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Titel:Aus meinem Leben als Multimedia-Junkie
Droge:Psilocybinhaltige Pilze
Autor:JonnyBGooD
Datum:23.08.2012 22:21
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Bericht::

Trailer:

Der Menschen, eine Lebensform die sich in der Evolution durchgesetzt hat und seit dem die Natur aus der sie stammt ausbeutet, hatte schon in seiner Entstehung Kontakt zu Drogen. Doch hier soll es nicht um bewusstseinserweiternde Drogen gehen, die den Mensch in seiner Entwicklung stehst begleiteten sondern um eine moderne Droge die 1935 ihren Anfang fand und immer mehr Menschen in ihren Bann zieht. Natürlich sind viele der Meinung, dass unsere Medien nicht als Droge bezeichnet werden können und auch kein Suchtpotential oder Nebenwirkungen zu erwarten sind. Ich möchte in diesem Langzeitbericht, darüber schreiben wie mich der Medienkonsum verändert hat und wie schwer es ist davon loszukommen.



Mein Leben vor der Sucht:

Als Kind war ich ein naturbezogener Mensch, da ich auf dem Land groß geworden bin. In meiner Jugend entwickelte sich eine starkes Fernweh und das Bedürfnis alles zu sehen und zu erleben, was uns dieser Planet, auf dem wir leben dürfen, zu bieten hat. Nach meinem Schulabschluss fing ich an zu reisen. Ich lernte andere Kulturen kennen und arbeitete hier und da als Reiseleiter. Mit 20 entdeckte ich das Wellenreiten für mich. Der Kontakt zu der Gewalt der Natur und die unbändige Freude auf einer gewaltigen Welle zu reiten, die einen im falschen Moment unter sich begraben könnte, ist für mich bis heute unbeschreiblich. Dieses Gefühl wollte ich anderen Menschen näher bringen und fing an als Surflehrer zu arbeiten. Ich war glücklich obwohl ich mich etwas entwurzelt fühlte. Mein Medienkonsum beschränkte sich zu der Zeit auf einen Film pro Woche, der im Camp gezeigt wurde. Meist Surffilme die man kannte und nicht aktiv gesehen hat.



Weg in die Sucht:

Meine Familie war seit meinem Aufbruch etwas besorgt um mich. Ich führte kein konventionelles Leben. Ich hatte keinen Studienabschluss und keinen Job mit dem man eine Familie ernähren könnte. Ich passte nicht in die Gesellschaft. Als ich mal wieder für einige Zeit in Deutschland war, verliebt ich mich und musste mich entscheiden. Entweder führe ich mein „Hippie-Leben“ (So wurde es von meiner Familie beschrieben) weiter oder ich fange an mir ein „Existenz aufzubauen“. Ich entschied mich für letzteres, schrieb mich für ein Studium ein und zog in ein Studentenwohnheim in der Innenstadt. Das Studentenwohnheim war für mich das Schlimmste. Die 15 qm waren nicht das Problem. Ich hatte zuvor in viel kleineren Zelten/Zimmer/Bruchbuden gelebt aber der Ausblick war grausam. Ich konnte direkt auf das nächste Hochhaus schauen und die H-bahn fährt immer noch direkt an meinem Fenster vorbei. Die ersten Semester liefen gut obwohl es mir sehr schwer viel mit der deutschen Mentalität zu Recht zu kommen. Mit einem freundliches „Aloha“ und Boardshorts in Sportkursen (Sportstudium – Lehramt) wurde ich oft komisch an geschaut und langsam beugte ich mich dem gesellschaftlichen Druck. Ich wurde pünktlicher, zog mich modischer an und wurde geübter in der „Kunst“ des Smalltalks. Morgendliches joggen durch wunderschöne Natur wurde durch monotones joggen auf Laufbändern ersetzt; Aufregende Surfsessions durch den Besuch von überfüllten, gechlorten Schwimmbädern und Klettern an Felsen durch das stupide ziehen und drücken an Stahlkabelzügen und Maschinen. Ziel des Sports war nicht mehr das Erleben der Natur sondern die Befriedigung des eigenen Narzissmus.



Einstiegs Droge – Filme:

In der Uni wurde viel über aktuelle Filme und Klassiker geredet, was ziemlich schnell dazu führt, dass ich diese konsumierte. Damals stellte ich noch fest, dass einige Filme einen komplexen Handlungsstrang haben und den Verstand fordern, andere nur vor sich her plätschern und den Zuschauer einlullen. Damals haben mich einige Filme (Into the Wild, Fight Club) daran erinnert, dass ich vor meinem Einstieg in die Gesellschaft glücklicher war oder dass mit unserer Gesellschaft einiges nicht in Ordnung ist. Mein Medienkonsum beschränkte sich hier noch auf die Abendstunden und ich konnte noch am Leben teilnehmen.



Harte Droge – Serien:

Als ich damit anfing war mir noch bewusst, dass man anstatt selbst zu leben, anderen fiktiven Figuren beim Leben zuschaute. Mir war diese Idiotie anfangs noch bewusst. Dennoch rutschte ich langsam aber sicher in diese Traumwelt ab. Danke des Internets und der damit immer zugänglichen Vielfalt an Serien zog ich mir eine nach der anderen rein. Ich identifizierte mich teilweise sogar mit Figuren und ertappte mich dabei so sein zu wollen wie sie. Mein Medienkonsum war stark angestiegen und mein soziales Leben litt darunter. Vor meiner Sucht erzählte ich von einem Berg anstiegt und der wunderschönen Aussicht, einer wahnsinns Surfsession, dem Nacktschwimmen nach einer verrückten Party oder einem außergewöhnlichen Menschen. Doch all diese Erinnerungen wurden langsam verdrängt. Ab jetzt drehten sich Gespräche darum, ob Ted endlich seine Frau gefunden hat, ob Barney mit einer Stripperin zusammen sein sollte, wie cool es wäre mit seinem Bruder und dessen Kind in einem Strandhaus in Malibu zu leben oder welche Anmachsprüche wohl am besten funktionieren würden. Das schlimme war ich redete nur noch darüber. Ich war kaum noch unterwegs oder beim Sport. Mein früher sonnengebräunter recht ansehnlicher Körper wurde schlaf und käsig. Doch es sollte noch schlimmer kommen.



Multi-Media-Delirium:

Zu allem Übel fing ich damit an mehrere Medien gleichzeitig zu konsumieren. Ich schaut TV während ich bei Facebook prüfte ob mir jemand geschrieben hat. Surfte nach neuen Witzen auf 9gag und prüfte meine Emails. Alles im 5-Minuten-Rhythmus.



Mein Weg aus der Sucht:

Vor zwei Wochen merkte ich, dass ich ein Problem habe. Ein uraltes Wohnmobil steht vor der Tür und ich hätte in den Semesterferien einfach so ins blaue fahren können. Doch ich fand keine Motivation. Ich war unglücklich, schon fast depressiv. Hilfe fand ich in dem Buch „Speisen der Götter“ und anderen Veröffentlichungen von Terence McKenna. Er beschreibt das Fernsehen als Droge und seine Nebenwirkungen. Ich habe gestern einen Pilztrip nach seinen Empfehlungen durchgeführt(5g im Dunkel). Meine Gedanken nach dem Trip möchte ich in dieser Form mit euch teilen. Ich weiß nicht wie mein Leben weiter gehen wird. Ob ich das Studium beende und Lehrer werde oder ob ich dahin zurückgehe, wo es mir gut ging.



WARNUNG:

Gottseidank habe ich die Finger von der schlimmsten Mediendroge dem „Reality-TV“ gelassen. Dabei handelt es sich um Serien die „echte Menschen“ wohl eher „schlechte Schauspieler“ in ihrem Leben begleiten. Der Zuschauer muss durch vorherigen Konsum schon so geschädigt sein, dass er davon ausgeht die „echten Menschen“ würden von unsichtbaren Kameramännern gefilmt werden.



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You want to reclaim your mind and get it out of the hands of the cultural engineers who want to turn you into a half-baked moron consuming all this trash that's being manufactured out of the bones of a dying world.– Terence Mckenna