LdT-Forum

« Seite (Beiträge 31 bis 44 von 44)

AutorBeitrag
User gesperrt



dabei seit 2006
9.128 Forenbeiträge
3 Galerie-Bilder

Homepage ICQ MSN Skype
  Geschrieben: 06.10.09 19:41
Ich habe wieder Hinweise darauf gefunden, dass Sucht genetisch bedingt sein könnte. Das Belohnungssystem des Gehirns, an dem Dopamin maßgeblich beteiligt ist. Dieses System kann an mehreren Stellen genetisch bedingt verändert sein, was sich direkt auf das Verhalten in bestimmten Situationen, die das Belohnungssystem aktivieren, auswirkt.

UKE-Forscher finden Hinweise auf mögliche Verbindung zwischen Sucht und Genveränderungen

Zitat:
Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben Hinweise darauf gefunden, dass eine veränderte Belohnungsverarbeitung im Gehirn, wie sie auch bei Suchterkrankungen beobachtet wird, eventuell mit bestimmten Genvariationen in Verbindung steht.
.
Suchterkrankungen werden mit einer geringeren Empfindlichkeit des Belohnungssystems im Gehirn in Verbindung gebracht. Die Belohnungsverarbeitung im Gehirn wiederum ist abhängig vom Botenstoff Dopamin, der durch ein bestimmtes Enzym (COMT) und den Dopamin-Transporter DAT begrenzt wird.
.
Die Hamburger Forscher stellten jedoch fest, dass diese Belohnungsverarbeitung bei Probanden mit bestimmten Veränderungen der Gene für COMT und DAT nicht funktioniert. Diese Teilnehmer zeichneten sich durch ein besonders ausgeprägtes Verlangen nach ständig neuen Reizen ("sensation seeking") aus, um den Stimulierungspegel zu halten - was auch bei Suchtkranken beobachtet wird.


 
Abwesender Träumer

dabei seit 2009
58 Forenbeiträge

  Geschrieben: 18.02.10 03:47

Muetzi schrieb:
Hi Bud!

Ok, dann schreibt dir jetzt mal ein ehemaliger Dauermorphinist seine Ansicht dazu. Ich hoffe du bist - trotz meines neuen Status - auch in der Lage, mich ernst zu nehmen, so wie früher, damals hast du meine Bedenken und meine Kritik die ich aufgrund deines Konsumverhaltens geäussert habe, jedenfalls ernst- und annehmen können. Vergiss bitte kurz, dass da nun "Moderator" steht, denn ich muss - auch aufgrund deines Tonfalls Smile gegenüber - leider befürchten, dass du das folgende allein deshalb als Blödsinn abtun könntest. Vllt irre ich mich da auch, egal, also los.

