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Titel:Meine Alkohol-Psychose
Droge:Alkohol
Autor:Blacky093
Datum:10.07.2013 21:13
Nützlichkeit:6,04 von 10 möglichen   (49 Stimmen abgegeben)

Bericht::

Einleitung:



Vorweg möchte ich das Umfeld erläutern, das dieses möglicherweise ausschlaggebend für diese (eigentlich sehr seltene) Form der Psychose war.



Im Prinzip fing alles damit an, dass ich mein Abitur beendete und anschließen zum 01.09.2012 meine Ausbildung zum Mechatroniker begann.



Ganz zu Beginn der Ausbildung stand eine Fahrt in ein Ausbildungszentrum mit allen Azubis des 1. Jahrganges an.

Wir waren knapp über 20 Leute im alter zwischen 16 und 25.

Unser Ziel war ein Ausbildungszentrum im nördlichen Ruhrgebiet, es lag relativ abgelegen auf einem Berg bzw. Hügel.

In einem Umkreis von ca. 2-3 km gab es nur Wald und kleinere Wiesenflächen. Die Stadt war Schätzungsweise 5km von unserem Ausbildungszentrum entfernt, also doch relativ weit weg vom "Schuss". Vor allem wenn man mit dem Bus anreist und kein Auto zur Verfügung hat. Es war vorgesehen dort 3 Nächte zu bleiben um die Andere besser kennen zulernen etc.



Tagesablauf:



Der Tag an sich verlief eigentlich recht normal. Wir arbeiteten unser Programm ab, worunter einfache Aufgaben fielen um den Teamgeist zu stärken und seine Mitmenschen besser kennenzulernen. Nach dem Abendessen wurde dann verkündet, dass sich im Keller sowohl eine Kneipe als auch eine Art Discoraum befänden, welche wir gerne nutzen können um gemütlich ein Bier zu trinken.

Dieses Angebot nahmen wir natürlich dankend an.



Der Abend:



Natürlich war im Vorraus bereits klar, dass es bei den meisten von uns nicht nur bei einem Bier bleiben würde, aber mit einer derartigen Eskalation hätte da wohl noch niemand gerechnet.



Es lief folgendermaßen ab: man ging in die Kneipe holte sich sein Bier und ging in den "Discoraum" den wir komplett für uns hatten. Wir konnten sowohl Licht als auch Soundtechnik selber steuern. Gute vorraussetzungen für einen schönen Abend.



Da mir das Bier irgendwann nicht mehr gereicht hat und es auch nichts hochprozentiges gab, warf ich einen Blick in die Getränkekarte und entdeckte die Flasche Sekt für lausige 7€.

Da ich Sekt eh kaum vertrage war ich dementsprechend sehr schnell sehr betrunken (genau wie die anderen auch).



Vollgekotzte und verstopfte Toiletten waren da noch das harmloseste. Selbst unseren Ausbilder erwischten wir, wie er sich genüsslich ein bisschen Weed gegönnt hat ;)



Aber zurück zur Psychose. Um ehrlich zu sein weiß ich gar nicht mehr wie viel ich getrunken habe, ich schätze es waren 3 Flaschen Sekt und einge Bier die ich vorher schon getrunken hatte. Das erste woran ich mich wieder erinnere nachdem ich aus dem Discoraum gegangen bin war, wie ich vor meiner Zimmertür stand und flehend und winselnd und weinend an die Tür hämmerte, damit mich mein Zimmergenoose reinlässt.

Was danach passierte ist jedoch bis ins kleinste Detail hängen geblieben.



Ich hatte Todesangst, weil ich dachte ich würde von 2 Leuten verfolgt werden, die mich umbringen wollen. Es gab nur einen Treppenaufgang und ich war der festen Überzeugung meine Mörder würde jeden Moment hochkommen. Verzweiflung, Todesangst, Wut & Trauer... Alle schlechten Gefühle die man eigentlich haben kann erfüllten in diesem Moment meinen Körper. Ich rechnete mit meinem sicheren Tod.



Da mich niemand reinließ sah ich meine einzige Rettung darin aus dem Fenster zu springen. Es war der 3. Stock!

Also ab zum Fenster, ich habe noch versucht mich langsam herunter zu lassen, doch das gelang mir nicht. Ich stürzte ab und rannte einfach los. Ich rannte um mein Leben.



Es lief ohne zu übertreiben wie in einem Horrorfilm ab, ich rannte und rannte nur auf der Flucht vor meinen Verfolgern. Über einen Zaun, auf eine Weide, durch Dornenbüsche, in den Wald hinein.

Meine ganzen Arme waren von den Dornen zerschnitten, doch das störte mich nicht, genauso wie mein furchtbar schmerzender Fuß. Ich denke einfach das Adrenalin, welches meinen gesamten Körper durchströmte, ließ mich direkt nüchtern werden und gleichzeitig blendete es die Schmerzen aus.



