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Titel:Von der Siegerstraße zur Straße abwärts
Droge:Kratom
Autor:anonym
Datum:12.10.2013 16:40
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Bericht::

Ich bin 27 Jahre alt. Oder jung. Alles eine Frage der Betrachtung. Interesse an Drogen hatte ich schon immer. Genommen habe ich lange so gut wie keine, aus Mangel an Gelegenheiten, erst mit über 20 fing ich an, Erfahrungen mit Psychedelika und Opioiden zu machen. Es waren Experimente, aus Neugierde und Forscherdrang, auch wenn schnell klar war, dass Opioide genau meins sind. Aber auch wenn ich manchmal mehr konsumierte als ich hätte sollen nahmen Drogen nie einen übermäßig hohen Stellenwert ein.



Vielleicht sollte dazu erwähnt werden, dass ich vermutlich sehr lange sehr viel Glück hatte, was den Erfolg angeht. Was ich anpackte gelang, ohne dass ich größere Schwierigkeiten damit hatte. Trotz widriger Umstände habe ich sowohl mein Abi als auch meine Ausbildung (die ich nicht lange suchen musste und bei der ich bereits im ersten Unternehmen wo ich mich beworben habe eingestellt wurde) mit Auszeichnung absolviert. Ich konnte im Studium sehr gute Leistungen bringen, wurde von vielen bewundert. Glückskind?



Die Zeit verging und irgendwann ging nicht mehr alles ganz so einfach. Ich brachte nach wie vor Topleistungen an der Uni, doch der Abschluss nahte und mehr und mehr wurden Zweifel breit. Angst nicht zu genügen, keinen Job zu finden. Angst vorm Leben. Ich habe nie gelernt, in konstruktiver Weise mit negativen Gefühlen umzugehen. Als Jugendliche habe ich mich selbst verletzt, dann hatte ich jahrelang eine Essstörung, von der ich erst im Laufe der letzten zwei Jahre richtig weggekommen bin. Und ich kenne mich gut genug um zu wissen: Wenn das mit dem Stress so weitergeht, dann ist es nur eine Frage von Monaten bis ich da wieder drinstecke.



Und dann kam der Gedanke auf: Opioide helfen. Erst waren es nur ein paar Abende pro Woche, wo ich auf diese Weise Entspannung gesucht habe. Und ja, ich fühlte mich dadurch tatsächlich besser. Souveräner. Zuversichtlicher. Also habe ich mich entschlossen, fortan durchgehend Kratom zu konsumieren bzw. je nach Verfügbarkeit auch andere Opioide. So lange, bis ich meinen Abschluss in der Tasche habe. Ich wusste, dass dabei die Chancen auf eine Abhängigkeit hoch waren. Ich nahm es billigend in Kauf. Als das kleinere Übel in diesem Moment.



Und es funktionierte. Ich habe funktioniert, meine Leistung gebracht und in dieser Zeit alle Prüfungen mit Sehr gut absolviert. Meinen Haushalt geführt, war trotz der Belastung nach außen hin gut drauf, keiner hätte vermutet dass ich 24/7 auf Opioiden bin. Als ich mit meinem Studium fertig war habe ich sämtliche Opioide weggelassen. Ich hatte zwar gewisse Entzugserscheinungen, die ich als äußerst unangenehm empfand, aber da ich ja quasi mit mir selber einen Vertrag hatte habe ich es durchgezogen.



Doch blöderweise schien ich das Glück aufgebraucht zu haben. Kein Job, dafür aber private Probleme. Beziehungsdinger. Man kennt das ja. Liebe kann das schönste und das schlimmste Gefühl sein. Ich stand wieder an einem Punkt, wo ich nur mit selbstdestruktivem Verhalten reagieren konnte bzw. würde. Und in verführerischer Weise bot sich eine bereits bewährte Lösungsstrategie an. Und ich fing wieder an Kratom zu nehmen. Bloß ein paar Tage. Aus Tagen wurden Wochen und Monate. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Ein Versuch es sein zu lassen führte zu vermehrtem Konsum anderer Substanzen. Vom Regen in die Traufe.



Kratom zu nehmen war zu meiner Strategie geworden um klar zu kommen. Und ohne sieht es, zumindest im Moment, ziemlich mau aus. Ich habe mich ernsthaft um Alternativen bemüht und bin sogar momentan vom Dauerkonsum weg. Doch die Probleme sie bleiben. Immer noch keine Arbeit, dafür jede Menge Sorgen. Ich befürchte dass es nur eine Frage der Zeit ist bis aus alle paar Tage mal Kratom nehmen wieder täglicher Konsum wird. A never ending bitter sweet love story....



Zeit für ein Fazit? Ich stehe nach wie vor hinter meiner Entscheidung FÜR den Konsum. Es war zu diesem Zeitpunkt wohl tatsächlich die beste der sich mir auftuenden Alternativen. Und ich bin mir durchaus bewusst, dass es „nur“ Kratom ist. Es könnte wirklich weitaus schlimmer sein. Aber dennoch war es nicht das, was ich mir für mein Leben vorgestellt hatte, arbeitslos und dafür mit einer Affinität zu Opioiden.



Nach außen hin ist alles schön und toll. Lache wenn es nicht zum Weinen reicht. Die Angst nicht zu genügen ist präsenter den je. Ich weiß nicht ob es besser werden wird sobald ich eine Arbeit gefunden habe. Oder gar schlimmer? Ich will glücklich werden und habe das Gefühl, dass ich das wenn es so weiter geht nicht werde. Wenn der Ist – Zustand und das Idealbild das man von sich selber hat so weit auseinanderklaffen, wirft das so viele Zweifel auf. Und nein, ich gebe keiner Droge die Schuld an meinem Zustand. Die trage ich schon selber.