversation zu starten. Mit dem Ergebnis, dass die Bahn-Leute umgehend wegfuhren. Was haben die nur alle gegen uns?
Das Nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass wir nackt am verlassenen Bahnhof Zigarre rauchend zu Falco getanzt haben. Rock me Amadeus! Noch nie hatte ich so viel Spaß am Tanzen. Hemmungslos herumwirbeln, die Musik genießen, den kühlen Sommerwind am ganzen Körper spüren, im wahrsten Sinne des Wortes „den Larry raushängen lassen“ und gepflegt auf jegliche Normen und Konventionen scheißen! Da wir uns allerdings kaum auf den Beinen halten konnten, ließen wir das nach wenigen Liedern sein. Wir zogen uns wieder an und irgendwann später - es können Minuten oder Stunden gewesen sein - begaben wir uns auf den Heimweg.

Am nächsten Tag bin ich gegen 17 Uhr in meinem Bett aufgewacht. Da ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, wie ich nach Hause kam und ob es da schon hell gewesen ist, kann ich leider nicht einmal sagen, wie viel Schlaf ich hatte. Aber mir ging es gut. Ich fühlte mich sehr wohl und völlig klar im Kopf. Gut, das Frühstück, bestehend aus Kaffee und einer Zigarette, löste leichte Übelkeit aus, aber ansonsten war alles wie immer, nur dass ich mich irgendwie schlauer fühlte. Denn in mir brodelte bereits die nächste „geniale“ Idee.
Kaum hatte ich meinen Kaffee ausgetrunken, kam Sergej online. Ihm ging es ebenfalls gut, er fühlte sich wieder nüchtern und fragte lediglich, ob wir wirklich nackt zu Falco getanzt hätten oder ob er sich das nur einbilde. Ich bestätigte seinen Eindruck und bat ihn um ein Treffen. Ich hätte ihm etwas unter vier Augen zu erzählen.

Wir trafen uns an der Bushaltestelle in der Nähe, wo ich ihm meinen ach so genialen Plan unterbreitete: Wir kaufen Heroin! Eine Sekunde starrte mich sein ausdrucksloses Gesicht an, bevor auch er von diesem Plan überzeugt war.
Warum waren wir bisher nie so mutig gewesen? Warum wagen wir uns gerade jetzt an die Königsklasse aller Drogen heran? Da ist doch nix dabei! Auf die Idee, dass dies an einer nicht unerheblichen Dosis enthemmender Medikamente in unserem Blut lag, wären wir nie gekommen. Nein, diese Entscheidung war vernünftig. Ende der Diskussion!

Wir liefen ein Stück zur S-Bahn und stiegen nach wenigen Stationen in die U-Bahn um. Dort saß uns eine ziemlich fertige Gestalt gegenüber. Mir war sofort klar: Das ist unser Mann! Ich überreichte ihm den Eistee, den ich in Händen hielt. Er bedankte sich, nahm einen Schluck und gab mir die Flasche wieder. Wo der Eistee herkam? Ich habe keine Ahnung. Er war einfach da und wenig später wieder weg.
Wieder einmal scheiterte der Versuch ein Gespräch aufzubauen kläglich. An einem bekannten Szene-Treffpunkt stieg die fertige Gestalt aus. Wir hinterher, texteten ihn weiter zu und hinter uns die Security inklusive Hund.
Dieses Katz und Maus-Spiel fand jedoch auf der Rolltreppe ein jähes Ende, als die Security unsere Fahrausweise sehen wollte. Polizei steht an diesem Platz sowieso meist bereit. Die Beamten kümmerte sich um die fertige Gestalt. Ich hatte einen Fahrschein. Wo der Fahrschein herkam? Keine Ahnung! Aber er war da und er war gültig. Sergej hatte keinen und der Junkie, dem wir nachliefen, anscheinend auch nicht. Wir bekamen noch mit, wie die Polizei dem Junkie gegenüber etwas von Anzeigen, Geldstrafen und Haftbefehl faselte, bevor wir auf Drängen der Security den Platz verlassen mussten. Der arme Kerl tut mir im Nachhinein leid. Wir haben ihn ziemlich in die Scheiße geritten, obwohl er nur seine Ruhe haben wollte.

Aber davon lassen wir druffen Idioten, die sich völlig sicher waren, wieder klar im Kopf zu sein, nicht abhalten! Zwei Stationen weiter liegt der nächste, sehr bekannte Szene-Treffpunkt. Dort quatschten wir die erstbesten Gestalten an, die uns in eine Seitengasse geleiteten. Die Herrschaften führten ein Telefonat, spendierten uns ein Bier und zeigten sich unangenehm von der Tatsache berührt, dass sie diejenigen waren, bei denen wir uns unser erstes Heroin kauften. Nichtsdestotrotz fuhr wenige Minuten später ein schwarzer Mercedes vor. Ein älterer Herr orientalischer Herkunft stieg aus, kam auf uns zu und fragte: „Dreißig?“ In Windeseile tauschte er die 30 Euro in meiner Hand gegen eine Ampulle beige-braunes Pulver, wie man sie von homöopathischen Medikamenten kennt. Und genauso schnell wie der Mercedes aufgetaucht ist, war er wieder in der Dunkelheit verschwunden.

Ein merkwürdiges Gefühl übermannte mich, irgendwo zwischen Respekt, Angst, Aufregung und Macht. Zwar hatte ich zuvor schon Tilidin und Tramadol konsumiert, aber Heroin ist ein anderes Kaliber.
Und genau dieses Kaliber, die Teufelsdroge, den personifizierten Absturz, dessen einmaliger Konsum angeblich sofort abhängig macht und unweigerlich ins Elend führt, hielt ich nun in den Händen. Dabei sah dieses Pulver doch so harmlos aus. Fast wie ganz feiner Sand...

!!!HIER GEHT ES WEITER!!!