Ich rannte die ganze Zeit, so schnell es mein Fuß zuließ. (Ich hatte ihn mir beim Sprung aus dem Fenster gebrochen wie sich später herrausstellte).

Irgendwann kam ich aus dem Wald raus und ein Haus erschien vor mir. In diesem Moment war ich aber so Paranoid, dass ich wohl niemandem vertraut hätte also schlich ich mich am Haus vorbei auf die Straße und rannte die Straße weiter den Berg hinunter.



Einige Meter weiter kam mir die Polizei entgegen und ich hoffte auf meine Rettung.

Ich bin quasi wie ein Verrückter vor das Auto gesprungen und hab nur gestottert fast unter Tränen:



"Da oben stimmt was nicht, das stimmt was nicht... Ihr müsst da hoch fahren und nachgucken, da stimmt was nicht. Ich bin zwar betrunken aber bitte fahrt da hoch, da stimmt was nicht."

(Sie sind wirklich dahin gefahren und haben nach dem Rechten gesehen, wie sich am Folgetrag noch herrausstelllen sollte)



Warum auch immer, hat mich die Polizei nicht mitgenommen und setzte meinen weg fort. Meine Psychose nahm dabei immer schlimmere Züge an.



Als ich irgendwann an der Hauptstraße am Fuße des Hügels ankam, bin ich nur noch hinter Autos hergeschlichen um sicher zugehen, dass mir niemand gefolgt ist und mich niemand sieht.

Das ging eine ganze Weile so. (Leider setzte mein Zeitgefühl komplett aus)



Mein Ziel war es unbedingt den Bahnhof zu erreichen und aus dieser Ortschaft zu fliehen. Ab nach Hause, schnell weg von hier, das waren meine einzigen Gedanken.



Allerding musste ich irgendwann feststellen, das ich aufgrund der Schmerzen im Fuß nicht mehr weit kommen würde und wie der Zufall es wollte fand ich auf einem Abstellplatz ca. 60m vor einem Haus einen Wohnwagen. Dieser war komischerweise aufgeschlossen. (Ich frage mich heute noch wer einfach einen Wohnwagen offen an einer Hauptstraße stehen lässt oO )

Ich also in den Wohnwagen rein, alles durchwühlt und letztlich eine Decke und eine Flasche Sprite gefunden. (Meine Fresse was hatte ich einen Brand :D )



Da ich irgendwie zu Ruhe kommen musste legte ich mich auf die Matratze und schaute die ganze Zeit durch eine winzige Luke richtung Hauptstraße ob mir möglicherweise doch jemand gefolgt sein könnte. So schlief ich dann auch irgendwann ein.

Im nachhinein ekelt mich es fast schon an daran zu denken wie Paranoid ich vor diesem winzigen Schlitz des Rollos lag. Es kam irgendwie sehr dem Gefühl nahe, wenn man mehrere Tage auf Pepp durchgemacht hat und das Gehirn einfach nur Matsche ist.





Der Morgen danach:



Als ich wach wurde, war ich erstmal komplett panisch. Mein Handy war leer, ich wusste nicht wie spät es ist und wo ich bin.

Wahrscheinlich suchen mich meine Ausbilder schon.

Schnell merkte ich, dass ich mit dem Fuß nicht weit kommen werde. Zum glück war die nächste Tanktstelle direkt nebenan. Von meinem letzten Geld Zigaretten geholt und ein Taxi bestellt.

GOTT SEI DANK ERST 5.30!!!!!!

Nach einer 20!!! minütigen Taxifahrt war ich wieder beim Ursprung all des bösen. Natürlich konnte ich mich rausreden, da mich zum Glück niemand in diesem Zustand gesehen hat. Gegen 11.30 bin ich dann ins Krankenhaus mit meinem Ausbilder.

Als Ausrede habe ich erzählt ich wäre auf der Treppe gestürzt.

Bin also noch wirklich gut davon gekommen, es hätte mich immerhin meine Ausbildung kosten können.







Fazit:



Heute ca. 1 Jahr danach frage ich mich immernoch, war da vielleicht wirklich was? Wollte mich jemand umbringen? Unmöglich ist es nicht... wenn auch unwahrscheinlich.

Was wenn mein Überlebensinstikt und mein starker Wille trotz Fußbruch es mir erlaubt haben eine enorme Strecke zu überwinden und so am Leben zu bleiben.



Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass mir etwas ins Getränk getan wurde. Das waren einfach zu brave Leute, denen man den Umgang mit Drogen einfach nicht zutrauen würde.



Danke für eure Aufmerksamkeit, ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen :)