Tripbericht lesen
Übersicht:
Titel: | Wie Ayahuasca mein Leben gerettet hat |
Drogen: | Ayahuasca |
Autor: | qwakly |
Datum: | 30.05.2022 21:42 |
Set: | Tief verzweifelt, ohne vorherige Erfahrungen mit Psychedelika |
Setting: | Sitzung in einem kontrollierten Raum mit Guides und passender Musik in den Niederlanden |
Nützlichkeit: | 9,29 von 10 möglichen (14 Stimmen abgegeben) |
Bericht:
Hallo ihr Lieben,
ich möchte euch von einer ersten von vielen Ayahuasca Erfahrungen erzählen, ich denke ich werde demnächst mal einen Langzeitbericht über meine Drogenkarriere schreiben, aber heute möchte ich mich auf meine erste Ayahuasca Erfahrung beschränken.
Wir schreiben Mai 2019. Kurz zu mir, ich war zu dem Zeitpunkt 22 Jahre alt. Habe in meinem Leben schon einiges ausprobiert. Alkohol seit ich 14 bin, ebenso Zigaretten. Mit 15 angefangen zu kiffen, mit 17 kam dann Ecstasy dazu. Kokain und Pep habe ich dann auch Mal probiert, hat mir aber nie gefallen. Vor Psychedelika hatte ich immer Angst (Warum wohl?!) deswegen habe ich diese nie angerührt. Ich habe meine Ausbildung ein Jahr zuvor abgeschlossen, habe aber gemerkt, dass ich mit dem Beruf nicht glücklich war. Anschließend habe ich ab März 2019 Lehramt studiert, aber auch hier habe ich gemerkt, dass es nicht das Richtige für mich ist.
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon lange mit latenten Depressionen zu kämpfen. Ich bekam vom Kiffen meist starke Angstzustände bis hin zu Panikattacken, konnte aber auch nicht damit aufhören. Als Kind wurde ich fürchterlich gemobbt und ich glaube, dass etwas in mir kaputt gegangen ist. Ich habe eine Sozialphobie entwickelt, mich nicht getraut mit fremden Menschen zu sprechen und hatte das Gefühl, dass ich nur mit dem Leben einigermaßen klarkomme, wenn ich mich betäube (Natürlich eine grandiose Idee). So ging mein Leben dann vor sich hin, bis ich in ein immer tieferes Loch gerutscht bin. Es hat sich angefühlt, als ob alles um mich herum immer dunkler wurde und ich in ein Loch falle, aus dem es kein Entrinnen gibt. Dazu kamen starke körperliche Probleme seit ich 18 war. Damit habe ich noch immer zu kämpfen, auch wenn sie sich gebessert haben. Ich hatte bereits einige Jahre zuvor von Ayahuasca erfahren, in einer Netflix-Doku (The last Shaman). Die Thematik fand ich wahnsinnig interessant, habe es aber dann natürlich wieder verdrängt, und mir eingeredet, dass nur verrückte Menschen so etwas machen würden.
Damit wären wir am Anfang. Ich war zutiefst verzweifelt und hatte seit Wochen Suizidgedanken. Ich wusste dass es so nicht weitergeht. Mein Therapeut hatte mich nicht verstanden. Für mich gab es nichts mehr im Leben was sich erträglich anfühlte, jeder Moment war eine Qual. In diesem Moment habe ich mich an Ayahuasca erinnert. Schicksal? Ich denke schon. Daraufhin habe ich zu mir selbst gesagt: Du versuchst das mit Ayahuasca. Wenn es nicht hilft bringst du dich um. Mit dieser Einstellung bin ich in die Niederlande aufgebrochen. Wenn ich das jetzt so schreibe und selbst lese kommen mir die Tränen. Ich kann diese tiefe innere Verzweiflung nicht in Worte fassen.
Da ich eine 5 stündige Bahn-Anreise vor mir hatte, malte ich mir natürlich die verrücktesten Dinge aus. Mir ging es körperlich wirklich schlecht, ich habe auf der Hinfahrt bestimmt 5-6x die Toilette aufsuchen müssen.
Als ich in dem Haus, in welchem die Zeremonie stattfand, ankam war ich verwundert. Die Guides waren alle wahnsinnig nett und das Haus war wunderschön. Aber natürlich meldete sich direkt mein Ego, auch wenn ich da noch nicht wusste was ein Ego ist: "Bist du verrückt, die sind alle viel zu freundlich. Die haben bestimmt etwas Böses im Sinn. Verschwinde hier so schnell es geht!" Mein Ego hat wohl unterbewusst schon gewusst was da auf mich zukommen wird. :)
Nach eine Einführung ging es in einen abgedunkelten Raum. Jeder hatte seine Matratze, eine Decke, einen Eimer und eine Flasche Wasser.
Die Zeremonie fand tagsüber statt, Beginn war um 14:00.
Nachdem ich das Ayahausca getrunken habe, begannen meine Gedanken zu kreisen. "Was tust du hier, wenn das deine Bekannten erfahren. Keiner wird je wieder mit dir reden. Du bist verloren, bring dich gleich jetzt um." Natürlich habe ich die Gedanken versucht zu ignorieren, doch sie wurden immer lauter.
Ca. 40 Minuten nach der Einnahme spürte ich erste Effekte. Meine Prostata, die wirklich sehr schmerzhaft verkrampft gewesen ist seit Jahren, beginnt plötzlich zu pulsieren. Ein erstaunlich angenehmes Gefühl. Die Gedanken in meinem Kopf fangen an sich zu überschlagen, ich denke darüber nach was wohl Menschen von mir gedacht haben, die auf dem Weg hierher mit mir im Zug gesessen haben, spiele Szenarien aus der Vergangenheit durch und überlege was ich alles hätte anders machen können.
Plötzlich höre ich eine Stimme von oben. Sie fragt:" Warum bist du hier?" Ich antworte: "Ich habe so furchtbare Schmerzen, ich ertrage das Leben nicht mehr. Bitte hilf mir, egal wie. Ich akzeptiere alles." Als Antwort bekam ich: "Ich sehe die Verzweiflung in dir. Der Weg den du gehen wirst ist sehr hart, aber er wird sich lohnen. Suizid ist der leichtere Weg. Du musst dich jetzt entscheiden. Nach deiner Entscheidung gibt es kein Zurück mehr!" Einen Moment halte ich inne. Ich bin wirklich am Überlegen. Seit Jahren bin ich zutiefst erschöpft. Habe ich die Kraft diesen Weg zu gehen? Plötzlich fährt ein Energieblitz durch mich hindurch. Ich zittere am ganzen Körper. Doch dieser kurze Stoß von Energie hat mir aus irgendeinem Grund bei der Entscheidung geholfen. "Zeig mir den Weg!". Stille. Nach ein paar Sekunden die Antwort: "Liebend gerne, aber vorher musst du die Wahrheit sehen. Du kannst erst handeln wenn du die Wahrheit kennst. Du denkst ewig darüber nach, ob es höhere Mächte gibt und wirst auch nicht damit aufhören, dass sehe ich in deinem Herzen. Deswegen ist es an der Zeit die Wahrheit zu sehen. Aber dafür musst du sterben!"
In diesem Augenblick spüre ich, wie ich aufhöre zu atmen. Ich wehre mich nicht. Meine Schmerzen verschwinden, ich verlasse meinen Körper. Ich schwebe unter der Decke des Raums und betrachte mich von oben. Plötzlich reißt die Decke auf, ein weibliches Geisteswesen nimmt mich an seine Hand und fliegt mit mir davon in den Kosmos. Wir durchqueren mehrere Dimensionen, es ist, als ob sich alle Achsen mehrmals verschieben (sehr schwierig zu erklären, muss man erlebt haben :D). Die Reise endet abrupt. Ich schwebe vor einem riesigen glühenden pinken Ball aus reiner Energie. Millionen von Seelen fliegen aus dem Ball rein und raus, offenbar die Seelen anderer Lebewesen. Ich kann mit meiner verstorbenen Oma reden. Sie sagt mir wie sehr sie mich vermisst und freut sich sehr darüber, dass ich sie besuchen komme. Sie hat ihre sehr konservativen Ansichten verloren und ist wahnsinnig glücklich wieder eins mit dem Universum zu sein. Ich würde gerne bleiben. Doch das Geisterwesen schaut mich an und sagt: "Nur Tote dürfen hier sein. Ich habe für dich eine Ausnahme gemacht, deine Seele wird noch für Großes gebraucht und ohne diese Erfahrung könntest du nicht der werden, zu dem du bestimmt bist. Du kennst die Wahrheit jetzt. Wir können bleiben, aber dann musst du sterben. Das kann ich leider nicht zulassen." Bevor ich antworten kann bin ich zurück in meinem Körper.
Ich habe in diesem Moment realisiert, dass wir alle eins sind. Wir werden aus dem Großen Eins geboren und gehen nach unserem Tod wieder dorthin zurück. An diesem Tag habe ich angefangen zu glauben. An keine festgelegte Religion, aber an das Wissen, dass es eine wesentlich höhere Ebene gibt, eine Ebene die wir nicht verstehen und die wir auch nie verstehen werden. Das Einzige was uns bleibt ist die Akzeptanz. Wir können uns sperren und wehren, kämpfen und leiden, aber am Ende gehen wir doch wieder zurück. Eine wahrlich augenöffnende Erfahrung!