Sicher, ich kenne die Wirkung von einigen Opioiden. Sie eignen sich auch wirklich gut, um physisches und psychisches Wohlbefinden zu erlangen, auch klar.
Weiterhin besagt die von dir angeführte Studie, dass das Gehirn aufgrund von Traumata dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen werden kann, was dann - so wie du es auslegst - beinahe schon zwangsweise zur Morphinsucht führt. Vllt ist da sogar ein kleines Fünkchen Wahrheit dran, schliesslich bin ich auch mal dieser Sucht verfallen, und schlimme Erfahrungen, gerade in der Kindheit habe ich leider genug sammeln müssen. Hier rede ich noch nicht mal von meinem relativ kurzen Rückfall im letzten Sommer, im Alter von 21 bis fast 25 war ich, bis auf einige Entzugsversuche und kurze Cleanphasen dauerhaft auf Opioiden unterwegs.
Sicher ging es mir gut, solange ich versorgt war, aber irgendwas hat mir trotzdem nicht gepasst. Die ganze Zeit. Ich habe halt gesehen, dass sich mein Leben durch die dauerhafte Einwirkung solcher Substanzen stark verändert hat, bin kaum noch feiern gegangen, kaum noch auf Festivals - kurz gesagt: Fast alles was mir vorher Vergnügen bereitet hat, wurde durch die wohlig-warme Rauschwirkung ersetzt.
Das stieß mir nach einiger Zeit gewaltig auf.
Bevor du jetzt anführst, dass dies an der Stigmatisierung durch die Gesellschaft und an Beschaffungsnöten gelegen haben könnte muss ich dir sagen, dass das nicht der Fall war.
Ich war durch mehrere glückliche Umstände (fast) immer bestens versorgt. Allein die schon angeführte dauerhafte Einwirkung hat mir die Lust am früheren, ja, eigentlichen Leben genommen.
Irgendwann bin ich zum Glück mal richtig aufgewacht und habe mich aus der Sache herausgekämpft - schon ca 5,5 Jahre her, mein Gott bin ich alt^^.
Selbstverständlich ging es mir lange Zeit beschissen. Als sich mein Hirnstoffwechsel wieder normalisiert hatte - und ich hab drauf vertraut, dass er das irgendwann tut - kam auch die Lust am Leben wieder. Damit veränderte sich auch meine Ausstrahlung - nachdem ich die Stadt gewechselt hatte, fand ich auch sehr schnell einen neuen Freundeskreis, etwas später wieder eine Freundin (nicht Kraehe, ich rede von ein paar Jahren davor;)) und konnte wieder Spass und Erfüllung in den Dingen finden, mit denen ich schon vor meinem Komplettabsturz - ganz genau, so nenne ich das, was auch ich mir mal versucht habe schön zu reden, (übrigens ganz ähnlich wie du zur Zeit;)) heute - mein Leben ausgefüllt hatte. Mehr noch, es kamen neue Dinge dazu. Während meiner mehrjährigen Abhängigkeit bin ich dagegen nur auf der Stelle getreten.
Dazu muss ich sagen, dass auch ich mich heute noch selten mal - gelegentlich ist schon fast zu viel gesagt, auch ist der Begriff zu schwammig und lässt zu viel Spielraum und kann somit die nötige Disziplin den Bach hinunterreiten - an etwas opioidem vergreife.
Da bin ich aber mehr als nur vorsichtig geworden - was auch dringend nötig ist, mein Rückfall letzten Sommer nach langer Zeit ohne Probleme in dieser Richtung hat mich das gelehrt.
Kurz und knapp: Auch wenn im Leben so einiges so richtig schief gelaufen ist, braucht man keine Opioide um seelisch klarzukommen. Das merkt man aber erst nach einiger Zeit der Abstinenz in vollem Umfang.
Ich möchte jedenfalls nicht abhängig von irgendwelchen Substanzen - seien es nun Opioide, Benzos, AD, NL, ach, eigentlich alle möglichen - sein, da ich gemerkt habe dass es auch ohne geht, besser als mit sogar, wenn man nur aufsteht und kämpft!
Deine medizinische Indikation möchte ich dir hiermit gar nicht absprechen. Aber ich frage mich, ob du mit deiner Einstellung mit den Dosen, die dir ein Arzt gegen deine körperlichen Symptome verordnen wird, jemals wirst auskommen können. Da ist nämlich nicht viel mit dauerhaftem Rausch, der auch deinen Seelenschmerz überdecken kann - ergo wirst du immer wieder gezwungen sein, dir auf dem Schwarzmarkt Medis zukaufen zu müssen. Wie es ja auch jetzt der Fall ist.
Das ist doch kein Leben Mann!
Gut, es ist dein Leben und du musst wissen wie du es verbringen möchtest. Ich hab dir jetzt nur mal meine Erfahrungen geschildert, um aufzuzeigen (auch für die Öffentlichkeit, in der wir uns befinden), dass es auch anders geht - auch wenn man gerade in einer Sucht steckt und glaubt es ginge nicht anders, bzw man sich seine Sucht sogar so legitimiert. Ist dieses Gedankenmuster erstmal so richtig in Fleisch und Blut übergegangen wird es umso schwerer, sich wieder davon zu befreien - weiß ich aus eigener Erfahrung;)
In diesem Sinne: Gute Nacht!

lg, Muetzi



Hi,
ja das ist ein sehr altes Thema...Doch dieser Mann hat ein wahres Wort gesprochen!
greets
 
Ex-Träumer
  Geschrieben: 18.02.10 08:56
zuletzt geändert: 18.02.10 09:30 durch (insgesamt 1 mal geändert)
Dankeschön, evo - sowas hört man natürlich gerne:)
Finde es ein wenig schade, dass dieser Thread keinen Anklang mehr findet. Dabei müssten sich doch gerade in einem Forum wie diesem so einige Leute Gedanken zu dem Thema machen/gemacht haben. Naja, vll schreibt ja doch noch wer was.

lg, Muetzi
 
Abwesender Träumer



dabei seit 2009
659 Forenbeiträge
1 Tripberichte
1 Langzeit-TB

  Geschrieben: 18.02.10 10:08
zuletzt geändert: 18.02.10 11:43 durch aTzeOne (insgesamt 2 mal geändert)
Yoa, doch da is noch wer :-)

Habe den Thread gerade durchgelesen - waren ja einige interessante Erklärungsversuche dabei.
Auf das physisch-psychische Zusammenspiel einer Suchtentwicklung ist ja hier schon eingegangen worden.

Erhöhte Rezeptoraffinität zu bestimmten Stoffen (wenn ich das richtig verstanden habe) und die mit dem Konsum einhergehende Bio-Chemische Veränderung des Gehirns.
Dann natürlich das soziale Umfeld, welches zusammen mit dem persönlichen Charakter eines Menschen wohl eine entscheidende Rolle für die - ich nenns mal - experimentierfreudigkeit mit Drogen aller Art spielt.

Für mich stellt sich beim Genuss von Drogen aber auch immer die Frage, inwiefern der Mensch eine Art "Lust nach Rausch" innehat. Muss er erst lernen, dass eine veränderte Gehirnchemie toll sein kann - oder gibt es doch ein natürliches Verlangen danach. Das sogenannte "Recht auf Rausch" steht ja immmer noch zur Diskussion.
Veränderung stellt sicher den wichtigsten und zum persönlichen Glück am Meisten beitragenden Teil der menschlichen Existenz dar. Nicht nur aus Unzufriedenheit, sondern aus dem Verlangen heraus etwas Neues zu entdecken, die kindliche Neugier zu befriedigen (die aber leider auch verloren gehen kann).

Wie sich aus diesem Verlangen nach Neuem, Unentdecktem eine Sucht entwickelt - für mich ein Zustand, in dem man seine Verhaltensweisen trotz erfahrener Einschränkung durch dieselbige nicht oder nur schwer wieder aufzugeben ist - die einen letztendlich davon abhält auch weiterhin neue Erfahrungen zu sammeln, sich weiterzuentwickeln - da kann ich Pentheselia nur zustimmen.
Auch ich denke Sucht ist vor allem Ablenkung von/Flucht vor (zumindest Teilen) der Realität. Der ständige Konsum hilft Situationen zu ertragen, wirft gleichzeitig neue Probleme auf, die aber meist solange ignoriert und mit mehr Drogen überdeckt werden, bis man entweder schwere Schäden (physisch und/oder psychisch) davonträgt oder dann doch jemand die Initiative ergreift und einem hilft sich von dem "problematischen Verhaltensmuster" zu lösen (man kann es auch alleine schaffen - entscheidend ist das (An-) Erkennen des Problems).

Wo liegt die Grenze zwischen Ge-Brauch und Miss-Brauch ? Und warum steht da "Brauch" ? Von Brauch wie Tradition - oder von Brauch wie brauchen ? Und sagt diese Wortwahl nicht auch etwas über Sucht und Konsum aus ?

Mal sehen was euch dazu so einfällt - vielleicht schreib ich später weiter, jetzt muss ich erstmal zum Bewerbungsgespräch und ein bisschen Veränderung in mein Leben bringen mrgreen
There’s no such thing as death, life is only a dream and we’re the imagination of ourselves !

