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Titel:Landung verpasst, mein Leben auf dem LSD-Trip
Droge:LSD
Autor:Crystalix
Datum:09.04.2023 02:14
Nützlichkeit:9,60 von 10 möglichen   (590 Stimmen abgegeben)

Bericht::

"Mein Religionslehrer hat immer gesagt, die Wolken sind der sichtbare Teil des Himmels. Für uns war der Himmel die Seele, und die Wolken waren unsere Visionen. Nur wenn zu viele Wolken aufziehen, siehst du den Himmel nicht mehr..."

Zitat aus dem Film "Das weiße Rauschen"

Ein kurzer Überblick:

Ich werde nicht allzu ausführlich meine Drogenkarriere erzählen, um mich dann dem eigentlichen Thema zuzuwenden, die Zeit am Ende meiner Konsumphase, als ich auf einem Trip hängengeblieben bin. Ich habe dazu auch kurze Ausschnitte aus Berichten von zwei Kliniken in denen ich war zugefügt, wo Ärzte und Psychologen ihre Meinung zu dem Thema äußern. Ich will mich mit diesem Bericht keinesfalls irgendwie in Szene setzen, ich hatte Lust mal alles aufzuschreiben, hab lange hier dran geschrieben. Außerdem dachte ich der Bericht könnte für User interessant sein, weiler einfach mal ein Beispiel zeigt, was so alles passieren kann und welches Risiko man eingeht, wenn man sich für den psychedelischen Weg entscheidet.

Drogenkarriere:

Ich habe bis zum Anfang meiner Jugendzeit eine relativ unbeschwerte Kindheit gehabt und bin in gutem Elternhaus aufgewachsen. Als die Schule jedoch immer anspruchsvoller wurde, kam der Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule, gleichzeitig ließen sich meine Eltern scheiden. Ich war 15 Jahre alt als ich den ersten Kontakt mit illegalen Drogen hatte.

Auf einem Schulausflug packte ein Freund einen Brocken Haschisch aus und wir rauchten einen Joint, der jedoch bei mir keinerlei Wirkung zeigte. Aber das Interesse war geweckt und so folgten bald erneute THC-Erlebnisse die mir sehr gefielen, da ich an dem Alkoholrausch nie Freude finden konnte. Die folgenden zwei Jahre liefen ziemlich unspektakulär ab, ich schaffte meine Mittlere Reife gerade so, kiffte oft am Wochenende aber konnte mich ganz gut behaupten, eigentlich lief alles zufriedenstellend.. Nach meinem Schulabschluss entschied ich mich dazu, Zivildienst abzuleisten, ich wollte einfach mal raus aus dem Dorf, in dem ich wohnte und wie der Zufall es wollte, landete ich in einer der kriminellsten Städte Deutschlands, in Kehl am Rhein direkt bei Straßburg. Dort lernte ich schnell viele Leute kennen und begann jeden Tag zu kiffen, stieg dann in die Techno Partyszene mit ein und machte meine ersten XTC Erfahrungen.

Während der Woche leistete ich also meinen Zivildienst ab und am Wochenende fuhr ich meist in das Dorf in dem Ich vorher lebte, wo ich einen großen Freundeskreis hatte.. In Kehl gab es Haschisch im Überfluß, und so pendelte ich immer hin und her. Ich hatte gute Kontakte und großen Spaß an dem Drogenleben, alles umfasste so eine zauberhafte Magie, Langeweile, das Wort kannte ich nicht mehr.. Sessions bei Freunden, Goa Partys, oder einfach nur bei schönem Wetter in der Natur kiffen, der Spaß war unser ständiger Begleiter. Es schien als würden alle gescheiten Menschen kiffen. Die anderen Menschen, die wir nur "Bauern" nannten, wie armselig sie doch waren, immer nur Alkohol trinken, immer nur diese eine dumpfe Droge, ja wir hatten schon fast Mitleid mit Ihnen. Wenn sie nur mal eine unserer Sessions miterleben würden... Einmal diese Magie spüren.. Mein erklärtes Ziel war es, alle Menschen zu den Drogen zu bringen, mein Motto war: Wer Alkohol trinkt löst darin seine Sorgen auf, wer Drogen nimmt geht auf eine Abenteuerreise... Ich will Drogen mit diesen Sätzen nicht verherrlichen, ich will nur meine damaligen Gefühle wiedergeben..