Die Erfahrung bleibt danach entspannt. Als ich am nächsten Morgen aufwache habe ich furchtbare Kopfschmerzen. Es fühlt sich an, als würden sich in meinem Gehirn Verbindungen lösen, und das Gehirn sich anschließend neu verknüpft. Ein sehr interessantes Gefühl.
Da ich dachte, dass es sich auch lohnen soll, habe ich direkt zwei Tage gebucht.
Der zweite Tag fängt ruhig an. Nach einigen Minuten höre ich wieder die Stimme: "Du weißt was ich dir gesagt habe? Wenn du die Wahrheit sehen willst gibt es keinen Weg mehr zurück. Dein harter Weg beginnt jetzt." Plötzlich furchtbare Krämpfe im ganzen Körper. Alles in mir drin sperrt sich dagegen, meine unterdrückten Gefühle hochkommen zu lassen. Mein Ego schreit "Nein!". Hunderte Male. Ich habe das Gefühl durchzudrehen. Seit Jahren habe ich Probleme, anderen Menschen in die Augen zu gucken. Die Blicke bereiten mir Angst. Immer habe ich das Gefühl ich darf nicht da sein, als ob ich eine Last für alle Menschen wäre. Tja. Was passiert als Nächstes? Ich sitze vor einem Spiegel und muss mir selber in die Augen schauen. 2! Stunden lang.
Was soll ich sagen? Seitdem kann ich anderen Menschen ohne Probleme in die Augen schauen :D.
Mir ist während der gesamten Zeremonie kotzübel. Nicht weil ich das Ayahuasca nicht vertragen würde, sondern einzig und allein weil mein Ego sich nicht mit den dunklen Seiten meiner Seele auseinander setzen will.
Ich sehe mich selbst in einem Kontrollraum sitzen, als 11-12 Jähriger. "Hau ab, ich kontrolliere hier alles!" bekomme ich zu hören. Mein kleines Ich rennt vor mir weg, plötzlich wachsen hohe Backsteinmauern vor mir aus dem Boden. Meine kleines Ich hat sich versteckt und ich finde keine Weg um die Mauern herum. (Das Ganze sollte noch weitere 15 Zeremonien in Anspruch nehmen, davon erzähle ich euch nächstes Mal ;))
Ich lande in einer Gedankenschleife. So scheußlich habe ich mich noch nie gefühlt in meinem Leben. In mir wuchs immer mehr die Überzeugung, dass es für mein Leid keine Lösung gibt. Ich werde verrückt. So fühlt es sich also an kleben zu bleiben. Mir wurde immer wieder gesagt, dass die einzige Lösung ist, loszulassen, aber bei so einem starken Ego wie meinem ist das wesentlich leichter gesagt als getan :D.
Nach 2 Stunden Qualen hat es endlich aufgehört. Tja. Meine Suizidgedanken waren weg. Aber die meisten anderen Probleme kamen mit der Zeit wieder. Ich hatte noch viel harte Arbeit vor mir und bin immer noch dabei. Nach nunmehr drei Jahren, 16 Zeremonien und einigen Pilzerfahrungen kann ich sagen, dass die Entscheidung zu meiner ersten Ayahuasca Sitzung die wichtigste und prägendste Erfahrung meines Lebens war.
Ich kämpfe noch immer mit meinen Süchten, auch wenn ich das Kiffen nach jahrelangem Missbrauch endlich gut im Griff habe und auf 1-2x pro Monat beschränke. Der Weg war sehr lang und hart, ich bin immer noch dabei und konnte nun seit 3 Jahren nicht arbeiten. Aber das Gefühl, mit anderen Menschen reden zu können ohne einen Nervenzusammenbruch zu haben, sich nicht verstellen zu müssen und so sein zu können wie man ist kann man mit nichts aufwiegen.
Danke fürs Lesen!
Falls ihr Interesse auf mehr habt, sagt mir gerne Bescheid. Ich antworte auch gerne auf alle Fragen.
Würde ich jemand Anderen in meiner Situation diesen Weg empfehlen? Sicherlich nicht. Aber für mich war es die beste Entscheidung meines Lebens. Das Wichtigste ist, was euch euer Bauchgefühl sagt. Einen besseren Ratgeber haben wir nicht. Das Ego darf gerne ab und zu Mal die Schnauze halten. :)