Rule your mind or it will rule you.
Ex-Träumerin



dabei seit 2009
419 Forenbeiträge
2 Langzeit-TB
6 Galerie-Bilder

ICQ Skype
  Geschrieben: 25.02.10 10:07
sehr interessanter beitrag @aTzeOne

die grenze zwischen ge- und missbrauch hast du aber mmn eigentlich schon selbst benannt:
solange man substanzen einnimmt, um etwas zu gewinnen (neue erfahrungen und bewusstseinszustände oder linderung von psychischem / physischem leiden bei gleichzeitiger vernachlässigung von nebenwirkungen), handelt es sich mmn um gebrauch.

halten sich wirkung und nebenwirkung nicht mehr die waage und gerät man in gefahr, das tägliche leben ohne substanzen nicht mehr meistern zu können (dauerhaft), handelt es sich mmn um missbrauch.
bei medikamenten, z.b. ad's handelt es sich ja auch um eine langfristige einnahme von substanzen, wobei viele menschen ihr tägliches leben ohne nicht mehr meistern könnten. noch gravierender dürfte dieser faktor bei nl's ausfallen. diese einnahme von medikamenten ermöglicht es dem konsumenten aber oft erst, neue verhaltensmuster einzuüben, die nicht dysfunktional sind. hier also der unterschied zu missbrauch - der konsument lernt, sein leben selbst in die hand zu nehmen.

bei krassem missbrauch dreht sich ja alles um die droge: die substanz steht im mittelpunkt des lebens und jede handlung bezieht sich meist direkt auf diese substanz (beschaffung, konsum, rechtliches...). lässt man sie weg, so wird dieser lebensmittelpunkt weggenommen - und man braucht lange, um zu kapieren, dass dieser mittelpunkt des lebens nie mehr so deutlich begrenzt sein wird.
ein mensch, der substanzen missbraucht, weiss genau, was er mit seinem geld anstellen wird, sobald er welches bekommt. ein gebrauchender mensch sieht immer andere möglichkeiten (konstruktivere), wofür er das geld ausgeben kann - leckeres essen, theater, bücher, kleidung, wasauchimmer. kurzum - während ein gebrauchender mensch die reale wahl hat, hat sie ein missbrauchender mensch erst einmal nicht.

insofern würde ich auch das wort "gebrauchen / missbrauchen" subjektiv auf unterschiedliche wortstämme zurückführen (was von der linguistik her wahrscheinlich kompletter schwachsinn ist, aber nundenn) - gebrauchen auf "brauch" (ich denke da vor allem an psilocybin) und missbrauchen auf "brauchen".

ansonsten kann ich zum thread insgesamt sagen, dass mir persönlich immer mehr auffällt, dass ich die menschliche nähe zunehmend durh drogen ersetzt habe. momentan bin ich verliebt - und wenn ich mit diesem mann zusammen bin, dann gibt es kein größeres high für mich, als seine nähe. dieses high ist so natürlich und gleichzeitig mächtig, dass es alle künstlichen substanzen in den schatten stellt.
 
Ex-Träumer



dabei seit 2004
10.634 Forenbeiträge

  Geschrieben: 25.02.10 17:58

danke nein schrieb:
diese einnahme von medikamenten ermöglicht es dem konsumenten aber oft erst, neue verhaltensmuster einzuüben, die nicht dysfunktional sind. hier also der unterschied zu missbrauch - der konsument lernt, sein leben selbst in die hand zu nehmen.



Lernt er das wirklich?

Und bevor es wieder Kritik hagelt: wer Medikamente braucht, soll Medikamente nehmen. Aber dadurch lernt man erstmal nur, dass man mit Medikamenten seine Probleme, tschuldigung, Symptome, überdecken kann. Um nun wirklich den Sprung zum freien Leben zu machen, muss man eine Einstellung gewinnen, bei der man VON ALLEINE an sich arbeitet. Ohne Druck, ohne Zwang, ohne fremde Hilfe.


danke nein schrieb:
kurzum - während ein gebrauchender mensch die reale wahl hat, hat sie ein missbrauchender mensch erst einmal nicht.



Höhö, natürlich hat ein missbrauchender Mensch die "Wahl". Er sieht es nur nicht mehr.


danke nein schrieb:
ansonsten kann ich zum thread insgesamt sagen, dass mir persönlich immer mehr auffällt, dass ich die menschliche nähe zunehmend durh drogen ersetzt habe.



Genau das ist es. Jeder Mensch muss erstmal lernen, dass er sich primär um sich selbst zu kümmern hat. Wie das funktioniert, wissen allerdings die wenigsten. Und der Griff zu Drogen ist halt eine Art sich selbst zu befreien. Erstens macht eine solche Erfahrung Spaß, zweitens bestimmt man selbst, und nur man selbst.