Ich rauchte nun täglich Haschisch, oft schon morgens vor dem Arbeiten. Am Wochenende war ich auf Partys unterwegs, auf chemischen Drogen von Freitag bis Sonntag, das war damals normal. Einstieg in die Goa Szene. Im Bekanntenkreis war ich beliebt und immer einer, der vorwärts gedacht und gehandelt hat. Ich war auf Wolke sieben, genauso war mein Leben perfekt. Eigentlich war alles eine einzige Party. Ich war sowas von begeistert von diesem Lebensstil. Drogen, das war unser Lifestyle, unsere Lebenseinstellung. Ein Bekannter von mir hatte damals ein eigenes Haus und das war für uns alle wie ein Zuhause und ein legendärer Ort an dem wir unzählige Sessions feierten, lachten und uns einfach des Lebens freuten.

Das alles ging ca 1 Jahr lang, in dieser Zeit machte ich auch meine erste Psilocybin Erfahrung. Das Hinzukommen von Pilzen veränderte alles, wir haben ca. ein halbes Jahr lang jedes Wochenende auf Pilzen getrippt. Nach dieser Zeit waren wir alle psychisch sehr verschoben, auf der anderen Seite haben wir auch unglaubliche Erlebnisse gehabt.. Nachts um 3 Uhr sind wir im Wald rumgelaufen, haben Ritterburgen besucht und wenn man dann so in der Dunkelheit in eine Schlucht im Wald schaut, der Mond am Himmel scheint, dann bekommt man da ganz tiefe emotionale Einblicke in größere Dimensionen, die nicht jeder nachvollziehen kann. Ich hatte in Kehl eine Ausbildung begonnen, wo ich allerdings immer größere Probleme bekam.

Ich rauchte schon vor Arbeitsbeginn Haschisch und ging teilweise auch auf Mdma, Kokain oder sogar Pilzen zur Arbeit. Eine Weile lang hat das funktioniert, man war auch zufrieden mit mir.

Nach einem Arbeitsplatzwechsel bei dem gleichen Arbeitgeber aber in einer anderen Abteilung, nahm alles immer mehr Überhand und ich wurde auffällig, hatte dann viele Gespräche mit meinem Chef und wegen Fehlzeiten 2 Abmahnungen. Ich war mehrmals kurz davor, meinem Chef einfach zu sagen, er solle doch alles nicht so ernst nehmen, es ist doch eh alles nur ein chemischer Prozess. Schließlich wollte ich meine Ausbildung hinschmeissen, ich war 20 Jahre alt, Abhängig von Thc, Amphetaminen, Kokain und konsumierte noch viele andere Drogen, typischer Fall von Polytoxikomanie. Vergessen waren die unbeschwerten Zeiten von denen ich gerade eben noch berichtet habe. Es war Winter 2004. es ging allen aus unserer Clique nicht besonders gut, der Spaß am Konsum ist allen mehr oder weniger vergangen, aber das bedeutet eben genau nicht, dass nun alle aufhörten und vernünftig wurden. Die Drogen

hatten uns fest im Griff, das wurde mir aber erst später bewusst. Mein Arbeitgeber drängte mich, eine Therapie zu beginnen und so kam es, dass ich mich in der Suchtberatunggstelle vorstellte. Ich willigte ein, eine Therapie zu machen. Mindestens 80 % werden trotzdem rückfällig sagte mir der Pädagoge, aber es liege an mir ob ich zu den 80% oder zu den 20 % gehöre. Die 3 Monate Wartezeit verbrachte ich in dem Dorf wo unsere Clique war. Ich konsumierte noch weiter, jedoch hauptsächlich THC, ich stabilisierte mich psychisch etwas. Ca. 2 Wochen vor Therpieantritt war ich auf einer Goa Party, wo ich zusammen mit zwei Kumpels zwei Trips kaufte, um diese an einem einsamen Ort im Wald zu konsumieren. Das war für mich als Abschied aus der Drogenszene gedacht, ein Trip zum Abschied, das erschien mir würdig...

Genau auf diesem Trip bin ich nun seit 10 Jahren. Der Trip verlief zunächst eigentlich relativ normal, ich nahm zunächst einen halben, habe dann später nochmal einen viertel Trip nachgeschmissen. Ich habe viel gelacht, wurde aber nach einigen Stunden auch sehr nachdenklich und zweifelte etwas an meinem Lebensentwurf. Als ich dann irgendwann morgens nachhause gekommen bin und mich schlafen legen wollte, hatte ich krasse Halluzinationen und verbrachte einige Stunden in einem LSD-Halbschlaf, war komisch, aber solche Erlebnisse kennt denke ich jeder, der öfter getrippt hat… Ich lag im Bett, versuchte zu schlafen, aber die Sonne schien schon draußen und die Sonnenstrahlen haben an meine Zimmerdecke komische Muster geworfen, ich war noch voll auf dem Lsd-Trip und dachte nur, dieses eine mal muss ich es noch durchhalten, dann wollte ich ja eh ganz aufhören. Ich stand dann noch total verstrahlt vor dem Spiegel im Bad und war irgendwie einfach traurig und auch entsetzt über mein Spiegelbild.

Dann bin ich nochmal kurz fast runtergekommen, am nächsten Tag fühlte ich mich gut, war zwar ziemlich verpeilt und ein immer stärker werdendes Glücksgefühl kam auf. Es war Juni 2005 als ich dann meine Therapie in Frankfurt begann. (zwei Wochen nach dem Lsd Erlebnis). Ich fühlte mich irgendwie seltsam, hatte leichte Panikattacken, startete aber ganz gut in die Therapie. Es waren echt nette Leute dort und es war insgesamt eine sehr schöne Zeit.

Kann wirklich jedem der ernsthaft aufhören will, eine Therapie empfehlen. Nach einer Woche Therapie wurde dieses Glücksgefühl, das ich seit dem Trip hatte immer stärker und stärker. Ich war wahnsinnig aktiv, schlief kaum noch. Der Trip kam mit aller Gewalt zurück, was ich jedoch erst später rausgefunden habe. In diesem akuten Moment wusste ich nicht was los war. aber es ging mir gut, viel zu gut... Ich schlief so gut wie gar nicht mehr, war aber trotzdem den ganzen Tag aktiv, habe von morgens bis abends geredet, mir Gedanken über meine Mitpatienten gemacht und mich sogar den Psychologen dort überlegen gefühlt. Ich dachte, dass alle Patienten nur aus dem Grund hier waren, um mich im Gerspräch mit Ihnen zum Superheiler auszubilden.

Den größten Spaß brachte mir die Gruppentherapie, was auch in dem Therapiebericht gewürdigt wurde, die Psychologin schrieb: „In der Bezugsgruppe schien Herr M. von Beginn an interessiert und engagiert beteiligt, wobei er auffiel durch besonders konstruktive und reflektierte Rückmeldungen an andere“. Ich hatte so dermaßen viel Dopamin im Kopf, ich hatte nie zuvor, egal von welcher Droge, solch einen genialen Rauschzustand gehabt. Das steigerte sich immer weiter, bis ich anfing den Realitätsbezug völlig zu verlieren. Ich hielt mich für einen Superheiler. Ich dachte, dass die gesamten Mitarbeiter der Klinik auf Kokain waren, und dass ich durch meine aktive Beteiligung und meine "besonderen Fähigkeiten" bald in deren Kreis aufgenommen werde und dort eine Stelle als Psychologe bekomme, gutes Geld verdiene und mit Hilfe von Kokain gemeinsam mit den Mitarbeitern die Klinik leiten werde. Außerdem dachte ich, dass bald die BILD Zeitung über mich berichten würde. Eine Mitpatientin hielt ich für meine zukünftige Ehefrau. Später dann hielt ich mich für Jesus und am Ende für Gott persönlich.

Dieser Zustand war wirklich im wahrsten Sinne für mich das Göttlichste was man sich vorstellen kann. Dass ich mich für Gott oder Jesus hielt habe ich damals den Ärzten nicht mitgeteilt, da diese krasse Ansicht nur einen Tag anhielt. Trotzdem wurde ich dann ziemlich mit Medikamenten abgeschossen, da ich Angst vor einem epileptischen Anfall äußerte. Ich bekam damals Tegretal Saft glaube ich. Der Arzt merkte schnell dass irgendetwas mit mir nicht stimmt und verordnete mir ein Neuroleptikum. Ich erzählte dem Arzt auch, dass ich mich fühle, als hätte ich ein ganzes Kilo Kokain in mir, so fühlte ich mich tatsächlich auch. Was das alles genau für ein Zustand war, weiß keiner so genau, manche tippten auf eine Manie mit psychotischen Zügen, andere meinten schon eher, dass es eine richtige Psychose war. Meiner Meinung nach war es der Trip der mit voller Kraft zurück kam! Hier einige Auschnitte aus dem Therapiebericht: "Die Interaktion zum jungen stets freundlichen, jedoch eher passiv und meist wenig emotional berührt erscheinenden Patienten war insbesondere geprägt durch das Auftreten unerwarteter und bizarrer Geschehnisse im Behandlungsverlauf, die bis zuletzt auch für uns nicht klar einzuordnen waren."