Schwierig wird es, wenn man das vergisst. Freiheit suchen, Abhängigkeit finden. Das lässt sich leicht durchs künstliche Glück überdecken. Scheinbar läuft ja alles richtig, denn Glück, auch wenn es spärlich tropft, ist schon vorhanden.

Das wahre Glück aber liegt im friedlichen Miteinander. Liebe, ja was ist das? Für Frauen Vertrauen, für Männer Entspannung. So ungefähr, hm?
 
Abwesender Träumer

dabei seit 2010
100 Forenbeiträge

  Geschrieben: 28.02.10 16:07
Hallo,
ich galub die wichtigste Komponente bei einer Suchtentwicklung ist das Elternhaus. Wer wirklich bei verständnisvollen Eltern oder anderen Bezugspersonen aufgewachsen ist und in seiner Familie Halt hatte, muss m.E. schon großes Pech haben, um durch andere Umstände noch in eine Sucht abzurutschen. Sucht ist ein Weg, um dem inneren Schmerz aus dem Weg zu gehen und zu verdrängen. Ich glaube auch, eine Heilung ist nur dann möglich, wenn man den schmerzlichen Tatsachen ins Auge blickt, einfach aufhören reicht nicht, aber wär halt der 1. Schritt.
Hier ein Drogen-Lied und ein Drogen-Aufhör-Lied, von einer, die sich auskennt:
 http:// www.youtube.com/watch?v=hKLF3-Qvk84
 http:// www.youtube.com/watch?v=wwnMYZS1hSc
LG, Druffieule
 
Ex-Träumer



dabei seit 2004
10.634 Forenbeiträge

  Geschrieben: 28.02.10 19:09
zuletzt geändert: 28.02.10 19:12 durch Clovenhoof (insgesamt 2 mal geändert)

druffieule schrieb:
Wer wirklich bei verständnisvollen Eltern oder anderen Bezugspersonen aufgewachsen ist und in seiner Familie Halt hatte, muss m.E. schon großes Pech haben, um durch andere Umstände noch in eine Sucht abzurutschen.



Das halte ich für viel zu stark verallgemeinert. Und "Pech" ist in die gleiche Kategorie wie "es kam halt so" und "es passierte ohne mein Zutun" einzuordnen. Das mag einem Süchtigen so erscheinen, aber letzten Endes ist jeder für sich selbst verantwortlich. Niemand kann Entscheidungen für einen treffen, niemand außer einem selbst. Ob einem das bewusst ist oder nicht spielt keine Rolle, denn man trifft tagein tagaus seine Entscheidungen. Geh ich zur Arbeit? Kauf ich mir ein neues Hemd? Wie reagiere ich auf andere Menschen? Wann schlafe ich?

All das sind Beispiele, in denen wir ganz automatisch eine Entscheidung treffen und genau das selbe passiert bei Drogenkonsum. Wir entscheiden intuitiv ob wir konsumieren oder nicht, aber wir entscheiden uns. Selbst wenn uns jemand eine Pistole an den Kopf hält und uns "zwingt" zu konsumieren, haben wir immer noch die Möglichkeit den Konsum zu verweigern. Doch die Konsequenzen würden wohl den meisten die Entscheidung pro Konsum "erleichtern" ;-).

Ich denke, dass wir primär nach unserem Empfinden entscheiden. Fühlen wir uns gut bei/nach einer Entscheidung, werden wir das nächste Mal sehr ähnlich handeln. Nun, Drogen geben einem meist ein gutes Gefühl, und das begünstigt Suchtverhalten.

Das Elternhaus kommt an einer ganz anderen Stelle ins Spiel. Im Kindesalter werden die Weichen für unser späteres Verhalten gelegt. Durften wir uns immer frei entfalten ohne dass eine besorgte Mutter das Kind an der Kapuze hält oder der Vater mit strenger Miene sagte "nein, das darfst du nicht!" besteht eine größere Chance im späteren Leben suchtfrei zu konsumieren. Das liegt einfach daran, dass wir dann gelernt haben frei und unabhängig zu entscheiden. Sucht ist jedoch das Gegenteil, weder frei noch unabhängig. Aber wenn man gar nicht weiß, wie gut sich Freiheit anfühlt... naja.

Die Frage ist also nur, wie weit wir uns bei unseren Entscheidungen nach anderen richten. Je nachdem, wie dominant oder verständnisvoll die Eltern waren, richten wir uns mehr oder weniger nach anderen.

Allerdings sind es nicht nur die Eltern, die einen prägen. Aber das dürfte dir wohl klar gewesen sein beim Schreiben, nicht?
 
Ex-Träumerin



dabei seit 2009
419 Forenbeiträge
2 Langzeit-TB
6 Galerie-Bilder

ICQ Skype
  Geschrieben: 28.02.10 20:25

Clovenhoof schrieb:

danke nein schrieb:
diese einnahme von medikamenten ermöglicht es dem konsumenten aber oft erst, neue verhaltensmuster einzuüben, die nicht dysfunktional sind. hier also der unterschied zu missbrauch - der konsument lernt, sein leben selbst in die hand zu nehmen.



Lernt er das wirklich?

Und bevor es wieder Kritik hagelt: wer Medikamente braucht, soll Medikamente nehmen. Aber dadurch lernt man erstmal nur, dass man mit Medikamenten seine Probleme, tschuldigung, Symptome, überdecken kann. Um nun wirklich den Sprung zum freien Leben zu machen, muss man eine Einstellung gewinnen, bei der man VON ALLEINE an sich arbeitet. Ohne Druck, ohne Zwang, ohne fremde Hilfe.


danke nein schrieb:
kurzum - während ein gebrauchender mensch die reale wahl hat, hat sie ein missbrauchender mensch erst einmal nicht.



Höhö, natürlich hat ein missbrauchender Mensch die "Wahl". Er sieht es nur nicht mehr.



ja nee - in schwierigen fällen ist es schon gut, dass es medikamente gibt, die einen "anstubsen" und dazu führen, dass man motivierter ist, sein leben selbst in die hand zu nehmen. einen schwer depressiven, antriebslosen menschen kriegt man ohne antriebssteigernde ad's eben eher mies aus'm haus, damit er sport treiben kann. hier sind medis als eine art "starthilfe" gemeint.

die sache mit der freien wahl kann man auch so formulieren wie du's getan hast - gemeint war bei mir das gleiche :)
 
Abwesender Träumer

dabei seit 2010
100 Forenbeiträge

  Geschrieben: 01.03.10 19:56
zuletzt geändert: 01.03.10 19:59 durch druffieule (insgesamt 1 mal geändert)
Hallo,
dass es nciht nur die Eltern sind, die einen prägen, ist schon klar. Aber ich sehe das als den wichtigsten Faktor an. Wobei es sehr unterschiedliche Gründe sein können, die später zum Drogenkonsum führen: Vernachlässigung, Misshandlung (psychisch, oder physisch), Überbehütung (zu starke Kontrolle, die Clovenhoof genannt hat), Ehe (Beziehungs-)probleme, die auf dem Rücken der kinder ausgetragen werden, Missbrauch (emotional oder sexuell).
Und das ist m.E. nicht immer so deutlich zu erkennen. Gerade emotionaler Missbrauch wird nicht so leicht erkannt, weil sich die Kinder und später Jugendlichen dadurch eher privilegiert fühlen und die Defizite, die dabei entstehen, nicht so einfach wahrnehmen können.

Klar kann auch sowas wie Mobbing in der Schule ein Faktor sein. Aber selbst da würde ich sagen: I.d.R wird man zum Mobbingopfer, weil man von Haus aus ein Defizit an Selbstbewusstsein mit sich trägt. Bzw. Mobbing wird erst dann so traumatisch, wenn das Kind zu Hause keine Unterstützung erhält.

ICh weiß, dass das eine bisher nicht geklärte Diskussion ist, aber bei der Frage Gene vs. Elternhaus sag ich eindeutig: Elternhaus.

Für mich ist es oft auch eher ein Zeichen, wenn Leute manchmal schon fast aggressiv reagieren, wenn man sowas sagt (hat jetzt hier keiner gemacht), dass es eben sehr schmerzlich ist festzustellen, dass man eben nicht die heile Welt zu Hause hatte, wie man's selber gerne glauben will. Veilleicht hält man seine Kindheit auch nicht unbedingt für eine heile Welt, den dmait verbundenen Gefühlen will man jedoch aus dem Weg gehen und spielt deshalb Dinge runter ("Ja gut, ich wurde geschlagen, aber das war ja nicht so schlimm und nicht wirklich feste und schließlich hab ich auch das und das gemacht")

Aber das ist eben nur meine Einsicht, zu der ich zwar absolut stehe, die ich aber auf keinen Fall aufdrängen will. Für mich ist diese Sichtweise nur auch eigentlich optimistischer, denn die Gene kann man nicht ändern, aber man kann seine Kindeheitswunden heilen. Ich will damit keinen Süchtigen von der Selbstverantwortung frei sprechen, denn man kann sich immer noch entscheiden, ob man sich mit den Dingen konfrontiuert oder ob man sich betäubt. Je schwerer jedoch das Trauma, desto schwerer ist es sich für die Konfrontation zu entscheiden.

Was ich allerdings auch noch sagen würde: Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Verdrängung, und ob grade eine Sucht entsteht oder was anderes wie zB bestimmte Beziehungsmuster, die immer das selbe reinszenieren oder beides oder man Worcaholic wird, magersüchtig, fresssüchtig und/oder in anderer Form psychisch krank, das hängt dann wohl wirklich ncoh von weiteren Umständen ab wie zB dem Freundeskreis. Da ich eher drogenfreie Freunde hatte bis jetzt, bin ich wohl deshalb auch erst eher spät in Berührung gekommen.

Zu meinen Ansichten bin ich übrigens vor allem durch Alice Miller gekommen, von der ich ganz viel gelesen habe.  http://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Miller

LG, Druffieule
 
Ex-Träumer



dabei seit 2004
10.634 Forenbeiträge

  Geschrieben: 01.03.10 22:40

danke nein schrieb:
die sache mit der freien wahl kann man auch so formulieren wie du's getan hast - gemeint war bei mir das gleiche :)



Naa gut! :-)


druffieule schrieb:
Wobei es sehr unterschiedliche Gründe sein können, die später zum Drogenkonsum führen: Vernachlässigung, Misshandlung (psychisch, oder physisch), Überbehütung (zu starke Kontrolle, die Clovenhoof genannt hat), Ehe (Beziehungs-)probleme, die auf dem Rücken der kinder ausgetragen werden, Missbrauch (emotional oder sexuell).



Das... ist nur die Sicht der Eltern. Für ein Kind ist wichtig, ob es seinen Willen bekommt und wie es seinen Willen bekommt, nicht warum das passiert was passiert.


druffieule schrieb:
Bzw. Mobbing wird erst dann so traumatisch, wenn das Kind zu Hause keine Unterstützung erhält.



Entschuldige mal, das ist eine sehr gewagte Aussage. Entweder wurdest du nie gemobbt oder du schiebst das Scheißgefühl auf die fehlende Unterstützung zu Hause. In beiden Fällen kannst du nicht objektiv urteilen, also lass es doch bitte bleiben.

Mobbing ist traumatisch, weil es einem das Gefühl gibt vollkommen hilflos zu sein. Da können Eltern noch so viel "unterstützen", solange die Mobber mobben fühlt man sich ausgeliefert und scheiße. Und schließlich will niemand, dass seine Eltern permanent vor einem stehen müssen. Das erzeugt nämlich auch nicht gerade ein Gefühl der Stärke und Überlegenheit.


druffieule schrieb:
ICh weiß, dass das eine bisher nicht geklärte Diskussion ist, aber bei der Frage Gene vs. Elternhaus sag ich eindeutig: Elternhaus.