"Innerhalb von zwei Wochen schien sein Stimmungszustand nicht mehr nur subeuphorisch, sondern ins präpsychotische gehend. Innere Anspannung sowie einer Art Wahnstimmung mit Ich-Störungen (" dass etwas vorgehe um ihn; er sich verändert fühle), bizarre Denkinhalte und ansatzweise Größenideen ("dass sich nun alles füge, er Klarheit über alles habe, auch wisse was in anderen Mitpatienten vorgehe und er das gelungene Expermiment seiner Eltern darstelle") Daraufhin erfolgte ein erstes psychiatrisches Konsil beim Leitenden Arzt und eine Medikation wurde verabreicht. Nachdem es bereits am Folgetag zu einer deutlichen Stabilisierung und Distanzierung des Patienten vom psychotischen Erleben kam, entstand unsererseits der Verdacht auf Substanzkonsum, obwohl sämtliche Screenings negativ waren.." "Nach dem vom Patienten gewünschten Absetzen der bislang verabreichten Medikation kam es zur Stimmungsverschlechterung, wobei er panikartige Zustände beschrieb, insbesondere die Befürchtung "psychotisch" zu werden.

Er schilderte ständig neue Befürchtungen: "auf Drogen hängengblieben zu sein; einen Hirnschaden zu haben; seine Hirnstrukturen durch LSD verätzt zu haben." Damit einhergehend beklagte er weitere Antriebs und Hoffnungslosigkeit bis hin zu Suizidgedanken. da " eh alles zu spät sei; er nicht meh lebensfähig sei". Interpersoneller Kontakt und Realitätsbezug waren jedoch stets gut herstellbar und er zeigte sich absprachefähig. Es folgte eine unglaublich schlimme depressive Phase, während der plötzlich viele Lsd ähnliche Symptome auftauchten.

In dieser Phase wurde mir bewusst dass dieser letzte Lsd Trip mich noch lange begleiten wird. Das war wirklich der schlimmste Zustand, den man sich vorstellen kann. Nach einigen Wochen klang die Depression ab und ich wurde auch mit Neuroleptika eingestellt. Mit Zyprexa 10 mg und Mirtazapin 30 mg. Die Lsd ähnlichen Symptome blieben jedoch da, zumindest die meisten. Die ganz schlimmen Halluzinationen, die ich im Ruhezustand hatte, klangen zum Glück schnell ab, was den Zustand erträglicher machte. Die Therapie schloss ich dann planmäßig ab. Bin aber seit dem nicht von dem Trip runtergekommen. Ich wohnte nun wieder bei meiner Mutter und versuchte so gut es geht klarzukommen. Ich hab mich auch schnell etwas erholt, ging wöchentlich zur Drogenberatung, aber an Runterkommen war nicht zu denken. Seitdem sind z.B. auch meine Pupillen immer unglaublich riesig, wodurch mich auf Partys immer alle Fragen was ich mir denn eingebaut habe..

Es folgte ein ziemlich ereignisloses Jahr, ich war clean, nahm Medikamente, konnte aber nicht arbeiten. Versuchte so gut es ging klarzukommen, was mit vielen unangenehmen Aufgaben verbunden war. Ich musste allen Verwandten und Freunden und eben allen Menschen, die ich kannte, erklärenwas nun mit mir los sei, obwohl ich selbst nichtmal ganz verstand, was eigentlich mit mir war. Ca 1,5 Jahre nach dem Ereignis entschied ich mich, zu versuchen wieder arbeiten zu gehen. Ich schrieb einige Bewerbungen in dem Ort in dem ich wohnte und bekam schnell eine 400 Euro Stelle angeboten in einer Metallfabrik.

Dort arbeitete ich ein Jahr. Ich war teilweise sehr überfordert und hat ständig Angst Fehler zu machen aber ich hielt durch und meine Vorgesetzten dort waren auch sehr nett zu mir und man muss auch sagen dass ich die Arbeit gut gemacht habe obwohl es schwer war, z.B eben auch die Kommunikation usw. stellt euch mal vor ihr geht auf nem Trip in eine Metallfabrik und müsst 4 Stunden dort irgendwie rumbekommen, möglichst unauffällig.

Ich war ganz langsam am Runterkommen, war psychisch stabil und setzte auch das Mirtazapin ab. Nach einem Arztwechsel kam ich zu einer Psychiaterin, bei der ich äußerte dass es mir gut gehe aber ich mich von dem Zyprexa sehr müde fühle. Daher wurde ich umgestellt auf 15 mg Abilify, das war der wohl größte Fehler den man sich vorstellen kann, wie sich nach 2 Wochen herausstellte. Zunächst war ich begeistert von diesem Medikament, war total fit und aktiv. Machte die Nächte durch, war wie drauf von dem Zeug. Nach 2 Wochen Einnahme schoss es den Trip, der in mir wirkte von der einen auf die andere Sekunde in schwindeleregende Höhen! Ich war auf einmal wieder sowas von drauf, aber nicht positiv. Angststörung, Soziale Phobie, allgemeines Drauf sein, Halluzinationen, Stimmen Denken (nicht hören).

Natürlich habe ich sofort dieses Medikament abgesetzt, die neuen Symptome, die das Abilify mit sich brachte blieben jedoch da und haben sich auch bis heute kaum zurückentwickelt. Ich musste meine Arbeitstelle aufgeben und war eigentlich nicht mehr gesellschaftsfähig. Konnte nicht mehr mit anderen Menschen an einem Tisch sitzen und essen, hab mich so gut wie gar nicht mehr aus dem Haus getraut, aus Angst Leute zu treffen, die ich kenne und mich vor diesen zu blamieren. Hinzu kamen Reizüberflutung und eine leichte Depression aufgrund meines verschlechterten Zustands, die Depression war jedoch nicht sehr stark. Es folgten 2 Klinikaufenthalte, Ärzte und Psychologen waren ratlos was meinen Zustand betrifft, meine Erklärungen wurden zwar aufgenommen, aber irgendwie kannte sich auch niemand so wirklich aus. Von HPPD hatte noch niemand was gehört.

„Formales Denken weitgehend geordnet, manchmal Gedankensprünge und konkretistischtes Denken. Befürchtung sich vor anderen Menschen zu blamieren, Fehler zu machen. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen stark reduziert. Wahnhaftes Denken und Erleben wird vom Pat. verneint. Die sozialen Ängste des Pat. (Angst vor "Blamage", vor Ablehnung und Zurückweisung) wirken jedoch übersteigert, haben bedrohliche Ausmaße ("Ich traue mich gar nichts mehr") V.a narzisstisch gefärbte Inhaltliche Denkstörungen ("psychedelisches Denken über das Leben"). Stimmung etwas gedrückt, Affekt abgeflacht. Antrieb und Belastbarkeit deutlich vermindert, Reizüberflutung in komplexen Situationen. Psychomotorisch stark angespannt und unruhig, Zittern. "Nervositätszustände", Angstattacken, Bewegungsstereotypien.

Der Patient distanziert sich glaubhaft von akuter Suizidalität. Extremer sozialer Rückzug, Isolation. Im Kontakt freundlich und kooperativ. Diagnostisch gehen wir am ehesten von dem Vorliegen einer undifferenzierten Schizophrenie mit formalen und Inhaltlichen Denkstörungen, optischen Halluzinationen, Anspannungs- und Angstzuständen aus."