Hehe ;-)

Ich lass das jetzt einfach mal stehen, weil ich nicht den selben Fehler wie du machen will: ohne Verständnis urteilen. Das ist keine Entscheidung, die man aus dem Bauch raus trifft. Entweder man versteht die Hintergründe oder man tut es nicht.


druffieule schrieb:
Für mich ist es oft auch eher ein Zeichen, wenn Leute manchmal schon fast aggressiv reagieren, wenn man sowas sagt (hat jetzt hier keiner gemacht), dass es eben sehr schmerzlich ist festzustellen, dass man eben nicht die heile Welt zu Hause hatte, wie man's selber gerne glauben will. Veilleicht hält man seine Kindheit auch nicht unbedingt für eine heile Welt, den dmait verbundenen Gefühlen will man jedoch aus dem Weg gehen und spielt deshalb Dinge runter ("Ja gut, ich wurde geschlagen, aber das war ja nicht so schlimm und nicht wirklich feste und schließlich hab ich auch das und das gemacht")



Also, dass dir aggressive Gefühle entgegenschlagen liegt einfach daran, dass du dir a) ein Urteil (über andere (!) Menschen) erlaubst (was niemand gerne hat, zumindest wenn es, wie hier, klar negativ dominiert ist) und b) dich Widerspruch nicht von deinem Urteil abbringt, sondern darin bestärkt. Das bedeutet nämlich, dass du nicht auf Grund von Tatsachen entscheidest, sondern einfach ein Vorurteil (der Name sagt es schon) an den Mann bringen willst.

Was wiederum nicht bedeutet, dass du nicht Recht hast. Ich weiß es nicht, doch muss man da sensibel sein.


druffieule schrieb:
Aber das ist eben nur meine Einsicht, zu der ich zwar absolut stehe, die ich aber auf keinen Fall aufdrängen will



Wenn du das nicht willst, dann tu es nicht!


druffieule schrieb:
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Verdrängung, und ob grade eine Sucht entsteht oder was anderes wie zB bestimmte Beziehungsmuster, die immer das selbe reinszenieren oder beides oder man Worcaholic wird, magersüchtig, fresssüchtig und/oder in anderer Form psychisch krank, das hängt dann wohl wirklich ncoh von weiteren Umständen ab



Jupp, sehr wahr. Doch eines haben alle gemeinsam: die Suche nach der Anerkennung des eigenen Ich. Durch andere, durch sich.


 
Ex-Träumer
  Geschrieben: 01.03.10 22:47
Oh fein - hats sich also doch gelohnt, diesen alten Thread wiederzubeleben. Freut mich, dass hier wieder was los ist.
Sry4Sinnlosbeitrag - bin extrem verpilzt, verzeit mir bittö:)
 
Abwesender Träumer

dabei seit 2010
100 Forenbeiträge

  Geschrieben: 02.03.10 19:03
Hey,
wieso aufdrängen? ich sag nur deutlich meine meinung dazu, greif ja niemanden an, der was anderes glaubt. iwie find ichs auch wichtig, dass ich das so deutlich sag, weil ich lange zeit immer mir selbst für alles die Schuld gegeben hab, obwohl mich meine Eltern psychisch und körperlich misshandelt haben. Ich wünschte, mir hätte vorher mal jemand gesagt, dass es eigentlich voll deutlich ist, woher die Probleme kommen. Mag bei anderen vllt auch weniger deutlich sein, aber ich kenn keinen mit drogenproblem, wo da nicht doch irgendwo nen zusammenhang ist. wie sehr das problem ausartet, mag dann meinetwegen noch von anderen umständen abhängen. Ich hätte auch mehr Pech haben können, bei mir wars ja vor allem "nur" Alkohol und ne Art Beziehungssucht.
LG, Eule

 
Ex-Träumer



dabei seit 2004
10.634 Forenbeiträge

  Geschrieben: 02.03.10 19:13

druffieule schrieb:
Hey,
wieso aufdrängen?



Ich weiß es nicht? Mir hast du dich nicht aufgedrängt, aber ich weiß mich auch zu wehren ;-)


druffieule schrieb:
greif ja niemanden an, der was anderes glaubt



Nun, du bist stellenweise doch sehr fest in deinem Glauben/fest überzeugt von deiner Meinung - was eigentlich gar nichts schlechtes ist. Aber in Gesprächen kann so eine starke Überzeugung halt einschüchternd/aufdringlich, allgemein: offensiv, wirken.


druffieule schrieb:
iwie find ichs auch wichtig, dass ich das so deutlich sag, weil ich lange zeit immer mir selbst für alles die Schuld gegeben hab



Wichtig für dich, ja!
 

« Seite (Beiträge 31 bis 44 von 44)