Dieser Bericht bis hierhin wurde 2011 von mir geschrieben. Heute, im April 2016 möchte ich Ihn aktualisieren und schreibe daher jetzt hier auf, wie es nun läuft.. Der eben geschilderte Ausschnitt war von einer Klinik im Jahre 2009 geschrieben. Damals hieß es in dem Bericht, „Der weitere Verlauf muss abgewartet werden“. Ich war nach dem Aufenthalt ca 2-3 Jahre richtig bettlägerig. Bin wirklich 23 Stunden am Tag nur im Bett gelegen, hab mir auch tagsüber viele Medikamente eingeworfen und lag nur da, hab immer versucht zu schlafen und dachte einfach, ich werde eh niemals wieder runterkommen.. Ich hatte damals auch Angst, in einen tiefen Traum zu fallen und gar nicht mehr richtig aufzuwachen. Es war für mich gar nicht denkbar, dass ich mir irgendwann wieder ein normales Leben aufbauen könnte. Erst 2012, also 3 Jahre später, hab ich es geschafft, wieder aus dem Bett zu kommen. Damals hab ich angefangen Kratom zu nehmen und irgendwie kam dann wieder ein Funken Motivation auf, doch noch irgendwie am Leben teilnehmen zu können. Ich hab dann selbstständig zwei Medikamente abgesetzt, irgendwie kam auch der Wunsch auf, wieder eine eigene Wohnung zu haben. Damals wohnte ich ja noch in einer WG für psychisch kranke Menschen von der Caritas. Zufällig kam dann die Chance, mit einem Freund in Stuttgart in eine WG zu ziehen. Ich musste mich wirklich anstrengen, das zu schaffen. Ich hatte ernsthaft Sorgen, nicht mehr in der Stadt rumlaufen zu können, weil ich zu schwach dafür war.. Irgendwie hab ich mich dann da aber rausgekämpft und bin dann nach Suttgart gezogen, hatte dann eine gute Phase wo ich aus dem Bett dann rausgekommen bin. Es kam wieder der Traum auf, ein richtiges Leben zu führen.

Der Trip war zwar noch stark da, aber ich hatte weniger Medikamente genommen und so lies sich der Trip auch etwas darauf ein, in eine positive Richtung zu steuern. Ich wollte dann wieder was arbeiten gehen, hatte einen Arbeitsvermittler, wo ich dann anfing, jeden Morgen 3 Stunden in der Stadt Müll aufzusammeln. Ich arbeitete mit vielen Alkoholikern zusammen, es machte aber trotzdem Spaß und ich hab das dann auch 1 Jahr gemacht und hab mich wirklich positiv entwickelt. Ich hab dann angefangen Sport zu machen, um meinen Körper wieder fitter zu machen. Die 3 Jahre im Bett hatten mir natürlich nicht so gut getan.. Ich wohnte also in Stuttgart, hab gearbeitet, Sport gemacht, ein Sozialleben aufgebaut und ab dann ging es eigentlich aufwärts.. Ich hab dann in eine andere Firma gewechselt, wo ich eine gute Stelle habe, zwar auch mit etwas psychischen kranken Menschen arbeite, aber es macht Spaß und ich mache Sport, wohne jetzt alleine in einer Wohnung, hab angefangen zu Schreiben und schaue wirklich wieder nach vorne..

Hab einige Pläne, will eine Vollzeitstelle, eventuell mache ich auch erst eine Reha, da der Trip eben schon noch stark da ist. Ich reflektiere alle paar Sekunden alles was ich mache und denke, die Wahrnehmung ist total gestört, ich bin leicht sozialphobisch, sehe mich und andere Menschen oft immer nur als Urzeitmenschen, weil mein Blick auf die Welt oft weit aus der Zukunft auf das Leben blickt und ich kaum in der aktuellen Zeit denke, sondern oft auch alles von weit weg sehe..

Ich habe oft Halluzinationen, sowohl optisch, als auch gedanklich. Ich träume oft wirklich ohne überhaupt zu schlafen, sobald ich zur Ruhe komme, beginnt so eine traumartige Gedankenveränderung. Es laufen mehrere hundert mal am Tag kurze Sequenzen in meinem Kof ab, also es ist schwer zu erlären, es fühlt sich stark nach einem Trip an, aber eben eher so das Gefühl was man beim runterkommen hat. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass der Trip nun nach 10 Jahren stark nachgelassen hat, ich schätze ich bin zu 60 % gelandet. (Im Teil 2 des LZ-Berichts hab ich das nochmal genau erklärt, Link ist hier am Ende des Berichts).

Gerade in den letzten Monaten hat sich alles gut entwickelt.. Auf den ersten Blick würde man mir vermutlich nichts anmerken, aber leicht auffällig bin ich schon noch, aber ich bin wieder ein Teil der Gesellschaft und das war mir wichtig. Daher habe ich auch gerne Müll aufgesammelt, da mir bewusst ist, dass der Sozialstaat mir viel geholfen hat und ich aber auch wieder ein Platz in diesem Gefüge finden muss. Das Ziel habe ich nun weitegehend erreicht.. Ich habe das Zyprexa, was immer als Tripbremse in meinem gehirn gewirkt hat, von 20mg auf 5mg runtergesetzt und bin dadurch wieder klarer im Kopf. Die folgenden Sätze habe ich 2011 hier in dem Bericht geschrieben:

Manchmal frage ich mich,war das der Traum, den wir von dem aufregenden Drogenleben hatten? Ist der Traum geplatzt oder sind wir mittendrin, und der Traum ist nur ganz anders wahr geworden, als wir uns das vorgestellt haben... ich werde nie eine Antwort darauf bekommen, weil es keine gibt....

Die Gesellschaft verlangt aufgrund meiner Geschichte nun von mir, alles was irgendwie mit Drogen zutun hat zu verteufeln, nach dem Motto: "Du siehst ja was passieren kann". Doch würde ich Drogen verteufeln, würde ich gleichzeitig mein komplettes "Ich" ablehnen. Ich musste viel Leid erfahren, ja, aber ich habe durch diese ganzen Vorkommnisse und durch dieses tiefe Abtauchen in die psychedelische Gedankenwelt einen Einblick in unglaublich komplexe und sublime Vorgänge des Lebens bekommen.. bei dieser Meinung bleibe ich, auch wenn Ärzte dies als "narzisstisch gefärbte Inhaltliche Denkstörungen" bezeichnen.

Zitat aus dem Film: "Das weisse Rauschen": "Für die Ärzte war ich schizophren, für die meisten Anderen einfach nur ein Spinner. Mir war das eigentlich egal wie die Leute mich nennen. Wonach ich suchte das war ein Leben, das ich führen kann. Das weiße Rauschen, dass sind alle Visionen, aller Menschen, aller Zeiten in einem Augenblick, hatte mir Eno erklärt. So was wie Gott oder das ganze Universum auf einmal. Wer das weiße Rauschen sieht hat den Zustand der höchsten Erleuchtung erreicht. Und wisst ihr was er noch gesagt hat? das weiße Rauschen dass sei der ultimative Trip. Wer das weiße Rauschen sieht, der wird sofort wahnsinnig. Außer wenn er schon wahnsinnig ist, dann wird er normal. Der Trick besteht darin, den Pfad der Erleuchtung sozusagen rückwärts zu gehen. Am Anfang dieses Pfades da hört das Chaos im Kopf auf und da beginnt das ganz normale Leben. Da bin ich mir sicher….."

Dieser Bericht kann auch als Warnung verstanden werden, macht euch bewusst, dass Halluzinogene euer Leben möglicherweise mehr verändern, als ihr es euch vorstellen könnt. Trotzdem kann ich jeden Menschen verstehen, der sich dafür fasziniert, es ist halt eine ganz private Entscheidung, ob man Erfahrungen mit Halluzinogenen wagen will, denn nur man selbst muss danach mit den Veränderungen klarkommen, die sicher da sein werden… Ich kenne aber auch sehr viele Leute, die daraus großen Nutzen gezogen haben.

Ich denke viele werden verstehen, dass der Trip mir viele Dinge gezeigt hat, die andere niemals sehen werden.. Im Positiven wie auch im Negativen.. Von Gott-Gefühlen, bis zu Suizidgedanken. Ich habe 10 Jahre meines Lebens praktisch nichts gemacht, außer versucht klarzukommen. Das ist schon nicht ganz leicht, diese Erkenntnis auch zu verarbeiten. Viele sprechen ja immer davon, dass Set und Setting bei einem Trip sehr wichtig sind. Ich konnte mir die letzten Jahre kein Setting auswählen, sondern musste überall klarkommen, von der Familienfeier bis zum Arbeitsplatz.

Ich habe mich aber mit dem Trip versöhnt, was anderes blieb ja auch nicht übrig. Ich habe verstanden, dass mein Leben nicht einen normalen Weg geht, sondern immer etwas abseits der Gesellschaft, aber das macht mir mittlerweile nichts mehr aus..



Crystalix (crystalix32@gmail.com Facebook: Crys Talix)